Aremberger Erinnerungen

Wilhelm Knippler

Ein Schulorchester in der einklassigen Eifelschule im Jahre 1929

Angeregt durch die Frankfurter Ausstellung „Musik im Leben der Völker" im Sommer 1927 versuchte ich in Aremberg den Musikunterricht durch Instrumente zu erleichtern. Jeder Schüler spielte auf drei Hohner-Mundharmonikas in den Haupttonarten. Ich begleitete mit Gitarre, bei Liederabenden auf dem Klavier. Bei meiner 2. Lehrerprüfung 1928 bewiesen die Kinder, daß sie prima vista nach Noten spielten und imstande waren, eine Melodie in kürzester Zeit zu finden und selbständig einzuüben. — Die Kinder sangen und spielten eine Menge Lieder. Konzerte in Aremberg, in Antweiler und Adenau folgten. Vertreter des Kultusministeriums Berlin unter Führung von Min.-Direktor Kästner und Min.-Rat Stolte besuchten Aremberg wegen des Schulorchesters und spendeten einen namhaften Betrag zur Anschaffung von Instrumenten. Damals wurden die Stössellauten eingeführt, weil sie den gleichen Tonartenbereich umfaßten wie die Mundharmonikas und verhältniscmäßig leicht zu spielen waren.

Im Sommer 1929 fuhr die Klasse für eine Woche durch die Eifel zur Mosel, und die Eifelkinder erlebten erstmals die Schönheit der Ferienwanderung, das herrliche Gefühl unter der Brause, die ganz neue Gemeinschaft der Heimabende mit Sang und Instrumenten-spiel und die Geborgenheit der Jugendherbergen. Manderscheid, Himmerod, Bernkastei, Traben-Trabach, Reil, Bullay, Cochem, Burg Eltz und die Genovevaburg in Mayen wurden zu Erlebnissen.

Bad Bertrich aber war unbestreitbar ein Höhepunkt besonderer Art. Hier lauschten die Aremberger Schüler erstmals dem Konzert einer Kurkapelle. Bei Beendigung der Morgenmusik bat ich die Kurgäste um einige Minuten Aufmerksamkeit für einige Volksweisen. Schon hatten meine Musikanten im Pavillon Platz genommen, und nun begann das Singen und Musizieren. Während meiner Zwischenspiele am Flügel wurden die Noten gewechselt. Ohne eine Pause unterhielten wir die Zuhörer 45 Minuten lang. Sympathischer Beifall belohnte die Eifeler Sänger und Musikanten, aber damit nicht genug! — Ein Kurgast machte sich zum Sprecher der Anwesenden. Er hatte für die Eifeler Schule eine Sammlung durchgeführt und übergab uns 400 Mark, und das war im Jahre 1929

viel, viel Geld!

Ein letzter Rest entschwundener arenbergischer Herrlichkeit

Da steht es, das ehemalige Torhaus des Arenberger Schlosses. Es ist nicht rekonstruiert oder erfunden. Seine Linienführung entstammt einem zuverlässigen Gewährsmann, der Aufrißzeichnung des Landmessers Galibert von 1791.

Dadurch sparen wir Fantasie und gewagte Spekulationen. Der arenbergische Geometer hat uns sogar verraten, welchem Zwecke die einzelnen Räume dienten. Rechts der Toreinfahrt war das Soldatenquartier, links oben die Unterkunft der Unteroffiziere; der erste Raum unten diente als Zivilarreststube, der hintere als Wachstube. Das kleine Fenster links unten brachte Sicht in das „neue Gefängnis". Die Zugbrücke stammte aus der Entstehungszeit des Schlosses, etwa 1725. Um 1791 war sie ersetzt durch eine feste Schloßzufahrt.

Außer Zeichnungen von Roidkin und Galibert gibt es noch einen zuverlässigen Zeugen des gezeichneten Torhauses, und die Aremberger kennen ihn recht gut: das ist die Eingangspforte zur Aremberger Schutzengelkapelle, ehemals die Toreinfahrt des Schlosses.

Hier sind die alten Quader wiederaufgerichtet. Man hört noch im Geiste die rasselnde Kette der Zugbrücke und das Knarren der Eichentore.

Wenn auch keine Lili-Marlen vor den Soldatenquartieren an einer Laterne wartete, so kann ich mir doch gut denken, daß manche Freundschaft bestanden haben mag in dieser Umgebung, vielleicht zwischen einem der noch Dienst leistenden schnauzbärtigen arenber-gischen Veteranen und einer ältlichen Jungfrau, einer Trin oder Stin, einer Bäpp oder Marjänn von drunten, vom „Tahl Aremberg".