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Aus dem nach 1880 herausgegebenen ,,Neuesten Album vom schönen Ahrtal: Die Bahnhöfe, hier Ahrweiler und Neuenahr. waren damals noch Sehenswürdigkeiten Foto: Archiv

Am 17. September 188O fuhr die erste Eisenhahn von Remagen nach Ahrweiler

Der Bau der Ahrtalbahn

Klaus E. Kemp

Unter dem 20. September 1880 berichtet die ,,Bonner Zeitung": „Die Mitglieder der früheren Gesellschafts-Direction, der jetzigen Direction und des Administrationsrathes der Rheinischen Eisenbahn hatten den Tag vor der auf den 18. September festgestellten Eröffnung des allgemeinen Betriebes unserer neuen Ahrtalbahn zu einer gemeinschaftlichen Besichtigung derselben bestimmt und gleichzeitig unseren reizenden Badeort Neuenahr ausgewählt, um daselbst das Festmahl einzunehmen. Bei der Wichtigkeit des so lang ersehnten Ereignisses der Betriebseröffnung für unseren Ort lag es auf der Hand, dass Gemeindebehörde, Bade-Direction und sämtliche Einwohner sich vereinigt hatten, um ihre Freude durch eine angemessene äußerliche Feier zu bekunden. Der Bahnhof und der ganze Ort zeigten sich in reichem Flaggenschmuck, die Krieger-, Handwerks- und Gesangsvereine mit ihren Fahnen hatten nebst den Schulen auf dem Bahnhof inmitten der wogenden Volksmassen Aufstellung genommen. Nach Ankunft des Directions-Zuges wurden die Gäste durch patriotische Gesänge und von dem Bürgermeister Hepke durch eine Anrede begrüßt, die mit begeistertem Hoch auf Se. Majestät unseren allerverehrtesten Kaiser Wilhelm schloss; dann gings in feierlichem Festzuge zum Curhotel, wo das glänzende Festmahl in geschmackvoll decoriertem Saale stattfand ... Nach dem Festdiner wurde eine Spazierfahrt nach Altenahr unternommen und die Rückfahrt vom Bahnhof Ahrweiler um 8 Uhr angetreten. Das von schönstem Wetter begünstigte Fest endigte mit einer in jeder Beziehung gelungenen, brillanten Beleuchtung der Ruine Neuenahr, der Kuppe der Landskrone, des Ortes und des Bahnhof Neuenahr zur vollständigen Befriedigung aller Festgenossen."

Es war ein langer Weg, bevor der erste Zug der Ahrtalbahn an diesem 17. September 1880 die Strecke befuhr.

In dem hier in Betracht kommenden Gebiet war die Rheinische Eisenbahn ausschlaggebend für die Anlegung der ersten Linien. 1833 für den Bau der Strecke Köln-Aachen (-Belgien) gegründet, wandte sie sich als Aktiengesellschaft nur solchen Linien zu, die eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals garantierten. So entstand unter ihrer Regie unter anderem nach der Übernahme der 1844 eröffneten Bonn-Cölner Eisenbahn die Rheintalbahn, die 1858 Remagen und Koblenz erreichte. 1859 war die durchgehende Verbindung nach Süden fertiggestellt. 1864 drang die Rheinische Eisenbahn erstmals von Düren aus in die Eifel vor. 1871 war Trier erreicht. 1875 entstand die direkte Linie Euskirchen-Kalscheuren (Köln). Wegen der schwierigen Terrainverhältnisse mit Steigungen bis 1 : 57 auf der Eifelbahn brachte die 1879 erfolgte Eröffnung der Moselbahn von Koblenz nach Trier eine deutliche Verlagerung des Durchgangsverkehrs aus der Eifel heraus auf letztere Strecke.

