Die Entstehung der Ahrtalstraße

VON HEINZ SCHMALZ

Die das Ahrtal überquerenden Aachener oder Heerstraße sowie die Bonn-Trierer Straße waren im Mittelalter die wichtigsten Verkehrsverbindungen in unserem Heimatgebiet. Erst später gewann die Straße im Rheintal mehr ari Bedeutung. Diese erhielt durch die französische Besatzung von 1797 bis Ende 1814 ihren noch jetzigen Verlauf (1804 Brücke über die Ahr bei Sinzig) und wurde durch die preußische Regierung 1822 vollendet.

Das Ahrtal blieb jedoch verkehrsmäßig unerschlossen.

Der geringe Verkehr aus dem Oberahrgebiet wurde über die Altenahr-Bonner Straße und die Transporte von der mittleren Ahr über die Hemmessen-Rheinbacher Straße abgewickelt. Dazwischen war durch natürliche Behinderungen, wie die Felsbarrieren vor Laach und Altenahr, ein Transport verkehr nur mit vielen Schwierigkeiten möglich. Auch an der unteren Ahr waren die Wegeverhältnisse durch Sümpfe und Berghänge nicht für eine ständige Benutzung geeignet. Außerdem waren die schmalen Verbindungen der einzelnen Orte untereinander durch Witterungseinflüsse nur schwer passierbar und zum Teil durch das große Unwetter am 21. Juli 1804 weggeschwemmt. Als der Landrat in Ahrweiler am 8. 11. 1817 vom Königlichen General-Post-Amt zu Berlin den Bescheid über die Einrichtung einer Postanstalt in Ahrweiler erhielt, wies er sogleich die Bürgermeister der Unterahrorte an, die Herrichtung und Instandhaltung des Weges von Ahrweiler über Bodendorf nach Remagen zu veranlassen. Der Bürgermeister von Ahrweiler antwortete daraufhin, daß der Weg in einem guten Zustand sei, nur zwischen Heppingen und Lohrsdorf habe die Ahr ein Stück Weg fortgerissen. Er bat um Bereitstellung von Geldern für die Ausbesserungsarbeiten.

Doch die Erneuerung des Weges ließ lange auf sich warten. Der Landrat sah sich deshalb genötigt, am 26. 1. 1818 nochmals an den Bürgermeister von Ahrweiler zu schreiben und verlangte mit allem Nachdruck, daß der Ausbau der Poststraße zügig vonstatten geführt werden müsse. Sollten sich Gemeinden in der Ausführung der Arbeiten lässig zeigen, sei er angewiesen, hier strengste Maßnahmen zu ergreifen. Erst Anfang April 1818 war es soweit, daß der Weg in einem befahrbaren Zustand war.

An der Mittelahr waren die Verhältnisse ähnlich, so daß von Ahrweiler ab 1. Juli 1818 nur ein Bote die Post bis nach Adenau bringen konnte. Da eine Fahrmöglichkeit nicht gegeben war, mußte doch ein Fuhrwerk von Ahrweiler bis Altenahr 12mal durch das Ahrbett fahren, was nur in der Trockenzeit möglich war.

Der Straßenbau wurde in den darauffolgenden Jahren ahrauf- und ahrabwärts intensiv vorangetrieben. Er erreichte mit der Einweihung des ersten Straßentunnels im Lande Preußen am 25. 11. 1834 vor Altenahr eine behelfsmäßige Fertigstellung. Die weiteren Befestigungen und Verbreiterungen der Straße zogen sich jedoch noch einige Jahre hin. So lesen wir, daß ab 1. 4. 1839 die über den Winter eingestellte Cariolpost zwischen Ahrweiler und Altenahr wieder eingesetzt wurde und künftig bei dem nahen Ausbau der Straße auch im Winter verkehren werde.

Der Ausbau zu einer Kunststraße (Straße mit fester Oberdecke aus Schotter- oder Pflastersteinen) wurde erst gegen 1860 vollständig abgeschlossen. Die Ahrstraße diente seitdem nicht nur zur Verbindung der Ahr- und Eifelgegend mit den großen Verkehrsstraßen im Rheintal, sondern bildete durch ihre Uferbauten an vielen Stellen des Ahrtals einen wirksamen Damm gegen Überschwemmungen.

