Freiherr von Stein

läßt von seinem

Landskroner Erbe

Besitz ergreifen

IM NAMEN GOTTES!

Zu wissen sein hiermit, daß heute am 23. März nachmittags 5 Uhr eintausendsiebenhundertachtundneunzig der Freiherr von und zu Stein, Königlich Preußischer Bergrat und Minister durch den hierzu besonders bevollmächtigten Herrn Rat und Justizbeamfen Gottlieb Friedrich Wieler, allhier mir zu Ende dieses Instrumentipublici unterschriebenen Notario publico jurato atque immatriculato in meiner in dem sogenannten Rheingäßchen zu Coblenz Nr. 996 gelegenen Behausung zu vernehmen gegeben, wasmaßen sie, nach dem ihnen auf das am heutigen Morgen elf Uhr erfolgte selige Ableben des weiland Freiherr von Clodh die erledigten Allodial=Güter=Besitzungen mit allen sonstigen Renten und Gefallen, Rechten und Gerechtsamen für sich und ihre Nachkommenschaft allzuhier durch mehrere kammergerichtskräftige Urteile bestermaßen Berechtigten angefallen zu sein, für nötig erachteten, in denen von weiland Freiherrn von Clodh herkommenden Allodien, für sich und ihre Nachkommen den Besitz zu ergreifen, wann nachher sie mich hiermit requirieren und ersuchen wollten, mich noch heute nach Bodendorf zu begeben, der Handlung der Besitzergreifung krafthabenden Notariatamtes mit Zuziehung der nötigen Zeugen beizuwohnen und darüber ein Instrumentum publicum anzufertigen.

Nachdem ich nun ratione officii publici diesem Suchen zu willfahren kein Bedenken gefunden und daher nebst dem obengemeldeten Bevollmächtigten Herrn Rat= und Justizbeamten Wieler und ich mit Zuziehung der hierzu besonders subrequirierten Zeugen Gerichtsschöffen Anton Neukirchen und Herbertus Hart, heute nachts halber zwölf Uhr, nach Bodendorf verfüget, so wiederholt zuvörderst erwähnter Herr Bevollmächtigter mit Übergebung seiner dieser Schrift angefügten Vollmacht in meiner und deren obenerwähnten Zeugen Gegenwart seine obige Requisition und declarierte dabei ausdrücklich gegen den ebenwohl gegenwärtig gewesenen Gräflich Layischen Rat Etscheid, welcher vermögeingesehener von Grafen von der Layen ausgestellter Vollmacht vom 7. August 1790 vom Reichslehen, so eben ein Hofhaus und daran gelegenen Garten Besitz genommen hatte, daß er gegenwärtig vorhabende Besitzergreifung bloß auf das Allodium und keineswegs in der Meinung, sich des Reichslehens mit zu versichern, unternommen haben wolle.

Hierauf wurden zuerst die gegenwärtig gewesenen Gerichtspersonen und Bürgermeister, namentlich Hilger Meurer von der vorhabenden Expedition benachrichtigt, und sie nunmehr an den Freiherrn von Stein als ihren künftigen Herren an und auf ihre bereits geleistete Pflicht einstweilen gewiesen. Sodann wurde weiter zu dem Akte geschritten, indem sofort vermeldeter Bevollmächtigter im Hofhaus Nr. 43 aus der Stubentür ein Stück Holz ausgeschnitten, die Türe auf» und zugemacht, und nachdem er sich nebst mir den Suscribierten Notario und Zeugen in dem hinteren Hof gelegenen Garten und gleich daneben sich befindenden Felde verfüget, in beiden etwas Erde ausgestochen hatte, mit dem Bedeuten: Daß hierdurch der Gewaltgeber Freiherr von Stein für sich und seine Nachkommen in sämtlichen dem Hofe anklebenden Rechten und Gerechtsamen auch sonstigen Appartenenzien den Besitz sollten ergriffen haben. So wurde weiteres in den neben der Wittib Wilz einer= und der Landstraße andererseits sich vorfindenden Weinberge gegangen, wo mehr bemeldeter Herr Bevollmächtigter etwas Grund ausgestochen mit der Erklärung: Daß hiermit sein Herr Gewaltgeber die Posseß von allen dem Freiherr von Clodh zuständig gewesenen Weingarten antrete. Am 24. morgens 7 Uhr begaben sich dann besagter Herr Bevollmächtigter in meiner und des Notar und deren Zeugen Begleitung Gerichtsschöffen Anton Neukirchen und Herbertus Hart nach vorläufig geschehener Zusammenberufung gesamter Gemeindeglieder durch Läutung der Glocken vor das Gemeindehaus und erklärte: Wie dal? der Herr Gewaltgeber Freiherr von Stein hiermit den Besitz von allen dem Freiherr von Clodh zuständig gewesenen Allodial=Güter, auch sonstigen Renten und Gefallen, Rechten und Gerechtsamen ergriffen haben wolle.