Die Rheinische Eisenbahn hatte eine solche Entwicklung vorausgesehen. Deshalb war die Eifelbahn erst auf Drängen des Staates über Kali hinaus in Richtung Trier gebaut worden. Der Staat mußte eine Zinsgarantie von 4 % für diese Strecke geben, die auch kräftig in Anspruch genommen wurde: Allein von 1871 bis 1876 waren es ungefähr 8,3 Mill. Mark, die der Bahn so aus der Staatskasse zuflössen. Wieder einmal wurde als Grund dafür die Armut der Eifel angeführt. Außer dem erhofften Durchgangsverkehr blieben aber auch die erwarteten großen Erzfunde aus, Somit war die wirtschaftliche Basis denkbar schwach,

In einem Memorandum des Jahres 1879 sah die Direktion der Rheinischen Eisenbahn die Lösung des Problems im Bau weiterer Zweigbahnen, um den Verkehr und dadurch die Einnahmen zu steigern. Man nahm jedoch nicht das Ahrtal als Ausgangspunkt, sondern schlug eine Linie Mayen-Koblenz-Jünkerath vor. Dabei wurde darauf hingewiesen, wieviel Geld der Staat in den Bau von Eisenbahnen im Osten Preußens investiert habe. Nun sei es an der Zeit, sich dem Westen zuzuwenden.

1880, im Jahre ihrer Verstaatlichung, eröffnete die Rheinische Eisenbahn eine Strecke am Nordrand der Eifel, nämlich Bonn-Euskirchen, und eine Stichbahn in die Eifel. Das erste Stück der Ahrtalbahn von Remagen nach Ahrweiler wurde in Betrieb genommen. Wegen des relativ breiten unteren Ahrtales bildete der Bau keine großen Schwierigkeiten, während andererseits die Heilquellen in der Gegend und der Weinbau eine Rendite versprachen. Die Haupteinnahmen erwartete man jedoch weniger aus dem Güter-, als vielmehr aus dem Personenverkehr.

Bereits 1862 hatte man in Ahrweiler eine Strecke von Remagen nach Ahrweiler als Teil einer großen Bahn von Köln nach Trier vorgeschlagen. Von Seiten der staatlichen Aufsichtsbehörde wollte man jedoch erst die Fertigstellung der Strecke (Köln-)Düren-Trier abwarten, ehe man der Rheinischen Eisenbahn weitere Linien genehmigte. Ein belgischer Konzessionsantrag, von Lüttich her durch das obere Ahrtal bis Koblenz mit dem Fernziel Prag zu bauen, wurde in den 60er Jahren abgelehnt, obwohl der belgische Antragsteller alle Auflagen Preußens erfüllte und das erforderliche Kapital gezeichnet war. Diese Bahn sollte weniger die Eifel erschließen als vielmehr dem großen internationalen Verkehr dienen. Aus wirtschaftlichen, vor allem aber aus militärischen Gründen wollte man den lieber aus der Eifel heraushalten. Sie sollte ein Bollwerk gen Westen sein. Die Rheinische Eisenbahn erhielt immerhin am 12. 10. 1865 die Erlaubnis, mit den Vorarbeiten für eine Bahn von Euskirchen über Ahrweiler nach Sinzig zu beginnen, also nur am Rand der Eifel entlang. Dabei blieb es vorerst.

1873 wurde die Sache etwas konkreter. Von Euskirchen aus sollte es nach Bonn gehen und von dieser Linie dann in Rheinbac'h eine weitere abzweigen und über Gelsdorf, Ringen und Heppingen bis nach Sinzig führen, Noch während eines Empfanges einer Delegation aus Neuenahr beim zuständigen Minister in Berlin am 18. 7. 1878 wurde von der Ausführung einer Linie Meckenheim (statt wie bisher Rheinbach)-Sinzig gesprochen. Aber noch im selben Jahr änderte man die Linienführung, da durch die zuerst vorgeschlagene Trasse nur das untere Ahrtal erschlossen wurde. Eine Bürgerinitiative aus Ahrweiler und Walporzheim unter der Führung des Landtagsabgeordneten A. Dahm erreichte diese Änderung, die der Rheinischen Eisenbahn wohl nicht ungelegen kam, da die Anlage einer Bahn von der Höhe ins Ahrtal hinab recht teuer geworden wäre. An der Trassierung von Euskirchen nach Bonn änderte sich jedoch nichts mehr. An dem weiten Bogen nach Süden erkennt man auch heute noch die ursprünglichen Absichten. Für die neue Bahn standen zwei Ausgangspunkte zur Wahl, nämlich Remagen und Sinzig. Während bei der oben erwähnten Unterredung in Berlin sowie in einem Schreiben an den Landrat der Minister noch Sinzig als den Anfang der geplanten Ahrbahn bezeichnete, erhielt Remagen schließlich den Zuschlag.

