SIEDLER

von Eifel und Mittelrhein in Bosnien

VON DR. DR. CARL MÜLLER, KREFELD-FISCHELN

In den 7oer Jahren des 10. Jahrhunderts war das rheinische Wirtschaftsleben durch den tiefgreifenden Wettbewerb Englands und Nordamerikas mit billigen agrarischen und industriellen Produkten in eine gefährliche Lage gekommen. Viele Landwirte, sogenannte weichende Erben, und junge Handwerker, die in der Industrie keine lohnende Beschäftigung fanden, wanderten nach Nord= oder Südamerika aus. Eine geringe Anzahl nieder- und mittelrheinischer Bauern suchte jedoch in Bosnien einen neuen Lebensraum. Diese Auswanderung von Rheinländern in eine Landschaft des Balkans erregte um so mehr das Erstaunen, als bisher fast nur landhungrige Bauern aus Süddeutschland einen neuen Siedlungsraum in den Donaustaaten gefunden hatten. Die Einwanderung nach Bosnien lag vor allem wohl darin begründet, daß in den siebziger Jahren dort den Erwerb von größeren Bodenflächen zu niedrigen Preisen möglich war.

Nach dem russisch-türkischen Kriege und dem Berliner Kongreß des Jahres 1878 waren die früheren türkischen Provinzen Bosnien und Herzegowina von Truppen der österreichisch=ungarischen Monarchie besetzt worden. Bosnien war damals dünn bevölkert und in großen Teilen unkultiviert. Noch unter der Türkenherrschaft, nämlich i. J. 1869, hatte der Trappistenpater Franz Pfanner aus dem Kloster Mariawald bei Heimbach in der Eifel mit einigen Ordensbrüdern die Täler der Save, der Bosna, der Drina und des Vrbas besucht, um einen günstigen Platz für ein zu gründendes Kloster zu finden. Weil der aus dem Zisterzienserorden hervorgegangene Trappistenorden es immer als eine seiner Hauptaufgaben angesehen hat, aus unkultivierten Landschaften Kulturland zu schaffen und eine unabhängige Versorgung des Klosters zu erreichen, war ihm das halbwüste Vrbastal zwischen Banjaluka und Bosnisch^Gradiska zur Siedlung willkommen.

Als die Türken im Jahre 1643 Bosnien und die Herzegowina erobert hatten, behielt der Sultan ein Drittel des Landes, meistens Wälder, als Staats vermögen. Die weiteren zwei Drittel des Landes wurden zum geringeren Teil unter dem Namen Vakuf, islamitische Stiftungen, zur Unterhaltung der islamitischen Kultgebäude, der Moscheen oder Dschamijen, von Schulen, Bädern und Krankenhäusern verwendet, während der größere Teil als Lehen für höhere Militärpersonen und Verwaltungsbeamte, den Begs und Agas, überlassen wurden. Diese gaben das Land zur Bearbeitung ihren christlichen Bauern, den katholischen Kroaten und prawoslawischen Serben unter der Bezeichnung Kmeten in Erbpacht. Die zum Islam übergetretenen bosnischen Adeligen durften ihren Landbesitz als Begluk behalten. Als im Jahre 1878 Bosnien unter die österreichisch-ungarische Verwaltung gekommen war, verließ ein großer Teil der türkischen Großgrundbesitzer das Land, um nach Kleinasien zu ziehen, und verkaufte den Grundbesitz an die christlichen Bauern. Die aus Deutschland eingewandert ten Mitglieder des Trappistenordens hatten inzwischen größeren Grundbesitz erworben und bei Banjaluka das Kloster Maria=Stern erbaut, Schulen gegründet und mehrere Wirtschaftsunternehmen, wie Wassermühle, Käserei, Brauerei, Sägewerke und Ziegelei, eingerichtet. Bereits im Jahre 1882 zählte das Kloster 105 Patres, Brüder und Novizen, die fast alle aus Deutschland stammten.

