Schloß Gelsdorf

Mittelpunkt der Gelsdorfer Ortsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert 

Ottmar Prothmann

Im vergangenen Jahr ist nach dreijähriger Bauzeit das bis auf die Umfassungsmauern abgebrannte Schloß Gelsdorf in neuem Glanz entstanden. Wer die Ruinen nach dem Brand im Jahre 1979 gesehen hat, vermochte sich nicht vorzustellen, daß sie wieder zu einem Gebäude restauriert werden könnten. Daß dieses »Wunder« dennoch eingetreten und dieses bedeutendste Bauwerk der Gemeinde Grafschaft wiedererstanden ist, verdanken wir dem Architekten Bruno Lambart aus Ratingen bei Düsseldorf. Dieses freudige Ereignis möchte ich zum Anlaß nehmen, um einen Beitrag über die neuere Geschichte des Schlosses zu liefern, die bislang in der Literatur nur in groben Umrissen behandelt worden ist. 1 Das Bauwerk ist, nebenbei bemerkt, eindeutig ein »Schloß« und keine »Burg«, wenn es auch fälschlicherweise häufig so genannt wird. Im Jahre 1763 2 erwarb der kurkölnische Geheime Rat und Staatssekretär Constantin von Gruben von den Erben Hallbergs die mittelalterliche Burg Gelsdorf, legte sie nieder und erbaute sich ein standesgemäßes Residenzschloß. Nach seinem Tode im Jahre 1788 übernahmen seine Kinder das Anwesen. Namentlich waren es in den 1820er Jahren Franz Heinrich von Gruben, Bürgermeister von Gelsdorf und von 1816 bis 1820 erster Landrat des Kreises Ahrweiler, ferner seine Schwestern Maria Anna und Ernestine von Gruben. Ebenso wie den Vorbesitzern, den von Hallberg, gelang es auch der Familie von Gruben nicht, den Besitz über längere Zeit zu erhalten. Schon um 1790 versuchte man ihn zu veräußern3, und als die Finanzschwierigkeiten immer größer wurden, verpfändeten am 30. Januar 1821 die genannten Geschwister diese Besitzungen dem Freiherrn von Geyr für ein Kapital von 13700 Taler 4. Auf Betreiben des Cornel Joseph Freiherr von Geyr aus Köln kam es schließlich zur Versteigerung des Anwesens. Im veröffentlichten Subhastations-Patent (Subhastation = Zwangsversteigerung) vom 28. Mai 1825 sind die Gebäulichkeiten wie folgt beschrieben: »Das sogenannte Schloß Gelsdorf, bestehend in den herrschaftlichen Oekonomie- und sonstigen Gebäulichkeiten. Das herrschaftliche Gebäude ist im hohen Style aufgeführt, zweistöckig, mit 2 Flügeln, von Ziegelsteinen gebaut, mit Schiefern gedeckt, hat im Erdgeschoße 24, im 1ten Stocke 45 Fenster in Haustein, und 17 Fenster im Dache, 5 Schornsteine, und in der Fronte eine Schlag-Uhr; enthält 24 Zimmer, eine Küche, eine Kapelle, geräumige Speicher und gewölbte Keller unter dem ganzen Gebäude. Die sämtlichen Oekonomie-Gebäude und das bei der Haupt-Einfahrt liegende Renteihaus umschließen den Vorhof in länglichem Vierecke und sind alle von Ziegelsteinen gebaut und mit Ziegeln gedeckt. Das Renteihaus hat im Erdgeschoße 17 Fenster und 3 Eingangsthüren, im 1ten Stocke 23 Fenster, 2 Schornsteine und 2 gewölbte Keller. Das Ganze hat 3 Einfahrtsthore. Die sämmtlichen Gebäude mit Einschluß des Hofes haben an Flächen-Inhalt 2 Morgen 2 Pinten 1 Ruthe kölnisch und werden durch die Schuldner selbst bewohnt«. Es folgt in 78 Positionen eine Aufstellung der Wiesen, Gärten, Dämme, Gräben und Äcker, die alle in der Gemarkung Gelsdorf gelegen waren. Der gesamte Besitz in einer Größe von rund 394 preußischen Morgen wurde von der Familie von Gruben selbst bewirtschaftet. Als Gebot waren 18000 Berliner Taler angesetzt.5