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Nach relativ kurzer Bauzeit wurde am 18. 9. 1880 der Betrieb auf dem Abschnitt Remagen-Ahrweiler aufgenommen. Am Grunderwerb hatten sich die Gemeinde Ahrweiler mit 20 000 Mark, die Gemeinde Neuenahr und der Apollinarisbrunnen mit jeweils 15000 Mark beteiligt.

Die Bahn wurde zunächst nur für Personen-und Gepäckverkehr freigegeben und am 1.10.1880 auch für den Güterverkehr eröffnet.

Weiterbau unter sozialen Gesichtspunkten

Während Preußen ursprünglich den Bau von Eisenbahnen der Privatinitiative überließ und nur gelegentlich regulierend eingriff, setzte sich unter Bismarck der Staatsbahngedanke durch, was vor allem nach dem Kriege von 1870/71 zu einer Welle der Verstaatlichung der großen Gesellschaften führte. Verschiedene Gründe sprachen für eine solche Politik. Anlaß waren einmal die Erfahrung während des Krieges gegen Frankreich wie auch die Erkenntnis, daß die Erschließung durch die Eisenbahn lebenswichtig für ein Gebiet sein konnte, selbst wenn die Strecke als solche nicht unbedingt rentabel erschien. Die privaten Gesellschaften waren zum Bau einer solchen Bahn jedoch nur bei erheblichen Zuschüssen von Staat und Anliegern bereit.

Der Hauptgrund war jedoch die Überzeugung Bismarcks, daß eine einheitlich geführte Eisenbahn nur der Einheit des neugegründeten Deutschen Reiches dienen konnte. In dieser Übergangsphase von Privat- zu Staatsbahn entstand die Linie Remagen-Adenau.

Einige Monate vor der Eröffnung der ersten Teilstrecke, am 1. 4. 1880, übernahm Preußen die Verwaltung und den Betrieb der Rheinischen Eisenbahn, ohne im Augenblick viel an der Verwaltung zu ändern Sie ging erst am 1.1. 1886 in den vollen Besitz des Staates über. Bereits am 12. 4. 1880 gab das Ministerium für öffentliche Arbeiten der königlichen Direktion der Rheinischen Eisenbahn, wie sie nunmehr hieß, den Auftrag, generelle Vorarbeiten für den Weiterbau bis Adenau durchzuführen. Ausschlaggebend dafür war das im vorigen Abschnitt angeführte Memorandum der damals noch privaten Rheinischen Eisenbahn. Ein erster Entwurf der Bahndirektion wurde jedoch im Januar 1881 zurückgewiesen. Im Verlauf des Sommers schlug die Kommission des Abgeordnetenhauses, die mit der Untersuchung des Projektes betraut war, eine zusätzliche Linie Mayen — Virneburg — Herresbach — Breitscheid — Adenau — Müsch — Ahrdorf - Ahrhütte - Schloßtal - Teusdorf -Jünkerath vor. Aber zu einer tatsächlichen Ausführung wollte man sich nur bereitfinden. wenn die Kreise den Grunderwerb und andere Kosten, wie es allgemein üblich war, übernähmen.

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Walporzheim mit seinem neuen Bahnhof
Foto Archiv

Dazu schrieb der Minister am 19. 9. 1881 an den Oberpräsidenten der Rheinprovinz:

... . . dass ich nach dem bisherigen Ergebnis der binnen kurzem zum Abschluss gelangenden technischen Untersuchungen über die zur weiteren Erschließung der Eifel in Aussicht zu nehmenden Meliorationsbahnen den staatsseitigen Ausbau einer Eisenbahn untergeordneter Bedeutung von Prüm . . . nach Aachen . . , und eventuell einer solchen von Ahrweiler nach Adenau für den Fall meinerseits befürworten, und. sofern es sonst die Verhaltnisse gestatten, schon für die nächste Landtagssession zum Gegenstand einer bezüglichen Gesetzesvorlage zu machen bereit sein würde. dass die beteiligten Interessenten sich zur Uebernahme angemessener, ihrer Leistungsfähigkeit entsprechender und ihrem Interesse an dem Zustandekommen der Projekte entsprechenden Leistungen verpflichten In letzterer Beziehung muss auch im vorliegenden Fall von der unentgeltlichen und lastenfreien Ueberweisung des erforderlichen Terrains an den Staat grundsätzlich festgehalten werden, ich bin bereit und nicht abgeneigt für die eingangs bezeichneten Meliorationsbahnen. durch deren Ausführung die Fortsetzung bzw. die Vervollständigung anderer Linien bewirkt werden soll, die Gewahrung einer staatlichen Beihilfe bei den Grunderwerbskosten insoweit zu befürworten, dass die beteiligten Kreise und Gemeinden zu einer Aufbringung der letzten in vollem Umfang ausser Stande sein würden.'