Die mit dürftigen Werkzeugen nach einer veralteten Technik arbeitenden Kmeten waren nicht imstande, das ganze Vrbastal der Kultur zu erschließen. Daher bemühte sich Pater Franz Pfanner, arbeitswillige deutsche Kolonisten ins Land zu ziehen. In der Zeitschrift „Der christliche Pilger" schilderte er im Herbst des Jahres 1878 die Möglichkeit der Ansiedlung und den Kauf größerer Grundstücke mit geringem Eigenkapital. Durch die Mitwirkung des Pfarrers Kauf von Rupperath (Eifel) bildete sich dann in Essen (Ruhr) ein Verein von bäuerlichen und handwerklichen Siedlern, die zunächst einige Vertrauensleute mit der Eisenbahn von Essen über München nach Gradiska an der Save schickten. Nach langwierigen Verhandlungen gelang es diesen, durch Vermittlung des Paters Pfanner von den Türken Dschinitsch, Salihbeg Ibrahim-Begowitsch, Hassan Schititsch, Alija und Huso Beglo-Erowitsch und Mohamed Paschalitsch umfangreiche Grundstücke und einen TscKardak, ein heruntergewirtschaftetes Türkenschloß, zu kaufen. Nach dem Vertragsabschluß fuhren die Vertrauensleute nach Essen zurück und brachten noch im Herbst die ersten deutschen Kolonisten familien nach Bosnien. Die ersten Siedler hatten nicht nur eine mühselige Arbeit zu leisten, die mit der Urbarmachung des teilweise wüsten Landes, dem Roden der Wälder und dem Aufbau der Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude zusammenhing. Sie mußten in einem Lande, das über 400 Jahre nach einem fremden islamischen Recht verwaltet worden war, eine neue Wirtschaftsordnung schaffen. Die früheren Erbpächter, die Kmeten, waren nur schwer zu bewegen, ihre islamischen Rechtsbegriffe aufzugeben und die neuen Rechtsverhältnisse unter einer neuen Landesverwaltung anzuerkennen. Es dauerte lange, bis ihre Viehherden nicht mehr die Äcker der deutschen Kolonisten verwüsteten und bis das rücksichtslose Fällen der Bäume in den Privatwäldern aufhörte.

Nachdem die ersten Siedler in wenigen Jahren in der Nähe der Landstraße zwischen Banjaluka und Gradiska aus Ziegeln und Holz die ersten Wohnhäuser und Stallungen errichtet hatten und die Nachrichten über den Aufschwung der Siedlungen nach Deutschland gekommen waren, erhielten die Siedlungen aus dem Rheinland, aus Westfalen, aus Oldenburg und aus Schlesien starken Zuwachs. Aus den ersten kleinen Kolonien entstanden bald größere Zivil= und Kirchengemeinden, die die Namen Rudolfstal und Windthorst führten und die nach der Eingliederung Bosniens in den südslawischen Staats verband die Namen Bosanska Aleksandrowaz und Nova Topola erhielten.

Von der Ahr und vom Mittclrhein kamen nach Bosnien im ersten Jahrzehnt der Kolonisation folgende Siedler, die 1930 von den Brüdern Franz Ostendorf, Hauptlehrer in Langförden, und Johannes Ostendorf, Konrektor in Lohne in Oldenburg, aus den Kirchenbüchern aufgenommen wurden:

Peter Jakob Joseph Bergweiler aus Rieden bei Mayen und seine Frau Maria Katharina Schäfer aus Rieden.

Johann Bleidt aus Bell, Kr. Mayen, und seine Frau Catharina Scheuren aus Bell, Kr. Mayen.

Georg Blei aus Oberzissen mit seiner Frau Elisabeth Esten aus Oberzissen.

Jakob Bous aus Niedermendig, Kr. Mayen, und seine Frau Anna Maria Fridgen aus Niederzissen.

Philipp Bous aus Niedermendig mit seinem Sohn Philipp. Bous aus Niedermendig und seiner Frau Elisab. Schumacher aus Essen.

Ammerich Caspar mit seiner Frau Rosalina Kraus aus Hönningen, Kr. Neuwied.

Anna Catharina Britz geb. Sachs aus Kaltenborn bei Adenau.

Gottfried Dinkelbach und Maria Anna Wester aus Kasbach, Kr. Neuwied.

Heinrich Dittscheid mit Maria Anna von den Stemmen aus Ansbach, Kr. Neuwied.

Servatius Eiben und Frau Barbara Lehmann aus Niederzissen.

Johann Joseph Emuns aus Sierscheid Kreis Ahrweiler mit Catharina Zimmermann aus Rupperath.

Johann Fridgen mit Anna Maria Frisch aus Niederzissen.

Peter Joseph Fridgen mit Margaretha Loth aus Niederzissen.

Mathias Frings und Anna Catharina Kump aus Vischel, Kr. Ahrweiler.

Gertrud Frisch aus Niederzissen.

Johann Frisch und Maria Weidenbach aus Niederzissen.

Nikolaus Görges aus Dedenbach bei Ahrweiler mit Maria Anna Schick aus Königsfeld, Kr. Ahrweiler.

