Burg Insul, ihre Entstehung und Geschichte

VON JOHANN SCHMITTEN

Wenn die Ahr mit vielen Schleifen, tausendfach über Steine und Felsen springend vorbei an prächtigen Waldhängen nach vielen Kilometern ihres Laufes den großen Ahrbogen bei Schuld durchflossen hat, öffnet sich das Tal zu einem breiten Kessel, ringsum von aufragenden Bergen eingefaßt. Dem Blick bietet sich erst eine prächtige Felspartie, an der sich der Fluß, kurz vorher noch wild rauschend, plötzlich wie gezähmt, vorbei schlängelt, als wenn ihm der mächtige Fels seinen Übermut sehr verargen würde. Und noch eine Strecke verhält er sich ruhig, so, als wenn er die Warnung des mächtigen „Großen" lange vermerkt habe, wobei man auch glauben könnte, daß er sich in diesem anmutigen Talstück besonders wohlfühle und länger gerne verweilen möchte. Mitten in diesem weiten Tale, das sich hier etwa 1,5 km ausdehnt, erhebt sich ein kleiner Berg, von der Talsohle ca. 60 Meter hoch, rundum von Äckern und grünen Wiesen umgeben. Kein Name, keine Bezeichnung als nur die „Burg" (1806 wurde sie als Alt-Burg bezeichnet) sind irgendwo vermerkt. Nur die Sage umwebt diesen Berg, immer wieder weitergegeben, vielfach sicher verändert und teilweise mit Echtheiten und Wirklichkeit vermischt. Wir haben noch die Jungsteinzeit, und alles liegt fast 50000 Jahre zurück. Nur sehr dünn ist das Land im Eifelgebiet besiedelt, vereinzelt treten Menschen auf, und wahrscheinlich sind es „Liguren" von der Ligurischen See herkommend, die hier zu dieser Zeit den Kampf mit der wilden Natur aufnahmen. Alles ist voll Gestrüpp mit riesigen Wäldern. Raubwild, aber auch Elche und Hirsche leben reichlich im Räume, und Wölfe sind stark verbreitet. Der Mensch steht im immerwährenden Kampf mit dieser Umwelt, aber seine ordnende Hand wirkt langsam und stetig auf sie ein, trotz vieler gefahrvoller Widerstände. Jahrhunderte jahrtausende vergehen, der Mensch hat seine ersten Brücken zu den Grundelementen seiner damaligen Welt geschlagen und erfinderisch mit seinem ihm veiliehenen. Geist die Broncezeit eingeleitet. Aus Vorderasien kommend, wird diese Kultur in unsere Gebietsteile getragen, weitergeformt und verbessert. Aber gleichzeitig wechseln auch die Menschen, die Stämme verändern sich je nach siegreichen Kämpfen untereinander. Da beherrscht etwa 1000 v. Chr. eine besondere Gruppe unseren Raum, die als „Urnenfelder" bezeichnet werden, eine Aussage, die aus Urnenfunden bis in den Raum Antweiler entstanden ist. . Aber auch sie müssen dann den vordringenden Kelten, etwa 800 v. Chr. weichen. Eine zu dieser Zeit schon hohe Kultur zeichnet dieses indogermanische Volk aus. Sie betreiben Ackerbau und Viehzucht, einschließlich Pferdezucht, und Pferde werden schon damals für den Kriegsdienst verwandt.

Insul
Foto: Johann Schmitten, Insul

Aber die Kelten stellen „den Pflug über das Schwert", sie sind kein ausgesprochenes Kriegsvolk und wehren sich nur zur Erhaltung ihrer eigenen Existenz.

Was sie aber nicht besitzen, im Gegensatz zu den Runen der späteren Germanen, ist die Schrift, und erst sehr viel "später werden die Römer Forschungen über die Kultur und das Leben der Kelten niederschreiben. Das Land