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Ab 1886 fuhr die Eisenbahn auch an Dernau vorbei
Foto: Archiv

Die Kreise lehnten es ab, überhaupt irgendwelche Kosten zu übernehmen. Als Gegenvorschlag bot man die Möglichkeit eines Frachtzuschlages zur Rückzahlung eines Staatskredits an. Weitergesteckten Plänen wie Mayen - Adenau - Jünkerath oder etwa einer Bahn Euskirchen - Münstereifel -Adenau, mochte die Regierung nun erst recht nicht zustimmen. Schließlich wurde mit dem Neubaugesetz vom 15.5. 1882 der „Bau der Sekundärbahn Ahrweiler - Altenahr - Adenau als Fortsetzung der von der Köln - Coblenzer Strecke abzweigenden Linie Remagen - Ahrweiler behufs Erschließung des im östlichen Teil der Eifel gelegenen Kreises Adenau, welcher ausgedehnte Forsten, Schwerspatgruben und Bleierzlager besitzt, und zur Belebung der Landwirtschaft, die hier die Haupterwerbsquelle bildet", doch genehmigt und gleichzeitig ein Zuschuß gewährt. Die Verhandlungen über die Grunderwerbskosten und die Anteile der Gemeinden und Kreise daran zogen sich noch einige Jahre hin. Wegen der Armut der Gegend fielen sie sehr gering aus. Von den benötigten 420 000 Mark brauchte der Kreis Adenau nur 79 000 Mark zu zahlen. Andererseits wollte man die Bahn bauen, um örtlichen Arbeitern die Gelegenheit zu einem Verdienst zu geben und die Wirtschaftslage des Kreises Adenau zu verbessern. Das Projekt wurde am 15.9. 1883 landespolizeilich genehmigt, und im April 1884 begann der Bau. Am 1. 12. 1886 wurde die Strecke Ahrweiler - Altenahr und am 15. 7. 1888 das restliche Stück bis Adenau eröffnet. Die Bahn wurde als eine untergeordnete Bahn (heute Nebenbahn) ausgeführt. Noch 1888 wurde entschieden, an zwei Wegübergängen keine Schranken anzubringen. Statt dessen mußten die Züge an jedem der Übergänge anhalten.

Nun tauchten verschiedene Projekte einer Anbindung der Ahrstrecke von Adenau aus an die Eifelbahn Köln - Trier auf. Im Gegensatz bemühte sich Hillesheim um den Bau einer Kleinbahn nach Dümpelfeld. Bereits am 25. 11. 1889 hatte die Betriebsinspektion Köln (linksrheinisch) den Auftrag erhalten, die Vorarbeiten zu einer Bahn untergeordneter Bedeutung von Blankenheim nach Dümpelfeld durchzuführen. Bis zur Jahrhundertwende wurde jedoch keins der Projekte ernsthaft in Angriff genommen, einmal wegen der hohen Baukosten und viel zu geringer Wirtschaftlichkeit und andererseits wegen der auf Grund der Armut der Gegend mangelnden Bereitschaft der Gemeinden, sich an den Grunderwerbskosten zu beteiligen. Aber auch die Verhandlungen mit der Allgemeinen Deutschen Kleinbahngesellschaft, die ihrerseits Vermessungen an Ort und Stelle durchführte, um eventuell eine private Kleinbahn zu bauen, zerschlugen sich wegen zu hoher Aufwendungen für den Bau des Abschnitts Müsch -Adenau und zu geringer Wirtschaftlichkeit. Ein weiterer Bahnbau in der Gegend erschien bei diesem Stand der Dinge unwahrscheinlich.