Appolonius Hausmann mit Barbara Henk aus Dedenbach bei Ahrweiler.

Edmund Junker mit Anna Maria Michels aus Königsfeld bei Ahrweiler.

Mathias Junker aus Schalkenbach, Kr. Ahrweiler, mit Gertrud Reterat aus Dietenbach bei Koblenz.

Johann Kehr aus Schalkenbach, Kr. Ahrweiler, mit Maria Anna Engel.

Michael Kneip aus Niedermendig mit Maria Hulai.

Johann Klein aus Acht bei Koblenz mit Anna Carolina Otto.

Peter Anton Kratz aus Waldorf, Kr. Ahrweiler, mit Anna Catharina Thünker aus Koblenz.

Jakob Köhn aus Rieden bei Mayen mit Anna Maria Vierboom aus Essen.

Stefan Joseph Krupp aus Waldorf bei Ahrweiler und Gertrud Trömgen aus Waldorf.

Michael Langenfeld aus Langenfeld bei Adenau mit Anna Schüller aus Volkesfeld, Kr. Mayen.

Margaretha Loth aus Niederzissen.

Peter Joseph Mahlberg aus Mahlberg mit Veronika Prinz.

Julius Müller aus Burgbrohl am Rhein mit Elisabeth Bous aus Niedermendig.

Joseph Nürnberg aus Rieden, Kr. Mayen, mit Gertrud van Meegen.

Peter Ott aus Sierscheid bei Adenau mit Helene Zimermann.

Matthias Rausch aus Rieden, Kr. Mayen, mit Maria Meyer aus Happerschofi b. Köln.

Maria Anna Rothbrust geb. Schmitt aus Mayen.

Mathias Schild aus Weibern bei Adenau mit Maria Gertrud Rausch.

Johann Schiig aus Engeln, Kr. Mayen, mit Anna Maria Wilms aus Hain bei Adenau.

Paul Schmidt mit Catharina Pandorf aus Niederzissen.

Hubert Schneider aus Reimerzhofen bei Ahrweiler und Catharina Geyer aus Adenau.

Anna Maria Schuld aus Weibern bei Adenau.

Anna Fridgen geb. Schuld aus Weibern.

Hubert Simonis aus Wershofen bei Adenau mit Anna Maria Müller.

Michael Schüller aus Langenfeld bei Adenau mit Catharina Klein aus Acht bei Adenau.

Mathias Thelen aus Dedenbach, Kr. Ahrweiler.

Peter Thelen aus Dedenbach mit Gertrud Michels aus Dedenbach.

Peter Thönessen mit Catharina Schäfer, beide aus Winnerath bei Adenau.

Peter Walsdorf aus Glees bei Niederzissen mit Christine Schuld aus Niederzissen.

Hinzu kamen noch andere Siedler aus Burgen an der Mosel, aus Morshausen im Hunsrück und viele aus den Kreisen Moers, Geldern, Kleve und Rees-Wesel am Niederrhein.

In den ersten Jahren nach der Ansiedlung hatten die Bauern= und Handwerkerfamilien unvorstellbare Schwierigkeiten zu überwinden. Mehrmals gab es eine schlechte Ernte, so daß einige Siedler gezwungen waren, einige Grundstücke zu verkaufen oder wieder nach Deutschland zurückzufahren. Beim Bau der ersten Ziegelhäuser wurden sie manchmal von Bosniaken gehindert, die den Bau zerstörten oder das Bauholz stahlen. Dazu traten noch gefährliche Seuchen, wie Typhus, Cholera, Scharlach und Malaria auf, so daß allein in Rudolfstal in einem Jahre 28 Personen an Typhus starben. Groß war in den Anfangsjahren besonders die Säuglingssterblichkeit, da weder Arzt noch Apotheker, weder Hebammen noch ein Krankenhaus zwischen Banjaluka und Gradiska zu finden waren.