Bei der Versteigerung im selben Jahr erhielt Freiherr von Geyr selbst für das Höchstgebot von 30 000 Talern den Besitz zugeschlagen. Er zog jedoch nicht nach Gelsdorf, sondern ließ die beiden Schwestern von Gruben und den Hauskaplan, Canonicus Faßbender, weiterhin dort wohnen, während der Bruder, Franz Heinrich von Gruben, nach Niederbreisig verzogen war.6

Nach dem Tode des Cornel Joseph von Geyr im Jahre 1832 zeigte sich seine Tochter Hen-riette geneigt, das Anwesen zu veräußern. Der Gelsdorfer Schöffe (= Gemeindevorsteher) Mathias Schmitz nahm Verhandlungen mit ihr auf, um das Schloßgebäude anzukaufen, damit es als Pfarrhaus, Schule und Vikarie genutzt werden konnte. Dabei fand er die Unterstützung des Bürgermeisters und Ortspfarrers. Fast hatte man über den Kaufpreis Einigung erzielt, als der Rentner Johann Christoph Jung aus Poppelsdorf bei Bonn, als Bevollmächtigter seines Vetters Gottlob Friedrich Jung zu Ludwigsburg, unerwartet schnell das Anwesen für sich erwerben konnte. Er betrachtete es offensichtlich nur als Spekulationsobjekt, denn bereits 1832 ließ er die Hälfte der Ländereien wieder versteigern. Bei dieser Gelegenheit sprach Pfarrer Stephan Weber ihn auf die Wünsche der Gemeinde an. Jung zeigte sich interessiert und schien nicht abgeneigt, das Schloß zum Abbruchwert an die Gemeinde zu verkaufen. Daher nahm Bürgermeister Rolshoven wenig später Verhandlungen mit ihm auf. In einem Bericht an den Landrat vom 3. Juni 1833 schreibt er darüber: »Die Gemeinde Gelsdorf wünscht das daselbst gelegene Burghaus nebst den zunächst liegenden Gärten zu erwerben, um dasselbe als Pfarrei, Vikarie und Schule einzurichten. Dieser Wunsch ist mir nicht nur vom Vorstande daselbst, sondern auch von vielen Privaten ausgesprochen worden«. Er führt dann weiter aus, daß das Schulhaus zwar nicht alt sei - es wurde übrigens erst 1816/17 errichtet -, aber die vielen in den letzten Jahren durchgeführten Reparaturen hätten kaum genutzt, weil das Gebäude von Grund auf schlecht aufgeführt worden sei. Außerdem benötige die Gemeinde eine Vikariewohnung. Um den Kaufpreis aufzubringen, könne man die Schule und das Pfarrhaus verkaufen, und der Pfarrer würde den an der Kirche gelegenen, gut für Bauplätze geeigneten Pastoralgarten ebenfalls veräußern, wenn ihm als Äquivalent ein Anteil an der Burg gegeben würde. Das Burghaus indessen bedürfe als hauptsächlichste Reparatur im oberen Stock zwar neue Fenster, sei im übrigen aber dauerhaft ausgeführt und böte alles was die Gemeinde sich wünschen könne. Es sei eine unwiederbringliche Gelegenheit und wenn man nicht zugreife, drohe dem Gebäude der Abbruch.

