Ahrweiler besaß zwölf Mühlen

VON JAKOB RAUSCH

Sieben Mühlen für ein Städtchen von etwa 2000 Einwohnern, das dünkt uns eine hohe Zahl. Das Brotgetreide spielte im Anbau und Verbrauch eine größere Rolle als heute. Noch gab es keine Kartoffeln. Jeder Bürger zog auf seinem eigenen Felde Dinkel, Weizen, Hafer und Gerste. Dinkel und Weizen mahlte der Müller zu Backmehl. Aus dem Hafer wurde Hafermehl und Hafergrütze bereitet. Hafermehl und Hafergrütze dienten zur Herstellung von Suppe, die nicht nur mittags, sondern auch morgens und abends als „Haferbrei" eine große Rolle spielte, zumal man das Kaffeetrinken noch nicht kannte. Gerste wurde geschält, „gequetscht" und zu Grieß bereitet. Diese drei Gerstenprodukte bildeten einen nahrhaften Zusatz zur Suppe. Minderwertigeres Getreide wurde zu Viehfutter geschrotet. Außerdem mahlten einige Mühlen die Lohe, die bei den sieben Gerbereien Ahrweilers gebraucht wurde. Die Ölmühlen schlugen aus Raps und Bucheckern das wertvolle Speiseöl. Eine Mühle stampfte auch zuletzt den Tabak, und eine andere mahlte Knochen. So hatten unsere Mühlen ein reiches Arbeitsfeld, und sie hatten eine große Bedeutung für die Ernährung der Stadtbewohner. Die sieben alten Mühlen waren im Besitz des Adels und der Klöster. Eine Mühle lag oberhalb des Obertores, also außerhalb der Stadtmauer; zwei Mühlen lagen innerhalb des Mauerrings; vier Mühlen lagen unterhalb des Niedertores zwischen der Stadt und dem „Weißen Steine" an der Stadtgrenze, die damals auch Landesgrenze war.

Die erste Mühle

Die erste Mühle oberhalb des Obertores war seit 1468 in den Händen der Grafen von Arenberg, die später in den Fürsten- und Herzogsstand erhoben wurden. Diese Arenberger Mühle, von der das idyllische Mühlrad heute noch Kunde gibt, gehörte zum „Kautenturm", auch „Rother Turm" und „Turm von Ahrweiler" genannt. Dieser Besitz stellte eine Wasserburg dar. Sie lag auf dem Gelände des heutigen Winzervereins. Über 350 Jahre waren die Herren von Arenberg Besitzer dieser Wasserburg, die ein kurkölnisches Lehen war. Mit diesem Lehen war das kurkölnische Erbschenkenamt verbunden. Ihr Inhaber zählte damit zu den 1. Grafen und Beamten Kurkölns. Im 19. Jahrhundert kam die Mühle in Ahrweiler Privatbesitz. Seit 1860 war die Müllersfamilie Schick ihr Besitzer. Diese „Schicks-Mühle" brannte aber 1927 nieder und wurde nicht mehr aufgebaut.

Die zweite Mühle

Die zweite Mühle lag schon innerhalb des Mauerrings neben dem Klosterrather Hof (— Rodder Hof). Das Kloster Klosterrath, an der holländischen Grenze nördlich von Aachen gelegen, ließ diese Mühle dicht am Südrande seines ausgedehnten Klosterhofes erbauen. Aber schon im Jahre 1292 verkaufte die Abtei Klosterrath wegen einer besonderen Notlage diese Mühle an das Kölner Stift „St. Gereon". Im 17. Jahrhundert sind die Herren von Einenberg, die auf der Landskrone saßen, und im 18. Jahrhundert die Herren von der Leyen auf Gudenau Besitzer der Mühle. Diese Mühle wurde abgebrochen und hat keine Ruinen hinterlassen.

