Die FEURIGE KUTSCHE

(EINE OLBRÜCK-SAGE)

OLBRÜCK                                                        

Fluch, der den Frieden der Erde zerstört, Fluch, dem der Haß das Herz betört,
Fluch, der nicht achtet des Nächsten Habe, Er findet Ruhe noch nicht im Grabe!

Saß auf der finsteren Olbrück ein Ritter, Augenbüsche wie Gewölk im Gewitter, Die Geiernase ein Türkendegen, In seinem Mund ward zum Fluch jeder Segen.

Unheil wütete. Weit überm Land
War ein Krieg sondergleichen entbrannt.
Fern war der Kaiser. Gesetz schwand und Recht.
Herrschergelüste packten den Knecht.

Und mancher Herr ward zum grimmen Tyrann,
So auch bei unserem Olbrücker Mann.
Schwer warf der Krieg der dreißig Jahre
Schwarzgraue Schatten ins Land von Are.

„Laß sie sich schlachten, die Ritter und Pfaffen,
Ich will das Meinige mir schon erraffen!"
Dachte und tat der Mächtig-Schlimme,
Sann neue Mißtat in lachendem Grimme.

Stand da der Maarhof fröhlich im Grün,
War das ein kräftiges Frühlingsblüh'n!
Kühe und Pferde und jedes Getier
Gereichte dem freien Bauer zur Zier.

Frei ohne Lasten und ohne Fron
Stand auf der Scholle der Eifelsohn.
Ringsher die Nachbarn trugen Beschwerde,
Hof um Hof fiel zur Rittererde.

Da sann der Olbrücker Tag und Nächte,
Wie er den Maarhof auch an sich brächte.
Halfen Gewalt ihm nicht und List,
Half ihm, der in der Hölle ist.

Knecht, o Knecht! Sie hatten dich gern!
Du verrätst deinen guten Herrn? . . .
„Tu's, — ich wiege mit Gold dir's auf,
Führst selbst als Herr deinen Lebenslauf!" . . .

Da wirft unter Blitzen lichterloh
In der Wetternacht er die Fackel ins Stroh.
Wie die Wölfe ihr Opfer, so frißt das Feuer,
Aus dem Höllenrachen ein Ungeheuer.

Die Kinder verbrennen. Die Frau ist tot.
Den Bauer packt die Verzweiflungsnot.
Verkohltes Gerumpel sah man ihn tragen,
Bis ihn ein krachender Balken erschlagen.

So hatte der Ritter denn seinen Willen,
Den Moloch der Habgier in sich zu stillen.
Der Maarhof ward sein. Der Knecht entwich.
Aber das Ende? Frau Sage, o sprich! . . .

Hüte dich, Bauer, Allerseelen!
Wenn wir sie zählen, alle, die fehlen,
Schaust du in seinem Grimm noch den Bösen, —
Schwer ist's, den Unhold draus zu erlösen.

Sein Dasein ward zum feurigen Wagen.
Der muß in rasender Fahrt ihn nun tragen
über die Felder des Zissener Landes
Bis zu der Frevelstätte des Brandes!

Und wieder zurück! Und immer und immer!
Fluchen und Lachen schallt und Gewimmer!
Denn der Wagen brennt! Das Teufelsfeuer,
Das er gelegt, bekommt ihm teuer.

Unter dem Hufschlag der Höllenpferde
Liegt morgens verkohlt die Eifelerde . . .
Und der Knecht, der Knecht, der Ungetreue,
Spukt durch die Brandnacht, gepeitscht von Reue.

Wie seine Brandfackel brennt e r jetzt,
Mit der er Treue und Lieb' so verletzt!
Ja, unsere Taten folgen uns nach —:
Hilf uns, Herr, aus der Sünde Schmach! . . .

E. K. Plachner