Nach dem Vorschlag des Eigentümers sollte das Gebäude von einem Werkmeister auf Abbruch geschätzt werden. Die Materialkosten abzüglich der Abbruchkosten, also der reine Ertrag, sollte schließlich als Verhandlungsbasis dienen. Es war damals üblich, alle durch den Abbruch gewonnenen Baumaterialien wieder zu verwenden. In einem Gutachten ermittelte Bauinspektor Hartmann einen Betrag von 3 200 Talern als Reinertrag für die verkäuflichen Baumaterialien des Schlosses. Hatte der Schöffe Mathias Schmitz sich anfangs für den Ankauf des Schlosses eingesetzt, so nahm er bald eine immer ablehnendere Haltung ein, und mit ihm der größte Teil der Bevölkerung. Das lag sicher nicht nur an dem, vordergründig betrachteten, hohen Kaufpreis, sondern auch der Fremdheit dieses im Verhältnis zu den Fachwerkhäusern riesigen Gebäudekomplexes. Dort hatten in der Vergangenheit die Herren des Dorfes in luxuriösen Verhältnissen gelebt, während sie zumeist in beengten, kleinen Fachwerkhäusern wohnten. Und jetzt sollten im Schloß die Herren Pfarrer, Vikar und Lehrer auf ihre Kosten herrschaftlich untergebracht werden. Das sah man nicht ein. Etwa ein Jahr nach Anfertigung des Gutachtens beschloß am 20. Juli 1834 eine Gemeindeversammlung, das Schloß nur dann zu erwerben, wenn Jung es für 2 000 Taler verkaufen wolle. Dieser Befrag lag nun beträchtlich unter dem geschätzten Wert, allein für das Abbruchmaterial, und es war vorauszusehen, daß der Eigentümer darauf nicht eingehen würde. Landrat, Bürgermeister und Ortspfarrer versuchten vergebens, die maßgeblichen Männer der Gemeinde von den Vorteilen des Schloßkaufes zu überzeugen. Nach Wegzug und Tod der Geschwister von Gruben lebte noch der Hauskaplan Franz Ludwig Faßbender im Schloß. Im Jahre 1842 ist er dort noch anzutreffen, später zog er aber nach Eckendorf, wo er 1848 starb. Seit 1833 hatte Gelsdorf mit der Einstellung von Jakob Hauth wieder einen Vikar. Er lebte ebenfalls im Schloß, verließ es aber im Dezember 1834 wegen der angeblich schlechten Wohnverhältnisse. Vor allem beklagte er die unwohnlichen und teuer zu beheizenden Räume und am unangenehmsten sei, daß es im Schloß nur einen Abtritt gäbe, und der läge im anderen Schloßflügel in der Wohnung des Bürgermeisterei-Sekretärs Pfeiffer. Auch diese Familie ist wohl nach Ablauf des Mietvertrages zum 1. April 1835 ausgezogen, ebenfalls weil die hohen Räume schlecht zu beheizen und außerdem die Fenster in schlechtem Zustand gewesen seien.

Diese Vorgänge bestärkten die Verantwortlichen der Gemeinde in ihrer Abneigung gegen das Schloß. Als die Kaufverhandlungen zu keinem Ergebnis führten, drohte der Eigentümer, um die Gemeinde zu drängen, mit dem Abbruch des Schlosses. Im Gegensatz zur Dorfbevölkerung waren die Behördenvertreter bis hinauf zum Regierungspräsidenten für den Schloßankauf eingestellt. Letzterer hatte während seiner Anwesenheit in der Bürgermeisterei (wahrscheinlich 1833) nach einer Besichtigung des Schlosses die Gemeinde gedrängt, die Verhandlungen doch zu beschleunigen, anderenfalls würde die Regierung es ankaufen. Im Jahre 1835 stellte man dort Überlegungen an, in Gelsdorf ein Lehrerseminar einzurichten und erwarb deshalb die Schloßgebäude. Allerdings wurde der Kauf wieder rückgängig gemacht.

Im Jahre 1838 verkaufte der Rentner Jung schließlich auch die zweite Hälfte der Schloß-ländereien, außer dem Schloß und 15 Morgen Gärten, die die Regierung kurzfristig besessen hatte. Damit war das Ende des landtagsfähigen Rittergutes Gelsdorf gekommen, denn aus dem einstmals stattlichen Anwesen war jetzt nur noch das Schloß mit der unmittelbaren Umgebung übriggeblieben. Doch um diesen Rest sollte man sich noch lange streiten. Die Fortsetzung dieser Schloßerwerbungsgeschichte ist völlig überraschend. Am 14. Juni 1839 meldet Pastor Stephan Weber dem Weihbischof Günther in Trier, daß er den schönsten Teil des Schlosses mit einem Oekonomiege-bäude und Garten äußerst billig angekauft habe. Er bittet um schleunige Zustimmung zu diesem noch nicht notariell abgeschlossenem Vertrag, da auch ein Herr aus Belgien mit dem Eigentümer in Verhandlungen stehe, der das ganze Schloß für eine Rotgerberei ankaufen möchte, sich aber zurückhalten wolle, wenn er es ankaufte. Am 22. Juni teilt Weber dem Bürgermeister mit, daß er seine neue Wohnung im Schloß bezogen hätte.