Die dritte Mühle

Die dritte Mühle besteht heute noch; sie liegt im Zentrum der Stadt neben der „Hirsch-Apotheke". Sie hieß die „Blankartsmühle", weil während des ganzen Mittelalters die Ritter von Blankart, dieses reichste und berühmteste Ahrweiler Rittergeschlecht, Erbauer und Besitzer dieser Mühle waren.

Schicksmühle

Vor 1740 heiratete die letzte Erbin dieser Mühle, Maria Anna Elisabeth von Blankart, den Herrn von Rohe von Empt zu Drovernich. Das Familienwappen, das wir heute noch im Wohnzimmer der Mühle finden, hat im rechten Felde das silberne Kreuz auf rotem Felde der Familie von Rohe und links den silbernen Hammer im blauen Felde, das Wappen von Blankart. Wie uns das vorstehende Wappenschild mit Unterschrift bezeugt, erneuerte dieses Ehepaar die Mühle 1741. In der Franzosenzeit (1794 bis 1814) kam die Mühle in städtischen Besitz und wird darum auch „Stadtmühle" genannt. Wegen ihrer Lage heißt sie auch die „Marktmühle". Vor 120 Jahren war die Familie Emilius Besitzerin dieser Mühle, die sie bis 1890 betrieben hat. Hernach war van Hären der Pächter der Mühle. Von 1911 bis 1919 wurde die Blankartsmühle von dem Bäckermeister Bell, der aus Mayen stammte, betrieben. Zugleich führte er in dem weiträumigen Gebäude eine Bäckerei. Nach dem ersten Weltkriege wurde die Müllersfamilie Pfahl Besitzerin dieser Mühle. Der Müller Münch heiratete die Erbin der Mühle.

Die vierte Mühle

Die vierte herrschaftliche Mühle lag schon außerhalb der Stadtmauer, dort, wo sich di; Kohlenhandlung Schlecht befand. Diese Mühle wurde von der Abtei Klosterrath erbaut, doch im Jahre 1292 an das Kölner Stift „St. Gereon" verkauft. So besaß nun St. Gereon beide ehemaligen Klosterrather Mühlen. Eine dieser Mühlen war den Grafen von Blankenheim, die auf der Schützbahn einen Hof besaßen, abgabepflichtig. Als Klostermühle ging nun diese Mühle 1803 in französischen Staatsbesitz über. Zunächst verpachtete der Staat die Mühle, später ging sie durch Kauf in Privatbesitz über. Die Firma Kündgen-Münster betrieb die Mühle als Lohmühle weiter, da sie auf dem Mühlengelände eine große Gerberei mit 19 Gruben führte, m denen das Leder durch den Zusatz von Lohmehl gegerbt wurde. Im Jahre 1884 kaufte der Gerber Peter Schlecht aus Münstereifel diese Gerberei, betrieb sie zunächst als Rotgerberei und stellte sie aber später auf Weißgerberei um. Hauptsächlich wurden Kaninchenfelle für eine Leipziger Firma gegerbt. Durch Konkurs dieser Leipziger Firma ging diese Weißgerberei in Ahrweiler ein. Peter Schlecht stellte sich auf den Kohlenhandel um.

