Auswirkungen des Kulturkampfes in Hummel

Peter Weber

Der Kulturkampf, die Auseinandersetzung zwischen dem Staat und der katholischen Kirche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, begann in Preußen im Jahre 1871 mit der Aufhebung der katholischen Abteilung im preußischen Kultusministerium. Die 'Folgen dieser Auseinandersetzung bekam auch Pfarrer Kandel in Hummel zu spüren, denn der Gemeinderat sandte ihm 1872 ein Schreiben folgenden Inhalts: »Herrn Pfarrer Kandel Hummel! Sie werden hierdurch in Kenntnis gesetzt, daß Sie für dieses Jahr, wenn Sie ihre Schafe mit der Gemeindeherde weiter austreiben wollen, von jedem Tag Schafe, per Tag zu 6 Schafen gerechnet, 7 1/2 Pinte Korn und 7 1/2 Pinte Hafer an den Schafhirt Anton Konen zu entrichten haben, auch dem genannten Schafhirt auf jeden Tag ein Schaf und auf ihre sämtliche Schafe auch ein Schaf zu füttern haben.

Ferner hat jeder soviel Tage er Schafe austreibt, auch soviel Tage dem Schafhirt mittags und abends das Essen zu geben und ihm einen Hirten zu stellen, weshalb Ihnen zu wissen gethan wird, daß Sie die Schafe heute für den ersten Tag zu hüten und dem Konen das genannte Essen zu geben haben. Hummel, den 21. März 1872 Der Gemeinderat Dreser« »Postscr. Ich erkläre hiermit, daß ich mit dem Vorstehenden nicht einverstanden bin. Hummel, den 15, April 1872. d. G. R. (der Gemeinderat) Peter Nucken« Der angefügte Zusatz zeigt, wie vor 100 Jahren ein Bürger des Gemeinderates Hummel den Mut hatte, sich gegen die Meinung der anderen zu stellen. Ein Beispiel von Civilcourage, das auch heute gefragt ist.

Was bedeutete die getroffene Regelung in der Praxis? Wenn Pfarrer Kandel 30 Schafe besaß, das waren 5 »Tage«, dann hatte er dafür insgesamt, eine Pinte zu 1,91 Liter gerechnet, je 67,625 Liter Korn (Roggen) und Hafer an den Schäfer zu liefern. Daneben mußte er 6 Schafe des Schäfers füttern und 5 Tage den Schäfer beköstigen und ihm einen Hirten stellen. Bei der Beurteilung dieser »Neuerung« muß man berücksichtigen, daß der Pfarrer vorher seine Schafe kostenlos mit der Gemeindeherde austreiben lassen konnte. Es war also eine gravierende Veränderung zu seinem Nachteil und Schaden.

Hümmel um 1910
Repro: M. Weber

Dieses Verhalten war aber nur ein Anfang in den sich zunehmend verändernden Beziehungen der »Pfarrkinder« zu ihren »Pfarrherrsn«. Ähnliche Vorkommnisse sind auch in der Wershofener Pfarrchronik angeführt. Dort betrafen sie die kostenlose Holzanlieferung und die Weidenutzung.

Pfarrer Kandel konterte damals auf seine Art. Am darauffolgenden Sonntag verkündete er von der Kanzel »herab«, er könne heute keinen Unterricht (Christenlehre) halten, weil er die Schafe hüten müsse.

Wie der Chronist berichtet, hat man über diesen Kommentar gelacht; er hatte keine »schlimmen« Folgen.