Nachdem die erforderliche Genehmigung eingegangen war, fand der notarielle Abschluß des Kaufvertrages am 26. Januar 1841 statt. Weber hatte den rechten Flügel, einen Teil des Mitteltraktes, einen Teil der Wirtschaftsgebäude (heute Pastors-Scheune genannt), einen Teil des Hofraumes und den Garten im Burggraben zu einem Preis von 1000 Talern erworben. Nun hatte Stephan Weber, seit 1828 als Pastor in Gelsdorf tätig, einen Teil des Schlosses nicht etwa im Auftrag der Kirchengemeinde, sondern als Privatmann angekauft. Als wohlhabender Mann und geistlicher Herr des Dorfes sah er im Schloß viel eher eine standesgemäße Wohnung als in dem beengten Pfarrhaus, einem Fachwerkgebäude in der Nähe der Kirche, das die Gemeinde vor 1770 zur Nutzung als Pfarrhaus erworben hatte. Daß die Dorfbevölkerung mit seinem Verhalten, vollendete Tatsachen zu schaffen, nicht einverstanden war, störte ihn kaum. Zum Bild dieses Mannes, wie es sich aus den schriftlichen Zeugnissen ergibt, paßt auch sein Portrait, das ihn mit dem Schloß im Hintergrund als stolzen Schloßbesitzer zeigt.

In den folgenden Monaten bemühte sich Pastor Weber, die Gemeinde zum Ankauf seines Schloßanteiles zu bewegen. Gleichzeitig drang er darauf, daß auch der übrige Teil des Schlosses für die Unterbringung von Schule, Lehrerwohnung und Vikarie angekauft wurde. Da er auch Schulinspektor für die Bürgermeistereien Gelsdorf, Altenahr, Ahrweiler und Remagen war, machte er seinen ganzen Einfluß geltend, die alte Schule nicht instahdzusetzen, sondern sie ins Schloß zu verlegen. Zweifellos war die Schule mit ihren feuchten Wänden in keinem guten baulichen Zustand, da sie ohne Keller und ausreichende Fundamente in eine sumpfige Wiese gebaut worden war. Man hätte trotz hoher Reparaturkosten nie ein gut bewohnbares Haus bekommen. Das Pfarrhaus hingegen wäre nach den angefertigten Gutachten durchaus wieder in guten Stand zu setzen gewesen.

Dorf und Schloß Gelsdorf. Plan von 1826 (aus: Rhein. Vjbl. 1950)

Allerdings war der Ankauf des solide gebauten Schlosses, objektiv gesehen, eine bessere, wenn auch im Augenblick teurere Lösung, da es ausreichend Platz für die gemeindlichen Einrichtungen bot und die Gemeinde auf Jahrzehnte vor größeren Reparaturen verschont bleiben würde. Deshalb waren alle beteiligten Gremien und Behörden, vom Schöffenrat (= Vertretung der Bürgermeisterei) bis zum Oberpräsidenten einhellig für den Ankauf des gesamten Schlosses. Wenn auch die meisten Einwohner von Gelsdorf mit Eingaben und Beschwerdebriefen an die Behörden sich erbittert gegen die bevorstehende Entscheidung zum Ankauf wehrten und in einer eigens einberufenen Volksbefragung ihren ganzen Unmut deutlich zum Ausdruck brachten, konnten sie jedoch nichts ausrichten.

Am 23. September 1842 wurde der notarielle Vertrag über den Ankauf des Pastor Weber gehörenden Anteils des Schlosses unterzeichnet. Die Gemeinde zahlte den gleichen Betrag, nämlich 1 000 Taler, den Weber selbst gezahlt hatte, zuzüglich 900 Taler für Reparaturen, die Weber inzwischen hatte ausführen lassen. Das jetzt nicht mehr benötigte Pfarrhaus mit mehreren Gärten am Haus und hinter dem Kirchhof wurde am 21. Oktober 1842 versteigert. Den Zuschlag für das Haus erhielt Wilhelm Breidenbend. Er hat es offensichtlich renovieren lassen, denn es steht heute noch (Burgstraße 6) und zählt zu den ältesten und stattlichsten Fachwerkgebäuden des Ortes. Noch im Jahre 1842 begann Bürgermeister Rolshoven Verhandlungen mit dem Rentner Jung wegen des verbliebenen Teils des Schlosses und bot dafür 1 400 Taler. Johann Christoph Jung (eigentlicher Eigentümer war dessen Vetter Gottlob Friedrich Jung zu Ludwigsburg, der aber nie in Erscheinung trat) antwortete ihm unwirsch, er hätte wegen seiner Tätigkeit bei der Bürgermeisterei Bonn - er war dort Beigeordneter - jetzt keine Zeit, aber für diesen Preis könne er den »Plunder« auf keinen Fall hergeben. Daraufhin unternahm der Bürgermeister keine weiteren Schritte, da er glaubte, die Gemeinde Gelsdorf werde bald selbst einsehen, daß der Erwerb des restlichen Schloßteiles für sie vorteilhaft sei. Inzwischen hatten sich nämlich die Wogen der Erregung in Gelsdorf langsam gelegt, und die Zustände in der Schule trieben zusehends einer Entscheidung zu.