Die fünfte Mühle

Die fünfte herrschaftliche Mühle war die Blankenheimer Mühle (heute Neiß). Sie gehörte den Grafen von Blankenheim, die auf der Schützbahn den großen „Blankenheimer Hof" besaßen. Der Blanken hei m er Hofmeister Heimsoeth kaufte zur Franzosenzeit für seine Familie den Hof Lind die Mühle. Die Mühle verkaufte Rentmeister Heimsoeth schon im Jahre 1830 an die Familie Linden. Der Chronist berichtet: „Der Lindenmüller war reich und wurde in der Mühle noch reicher". Man muß wissen, daß die Blankenheimer Mühle von je her die größte Mühle war. Sie hatte zwei Mahlgänge und schlug zeitweise auch Öl und mahlte Lohe. Der letzte Lindenmüller hatte zwei Erbtöchter. Die eine heiratete den Arzt Dr. Anis und die andere den Bankdirektor August Jarre. Nach dem 1. Weltkriege verpachteten die Erbtöchter die Mühle an den Müller Joseph Reuter. Als dieser aber bald die Metzgerei in der Ahrhutstraße gründete, verkauften die Erben Linden die Mühle an die Firma May-Franzen, die hier eine Bürstenfabrik errichtete, wozu die Stadt einen Zuschuß von 10000 Mark gab. Als die Fabrik durch die Inflation 1924 in Konkurs geriet, kaufte Herr Nikolaus Neiß den großen Besitz.. Dieser richtete hier 1925 eine Schuhfabrik ein, die aber 1941 dem System des Dritten Reiches erlag. Heute wird auf diesem historischen Boden eine Fremdenpension betrieben. Alte ehrwürdige Linden begrünen das Anwesen und geben dem Namen „Lindenmühle" einen neuen Sinn.

Die sechste Mühle

Die sechste herrschaftliche Mühle war die „Reutersmühle". Erbauer und Besitzer dieser Mühle waren die Ritter von Blankart. So gab es also in Ahrweiler zwei Blankartsmühlen, die „Marktmühle" und die „Reutersmühle". Das weitverzweigte Rittergeschlecht von Blankart war auch in Lantershofen ansässig und bewohnte dort die Burg. Ihm gehörte diese Mühle. Als Pächter und zuletzt Besitzer dieser Mühle war die von der Grafschaft stammende Familie Unkelbach. Im Jahre 1893 ging die Mühle in den Besitz der Familie Reuter über, die in drei Generationen von 1893 bis 1960 die Mühle betrieb. In dieser Zeit wurde die Mühle zweimal erweitert und modernisiert. Aber auch diese Mühle stellte im Jahre 1960 ihren Betrieb ein. Wie die meisten Mühlen, so wurde auch sie ein Opfer der industriellen Großmühlen einerseits und der „Landmüdigkeit" der Stadtbevölkerung anderseits. Das Mühlrad ist heute noch in dem der Familie Großgast gehörenden Sägewerk im Gang.

Die siebte Mühle

Die siebte herrschaftliche Mühle und die letzte innerhalb des Stadtbannes war die „Weiße Mühle" (heute Niederlage der Essener Bierbrauerei). Ihren Namen leitet diese Mühle von den „Weißen Mönchen" her, welche die Erbauer und bis 1803 Besitzer dieser Mühle waren. Die Steinfelder Prämonstratenser-Mönche besaßen bis zum 13. Jahrhundert einen Klosterhof in Girrenzheim am Fuße des Kalvarienberges. Nach der Stadtgründung zogen sie vor 1300 in die durch Mauern geschützte Stadt auf die Wehrscheid (Höttchen). Durch den großen Brand von Ahrweiler wurde das Klosterhaus ebenfalls ein Raub der Flammen. Der Graf von Steinkallenfels trat um 1700 den „Alten Bau" an die „Weißen Mönche" ab. Von seinen Bewohnern erhielt nun der „Alte Bau" den Namen der „Weiße Turm". So ist es leicht verständlich, daß die Steinfelder Mühle auch die „Weiße Mühle" genannt wurde. Durch die Säkularisation kam die Mühle im Jahre 1803 in französischen Staatsbesitz. In der Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Müllersfamilie Reinnert Besitzerin. Im Jahre 1885 wird Anton Reinnert noch als Teichmeister genannt. Nach dessen Tode erwirbt der Lindenmüller Matthias Josef Linden auch diese „Weiße Mühle". Er verpachtete sie kurzfristig an seinen Müllergesellen Adeneuer. Aber bald wird das Mühlrad stillgestellt, und die Lindenmühle übernimmt auch die Kundschaft der „Weißen Mühle". Nach dem ersten Weltkrieg erwirbt die Familie Niemann den Besitz. Die Wasserkraft treibt heute eine Turbine. Sie dient zur Eisbereitung.