Zur Befestigung und Verschönerung der Straße wurden gegen 1860 etwa 1150 Bäume (davon 600 Kirschbäume) angepflanzt. Außerdem hatten die Gemeinden Dernau und Rech auch noch etwa 450 Bäume an dieser Straße. Die Kreise Ahrweiler und Adenau bildeten damals einen Kreisbaubezirk unter der Leitung eines in Ahrweiler wohnenden Kreisbaumeisters. Für die Arbeiten an der Ahrtalstraße unterstanden ihm 1860 für den Straßenabschnitt von Kripp bis Walporzheim ein Aufseher mit dem Wohnsitz in Wadenheim (Bad Neuenahr) und für die Strecke von Walporzheim bis Altenahr ein Aufseher mit dem Wohnsitz in Altenahr. Das Gehalt der Aufseher betrug jährlich je 110 Taler. Die Unterhaltung der Ahrstraße wurde aus dem Bezirksstraßenbaufond bestritten. Seit 1859 beliefen sich die Ausgaben hierfür wie folgt: 1859 = 1730 Taler, 1860 = 1686 Taler, 1861 = 1012 Taler und 1862 = 2960 Taler. Als Entschädigung für die Abnutzung der Straße und als Beitrag zu den sehr hohen Unterhaltungskosten der Chaussee wurde für den Verkehr mit Wagen, Schlitten und Vieh eine festgesetzte Gebühr erhoben. Zu diesem Zwecke wurden in Kripp, Lohrsdorf und Dernau Mauten (Zollstellen) errichtet. Der Pächter dieser Hebestellen (in Kripp und Dernau) oder der Verwalter (in Lohrsdorf) ließen die gebührenpflichtigen Wagen usw. erst nach Bezahlung der Gebühr durch die dann zu öffnenden Straßenschranken passieren. Die Höhe der Gebühr richtete sich nach der Beanspruchung der Straße, und zwar ging man hierbei bei den Wagen von der Breite der Räder aus. Frachtwagen mit breiten Felgen waren wesentlich billiger als Kutschen mit schmalen Rädern, die die Straßen stark beschädigen konnten. Für Zugtiere, Reitpferde, Schafe, Schweine, Kühe, Kälber und Ziegen, die über die Straße getrieben wurden, zahlte man eine geringere Gebühr. Diese, auf einer Quittung bescheinigt, hatte Gültigkeit jeweils von Maute zu Maute und mußte auf Verlangen vorgezeigt werden, da sonst hohe Strafen drohten. Für eine vierspännige Kutsche von Kripp nach Altenahr war also in Kripp, Lohrsdorf und Dernau jeweils ein Straßengeld zu entrichten, das insgesamt etwa 24 Silbergroschen für eine Fahrt ausmachte. Von der Zahlung waren lediglich Wagen- und Viehbesitzer innerhalb ihres Wohnorts oder der Gemarkungsgrenzen sowie die Post befreit, letztere, weil sie auf Bezirksebene wesentlich zur Unterhaltung der Straße beitrug. Die Einnahmen der Hebestellen waren in den Jahren:

  1859   1860   1861   1862
in Kripp 1073/4 Taler 100 Taler 100 Taler 103 3/4 Taler
in Lohrsdorf 1073 1/2 Taler 1196 1/3 Taler 1328 Taler 1437 2/3 Taler
in Dernau 455 Taler 455 Taler 350 Taler 350 Taler

Ahrweiler und zum Teil auch Altenahr hatten während der Wintermonate schon damals (1860) eine Straßenbeleuchtung.

Für die Sicherheit auf der Straße sorgten in Ahrweiler und Altenahr je ein Polizeidiener, deren Besoldung zwischen 120 und 200 Talern jährlich lag. Zu ihrer Hilfe kamen in Ahrweiler 9 und in Altenahr 4 Nachtwächter hinzu, die ihren Dienst für eine Besoldung von jährlich 25 bis 30 Talern versahen.