Die Ahrtalbahn als strategische Linie

Eine grundlegende Änderung der Situation ergab sich aus zwei Faktoren, beide militärischer Natur: Ein besserer Anschluß des Truppenübungsplatzes Eisenborn (im Eupen-Mal-medy-Gebiet) sollte erreicht werden, und der Schlieffenplan wurde aufgestellt. Dieser vor allem änderte die Denkweise der Militärs völlig, sah er doch im Falle eines Krieges mit Frankreich einen Aufmarsch und Angriff durch (das neutrale) Belgien vor. Nun traten wirtschaftliche Überlegungen über Rentabilität oder soziale über die günstigste Erschließung der betroffenen Gegend in den Hintergrund. Es mußte so gebaut werden, daß ein möglichst problemloser Aufmarsch möglich war. Bereits in den 80er Jahren war eine Nord-Süd-Strecke von Aachen über Raeren (bei Eupen), Wey-wertz (bei Malmedy) und St. Vith nach Uflingen (Trois Vierges) in Luxemburg unter dem Namen ,,Vennbahn erbaut worden. Sie diente der Verbindung der Aachener Kohlengruben und der lothringisch-luxemburgischen Erzvorkommen. Als Zugang zum Grenzbereich stand also nur diese Bahn von Aachen her zur Verfügung. Deshalb wurden ab 1904 verschiedene Linienführungen erneut geprüft und unter militärischen Gesichtspunkten ausgewählt, wobei allerdings immer wieder eine Entlastung der Rheinstrecke vom Kohle-und Erzverkehr vorgeschoben wurde.

Daß es sich um militärische Gründe handelte, die zur Anlegung der Eisenbahnen im oberen Ahrtal führten, ist klar aus der Tatsache abzuleiten. daß der Bau von oben her angeordnet und auf örtliche Belange kaum Rücksicht genommen wurde. Das Kriegsministerium verlangte die Anlage einer zweigleisigen Bahn von Remagen bis St. Vith an der Vennbahn. Andererseits wollte man von staatlicher Seite einen Ausbau und eine Kanalisierung der Mosel verhindern. Eines der Argumente der Kanalbefürworter war die begrenzte Leistungsfähigkeit der Moselbahn. Deshalb sollte eine neue Ahrbahn auch dem Koksverkehr nach Lothringen dienen. Zwar wurde ein Zuschuß der Kreise und Gemeinden zum Grunderwerb verlangt, aber im Nachhinein ist klar, daß die Linien auch ohne diesen gebaut worden wären.

1906 begannen die ersten Vermessungen für die Strecke Dümpelfeld - Ahrdorf - Hilles-heim - Lissendorf - Jünkerath - St. Vith. Eine Zweigstrecke sollte Hillesheim mit Gerolstein verbinden. Die genauen Vorarbeiten wurden am 1. 4. 1907 in Angriff genommen und 1908 beendet. Der Bau begann am 1.4. 1909. In Antweiler als dem Mittelpunkt der neuen Strecke wurde ein Baubüro eingerichtet. Die Firma Wilhelm Bruch, Kanalbau AG, Berlin, erhielt den Zuschlag und begann am 15. 8. 1909 mit der Anlage einer Feldbahn. Ursprünglich sollte die Bahn bis zum 1. 5. 1910 fertiggestellt sein, aber es gab unerwartete Schwierigkeiten.

Ein Hochwasser am 13. 6. 1910 kostete 52 Personen das Leben. Daneben richtete es beträchtlichen Schaden vor allem an den im Bau befindlichen Linien an und verzögerte die Fertigstellung weiter. Starke Gewitter in der Gegend von Adenau, Antweiler und Müsch hatten die Flut ausgelöst. Die leichten Behelfsbrücken über die Ahr wurden weggerissen, das Bauholz staute sich an den festen Straßenbrücken und führte so zu einem zusätzlichen Ansteigen des Wassers. Fast sämtliches Baumaterial zwischen Antweiler und Dümpelfeld wurde weggespült. Der Ort Schuld wurde völlig zerstört. Es kam zu Plünderungen.

Soldaten wurden zu den Aufräumungsarbeiten abkommandiert. Auch an der bereits betriebenen Strecke nach Adenau gab es Verwüstungen. wenn auch nicht in dem Ausmaße. In der Nähe der Bunten Kuh bei Walporzheim war eine Lok ins Wasser gestürzt. Bei Dernau war der Bahndamm unterspült. Am 15. 6. verkehrten Bauzüge bereits wieder bis Mayschoß, ab 16. 6. auch Personenzüge. Am selben Tage nahm man bereits die Arbeiten am zweiten Gleis bis Dümpelfeld wieder auf. Am 18. 6. gingen die Züge bis Altenahr, und etwa eine Woche später war die ganze Linie wieder befahrbar. Die Aufnahme der Arbeiten an der Neubaustrecke verzögerte sich jedoch.