Auch ist in der ehemaligen „Weißen Mühle" eine Bierniederlage der Essener Aktienbrauerei. Die sieben herrschaftlichen Mühlen wurden im frühen Mittelalter als Eigenbetrieb von hörigen Müllerknechten bearbeitet. Später aber finden wir die Mühlen im Betrieb von Pächtern. Die Pachtzeit betrug wenigstens 12 Jahre; selten bestand eine Erbpacht. Die Landmühle in Hemmessen, die ja von dem gleichen Mühlteich gespeist wurde, war eine Bannmühle, d. h. die umliegenden Dörfer der Grafschaft Neuenahr, von Ramersbach bis Ringen, waren „gebannt", ihr Getreide nur in dieser „Bannmühle" mahlen zu lassen. Im Gegensatz hierzu waren sämtliche sieben herrschaftlichen Mühlen Ahrweilers keine „Bann oder Zwangsmühlen". So berichtet eine städtische Urkunde von 1743: „Daß unter allen in hiesiger Stadt-Ahrweiler botmäßigen Mühlen keine Zwangsmühle sei, sondern einem Bürger frei stehen, mahlen zu lassen, wo er wolle und ihm gefällig; auch die Mühlenpächter durch ihre Pferd und Esel die zu mahlende Frucht bei jedem Bürger abholen und, wenn gemahlt, auch zurückbringen solle." Dies wird der Wahrheit nach testiert.

Ahrweiler, 6. Mai 1743 Sartorius, Stadtschreiber

So bestand also eine gewisse Gewerbefreiheit. Auch wurde das Monopol der sieben herrschaftlichen Mühlen dadurch gebrochen, daß Ahrweiler Bürger weitere Mühlen errichteten. Schon um 1600 finden wir den „Mühlengraben" rechts der Ahr, der aber nur Loh- und Ölmühlen trieb. So betrieb die Familie Krechels jenseits der Holzbrücke am heutigen Hause Steffens eine Ölmühle. Die beiden Ahrweiler Bürger Schumacher und Wollschläger kauften um 1750 diese Ölmühlen, um sie in eine Mahlmühle umzuwandeln. Dazu aber gebrauchten sie die Konzession des städtischen Magistrats und des kurfürstlichen Landesherrn. In ihrer Bitte um die Genehmigung erwähnten die Antragsteller, daß auch die jülichschen Mühlen in Gimmigen und Heimersheim in Ahrweiler mahlen ließen, weil ihnen oft sommers wegen Trockenheit und winters wegen Vereisung das Mahlen unmöglich sei. Ja, auch die sieben Mühlen am langen städtischen Mühlteich links der Ahr könnten winters wegen Vereisung oft nicht mahlen. Die Vereisung trete aber bei dem kurzen Teich rechts der Ahr wegen des großen Gefalles selten auf; auch sei hier das Eis leicht zu entfernen, was aber bei dem langen Stadtteich sehr kostspielig sei. Beide versprechen, jährlich 2 Goldgulden an die Stadt zu zahlen. Erzbischof Clemens August hält diese Summe für zu gering. Die Müller verpflichteten sich nun, 4 Goldgulden zu zahlen, womit die Stadt zufrieden ist. Da beide Müller nicht schreiben können, unterzeichnen sie mit ihrem Hauszeichen T, MW. Diese Mühle wird später die „Durbens" Mühle genannt. Jakob Durben aus Hohenleimbach kaufte 1860 diese Mühle. Im Jahre 1762 bittet Heinrich Vallender aus Bachem, im Bachemer Tal eine Walkmühle für das von ihm zu verarbeitende Leder für die Weißgerber zu errichten. Aus dieser Walkmühle entstand bald eine Ölmühle und später auch eine Mahlmühle. Heute liegt dort der Forellenhof. Bachem besaß aber schon früher am Fuß der Bachemer Burg eine herrschaftliche Mühle, die wegen ihres zeitweisen Besitzers die Eltzer-Mühle genannt wurde.

