Ewig junge Junggesellen

Dem Junggesellenverein-Freundschaftsbund Kripp zum 125jährigen Bestehen

Karl Deres

Die folgenden Ausführungen über Junggesellenvereine sind der Festansprache entnommen, die Karl Deres, MdB, als Schirmherr anläßlich der 125-Jahr-Feier des Junggesellenvereins Freundschaftsbund Kripp am 30. April 1982 hielt. D. Red.

Der Junggesellenverein-Freundschaftsbund Kripp feiert ein ganz besonderes Maifest in seiner langen Geschichte. Dies ist ein Tag voller Stolz und Freude für diesen Verein und für alle Bürger von Kripp. Ist es in unserer Zeit nicht etwas ganz besonders Kostbares, wenn die Junggesellen von Kripp über 125 Jahre unverändert das Junggesellenbrauchtum des Wonnemonats Mai gepflegt und für Kripp erhalten haben? Ich denke, daß dies nur dort möglich ist, wo eine gewachsene Ortsgemeinschaft vorhanden ist und wo junge Leute das Gefühl haben, mit ihrem Maibrauchtum in der Gemeinschaft ihres Ortes einen anerkannten Platz zu haben. Allgemein ist es ja bekannt, daß in bestimmten Landstrichen von Rheinland-Pfalz die Junggesellenvereine einen festen Platz im vielgestaltigen kulturellen Gefüge unseres Landes haben. Kürzlich habe ich beim Suchen nach Material für diese Rede in einer Bonner Seminarbibliothek eine Inaugural-Dissertation aus dem Jahre 1927 gefunden. Eine Doktorarbeit also. Das Interessante an dieser Arbeit ist das Thema: »Der Junggesellenverein in der Eitel«. Genauso interessant erscheint mir auch die Herkunft und der Lebenslauf des Verfassers zu sein. Sein Name ist Leo Hilberath, 1903 in Remagen geboren, besuchte das Realgymnasium Ahrweiler-Bad Neuenahr und war mehrere Jahre im Landratsamt in Ahrweiler beschäftigt. Seine Arbeit ist höchst aufschlußreich, behandelt es doch ein Thema, was mit unserer Heimat, insbesondere mit Kripp, aufs engste verbunden ist. Die historischen Wurzeln der Junggesellenvereine werden hier aufgezeigt, Schauplatz dieser »Männerbünde«» war und ist die ländliche Eifel, das Gebiet zwischen den Städten Koblenz, Trier, Aachen und Bonn. In der Geschichtsforschung gibt es keinen Zweifel daran, daß die historischen Wurzeln des Junggesellenvereins tief hineinreichen in die heidnischgermanische Urzeit. Es gibt an der Ahr Junggesellenvereine, deren Ursprünge 500 und mehr Jahre zurückverfolgt werden können. Wenn wir an die Hauptaktion des Junggesellenvereins, das »Maijeloog« (Maigelage, Maiorgie) anknüpfen, so fällt besonders die Identität mit der Feier des Frühlingseinzuges auf: bis in die graue Vorzeit ist der germanische Wonnemonat Mai der rechte Frühlings- und Liebesmonat gewesen. Das Maifest ist als eine Art symbolische Vermählungsfeier der Götter begangen worden, wie ja auch die Germanen Wodans und Freyas Vermählung an diesem Tag feierten. Das heutige Mailehen steht damit im engsten Zusammenhang. Bei den Germanen wurden seinerzeit bisweilen zügellose Orgien gefeiert. »Der Junggesellenverein offenbart sich« — nach Auffassung des Doktoranden — »bei eingehender Untersuchung überall als ein Gebilde, dessen Aufgabe es ist, eine an sich der Sinnenbejahung der Jugend und der Anknüpfung von Liebesbeziehungen ungünstige Umwelt umzugestalten bzw. speziell für die Schaffung von Situationen zu sorgen, welche dahin tendieren, die Beziehungen zum anderen Geschlecht zu realisieren.« Die »ungünstige Umwelt« dürfte sich wohl heute geändert haben, hingegen die Sinnenbejahung der Kripper Junggesellen und einiges mehr aus germanischer Urzeit ist auch heute noch sichtbar gegeben. Aber nun im Speziellen zu den Junggesellen: Was ist das, ein Junggeselle? Mario Adorf meint: ein Junggeselle ist ein Mann, der lieber Socken stopft als Mäuler. Für Frauen sind Junggesellen insgeheim so etwas wie Feldherren, die noch keine Schlacht verloren haben.

