Ein Sohn der Eifel kam nicht mehr zurück

Theo Busch

Beim Standesamt Adenau finden sich alle Beurkundungen der Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle aus der napoleonischen Zeit in französischer Sprache, vom Standesbeamten in Schönschrift geschrieben, jahrgangsweise gebunden. Ein loses Blatt liegt darin, die Mitteilung vom Tode des Johann Hoffmann aus Kottenborn, der am 26. Juli 1809 in einem Hospital zu Wien starb.

Hier wird ein tragisches Einzelschicksal dokumentiert, aber gleichzeitig an die Situation in Europa zu Anfang des 19. Jahrhunderts erinnert. Etwa 10 Jahre vor der Jahrhundertwende wurde in Kottenborn Johann Hoffmann geboren. Als junger Mann mußte er, wie viele vor und nach ihm, Soldat werden und in den Krieg ziehen, in diesem Falle mit der französischen Armee, da das Land links des Rheins französisches Staatsgebiet geworden war. Napoleon Bonapartes Truppen hatten bis dahin schon manche Schlacht für sich entschieden, hatten die Kriegsfackel durch die Poebene nach Norditalien getragen und standen 1809 vor Wien, bei den Dörfern Aspern und Eßlingen an der Donau. Hier kam es am 21. und 22. Mai 1809 zu einer mörderischen Schlacht zwischen Franzosen und Österreichern. Napoleons Heer verlor 44 000 Mann an Toten und Verwundeten, die Österreicher 23 000 Mann, insgesamt also 67 000 Mann als grauenhaftes Ergebnis einer zweitägigen Schlacht!

Nachdem Napoleon der erste Donauübergang mißlungen war, zog er Verstärkungen heran. Ebenso tat es der österreichische Oberbefehlshaber Erzherzog Karl. Am 4. Juli 1809 ging die Hauptmacht der Franzosen von neuem auf das linke Donauufer, und es kam erneut zu erbittertem Kampf um die Ortschaft Engerdorf, den die Franzosen für sich entschieden. Erzherzog Karl trat den Rückzug an. Die beiden Heere verloren erneut je 25 000 Mann an Toten und Verwundeten, so daß in beiden Schlachten innerhalb von 14 Tagen 117 000 Menschen getötet bzw. verwundet wurden. Am 12. Juli 1809 wurde schließlich der Waffenstillstand von Znaim an der Thay geschlossen.

Da die französische Sterbeurkunde für Johann Hoffmann als Sterbetag den 26. Juli 1809 nennt, kann man wohl annehmen, daß dieser Sohn der Eifel an einer, wenn nicht an beiden Schlachten bei Wien teilnehmen mußte, verwundet wurde und an den Folgen der Verwundung starb. Die Urkunde hierüber wurde erst am 7. Oktober 1809, ein Vierteljahr später, ausgefertigt, was bei den vielen Opfern erklärlich ist. Der Ausstellungsort der Urkunde ist Como, am Comersee in Italien.

Es unterzeichnet der Quartierschatzmeister und Standesbeamte des 92. Infanterie-Linien-Regimentes Paturel.

Ehe die Urkunde beim damals französischen Standesbeamten in Adenau eintraf, dürften Wochen oder Monate verstrichen sein, zumal das Schreiben an den Bürgermeister zu »Kottenbourg, Rhin & Moselle« gerichtet war. Schließlich scheint der Totenschein doch beim Bürgermeister in Adenau gelandet zu sein, der das Dokument dem Sterberegister beifügen ließ. Ich weiß nicht, ob in Kottenborn noch Nachkommen der Familie Hoffmann leben. Vielleicht erfahren sie auf diese Weise vom Tode eines ihrer Angehörigen in schon fast vergessenen Zeiten. Dann hätte ein Sohn der Eifel doch noch in seine Heimat gefunden. Möge vor allem dieses Einzelschicksal an das Schreckliche des Krieges erinnern und uns mahnen, uns für den Frieden einzusetzen.