Radwanderwege im Kreis Ahrweiler

Rainer Kresse

Was ist es eigentlich, das in jüngster Zeit immer mehr Menschen dazu gebracht hat, sich wenigstens zu Zeiten von Auto oder Motorrad abzuwenden, zu Fuß durch die Gegend zu streifen oder sich mit dem Fahrrad eine Landschaft zu erschließen? Immer mehr Menschen haben in den letzten Jahren das Rad wiederentdeckt, haben sich auf den »Drahtesel« geschwungen, der in kaum einem bundesdeutschen Haushalt fehlt.

Der Bund Deutscher Radfahrer, der mit seinen rund 80 000 Mitgliedern der größte Interessenvertreter der Fahrradfahrer in der Bundesrepublik ist, nennt dafür einige Gründe: Für den einen ist das Fahrrad wieder zum Verkehrsmittel geworden auf dem Weg zur Schule, zum Arbeitsplatz oder zum Einkauf. Die Ursachen dafür sind vielfältig, nicht zuletzt hohe Energie- und Treibstoffpreise und die gestiegenen Kosten der allgemeinen Lebenshaltung müssen da mit angeführt werden. Für den ändern ist das Fahrrad Trimmgerät. 48 Prozent, so hat der Deutsche Sportbund in einer Untersuchung herausfinden können, betreiben in der Freizeit regelmäßig Radfahren als Ausgleichssport. Fahrradfahren ist nachgewiesenermaßen eine der gesündesten und zugleich preiswertesten Freizeitbeschäftigungen. Es bringt den notwendigen Ausgleich zu Streß, Hektik und Bewegungsmangel. Der Bund Deutscher Radfahrer, um ihn noch einmal zu zitieren, hat sich neben den Radsportlern insbesondere intensiv um die Freizeitradier gekümmert. Und nicht zuletzt dieser Interessenverband war es auch, der immer wieder aufgefordert hat, Radwege zu bauen, den Fahrradfreunden die Möglichkeiten zu geben, ihre Umgebung, die Nachbarschaft oder auch die weiter entfernt liegenden Regionen bequem und gefahrlos, auf angenehmen Routen zu erreichen. Immer größer wird die Zahl der Radwanderer, die am Wochenende oder in den Ferien in den Sattel steigen und sich aufmachen per Stahlroß die Landschaft zu erkunden - ihre Heimat im Wortsinne erfahren.

Dem Bedürfnis und der Nachfrage der immer stärker werdenden Zahl von Fahrradfreunden ist der Kreis Ahrweiler in den zurückliegenden Jahren im verstärktem Maße nachgekommen. Radwege wurden gebraucht und sie wurden errichtet.

Im Sommer des Jahres 1984 konnte der Kreis zusammen mit den Städten Remagen, Sinzig und Bad Breisig, der Stadt Bonn und der Bonner Rundschau gemeinsam das neueste Stück Radwanderweg und wohl eine der entscheidensten Teilabschnitte auf der Verbindung zwischen Köln und Koblenz offiziell seiner Bestimmung übergeben.

Tausende von Radfahrern hatten sich auf den Weg gemacht, als am 8. Juli in den Bonner Rheinauen der Startschuß fiel, und als sich die Radlerkarawane der Landesgrenze vom Norden her näherte, eröffnete sich ihnen die Landschaft am Rhein aus ganz neuer Sicht und offenbarte nie gesehene Reize. Vom Radweg der Stadt Bonn schließt der neue Radwanderweg des Kreises Ahrweiler an der nördlichen Landesgrenze an und verläuft von Rolandswerth über Rolandseck, Oberwinter, Remagen, Kripp und Sinzig nach Bad Breisig und dann nach Brohl-Lützing, wo der Anschluß an den Radweg nach Koblenz gefunden wird. Auf der knapp 18 Kilometer langen Strecke zwischen Rolandswerth und Brohl-Lützing führt der Radwanderweg fast ausschließlich über den gut ausgebauten Leinpfad, abgesehen von Teilstrecken, wo dies aus Gründen der Topographie nicht möglich war, wie beispielsweise im Bereich des Hafens von Oberwinter. Herrliche Aussichtsmöglichkeiten auf das Rheintal und die Uferhöhen eröffnen sich überall. Da grüßt auf der einen Seite der berühmte Rolandsbogen, auf der anderen der Drachenfels und die Berge des Siebengebirges, passiert wird der Künstlerbahnhof in Rolandseck, nicht nur ein Baudenkmal besonderer Güte aus der Gründerzeit, sondern heute die »gute Stube« rheinland-pfälzischen Kulturbetriebs und internationaler Veranstaltungen ersten Ranges.