Pastor Stephan Weber. Im Hintergrund die älteste Ansicht von Schloß Gelsdorf (nach 1839)

Und doch dauerte es noch Jahre, bis am 20. Januar 1846 die Gemeinde den Kaufvertrag für den linken Trakt des Schlosses nebst Scheune (sie lag am Ende des linken Flügels), Einfahrtstor und Umgebung unterzeichnete. Damit war das gesamte Herrenhaus und die beiden Enden des Oekonomiegebäudes im Eigentum der Gemeinde Gelsdorf.

Wieder vergingen Monate, bis man sich über die zweckmäßigste Einrichtung des Schlosses geeinigt hatte. Nach Beschluß des Gemeinderates vom 25. November 1846 wurde die Aufteilung der Räume schließlich wie folgt vorgenommen: Im gesamten rechten Flügel wohnte bereits seit 1839 der Pastor. Daran anschließend sollte in beiden Geschossen des Mitteltraktes die Wohnung des Vikars, bestehend aus vier Zimmern und einer Küche, eingerichtet werden. Speicher und Keller sollte er mitbenutzen dürfen. In diesen Räumen sollte auch seine Magd wohnen. Das bisherige Hauptportal sollte sein Eingang werden. An Stelle des zweiten, links von dieser Tür gelegenen Fensters sollte eine Eingangstür für die Lehrerwohnung gebrochen werden. Zu dieser Wohnung gehörte ein Teil des Mitteltraktes und Räume im linken Flügel. Der große Speisesaal im Erdgeschoß des linken Flügels sollte Schulraum für die Jungen werden. Der darüber liegende Raum war für die Mädchenklasse (jeweils 1. bis 8. Schuljahr) vorgesehen. Daneben war die Wohnung für die Lehrerin geplant, von der jedoch ein Versammlungsraum für die Meistbeerbten (Gemeindebürger) und den Gemeinderat abgezweigt wurde. Alle Abtritte an der alten Schule sollten abgebrochen und hier wieder aufgebaut werden.