Im Jahre 1748 bat Konrad Knieps aus Walporzheim oberhalb des Ortes, unweit der „Bunten Kuh", eine „Öl- und Mahlmühle" zu erbauen. Durch den Einspruch der Ahrweiler Müller, denen sich der Müller von Marienthal anschloß, kam der Bau nicht zur Ausführung. Dem Walporzheimer Bürger Rainer Dunwald, der gleichzeitig auch Baumeister der Stadt Ahrweiler war, gestattete am 22. August 1753 der Erzbischof Clemens August von Köln zu Walporzheim oberhalb der Brücke eine neue Mahlmühle auf eigene Kosten zu erbauen. Wegen Benutzung des Wasserlaufes mußte der Müller Dunwald an die kurfürstliche Kellerei zu Altenahr jährlich zu Martini 4 Malter Roggen abliefern oder für jeden Malter 21/2 Reichstaler, insgesamt also 10 Reichstaler zahlen. Diese Mühle wurde durch das Hochwasser von 1804 restlos weggeschwemmt.

Die Pfahlsmühle

Die größte bürgerliche Mühle war die „Pfahlsmühle" westlich des Obertores und der jetzigen von Ehren wall sehen Kuranstalt gelegen.

Lindenmühle

Ursprünglich war sie auch eine Arenbergische Herrenmühle, ging aber schon im Anfang des 18. Jahrhunderts in den Besitz der Müllersfamilie Pfahl über. Dies älteste Ahrweiler Müllergeschlecht führte auch ein Wappen. Als „redendes" Wappen hält ein steigender Löwe einen senkrecht stehenden „Pfahl". Die Pfahlsmühle wurde im 19. Jahrhundert modernisiert, sie wurde in ihren Leistungen nur von der Lindenmühle übcrtroffen. Im Jahre 1888 geriet die Mühle in Brand. Die neugegründete Ahrweiler Feuerwehr bestand hier ihre erste Probe, und das Feuer wurde bald gelöscht. Die Mühle wurde nicht nur hergestellt, sondern auch wesentlich verbessert. Der Müller betrieb größere Viehzucht mit Bullenhaltung. Müller Pfahl stellte um die Jahrhundertwende auf dem großen Mühlengelände die erste Dampfdreschmaschine auf. Hier ließen die Ahrweiler Winzer ihr Getreide dreschen und teilweise auch mahlen, und so wuchs der Kundenkreis der Mühle. Die Pfahlsmühle überflügelte nun sogar die Lindenmühle. Im Jahre 1910 erscheint in den Mühlenakten Herr von Ehrenwall zunächst als Anpächter und nachher als Besitzer der „Pfahlsmühle". Die von Ehrenwall'sche Kuranstalt gebraucht die Wasserkraft zum Antrieb einer Turbine, die elektrische Energie erzeugt.