Ahr-Radwanderweg: Erholsame Fahrt. . .

Der Radwanderer tritt kräftig in die Pedale und gelangt von hier über Oberwinter nach Remagen. Acht Kilometer lang ist diese Etappe. Dazwischen aber, und dies sei nicht verschwiegen, müssen Pedalritter und Radler aller Altersklassen auf diesem Teilstück besondere Sorgfalt walten lassen. Von der Schiffswerft in Rolandseck bis zum Ende des Hafens von Oberwinter und vor der Unkelsteinbrücke führt der Rhein-Radwanderweg an der außerordentlich stark befahrenen Bundesstraße 9 entlang, die allerdings nicht überquert werden braucht.

Unter der Brücke, die sich im weiten Bogen dem Verlauf des Stromes anpaßt, geht es aber dann weiter auf der Route, die nur den Radfahrern und Fußgängern vorbehalten ist, in die alte Römerstadt.

An der Apollinariskirche vorbei, die vom Berg herunter grüßt, führt der Weg die Rheinpromenade entlang hin zum Remagener Friedensmuseum, das direkt am Rhein liegt und entstanden ist aus Initiative des Remagener Bürgermeisters Hans Peter Kürten. In einem der Türme jener berühmten Brücke von Remagen, die im zweiten Weltkrieg zerstört wurde, hat man zahllose Dokumente und Exponate zusammengetragen, die die Sinnlosigkeit des Krieges belegen.

Weiter führt der Weg in Richtung Kripp am Rheinufer entlang. Wer will, kann sich allerdings noch eine Rast gönnen und sich im Allwetterbad erfrischen und eine schnelle Schußfahrt in der 87 Meter langen Wasserrutsche riskieren.

Von Remagen bis nach Kripp sind es rund vier Kilometer, die zum größten Teil unmittelbar am Rheinufer entlangführen. Hier in Kripp stößt der Radwanderweg förmlich auf die Autofähre, die den Ort mit der »bunten Stadt« Linz am anderen Ufer verbindet.

Hinter Kripp beginnt eine der reizvollsten Strecken, die dieser Radwanderweg zu bieten hat: die »Goldene Meile«. Der Weg wendet sich etwas vom Ufer ab und führt hinein in fruchtbare Felder und herrliche Rheinauen. Etwa 200 Meter hinter der Ahrmündung, die hier passiert wird, zweigt übrigens der Ahr-Radwanderweg ab, über den später noch zu berichten sein wird.

Die nächste Station am Rhein ist Sinzig, und zwischen der Ahrmündung, einem in der Bundesrepublik einmaligen Naturschutzgebiet, und dem Heim des Sinziger Wassersportvereins rollt das Rad fast wie von selbst unter schattigen Bäumen einher durch die Felder und Wiesen.

Rhein-Radwanderweg:. .. und herrliche Landschaft

Ein Abstecher von hier nach Sinzig ist lohnend schon wegen der spätromanischen Pfarrkirche St. Peter und ihrer berühmten Walcker-Orgel, dem sehenswerten Heimatmuseum im Schlößchen an der Barbarosstraße. Schließlich gelangt der Radwanderer am Rhein entlang nach Bad Breisig. Die Quellenstadt mit ihren bekannten Thermalbädern weiß vor allem durch eine der schönsten Uferpromenaden am ganzen Rhein zu gefallen. Hier lohnt es sich, erst mal zu rasten, denn der Rhein-Radweg verläßt den Rhein zunächst. Hinter Bad Breisig an der Einmündung des Vinxtbaches muß der Radler unter der Brücke hindurch und auf die alte B 9, die ihn nach Brohl in Richtung Koblenz bringt, wo der Radweg den Kreis Ahrweiler verläßt. Von der Rheinmündung zwischen Kripp und Sinzig zieht sich an der Ahr entlang ein zweiter, älterer, ebenso reizvoller Radwanderweg, der bis nach Walporzheim reicht und in absehbarer Zeit fortgeführt werden soll bis Altenahr. Fernziel der Planer ist es, diesen Ahr-Radwan-derweg, der 1979 seiner Bestimmung übergeben wurde, fortzuführen bis zum Anschluß über Dümpelfeld und Schuld an die vorhandenen Radwege von Nordrhein-Westfalen.