Zum 1. Juni 1847 kündigte man dem im Schloß wohnenden Steuerempfänger Schwamborn und begann jetzt endlich mit den Umbauten, von denen als größere Maßnahme der Einbau einer neuen Treppe zu erwähnen ist. Schwamborn wohnte wahrscheinlich im mittleren Teil, während der linke Flügel lange Zeit leergestanden hatte. Wenn man auch durch Aufmauern von Trennwänden die durchweg als Säle anzusprechenden Räume unterteilte, so blieb doch noch ihre große Höhe von 3,80 m im Erdgeschoß und 4 bzw. 4,80 m im Obergeschoß, die das Beiheizen im Winter teuer machte. Von den zuletzt angekauften Objekten sollten das Oekonomiegebäude nebst Hofraum, Wiese und dem Stück Ackerland, genannt Richtersgarten, verkauft werden. Ebenso wollte man sich von dem alten, jetzt nicht mehr benutzten Schulhaus trennen. Nach den Umbauarbeiten im Jahre 1847 stand die Vikariewohnung im Mittelteil des Schlosses zunächst lange leer, da kein Vikar zu bekommen war. 1849 und 1850 finden wir dann den Kreistierarzt mit seiner Familie (die einzigen Protestanten des Dorfes) als Mieter vor. Seit 1853 war hier die Wohnung und das Amtslokal des Bürgermeisters untergebracht. Drei Jahre später setzten die ersten erkennbaren Bemühungen des Kirchenrates ein, diese Wohnung unter eigene Verwaltung zu bekommen. Der Gemeinderat lehnte dieses Ansinnen jedoch immer wieder mit Bestimmtheit ab, da August Joseph Scherer, seit 1853 Nachfolger des verstorbenen Stephan Weber, erst 60 Jahre alt sei und keinen Vikar benötige. Erst mit Besetzung der Vikariestelle werde das Verfügungsrecht an die Kirche übergeben. Mit diesem Bescheid mußte sich der Kirchenrat zufrieden geben, da er vorerst keine Handhabe besaß, die Verhältnisse zu ändern. Etliche Jahre später, am 15. Juli 1863, machte der Kirchenrat einen erneuten energischen Vorstoß. Die Besetzung der Vikarstelle sei jetzt dringend geboten, weil Pfarrer Scherer kränklich sei und einen Vikar benötige. Der Bischof sei auch bereit, einen solchen zu schicken. Damit war der Gemeinderat in arge Bedrängnis versetzt worden. Einerseits hatte er im Jahre 1856 den Beschluß gefaßt, daß die Vikariewohnung geräumt würde, sobald die Notwendigkeit zur Anstellung eines Vikars eintrete, andererseits wohnte hier der Bürgermeister. Seit 1858 war es Johann Joseph Adam. Wie sollte man den Amtssitz des Bürgermeisters in Gelsdorf behalten können - und das wollte man unbedingt -, da eine geeignete Wohnung in den Bauernhäusern kaum zu finden war. Seit den Unstimmigkeiten mit dem Kirchenrat ab 1856 und der daraus resultierenden Unsicherheit, wie lange die Vikariewohnung noch Amtslokal bleiben konnte, bemühten sich nämlich verschiedene andere Gemeinden in verstärktem Maße, den Sitz der Bürgermeisterei in den Mittelpunkt des Verwaltungsbezirks nach Ringen zu verlegen. In den beiden sich streitenden Gremien, Kirchenrat und Gemeinderat, wurden hitzige Diskussionen geführt, wobei einigen Männern, die in beiden Räten saßen, eine unangenehme Rolle zufiel. Wir können mit Sicherheit annehmen, daß die beiden herausragenden Kontrahenten, der Bürgermeister und der Pastor, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchten, die Entscheidung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Dabei trug der Pastor schließlich den Sieg davon. Zwar waren sich in einer Sitzung am 27. Juli 1863 alle fünf Mitglieder des Gemeinderates darin einig, entgegen ihres früheren Beschlusses, das Verfügungsrecht über die Vikariewohnung auf keinen Fall der Kirchengemeinde zu übertragen. Jedoch traf man wenige Tage später auch die Entscheidung, dem Bürgermeister, entsprechend dem Wunsch des Kirchenrates, zum 27. Oktober zu kündigen.

In großer Eile wurden Pferdestall und Kegelbahn hinter dem Gasthaus Wolf in Ringen zur Wohnung des Bürgermeisters ausgebaut. Trotzdem gelang die Fertigstellung nicht rechtzeitig, so daß Bürgermeister Adam erst am 27. November 1863 dort einziehen konnte. Damit hatte Gelsdorf den Amtssitz der Bürgermeistereiverwaltung verloren und erhielt ihn trotz intensiver Bemühungen nie mehr zurück. Vermutlich zog nun der neuernannte Kaplan Friedrich Wünsch aus Koblenz in die Vikariewohnung ein, verließ nach dem Tode von Pastor Scherer (16.12.1871) Gelsdorf aber wahrscheinlich wieder. Am 15. März 1872 verlegte der Steuerempfänger Wawer, nachdem er zwei Jahre in Ringen seinen Wohn- und Amtssitz gehabt hatte, seine Wohnung wieder nach Gelsdorf, und zwar vermutlich in das Schloß, denn dort werden er ab 1877 und nach ihm seine Amtsnachfolger bis 1884 als Mieter der Vikariewohnung genannt. In diesem Jahr zog die gesamte Verwaltung in das neu erbaute und heute noch genutzte Rathaus in Ringen. In der Zeit des Kulturkampfes wurde am 14. März 1880 ein Gesetz »betreffend die Bestreitung der Kosten für die Bedürfnisse der Kirchengemeinden in den Landestheilen des linken Rheinufers« erlassen, wonach die Zivilgemeinden nicht mehr zur Beschaffung und Unterhaltung der Pfarrhäuser verpflichtet waren. Dafür gingen aber alle den Zivilgemeinden gehörenden, ausschließlich als Pfarrwohnung dienenden Gebäuden nebst den dazu gehörenden Hofräumen und Hausgärten in das Eigentum der Kirchengemeinden über. Infolge dieses Gesetzes ging auch automatisch der als Pfarrwohnung genutzte rechte Flügel des Schlosses in das Eigentum der Gelsdorfer Kirchengemeinde über.

