Die „Wunderbrücke"

Erinnert nicht das Titelbild dieses Jahrbuches, die Autobahnbrücke überm Ahrtal, an die Sage von der Wunderbrücke, die die Einwohner von Heppingen im Jahre 1956 zum Thema ihres historischen Zuges machten?

Hier folgt die Sage, zuerst wie das Volk sie erzählt in Prosa, dann wie Karl Simrock sie in Verse kleidete.

Als die Burg Neuenahr und die Burg Lands-kron noch standen, lebten einst zwei Herren dort in so guter Freundschaft und Nachbarschaft, daß sie sich, hoch über die Ahr weg, von Burg zu Burg eine Brücke bauen ließen. Ihre Nachkommen vertrugen sich aber nicht so gut. Die Brücke wurde nicht mehr benutzt, verfiel und stürzte zuletzt ein.

Einst jedoch verliebte sich ein junger Herr von Landskron in die Gräfin von Neuenahr, und den beiden Liebenden tat es nun sehr leid um die Brücke. Die junge Gräfin wußte Rat. Sie schoß ein Garnknäuel, dessen Ende sie behielt, mit einem .Armbrustbolzen hinüber. An dem Faden ließen sie eine haarfeine Schnur mit einem Ring hin- und herlaufen, und so schickten sie einander Briefe und Liebeszeichen. Als sie Mann und Frau geworden waren, ließen sie die Brücke wieder bauen und hielten sie in gutem Zustand, solange sie lebten.

Nach ihrem Tode aber würde sie wieder vernachlässigt. Sie fiel zum zweiten Male ein und wurde seitdem nicht wieder aufgebaut.

Wo sich zwei Berge winken,
dazwischen rauscht die Ahr,
da sahen die Vä
ter blinken
Landskron und Neuenahr
und einer Brücke Bogen
erglühn im Sonnenstrahl,
von Schloß zu Schloß gezogen
über das breite Tal.

In Stücke brach die Brücke
nach schwerer Zeiten Lauf,
da baute sich zum Glücke
ein zärtlich Paar sie auf.

Und Liebesboten gingen
dahin, daher gar viel,
bis sie sich selbst umfingen
in süßem Minnespiel.

Viel schöne Brücken schlagen
sah ich in deutschem Land,
doch keinen Bogen wagen,
der sich so weithin spannt.
Weil's ewig unterbliebe,
so mag man klärlich schaun,
daß Freundschaft und Liebe
die schönsten Brücken baun.

W. K.