beginnt zu blühen, die Landschaft verändert sich unter dem Stamm der Kelten, es runden sich geschlossene und bewachte Gebietsteile ab. Aber trotz aller Ruhe und Sicherung drängen um 300 v. Chr. die blonden Germanen vor, verdrängen teilweise die Kelten oder vermischen sich auch im Laufe der nachfolgenden Zeit mit ihnen. Die Kelten sichern .sich vorerst durch die sogenannten „Fliehburgen" ab, Bauwerke zum eigenen Schutz aus breiten ' und massiven Trockenmauerwerken auf Bergen und Höhen. Und hier dürfte der Grundstein zur „Burg" in Insul entstanden sein, denn ihre Örtlichkeit hoch über der Landschaft gelegen in einem fruchtbaren Tale, übersichtlich gegen anrückende Feinde, umschirmt von Seen, bot Schutz und erhöht auf festem Fels konnten die Stämme der Kelten sich hier bestens verteidigen. Die gute Übersicht über die Landschaft rundum bot die Möglichkeit, alles zu bewachen, auch die Äcker, auf denen wesentliche Grundnahrungsmittel, wahrscheinlich schon Hirse, Gerste, Hafer und Wurzelfrüchte, angebaut werden. Inzwischen hat auch die La-Tene-Zeit = jüngere Eisenzeit, ihre ersten Ausstrahlungen bis in diesen keltischen Raum genommen, die Kultur beginnt sich langsam danach auszurichten. Gerätschaften, aber auch Waffen entstehen aus Eisen, damals eine Wandlung ungeheuren Ausmaßes.

Außer kleineren Fehden wird eine längere Friedensepoche im Lande geherrscht haben, bis der römische Feldherr Julius Cäsar 58 bis 52 v.Chr. mit seinen zu dieser Zeit hochorganisierten Truppen das Land eroberte. Kurz nach der Einnahme wird ein Eburonenaufstand — Eburonen waren ein besonderer Stamm der Germanen — von Julius Cäsar blutig niedergeschlagen, die Eburonen verjagt. Die dann gebildeten römischen Provinzen, Untergermanien mit der Hauptstadt Köln, Obergermanien mit der Hauptstadt Mainz und Belgien mit der Stadt Trier, grenzten sternförmig in Nürburg, so daß die Oberahrorte Dümpelfeld, Insul, Schuld, damals nur aus einzelnen Hütten bestehend, zu Untergermanien einzuordnen sind.

Nur daraus mag die heute noch bestehende Sprachverwandschaft mit dem Bonn-Kölner-Raum herrühren. Mit Gewißheit haben die Römer die „Burg" — im Kartenwerk des französischen Ingenieurgeographen, Oberst Tranchot 1803.noch als „Alt-Burg" bezeichnet — als Festungsgebäude benutzt und weiter ausgebaut. Der gut erkennbare Wallgraben rund um das Burgplateau wird von ihnen angelegt worden sein.

Daß ein Wasserzufluß über Kanäle von den nahegelegenen hohen Berghängen erfolgte, kann angenommen werden, da heute noch am Rand des oberen Kuppelhanges die angrenzenden Äcker ständig eine starke Nässe haben. Erwiesen werden konnte dies jedoch bis heute nicht.

Wohl mag hier noch auf etwas hingewiesen werden, was für die Aufenthaltsorte der Römer besonders typisch ist. Ganz in der Nähe am Felsen „Prümer Tor" wächst seit alten Zeiten die „Vinca Minor", das Immergrün, eine Pflanze aus dem Mittelmeeraum, sie war Sinnbild der Unsterblichkeit und wird bei den römischen Grabstätten mit zum Totenkult gehört haben. Wurden dort die Toten der Römer begraben?

Die Franken, über das rechte Rheinufer kommend, befreien etwa 450 n. Chr. das Land von den Römern. Sie vermischen sich in den nachfolgenden Jahrzehnten mit den germanischen Stämmen.

Wir machen jetzt geschichtlich den Sprung bis in die Raubkriege der Franzosen 1688/89/90, wo diese Art von Festungen vollkommen- zerstört wurde. Aus dem vorhandenen Gestein bauten sich die verbliebenen Bewohner ihre Häuser, die großen Reste sind wüste Steinhaufen, und es ist kaum mehr erkennbar, wie und wo jemals eine Festung gcstart4en hat, welche Schicksale mit ihr verknüpft sind.

Aus diesen großen Zeiträumen gibt es keine Niederschrift und nur wenig Überlieferung. Nur die Vorstellungen aus der Gesamtgeschichte und zusammengefaßte Wiedergabe vielen, teils sagenhaften „Erzählens" können der Geschichte Gestalt geben. Sie soll aber auch die Landschaft vor tausend und mehr Jahren mitumfassen und soll so verstanden werden.