Vor allem war es die Musterwirtschaft des Klosters Maria=Stern, die den Kolonisten eine tatkräftige Hilfe leistete. Im Jahre 1887 errichtete das Kloster die Zweigniederlassungen Josefsburg und Martenburg mit Molkerei und Käserei (Trappistenkäse), mit Gärtnerei und Bienenständen. Nach dem ersten Weltkrieg baute das Kloster sogar ein Elektrizitätswerk, das nicht nur für die Mühlen, Bierbrauerei, Weberei den elektrischen Strom lieferte, sondern zuletzt auch die Stadt Banjaluka mit Strom versorgte. Auf Anregung des Paters Beda, der den bürgerliehen Namen Moritz von Vesteneck führte und früher Oberleutnant in einem österreichischen Dragonerregiment gewesen war, wurden Einkaufs= und Absatzgenossenschaften gegründet, um durch den gemeinsamen Absatz der landwirtschaftlichen Produkte in Sarajewo oder Sisek einen höheren Preis zu erzielen und gemeinsam Saatgut und landwirtschaftliche Maschinen einzukaufen. Nach der vorbildlichen Wirtschaft der deutschen Siedler ersetzte bald auch der Bosniake den altertümlichen Holzpflug durch den Eisenpflug, begann mit der planmäßigen Düngung und besorgte sich gutes Saatgut. Mit dem im Jahre 1882 gegründeten rheinischen Bauernverein traten die Kolonisten in Bosnien in Verbindung, brachten den ersten Hafer-, Kartoffel- und Kleebau ins Vrbastal und holten vom Rheinland, vom Münsterland und aus Oldenburg gutes Zuchtvieh herbei. Im Jahre 1808 wurde vom Bauer Jakob Loth die erste Dampfmühle eingerichtet und später von Fritz Lamers eine zweite Getreide=Dampfmühle erworben und soweit ausgebaut, daß sie die größte Dampfmuhle Bosniens wurde. Es war natürlich, daß die deutschen Siedlungen, von denen die größte Dorfgemeinde im Jahre 1882 bereits 802 Einwohner zählte, bestrebt waren, eigene Kirchen und Schulert zu bauen. So wurden denn in wenigen Jahren in den weit auseinanderliegenden Siedlungen MitteU und Unterwindthorst sowie in Rudolfstal katholische Kirchen und Schulen und für die kleine evangelische Gemeinde in Rudolfstal eine evangelische Kirche errichtet. Pfarrer in Windthorst waren Pater Zimmermann, Pater Gabi aus Imst in Südtirol, Pfarrer Hermann Düttmann aus Esterwege bei Hannover und Pfarrer Johann Gerhard Purk aus Angelbeck bei Löningen in Oldenburg. In Rudolfstal leitete die Kirchengemeinde zunächst Pater Theodor Heyde, dem bis 1908 mehrere Trappisten als Pfarrverwalter folgten. Von 1908 bis 1929 war Pater Lohmer Pfarrer von Rudolfstal. Die evangelische Gemeinde wurde mit Hilfe des Gustav=Adolf=Vereins in Deutschland von Pfarrer Dr. Julius Koladscheck oder Pfarrer Blau von Agram oder Sarajewo alle zwei Monate betreut.

Es war den deutschen Kolonisten im Vrbastale schwer, Volksschulen einzurichten und die notwendigen Lehrer zu finden. Mehrere Jahre leisteten die Pfarrer und Angehörige des Trappistenordens die erste Aushilfe in den Schulen, gelegentlich auch einige Siedler mit gewissen pädagogischen Kenntnissen. Später übernahmen Schulschwestern des Klosters Nazareth bei Banjaluka den Unterricht in den Schulen. Selbstverständlich wurde seit 1918 neben der deutschen Sprache auch die serbokroatische Staatssprache gepflegt. So kam es, daß auch die Kinder der Kolonisten in der Lage waren, deutsche Tageszeitungen zu lesen, wie das Deutsche Volksblatt in Neusatz (Novisad), die Christliche Volkszeitung in Esseg (Osijek) und verschiedene Blätter aus Köln, Essen, Vechta in Oldenburg, Wiesbaden und Innsbruck. Auch die Klosterbücherei mit über 500 Bänden aus dem deutschen Schrifttum wurde an langen Winterabenden gerne benutzt.

Weil ich selbst in den Jahren 1933, 1936 und 1939 längere Zeit in Bosnien weilte und in Bibliotheken und Archiven in Sarajewo, Banjaluka und Trawnik forschte und auch 1952 und 1958 nochmals Bosnien besuchen konnte, blieb mir der starke Einfluß des Islam in Bosnien nicht verborgen. Nach der Auswanderung der Türken waren doch die eingeborenen muselmanischen Großgrundbesitzer und reichen Kaufleute im Lande geblieben, wo die Städte mit ihren zahlreichen Moscheen, Basaren, Bädern einen durchaus islamischen. Eindruck machten. Kolonistenkinder, welche höhere Schulen in Sarajewo, Banjaluka und Trawnik besuchten, spürten sehr deutlich den islamischen Einfluß in den höheren Schichten dieser Städte und im Leben des ländlichen Adels.