So besaß Ahrweiler insgesamt 12 Mühlen. Als Müller wurden genannt: Mesenich, Caspar, Weißgärber, Löhr, Kimmel, Zils, Engels, Schumacher, Wollschläger, Vallender, Knieps, Dunwald, Pfahl, Linden, Emilius, Unkelbach, Durben, Schick, Reuter. Die Müller bildeten in Ahrweiler mit den Ölschlägern, Bäckern und Brauern eine gemeinsame Zunft. Im Staatsarchiv zu Koblenz liegt die Zunft- und Bruderschaftsordnung vom 19. August 1633 auf Pergament geschrieben vor. Der Zunftbrief legt der Bruderschaft starke religiöse Bindungen auf. Auch die Ahrweiler Stadtordnung vom 27. Januar 1613 beschäftigt sich im Anhange eingehend mit dem städtischen Mühlenwesen. In der „Ordnung der Müller, der Deichklausen und Gemahls halber zu Ahrweiler" werden besondere Bestimmungen getroffen über die Reinigung und Instandhaltung der Teiche und Klausen. An Sonn- und Festtagen darf nicht gemahlen werden. Als Molter (= Mahllohn) wird für 1 Malter (3 Zentner) ein „Mühlfaß" festgesetzt. Da ein Malter durchweg 12 Faß, 1 Faß 4 Mühlfaß zählte, so betrug der Molter nur 1/48 des Mahlgutes. Von einem Malter konnte der Müller als „Molter" nur 6 bis 7 Pfund Mehl behalten. Aus weiser Überlegung durfte jeder Müller nur 5 Hühner und einen Hahn halten, und Hühnern, Ziegen, Schweinen und Eseln war der Zutritt zur Mühle verboten, um „Munddiebstahl" zu verhüten und Verunreinigungen zu vermeiden. Ein städtischer „Mühlenmeister" überwachte die Mühlen; er versammelte auch alljährlich alle Müller auf dem Blankenheimer Hof oder auch auf der „Giesemer Brücke" und machte die Müller mit der „Mühlenordnung" und den Strafen bei Nichtbefolgung derselben bekannt. Der meiste Streit entstand wegen der Reinigung und Instandhaltung des Mühlenteiches, weswegen sich die benachbarten Müller oft in den Haaren lagen. Die Müller waren sich durchweg aber einig, wenn sie wegen der Teichverunreiniguug gegen die Gerber vorgehen mußten. Es verschwanden die Lohmühlen und Gerbereien, die Walk- und Ölmühlen; nur die Mehlmühlen retteten sich bis in unser Jahrhundert. Im 1. und 2. Weltkrieg, also in Notzeiten, erlebte das Müllergewerbe einen fieberhaften Aufstieg. Jedermann bemühte sich, mit dem Müller auf gutem Fuße zu stehen, damit man das wichtigste Nahrungsmittel „Brot" hatte.

Damals betete man inständig „Unser täglich Brot gib uns heute". Das „Wirtschaftswunder", die Hebung des Lebensstandards, die „Landmüdigkeit" nicht nur der Stadtbewohner, sondern auch der Dörfler und die Industrialisierung der Großmühlen brachte auch das Mühlrad der letzten Mehl-Mühlen zum Stillstand. Diese moderne Entwicklung entwurzelt den Menschen vom heimatlichen Grund und Boden. Einst hielt der Acker mit Saat und Ernte, mit den beimischen Mühlen und Backhäusern unsere Vorfahren fest an der Heimaterde, wodurch die Menschen gesund und stark blieben.

Weiter aber besteht noch die „Müllerversammlung". Ihre Mitglieder sind wie die 7 ehemaligen Standesherren die heutigen „Teichherren". Dazu gehören: die Stadt Ahrweiler, von Ehrenwall, Münchpfahl, Neiss, Reuter und Niemann. Zum Unterschied vom Mittelalter zählen dazu auch die Besitzer der ehemaligen jülich'schen Mühlen im heutigen Neuenahrer Stadtgebiet, die ja vom gleichen Mühlteich gespeist wurden. Neuenahrer Teichherren sind: Floßdorf, Sichmann, Hochgürtel und Diel. Am 3. April 1960 wählte die Müllerversammlung Nikolaus Neiss als Teichmeister, Horst Niemann als seinen Stellvertreter und Schriftführer und Sichmann als Helfer. Da der Teich immer wieder gereinigt und ausgebessert "werden muß, so übersteigt bei unseren „Teichherren" die Bürde die Würde.

Weiter aber lebt die Mühlenromantik in Mühlensagen, Mülleranekdoten und Volksliedern, z. B. „In einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad", „Dort unten in der Mühle saß ich in süßer Ruh". Auch bei Abzählreimen unserer Kinder spielt Müllers Esel noch immer eine Rolle.