Von dannen verfügten wir uns morgens gegen 8 Uhr in die unweit von Bodendorf liegende Mahlmühle, allwo bemeldeter Herr Bevollmächtigter das Wasser abgelassen, in der Küche das Feuer ausgelöscht, und dem Müller namens Engelbert Untersee bedeutete: Daß der Herr Prinzipal Freiherr von Stein nach dem Tode weiland Freiherr von Clodh hiermit den Besitz von allen der Mühle zustehenden Gütern, Renten und Gefallen wollte genommen haben. Hiernächst begaben wir uns in die Gemeinde Lohrsdorf und Grien, allwo im Beisein des Schultheißen und Bürgermeisters in einem Felde beiderseits Clausen etwas Erde ausgegraben, und in einem einerseits neben der Wittib Gunseler, andererseits neben den Tirander Grien gelegenen Weingarten einiges Holz abgeschnitten, so wie in einem der Gemeinde Lorsdorf unter dem Bach und ober dem Weg gelegenen Felde eine Handvoll Erde ergriffen wurde mit dem Vermelden: daß hierdurch der Freiherr von Stein dero Herr Gewaltgeber für sich und seine Nachkommen den Besitz der sämtlichen Güter, Renten und Gefallen, Rechten und Gerechtsamen ergriffen haben wollte. —

Sonach verfügten wir uns auf den Guerler (= Köhler) Hof, wo bemeldeter Herr Bevollmächtigte die Haustür auf und zu geschlossen, aus derselben ein Stück geschnitten, auf dem Herde das Feuer ausgelöscht, im sogenannten Guerler Wäldchen einige Zweige abgeschnitten und im Felde etwas Grund ausgestochen hatte mit der an der Halfteren Johann Caspar Gillingharz getanen Erklärung: Daß hiermit sein Gewaltgeber Freiherr von Stein für sich und seine Nachkommen den ganzen Hof samt seiner Appartenenzien die Posseß ergriffen haben wollte. —

Von hier verfügte sich oft gedachter Bevollmächtigter in die Gemeinde Kirchdaun und begründete im Beisein des Bürgermeister Peter Hewer (= Heuer) und Schöffen Leonhard Moench die Posseß von allen nur möglichen Gerechtsamen und Gütern durch die Vollstreckung oftberührter Handlungen in einem Felde mittels Aufhebung einiger Erde. —

Weiter verfügten wir uns insgesamt in die Gemeinde Nierendorf, allwo unter der an den Bürgermeister von selten des Herrn Bevollmächtigten geschehenen Erklärung: Daß hiermit sein Gewaltgeber Freiherr von Stein von allen Gütern, .Renten und Gefallen für sich und seine Nachkommen den Besitz nehmen ließe, in einer Wiese etwas Gras ausgestochen wurde. — Als wir nun hierauf zu Niewerig und Ewerig (Niederich und Överich) ankamen, nahm bemeldeter Herr Bevollmächtigter im Beisein des Bürgermeisters Jak. Schmitt den Besitz von denen an die beiden Halftern Konrad Jung und Johann Schubach in Pacht gegebenen Gütern durch Ausstechen etwas Rasens in der Burgwiese Und einiger Erde in einem Felde. Ferner erhob sich oftbemeldeter Herr Bevollmächtigter in Begleitung des Bürgermeisters Franz Winzer zu Johannes Pohl in Edingen (Ödingen), machte in dessen Behausung die Haustür auf und zu, schnitt in einer Wiese einen Lappen Gras aus und brach in einem Gebüsch einen Zweig mit dem an den Halfteren Johannes Pohl gerichteten Bedeuten: Daß dero Prinzipal durch dieses Zeichen den Besitz von allen dem Freiherrn von Clodh zugestandenen Gütern, Renten und Gefallen hiermit wollte genommen haben.

Am 25. morgens 8 Uhr continuierten wir abermal mit der Besitzergreifung, indem der Herr Bevollmächtigter in meiner des Notar und Zeugen Begleitung in Beisein des von Clodhschen Halfteren Matthias Welsch und der beiden Bürger M. Hoffmann und Peter Gieler aus Remagen in dem in der Remagener Gemarkung gelegenen Weinberge beiderseits zwischen der Abtei Deutz einen Schollen Grund ausgestochen und in den dem Freiherrn von Clodh zugehörig gewesenen Hölzern und Gebüschen einige Zweige abbrach und declariert hat: Daß hiermit der Herr Principal von allen Weinbergen, Hölzern und Gebüschen, welche in der Remagener Gemarkung gelegen, die Posseß ergriffen haben wollte.