Für Catherina Valente sind Junggesellen Männer, die lieber suchen als finden. Ein bekannter Mann hat einmal geschrieben: »Ehemänner haben im allgemeinen mehr Fantasie als Junggesellen, sie haben sie aber auch nötig.«

Das war sicherlich in ganz bestimmte Richtung gedacht; denn daß man im Junggesellenverein Freundschaftsbund Kripp tatsächlich in mannigfacher Hinsicht Fantasie entwickelte, zeigen die Initiativen, die von diesem Verein während der 125 Jahre seines Bestehens ausgingen. Das Maifest, Kirmes und das Martinsfest, um nur einige Veranstaltungen des Jubelvereins zu nennen, haben das Ortsleben von Kripp aktiviert. Und somit muß man auch diesem Verein bestätigen, daß er als Träger einer lebendigen Tradition einen festen Platz im kulturellen Gefüge unseres Landes hat.

Frohe Geselligkeit allen zu erschließen, das sind nach wie vor, trotz mancher kritischen Äußerungen gegen das Vereinswesen, berechtigte und nicht hoch genug zu veranschlagende Aufgaben auch der Junggesellenvereine, und es ist keine Frage, daß sie damit auch einen Beitrag zur sinnvollen Ausfüllung und Bewältigung der Freizeit leisten!

Daß der vereinseigene Spielmannszug und Jugendabteilung hierzu entscheidend beitragen, brauche ich eigentlich nicht zu erwähnen. Dies ist jedem, der den Jubelverein kennt, bestens bekannt.

Die Zeiten, wo sich das kulturelle Leben darin erschöpfte, daß man im Hinterzimmer einer Dorfschänke auf einem in grauer Vorzeit von königlich-kaiserlichen Hoflieferanten fabrizierten Klavier ein paar Töne anschlägt, um zwei Dutzend weingeölter Kehlen zum Ausruf zu veranlassen, daß die Wacht am Rhein immer noch fest stehe, sind vorbei. Aber man kann auch heute noch feiern und Feste so gestalten, daß sie nach wie vor Ausdruck von Heimatliebe und ursprünglicher Lebensfreude darstellen. Und gerade auch für den Rhein-Ahr-Raum, aus dem ich ja auch komme, hat ja diese Lebensfreude ihren besonderen Platz gefunden, was alljährlich bei unseren Heimatfesten Tausenden von Einheimischen und Gästen ausdrucksvoll vor Augen geführt wird.

Ich halte es deshalb für besonders wichtig auch einmal den Dank an den Vorsitzenden, den Vorstand und allen Mitarbeitern zum Ausdruck zu ,bringen. Wer in der heutigen Zeit oft über Jahre hinweg die Geschicke eines Vereins lenkt, verdient besondere Anerkennung. Ich kenne aus eigener jahrelanger Vereinstätigkeit die Probleme dieser großen gemeinschaftlichen Einrichtungen. Für den Vorsitzenden und alle seine Mitarbeiter ist ein solches Jubiläum der beste Beweis, daß ihre Arbeit und die Arbeit ihrer Vorgänger für das Allgemeinwohl von großem Nutzen war.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß der Junggesellenverein und Freundschaftsbund von Kripp, dessen Ziel es bleibt, weiterhin altes und kulturelles Gut im Bewußtsein der Bevölkerung wach zu halten, eine wesentliche Antriebsfeder für den Ort war und heute noch ist. Es gilt zu betonen, daß das, was in Vereinen ihrer Prägung an persönlichem Engagement und freiwilligen Einsatz sichtbar nach außen tritt, in höchstem Maße beispielhaft für viele Bereiche unseres Staates und der Gesellschaft ist. Hier werden all jene beschämt und Lügen gestraft, die da voller Kritik und Pessimismus glauben, uns einreden zu wollen, unsere Mitbürger stellten samt und sonders nur Forderungen und Ansprüche an die Gemeinschaft, indem sie darüber hinaus den Staat als dauernd melkbare Kuh betrachten. Vereine, wie der Junggesellenverein Freundschaftsbund widerlegen derartige Behauptungen augenfällig. Zum Schluß noch ein paar kurze Worte zum Junggesellen:

Bei der hier ansehnlichen Zahl der Junggesellen stellt sich dem Politiker die Frage, ob der Typus Junggeselle auf Dauer in der Mehrheit bleibt. Die Erfahrung lehrt: es ist nicht so! Woran liegt es?

Es gilt auch heute noch der Satz: Die Damen sind die besseren Diplomaten. Unterfamilienpolitischen Aspekten kann ich dies nur begrüßen und folgendes raten: Junggesellen, nehmt es so hin, wie, wie es sein muß. Wählt und entscheidet Euch, werdet gute Koalitionspartner auf Lebenszeit; sorgt dafür, daß der Jubelverein ausreichen Nachwuchs bekommt und daß Eure Feste nicht aus Mangel an Junggesellen eingestellt werden müssen. Es wäre schade drum.

Drum hebt das Glas und prüft den Wein,
der Freude bringt ins Herz hinein.
Vergesset nicht die schöne Maid
und seid ihr wohl gewogen
Ewig werdet Ihr nicht sein,
die Junggesellen von Kripp am Rhein...