Gleich brach auch wieder der alte, nicht vergessene Streit um die Vikariewohnung offen aus. Pastor und Kirchenvorstand verlangten von der Gemeinde die Übertragung des Eigentumsrechtes, auf das sie 1863 nach der Kündigung des Bürgermeisters im Gefühl des Sieges keinen Anspruch mehr erheben wollten. Aber auch jetzt lehnte der Gemeinderat, dem auch drei Mitglieder des Kirchenvorstandes angehörten, dieses Ansinnen ebenso beharrlich wieder ab. Damit schien ein Schlußstrich unter die jahrzehntelangen Streitigkeiten über die Vikariewohnung gezogen worden zu sein, wenn auch noch 1902 Pastor Burgund in einen Brief an den Landrat einfließen ließ, daß die Gemeinde immer noch das Eigentumsrecht an der Vikariewohnung beanspruche. Die Gemeinde verpachtete die Wohnung nach dem Wegzug des Vikars an Privatpersonen, ab 1912 nutzte Pfarrer Noesges die Räume für die Jugendpflege und von 1921 bis 1924 führte hier der aus Gelsdorf gebürtige Arzt Dr. Kle-mens Conrads eine Praxis. Als am 1. Februar 1925 die einige Jahre vorher errichtete Landjägerstelle der Bürgermeisterei Gesldorf durch den Landjäger Martin Löhrer besetzt wurde, zog er in die freigewordene Vikariewohnung. Bis zur Fertigstellung des Hauses Grünstraße 1 im Jahre 1938 blieben hier die Gendarme untergebracht. Während der mittlere Teil des Schlosses eine recht unterschiedliche Nutzung fand, änderte sich in den beiden Flügeln nichts. Im linken waren Schule sowie Lehrerwohnungen und im anderen der Pfarrer untergebracht. Auch das äußere Erscheinungsbild wandelte sich nur wenig. Bei größeren Renovierungsarbeiten im Jahre 1931 bedeckte man den Innenhof mit Schlackenasche und Kieserde und schloß ihn mit einer Betonmauer sowie zwei schmiedeeisernen Toren ab. Jetzt endlich legte man auch die Toiletten für das Lehrerpersonal in das Gebäude, nachdem dies schon 1854 mit dem Abtritt des Pfarrers geschehen war. Wegen der hohen Reparaturkosten, die damals in der Pfarrwohnung anstanden, überlegte man schon 1931, ob nicht ein Neubau sinnvoller sei. Doch dazu kam es vorerst nicht. Ein anderes Schicksal als das Herrenhaus hatten die hufeisenförmig vorgelagerten Oekonomiegebäude, die sogenannte »Vorburg«. Ursprünglich waren dort Rentei, Schloßpersonal, Scheunen, Stallungen und Remisen untergebracht gewesen. Nach Auflösung des landwirtschaftlichen Betriebes wurden die einzelnen Gebäudeteile wohl an verschiedene Personen vermietet.