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Von 1886 bis 1888 war der Bahnnof Altenahr Endstation Foto: Archiv

Die Schäden von Privaten und Gemeinden wurden auf 2,7 Mill. Mark beziffert, davon entfielen 1,6 Mill. Mark auf Schäden an Gemeindewegen, -Straßen und -brücken sowie genossenschaftlichen Bewässerungsanlagen und Flußwehren. Für die Wiederherstellung der Provinzialstraßen und -brücken mußten 275 000 Mark aufgewendet werden.

Als Folge dieser Naturkatastrophe mußte die Firma Bruch bankrott anmelden. Hierzu beigetragen haben vielleicht auch die unerwarteten großen Hang- und Bergrutschungen, die erst durch umfangreiche Flußregulierungen und Entwässerungsstollen aufgehalten werden konnten.

Im Bereich des Bahnhofs Antweiler rutschte ein angeschnittener Berg mit einer Geschwindigkeit von 3 m/Jahr, ehe er durch diese Maßnahmen zum Stillstand kam. Die Fertigstellung der Bahn wurde der Firma Lenz und Cie. in Berlin übertragen. Die gesamte Strecke von Dümpelfeld bis St. Vith sowie die Abzweigungen von Hillesheim nach Gerolstein wurden am 1. 7. 1912 dem Verkehr übergeben.

Wie vom Kriegsminister gefordert, war die Strecke zweigleisig angelegt. Der Abschnitt Lissendorf - Jünkerath wurde viergleisig (je zwei Gleise für die Eifelbahn und die Strecke von Dümpelfeld) und der Abschnitt Pelm -Gerolstein fünfgleisig (je zwei Gleise für die Eifelbahn und Gerolstein - Hillesheim sowie ein Gleis Gerolstein - Daun) ausgebaut. Außerdem mußte an der bereits bestehenden Bahn von Remagen nach Adenau in Ahrweiler die Strecke von der Süd- an die Nordseite des Ortes verlegt werden. Bei der Lochmühle oberhalb von Mayschoß wurde eine Ahrschlei-fe, die ursprünglich von der Bahn abgeschnitten wurde, nun ausgefahren. Neben dem Felseinschnitt der Straße ist noch ein Rest der Trasse zu erkennen, einbezogen in die Gebäude der Lochmühle, und zwar der Einschnitt neben dem der Straße sowie ein Brückenbogen davor auf Mayschoß zu, heute einbezogen in das Hotel Lochmühle. In den Weinbergen bei Laach findet sich ein Einschnitt. Etwa in dessen Verlängerung stand die zweite Ahrbrücke. Die Strecke von Laach bis zum Tunnel von Altenahr wurde ebenfalls neu trassiert. Spuren davon sind noch zu finden. Dadurch verlängerte sich die Strecke um ca. 1 km von Ahrweiler bis Altenahr und es entstanden drei zusätzliche Tunnel zwischen Mayschoß und Altenahr, während andererseits niveaugleiche Übergänge beseitigt und die Gradienten verringert wurden. Die zwei Ahrbrücken bei der Lochmühle und bei Laach entfielen. Die bereits bestehenden Tunnel (Saffenberg-T. bei Mayschoß und Engelsley-T. bei Altenahr) wurden nicht erweitert, sondern man bohrte jeweils eine zweite Röhre daneben. Ähnlich verfuhr man bei den Brücken, die sich an manchen Stellen in Niveau und Krümmungsradius unterschieden. Diese Arbeiten wurden erst 1913 beendet.

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Zunächst verlief die Eisenbahnstrecke südlich von Ahrweiler, wie die topografische Karte von 1892 zeigt. Mit dem zweigleisigen Ausbau nach 1910 wurde die Strecke nördlich an der Stadt vorbeigeführt


Vorstehender Beitrag wurde einer Arbeit entnommen, die demnächst unter dem Titel ,,Die Ahrtalbahnen — Ihre Entstehungsgeschichte und ihre Bedeutung im Gesamtnetz der Eisenbahnen in der Eifel" veröffentlicht wird. Dort sind auch die ausführlichen Quellenangaben zu finden. D. Red.