Endlich begaben wir uns um 9 Uhr morgens von dannen nach Heimersheim und Heppingen, gingen zum Schulzen, wo bemeldeter Herr Bevollmächtigter im Beisein mehrerer Gemeindeglieder die Ursache unseres Daseins eröffnete und in Begleitung des Vorstehers Johann Bertram Moenchs und Advokaten Steinheuer in einen Wein galten in der Trenk und einen ändern, im Handacker genannt, einige Erdklumpen ausstechen ließ mit dem Bedeuten: Daß hierdurch der Gewaltgeber Freiherr von Stein in allen Gütern, Renten und Gefällen, Rechten und Gerechtsamen den Besitz ergriffen haben wollte, womit sich dann dieser Actus der Besitzergreifung ohne jemandes Widerspruch oder Widerstand beendigt und respee vollendet hat. Da nun ich der hierzu requirierte Notarius publicus juratus atque immatriculatus neben dem obengedachten erbetenen Zeugen dieses alles wie obenstehet und geschehen, mit angesehen und angehöret habe.

Als habe ich solches getreulich protokolliert, darüber gegenwärtiges Instrumentum publicum, welches mit meinem geführten Protokoll und denen darinnen befindlichen Unterschriften allenthalben genau übereinkommt, gefertiget, solches eigenhändig ad mundum (ins Reine) gebracht und dasselbe mittels meiner Unterschrift und Vor-druckung des mir conferierten Notariats=Signets= und Siegels vollzogen, Herrn Requirenten zugestellt.

So geschehen, anno, Omense, die, hora et loco ut supra inuno Continualo Elite. Anton Neukirchen als Instrumentszeuge, Hubertus Hart als Instrumentszeuge, In fidem et pro expeditione Brutto originali suo concordante.

L. S.

Joes Jacobus Grimm
Not. publ. jurat. et immatriculatus
Ad haec legitime requisitis.

In vorsorglicher Weise hatte Freiherr von Stein schon im Jahre 1797, also 2 Jahre vor der tatsächlichen Besitzergreifung, seinem Notar folgende Vollmacht gegeben: Da nach denen in Sachen der Freiherrlich von Steinschen Familie wider die Familie von Brempt und Consorten modo Freiherr von Clodh inbetreff der vom Dam Quad zu Landskrone und dessen Gemahlin Elisabeth von EIz nachgelassenen Erbschaftsmasse bei Allerhöchst Kaiserl. Reichskammergericht respee unterm 26. März 1686, 15. November 1745, 28. September 1769 ergangenen Urteilen erstgedachte Freiherrlich von Stejnsche Familien als Miterben erwähnter Dam Quadschen Verlassenschaft rechtskräftig anerkannt, durch allerlei von dem Freiherrn von Clodh gemachten falschen Vorspielungen aber, derselben die Überreichung deren in Akten weitläufiger spezifizierter Güter bishero vorenthalten worden, nachdem erfolgenden allenfallsigen Ableben des Freiherrn von Clodh jedoch solche Vorspielungen als ohne weitere Wirkungen von selbst in ihr nichts zurückfallen, und daher die erwähnte Allerhöchst Kaiserl. Reichs=Kammergerichtsurteil ihre völlige Kraft erhalten; Als habe ich der Königlich Preußische Geheime Ratkammerherr und Kammerdirektor zu Kleve und Domherr im Hohen Stifte Brandenburg Heinrich Friedrich Carl vom und zum Stein, Herr zu Frucht, Schweighausen pp, meinen Rat= und Justizamt Gottlieb Friedrich Wieler hierdurch und zwar cum famulate substituendi et authorisandi autorisiert und bevollmächtigt namens meiner und der ganzen Freiherrlich von Steinschen Familie, die aus der Dam Quadschen Erbschaftsmasse unter der Verlassenschaft des Freiherrn von Clodh befindlichen Güter, nachdem ihm desfalls specialitio zugestellten Verzeichnis sofort in Besitz zu nehmen oder nehmen und dabei alles was dazu erforderlich, gehörig zu besorgen oder besorgen, demnächst über die geschehene Besitzergreifungen ein Legal=Notariats=Instrument ausfertigen zu lassen. Urkundlich unter vorgedrucktem mir angebornen Freiherrlich von Steinischen Insiegel und meiner eigenhändigen Unterschrift.

So geschehen
Nassau, den 17. März 1797.
H. Fr. K. von Stein
In fidem et pro copio original!
suo consono
J. J. Grimm mp. Notar.