Erinnerungen an Hermann Bauer

13.8.1901-27.2. 1981 

Werner Riek

Er war ein großartiger Pädagoge, ein Erzieher mit hoher Ausstrahlungskraft, ein »Dorfschullehrer«, wie es ihn in der bildungspolitischen Landschaft von heute mit ihrer Favorisierung möglichst hochdifferenzierter, großer Schuleinheiten kaum noch gibt. Mehr als 40 Jahre hat er als Lehrer in unserer engeren Heimat zwischen Eifel und Rhein gewirkt, hat in den Städten seiner beruflichen Tätigkeit kulturelle Impulse gegeben und junge Menschen gefördert, die ihm für ihren Lebensweg Entscheidendes verdanken. Lange Jahre ist er Mitarbeiter des Heimat-Jahrbuches gewesen, in dem er vor allem seine kulturgeschichtlichen Forschungen publiziert hat. Am 27. Februar 1981 starb er 79jährig in Oberwinter.

Mit 29 Jahren kam Hermann Bauer, dessen Familie aus Bonn stammte, nach dem Studium in Mainz, Lehrerexamen in Boppard (1921) und ersten beruflichen Stationen in Rheinhessen und Boppard, 1930 als Lehrer nach Bodenbach in die Eifel. Dies war für den von der Jugendbewegung (Quickborn) Geprägten nicht die Verbannung in die kulturelle Provinz, sondern pädagogische Herausforderung, befruchtet durch die Landschulbewegung, die damals viele junge Lehrer anzog.

Er lernte die Eifel in vielen Wanderungen kennen und lieben. Noch Jahrzehnte später schwärmte er bei einer Flasche guten Ahr-Rotweins von der herben Schönheit ihrer Landschaft und der Erdverbundenheit ihrer Menschen. 16 Jahre blieb Hermann Bauer »Eifelaner«. Zuletzt mußte auch er noch in den Krieg, der mit der Gefangenschaft in Frankreich endete.

1946 siedelte Hermann Bauer — inzwischen verheiratet mit einer ehemaligen Bodenbacher Schülerin — an die Volksschule nach Heimersheim über, wo sein Freund und Direktor aus den Tagen des Bopparder Alumnats Sankt Michael, Josef Savelsberg, seit 1936 als katholischer Pfarrer wirkte.

Mit Savelsberg und seinem Freundeskreis hat Hermann Bauer mehrfach Italien besucht und insbesondere Rom, wo er insgesamt fünfzehnmal in seinem Leben gewesen ist, auf der Suche nach den Ursprüngen jener abendländischen, römisch-christlichen Tradition, in der er geistig und literarisch lebte. Die Übersiedlung nach Heimersheim brachte Hermann Bauer auch näher an Maria Laach, dessen Mönchen er seit den 20er Jahren verbunden war.

In diesen ersten Nachkriegsjahren schrieb Hermann Bauer mehrere Theater- und Krippenspiele (»Die Flüchtlinge«, »Eine Frage, eine Bitte«), die auch aktuelle Themen wie die Integration der aus den ostdeutschen Gebieten Vertriebenen in eine neue Heimat zum Gegenstand hatten. 1949 bewarb sich Hermann Bauer als Hauptlehrer an der Volksschule Oberwinter, die er bis zu seiner Pensionierung 1966 leitete. Auch der Rhein-Gemeinde vor den Toren Bonns gab Hermann Bauer mit Theater-Aufführungen kulturelle Impulse. Er gründete das Volksbildungswerk Oberwinter, das unter seiner Leitung ein fruchtbares Jahrzehnt erlebte. Die Jahre nach seiner Pensionierung als Hauptlehrer bescherten Hermann Bauer nochmals eine glückliche pädagogische Zeit: Als Lehrer am neusprachlichen Gymnasium der Franziskanerinnen auf Nonnenwerth, das damals noch eine reine Mädchenschule war. Hermann Bauer unterrichtete 7 Jahre lang Latein und Geschichte in einer fachlichen und pädagogischen Souveränität, die dem ehemaligen Dorfschullehrer wohl nur gute Freunde zugetraut hätten.

Intensiv widmete er sich auch der Heimatforschung, insbesondere der Suche nach alten Dokumenten, die Aufschluß über die Entstehung und Entwicklung der Gemeinden im Rheinland geben konnten. So fand er für seine Wirkungsstätte Oberwinter eine Urkunde des Klosters Prüm, die das Bestehen der Rhein- und früheren Weingemeinde schon für 886 (und nicht wie bis dahin geglaubt erstmals 1131) aktenkundig machte — dank der Weinberge am Rhein, die der Eifelabtei gehörten.

Hermann Bauer hat — weit über das hinaus, was engagierte Lehrer immer taten und noch heute tun — Schüler gefördert, ihnen aus der Volksschule den Weg zur Höheren Schule geebnet, oft über den zweiten Bildungsweg, für dessen Ausbau er immer wieder geworben hat.

Sein pädagogisches und literarisches Wirken hat deutliche Spuren hinterlassen. So nahm am 4. März 1981 in der katholischen Pfarrkirche von Oberwinter eine bewegte Trauergemeinde Abschied von einem außergewöhnlichen Menschen.