Der Wiederaufbau unseres Kreisgymnasiums

Von Sanitätsrat Dr. med. G. Habighorst

Am 8. Januar 1953 konnte Landrat Urbanus das wiederaufgebaute Gymnasium seinem Zweck übergeben. Die männliche Jugend unseres Ahrkreises hat damit wieder eine würdige Bildungsstätte erhalten. Der Wiederaufbau wie auch die notwendig gewordene Verstaatlichung des Gymnasiums gestalteten sich sehr schwierig und waren erst nach acht Jahren zu erreichen.

Als am 23. Dezember 1944 die Schule dem ersten großen Bombenangriff auf die Kreisstadt zum Opfer fiel, nahm die Bevölkerung hiervon nur wenig Notiz. Die Schulen waren schon längere Zeit geschlossen, da die seit September täglich zunehmenden Fliegerangriffe einen geordneten Lehrbetrieb nicht mehr zuließen. Ordentliche Luftschutzmöglichkeiten bestanden nicht. Ein großer Teil der Bevölkerung hatte in den Tunnels der nicht ausgebauten strategischen Bahn Zuflucht gefunden. Jeder hatte in diesen Tagen mit sich und seinen Sorgen genug zu tun. So kam es auch, daß bei der Zerstörung des stattlichen Schulgebäudes nur wenige Todesopfer zu beklagen waren. Die ständige Bedrohung aus der Luft machte es unmöglich, daß die in der Ruine verbliebenen Inventargegenstände sichergestellt wurden. Als am 7. März 1945 abends amerikanische Truppen von der Grafschaft her in Ahrweiler einrückten und die Kriegshandlungen im Kreise Ahrweiler in den nächsten Tagen zu Ende gingen, hoffte jeder, daß bald wieder ein geregeltes. Leben möglich würde. Es zeigte sich jedoch, daß nur langsam und mühsam ein Weg aus den Trümmern in geordnete Verhältnisse gebahnt werden konnte. So kam es auch, daß die Trümmerstätte des Gymnasiums weiter ausgeplündert wurde. Zur Ausbesserung zerstörter Häuser und Wohnungen wurden Ziegelsteine, Dachpfannen, Fensterrahmen, Türen, Bleirohre und Dachrinnen, alles, was irgendwie noch brauchbar erschien, abtransportiert. Es wäre in diesem Zeitpunkt noch möglich gewesen, viele Werte für die Schule und damit für den Kreis zu erhalten, doch die staatliche Autorität war noch nicht wieder so weit hergestellt. Vor allem fehlte es an den notwendigen Polizeikräften, die diese Schäden verhindern konnten.

Als im Herbst 1945 auf Anordnung der französischen Militärregierung, die am 18. Juli die amerikanische abgelöst hatte, der Schulbetrieb im Kreise wieder in Gang gesetzt werden sollte, entstand die Frage der vorläufigen Unterbringung des Gymnasiums. Die Kreisoberschule für Mädchen war sofort nach dem Zusammenbruch, dem rechtmäßigen früheren Schulträger, den Ursulinen, zurückgegeben worden. Nach längeren Verhandlungen konnte das Gymnasium im Hauptgebäude der Landes-Lehr-und Versuchsanstalt für Weinbau, Obstbau und Landwirtschaft untergebracht werden und konnte somit dort am 1. Oktober 1945 seinen Schulbetrieb wieder aufnehmen. Die Kreisverwaltung war sich auch damals schon darüber klar, daß diese Unterbringung nur ein Provisorium darstellen könnte. Bedauerlicherweise mußte das Gymnasium, das notdürftig untergebracht war, auf Intervention Deutscher bei der Besatzungsmacht hin — dies wird immer zu einem der traurigsten Kapitel der Nachkriegszeit gehören — für kurze Zeit das Hauptgebäude der Weinbauschule wieder räumen. Die Stadtverwaltung Ahrweiler unter ihrem rührigen Bürgermeister Toni Jarre brachte das Gymnasium vorübergehend in der städtischen Volksschule unter. Die Kreisverwaltung war in dieser Zeit energisch bemüht, eine bessere Unterbringung des Gymnasiums wieder zu ermöglichen. Die Überprüfung der Schulverhältnisse an der Landes-Lehranstalt ergab, daß diese auf Grund ihrer damaligen Schülerzahl nur einen kleinen Teil der Gebäulichkeiten zum Unterricht benötigte. Der französische Generalgouverneur entschied daraufhin die sofortige Auflösung der Weinbauschule und die Versetzung der dort tätigen Lehrkräfte an andere Schulen. Nur durch das Eingreifen des damaligen Landrats Dr. Schilling und meine eigenen Vorstellungen bei der französischen Militärregierung ist es möglich gewesen, die Landeslehranstalt dem Kreise Ahrweiler zu erhalten. Das Gymnasium konnte erneut in das Hauptgebäude einziehen.

Wenn man heute fragt, warum der Wiederaufbau der Schule nicht schon vor der Währungsreform forciert worden sei, so ist darauf zu antworten, daß das ganze in dieser Zeit dem Kreis zugewiesene Baumaterial allein für diesen Bau hätte Verwendung finden müssen. Die Verwaltung aber vertrat den Standpunkt, daß dieses Material ausschließlich zur Wiederinstandsetzung bombenzerstörter Häuser und Wohnungen verwendet werden dürfe.

Schon vor Bildung des Landes Rheinland-Pfalz wurden mit der Präsidialregierung Rheinland-Hessen-Nassau Verhandlungen geführt, um die Verstaatlichung des Kreisgymnasiums durchzuführen. Die Kreisverwaltung hoffte durch eine Verstaatlichung der Schule den Wiederaufbau zu ermöglichen. Es kam zum Abschluß eines Vertrages, der die Übernahme durch die Präsidialregierung festlegte unter der Auflage des Wiederaufbaues des zerstörten Schutzgebäudes durch den Kreis. Dieser Vertrag wurde nicht erfüllt, da inzwischen das Land Rheinland-Pfalz gebildet wurde. Die Bemühungen des Kreises um Übernahme auf das Land gingen weiter. Der kulturpolitische Ausschuß des Landtages stimmte der Verstaatlichung zu, jedoch die finanzielle Lage des Landes erlaubte zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Verwirklichung des Planes. Erst im Etatjahr 1951/52 war es möglich, erstmalig einen Titel im Etat aufzunehmen, in dem Mittel zur Vorbereitung der Verstaatlichung des Kreisgymnasiums Ahrweiler bereitgestellt wurden. Im Etatjahr 1952/53 wurden weitere Mittel zur Verstaatlichung bereitgestellt. Die Verstaatlichung ist inzwischen erfolgt. Der Kreis hat die ihm auferlegte Pflicht der Wiederherstellung der Schule erfüllt. Es war für ihn ein bedeutendes Opfer. Nur in enger Zusammenarbeit zwischen Kreisverwaltung und Land ist dieser Wiederaufbau möglich geworden. In absehbarer Zeit wäre der Kreis noch nicht in der Lage gewesen, den Schulneubau zu erstellen, wenn ihm nicht die persönlichen Kosten für das Gymnasium genommen worden wären.

Wir wollen hoffen, daß das neue staatliche Realgymnasium Ahrweiler, das mit soviel Umsicht, Liebe und Fleiß geplant wurde, die ihm anvertraute Jugend unter christlicher Gesamtschau zu wertvollen Menschen im Dienste unseres Kreises und zum Nutzen unseres großen europäischen Vaterlandes heranbildet.