Und in ferner Zukunft einmal wird es ein eng geknüpftes Netz geben von örtlichen und überörtlichen Radwegen, so daß auch für die Rundtouren innerhalb der Einzugsgebiete von Städten und Gemeinden die Verbindung da ist. Dann soll es eben möglich sein, aus dem Gebiet der Grafschaft, vielleicht über den Bereich des Sinziger Radwegenetzes - und das gibt es bereits - in die Brohltalregion zu gelangen - per Rad versteht sich.

Zurück zum bestehenden Ahr-Radwanderweg, der sich am Fluß entlangschlängelt auf Wegen, die zum Teil vorhanden waren, zum Teil aber erst angelegt wurden.

Unter hohen alten Bäumen geht es flußaufwärts auf einer Piste, die zwar bezaubert durch ihre landschaftliche Schönheit, dem Radwanderer aber einiges an Geschick abverlangt. Grund dafür ist die Ahr, die, so harmlos sie sich auch meist gibt, doch innerhalb kürzester Zeit zum reißenden Strom werden kann, der alles wegspült, was sich ihm in den Weg stellt. Der Unterbau für Radwege macht da keine Ausnahme, und so entstehen immer wieder Schäden, Ausspülungen, Schotterstrecken und Spurrinnen, die dem ungeübten Radler leicht zum Verhängnis werden können. Die Stadt Sinzig gibt jedes Jahr in ihrem Bereich Tausende von Mark aus, um diese Schäden zu beseitigen, und bemüht sich, den Weg in einem möglichst komfortablen Zustand zu halten, aber mitunter können die Instandsetzungsarbeiten nicht Schritt halten mit neu anfallenden Schäden.

Eröffnungstour rheinaufwärts: Bgm. Steger, Bonn und Rudi Altig (I.) startet das Feld mit Landrat Dr. Plümer (2. v. r.) an der Spitze.
Fotos: Kreisbildstelle

Dennoch, dieser Ahr-Radweg entschädigt so manchen Rumpier und harten Schlag in die Reifen mit einer unvergleichlichen Landschaft. Wer einmal im Sommer, beispielsweise frühmorgens am Schwanenteich in Bad Bodendorf vorbeikommt oder durch die Wiesen nach Heimersheim rollt, der weiß um den speziellen Reiz dieses Weges.

Auf der attraktiven Strecke nach Bad Neuenahr und dann durch die Parkanlagen nach Ahrwei-ler, weiter bis in das Weindorf Walporzheim, wer das per Rad versucht, der erlebt die Ahr von einer ganz anderen Seite als sie gemeinhin bekannt ist.

Über Walporzheim hinaus ist die Zukunft des Radweges zwar schon projektiert, harrt aber noch ihrer Verwirklichung. Der Kreis hat Verhandlungen geführt und Pläne liegen vor. Gleisanlagen beispielsweise sollen genutzt werden, mit den Gemeinden müssen Wegeführungen und Kosten noch abgeklärt werden. Planvorstellungen warten auf ihre Realisierung. Zustimmung wird vom Straßenbauamt in Cochem signalisiert. Nach Walporzheim bis Dernau könnte es über Gelände der Bundesbahn gehen, bis nach Rech über bestehende Wirtschaftswege. Dann allerdings tauchen erhebliche Probleme auf,

beginnend mit der Ortsdurchfahrt in Rech und das setzt sich fort bis Altenahr.

Dennoch, beim Kreis Ahrweiler ist man zuversichtlich, diese Probleme meistern zu können, um das bereits genannte Ziel, Anschluß an die NRW-Wege über Schuld und Dümpelfeld, zu erreichen.

Schließlich hat sich der Kreis, haben sich auch die beteiligten Kommunen bislang schon ihre Radwege eine Menge Geld kosten lassen. Mit Unterstützung des Landes, der Gemeinden und des Kreises wurden nämlich für die bestehenden Radwege schon weit mehr als eine Million Mark ausgegeben und mehr Geld wird folgen. Aber das lohnt sich. Das beweist der Zustrom an Fahrrad-Wanderern, der mit jedem Tag größer wird, und es sind beileibe nicht nur die Leistungssportler, die die Radwege des Kreises unter die Reifen nehmen. Es sind in erster Linie genau die Menschen, die mit dem bestehenden und mit dem geplanten Angebot angesprochen werden sollen, die Radwanderer, die Familien, die Ausflügler, die auf diese Weise die Schönheiten des Kreises Ahrweiler entweder neu kennenlernen oder aber oft aus neuer Perspektive heraus betrachten. Vom Fahrradsattel aus sieht man vieles, was man sonst oft gar nicht wahrgenommen hat und plötzlich sehen ganz alltägliche Dinge ganz neu aus.