Peter WEBER

ALS DIE SCHIFFELFELER BRANNTEN

Wie unsere Vorfahren düngten

In zunehmendem Maße hält auch in den Bauernbetrieben der Eifel die Technik ihren Einzug. Die bäuerliche Arbeit wird erleichtert, beschleunigt und verbessert. In der Vergangenheit war die Bauernarbeit schwerer, wenn auch die Menschen mit ihrem harten Los zufriedener waren als heute.

Das „Schiffein", über das berichtet werden soll, ist auch heute noch nicht ganz ausgestorben. Ab und zu wird es noch durchgeführt. Betrachten wir einmal die Wirtschaftsweise aus jenen Zeiten, die eine Schiffelwirtschaft bedingte. Der Viehbestand war klein, die Größe, das Gewicht und die Leistungen des einzelnen Tieres gegenüber heute verschwindend gering. Meist wurde das Vieh (Rindvieh, Schweine, Schafe) durch Kuh-, Schweine- oder Schafhirten für die Tierhalter aus einem Dorf gemeinsam gehütet. Auf dem Gebiete des Ackerbaues herrschte die Dreifelderwirtschaft vor, bestehend aus Winterung, Sommerung und Brache. Feldfutterpflanzen waren kaum oder gar nicht bekannt, Handelsdünger fehlte. Infolgedessen waren die Erträge äußerst niedrig. Wo aber kein Futter ist, kann auch keine Leistung erzielt werden. Es fehlte Stroh als Einstreu, und man behalf sich mit Heidekraut und Ginster. Das gab schlechten Stalldünger. Die Tiere waren ja im Sommer fast immer auf der Weide, so daß der Mistanfall (Weidegang — geringe Einstreu) sehr gering war. Infolge der schlechten Fütterung (Hungergräser) war der Nährstoffgehalt dieses Mistes nicht von Bedeutung. Die Dreifelderwirtschaft mit der Dreiteilung brachte es mit sich bzw. sie erforderte, daß nach kurzer Ackernutzung eine Zeit der Ruhe und Erholung folgte (Brache — Weidenutzung). Damit war einmal die Ruhefrage, aber auch die Weidefrage gelöst. Auf Grund der primitiven Arbeitsgeräte und der geringeren Menschenzahl wurde und konnte nur immer ein geringer Teil der Gesamtfläche als Acker genutzt werden. Die Dauer der Weidenutzung belief sich daher auf zehn bis zwanzig Jahre. Wir dürfen dabei aber nicht übersehen, daß Ländereien in Ortsnähe, mit gutem Boden usw., anders genutzt wurden (Gärten- Wiesen), was durch zahlreiche Flurnamen heute noch angedeutet wird. Das Schiffelland war in fast allen Eifelkreisen verbreitet. Im Jahre 1829 betrug seine Ausdehnung im Kreise Adenau 18% der Gesamtfläche. In anderen Kreisen war der Anteil noch höher, so in Prüm rund 44%. Das Schiffein wurde aber auch noch auf dem Hunsrück, auf dem Westerwald, an der Saar, in der Lüneburger Heide und in anderen Landschaften betrieben.

Der Ausdruck „schiffein" ist vergleichbar mit dem heutigen „schaufeln", denn das Abschälen des Rasens erfolgte mit Hacken und Schaufeln, über die Schiffelwirtschaft in der Eifel gibt uns schon eine Urkunde aus dem Jahre 1357 Auskunft. Das Schiffein oder Roden, wie es auch im nordwestlichen Teil des Kreises Ahrweiler genannt wird, wurde auf den ärmsten Ländereien vorgenommen. Dieses sich selbst überlassene Land brachte eine wilde Grasnarbe, Heidekraut und Ginsterbüsche hervor. Es wurde jahrelang als Weide genutzt. Ende April und im Monat Mai schlug man stellenweise das Gestrüpp ab und sammelte es in Bündeln.

War der Anfall gering, nahm man aus den benachbarten Waldungen Reisig und bündelte dieses ebenfalls. Dann wurde die Gras- und Heidenarbe mit Hacken und Schaufeln losgeschlagen; die Plaggen wurden aufgestellt, damit sie von Sonne und Wind tüchtig ausgetrocknet wurden. Dieses Abplaggen war eine schwere und langwierige Arbeit. Später ritzte man auch mit dem Pflug ohne Riester den Boden auf und schlug dann die „Streifen" mit der Hacke los. Dadurch wurde die Arbeit etwas erleichtert. Im Spätsommer, manchmal auch zwischen Heu- und Getreideernte, wurden die trockenen Reisigbündel in Abständen hingelegt und mit den Rasenplaggen zugepackt. Wenn das geschehen war, wurden die zahlreichen Haufen angezündet.

So rauchten dann auf den Eifelhöhen die Schiffelfeuer. Dichte Rauchschwaden zogen über das Land, und jeder wußte, daß nun die Schiffelfeuer brannten. Nach dem Abbrennen wurde die Asche mit der Schaufel über des Land verteilt. Dann gingen unsere Vorfahren mit bedächtigen Schritten über das karge Land und streuten mit breiten Würfen die Saat.

Meist säte man Roggen- oder Winterraps. Im folgenden Jahr folgte dann eine Sommerfrucht. Bald aber war das Schiffelland wieder mit einer wilden Grasnarbe und Ginsterbüschen bewachsen und wurde als Weide oder Hutung genutzt, bis es nach Jahren wieder „geschiffelt" wurde. So also düngten unsere Vorfahren, und mancher „Alte" wird sich noch heute daran erinnern. Auch die bekannte Siegerländer genossenschaftliche Hanbergswirtschaft kennt das Schiffein. Jedoch wachsen nach zwei Jahren immer wieder die Loden zu Hecken und Sträuchern, um nach zwanzig Jahren als Niederwald wieder geschlagen zu werden.

Inzwischen hat sich vieles geändert. Wir verwenden heute in zunehmendem Maße Handelsdünger, haben andere Werkzeuge zur Bodenbearbeitung und bessere Anbaumethoden. Eines aber ist geblieben: Unser Eifelboden, Sonne und Wind, Regen und Schnee, Saat und Ernte.

Unser Boden wurde verbessert, aus Schiffelland wurde fruchtbares Kulturland, und wir vergessen leider allzu oft, wem wir das zu danken haben: unseren Vorfahren. Denn durch ihre aufopfernde schwere und fortwährende Kultivierungsarbeit wurden erst aus öd- und Unland fruchtbare Äcker und Wiesen.