Im Wirtschaftsleben konnten die bosnischen Kmeten bei der Bodenbearbeitung und bei der Viehaufzucht von den deutschen Kolonisten vieles lernen, vor allem bei der Einführung landwirtschaftlicher Maschinen. Aber auch die deutschen Siedler übernahmen von den Bosniaken verschiedene Fruchtarten wie Kukurutz=Mais, Tabak, Melonen, Paprika, Edelkastanien, Walnuß= und Pflaumenbäume wurden in Bosnien weit mehr angepflanzt, als man in Deutschland gewohnt war. Sliwowitz=Pflaumenschnaps war bald auf allen Bauernhöfen zu finden. Bei den wohlhabenden Kolonisten fanden die bei den Muselmanen gewohnten kupfernen Kaffeekessel sowie farbenprächtige Wand- und Fußbodenteppiche mit geometrischen Figuren und künstlerischen Pflanzenmotivert, Eingang neben glänzenden grüngoldenen Fayanzen als Hausschmuck. Dagegen wurden die im islamischen Familienrecht wurzelnden Sitten und Gebräuche von den deutschen Siedlern entschieden abgelehnt, vor allem die nach dem islamischen Recht erleichterte Ehescheidung.

Als Beispiel für die seltsame Auffassung bei der derben Züchtigung einer Frau durch ihren Ehegatten sei folgende Anekdote erzählt: Im Juni 1939 führte ich im Auftrage des Reisebüros Hartmann, Düsseldorf, eine Reisegesellschaft durch Kroatien und Bosnien nach Dalmatien, Im Saale des Gastwirts und Postverwalters Oskar Böckmann gab es einen ausgezeichneten Kaffee und wohlschmeckenden Kuchen, Bienenhonig und Pflaumenschnaps. Während der lebhaften Unterhaltung mit den Angehörigen der Familie Böckmann und ihren Nachbarn berichtete Frau Anna Böckmann, wie eine muselmanische Frau mit Stolz ihr die Beulen am Kopf und die Striemen auf den Armen gezeigt hatte. Diese Frau war von ihrem Manne, der sich nach islamischem Recht eine zweite Frau genommen hatte, jahrelang nicht mehr beachtet worden. Weil diese Frau jedoch vor wenigen Tagen mit einem jüngeren Knecht gesprochen und den Kopfschleier geöffnet hatte, war sie von ihrem Mann dermaßen geschlagen worden, daß sie mit geschwollenen Augen kaum noch sehen konnte. Aus der Tatsache, daß ihr Mann sie aus Eifersucht verprügelt hatte, schloß die Frau, daß die Liebe ihres Mannes zu ihr noch nicht erloschen war. Diese bosnische Auffassung von Liebe und Eifersucht war zweifellos sehr lehrreich und erbaulich. Durch den zweiten Weltkrieg wurde das wirtschaftliche Leben und die kulturelle Entwicklung der deutschen Kolonien im Vrbastale und in anderen deutschen Siedlungen wie Königsfeld=Dubrawa, Troschelje, Glogowatz=Schutzberg, Schibowska und Zenitza bei Trawnik in Bosnien außerordentlich bedroht. Nach dem raschen Einmarsch der deutschen, italienischen und bulgarischen Truppen in Südslawien bildeten sich in den großen Wäldern von Bosnien und Serbien große Partisanengruppen, die nicht nur die deutschen Nachschublinien störten, sondern auch die deutschen Siedlungen überfielen und plünderten. Viele Bauernhöfe und auch die große Getreidemühle von Fritz Lamers wurden in Brand gesteckt und eine Anzahl von Kolonisten, darunter auch Banatarzt Dr. Alfred Böckmann, wurden verschleppt und ermordet. Es wurden Ortsheimatwachen gebildet, denen es bis zum September 1944 gelang, die Partisanen aus den geschlossenen Siedlungen zu vertreiben. Als jedoch die deutschen Truppen gezwungen waren, im Herbst des Jahres 1944 Bosnien zu räumen, mußten auch die deutschen Kolonisten im Vrbastale ihre Heimstätten aufgeben und nach Österreich und Süddeutschland flüchten. Als ich im Sommer des Jahres 1952 nochmals durch das Vrbastal fuhr, fand ich dort keine deutschen Siedler mehr vor. Aber die an die deutsche Heimat mahnenden deutschen Bauernhöfe und die im Vergleich zu anderen Teilen Bosniens besser bearbeiteten Feldfluren legen noch heute ein Zeugnis ab von der wirtschaftlichen und kulturellen Leistung der deutschen Kolonisten in Bosnien.