Wie bereits erwähnt, hatte der Gemeinderat im Jahre 1846 beschlossen, das angekaufte Oekonomiegebäude nebst Hofraum zu verkaufen. Pastor Weber war es nicht gelungen, den Gemeinderat davon zu überzeugen, daß ein künftig einzustellender Vikar für seine Haushaltung auch Wirtschaftsgebäude benötigte, damit er sich eine Kuh oder eine Ziege halten sowie das Brennholz lagern konnte. So fand dann am 16. März 1847 die Versteigerung des Oekonomiegebäudes statt. Für 550 Taler ersteigerte Carl Joseph Ludwig das Gebäude. Überboten wurde der Pastor, der wie früher beim Schloßgebäude privat versuchen wollte, in den Besitz der Gebäulichkeiten zu kommen, um siG nachher wieder an die Gemeinde zu verkaufen. Überboten wurden auch die Juden, welche hier gerne eine Synagoge einrichten und daneben einen Begräbnisplatz anlegen wollten. Daß es dem Pastor nicht gelungen war, das Gebäude zu ersteigern, bekundeten etliche Dorfbewohner mit offener Schadenfreude. Niemand ahnte jedoch, daß Pfarrer Weber sein hartnäckig verfolgtes Ziel auch dieses Mal wieder erreicht hatte. Er hatte sich nämlich vorher mit Ludwig abgesprochen, daß dieser ihm einen Teil des Gebäudes abgeben sollte, falls er den Zuschlag erhielt. Und so geschah es. Als dies im Dorf ruchbar wurde, steigerte sich in der Bevölkerung die Entrüstung über das Benehmen des Pfarrers derart, daß nachts Gipsfiguren und Gerätschaften aus seinem Garten weggeschafft wurden. Die aufgebrachte Volksseele drohte sogar vor einer Vertreibung des Pastors nicht mehr zurückzuschrek-ken. Da der Gemeinderat sich kategorisch gegen einen Rückkauf des Gebäudes aussprach, und der Pastor auch bei der Bezirksregierung keine Zustimmung fand, gab er wohl, wie er es mit Ludwig im Falle des Mißlingens seines Planes abgesprochen hatte, den Gebäudeteil wieder an jenen zurück.

Seitdem das Schloß nicht mehr als herrschaftlicher Wohnsitz genutzt wurde, begann man, die aus Wasserflächen, Baumgärten und Alleen bestehenden Außenanlagen nach und nach zu nutzbaren Flächen umzugestalten, wobei die Harmonie der aus einem Guß bestehenden spätbarocken Anlage allmählich zerstört wurde.

Vor der »Vorburg« befand sich noch 1858 der alte breite Wassergraben, getrennt durch einen Damm, über welchen die Einfahrt zu den Oekonomiegebäuden erfolgte. Zur Zeit, als das Schloß noch der Familie von Gruben gehört hatte, waren die Gebäude ringsum mit Wasser umgeben gewesen, und die Einfahrt war über eine Zugbrücke vor dem Haupteingangstor verlaufen. Später schüttete man hier den Damm auf, so daß jetzt Weiher entstanden, von denen der linke zum Anwesen Wingender und Pfahl gehörte und der untere der Gemeinde. Seitlich nach hinten lag der Teich des Pfarrers, der in den Jahren nach 1846 vom Gemeindeweiher abgetrennt wurde.

Der linke vordere Gebäudeteil der »Vorburg« war schon 1858 im Besitz der Familie Pfahl und blieb es bis zum Verkauf an die Raiffeisenkas-se im Jahre 1959. Diese hatte schon 1948 einige Räume als Geschäftslokal angemietet. Nach dem Ankauf nutzte man auch die Vikarie-wohnung im Hauptgebäude kurzzeitig als Lager, bis man Anfang der 60er Jahre eine Halle im Hof errichtete. Erwähnenswert ist noch, daß in diesem Gebäudeteil im Ersten Weltkrieg ein Kriegsgefangenenlager untergebracht war. Eigentümer des an Pfahl anstoßenden mittleren Gebäudeteils der linksseitigen »Vorburg« war 1858 Jakob Wingender, der in jenem Jahr eine Genehmigung erhielt, dort eine Bierbrauerei einzurichten. Ob es dazu kam, ist fraglich, da schon im Frühjahr 1861 die Judengemeinde jene Räumlichkeiten ankaufte, um sie zu einer Synagoge auszubauen. Da zum Synagogen-verband Gelsdorf 26 Juden aus Gelsdorf und 14 Juden aus Altendorf gehörten, war der bis dahin als Bethaus genutzte Raum im Wohngebäude der Witwe von Lazarus Voos zu klein geworden. Am 13. Juni 1862 wurde die Synagoge in der »Vorburg« mit einer großen Feier eingeweiht. Im Laufe der Jahrzehnte verkleinerte sich die jüdische Gemeinde, so daß 1926 nur noch wenige Juden in Gelsdorf lebten. Die Synagoge wurde nicht mehr genutzt und zerfiel. So ist es zu verstehen, daß in der Reichskristallnacht am 10. November 1938 zwar die jüdischen Häuser Jakob in Nierendorf und Cremer in Gelsdorf demoliert wurden, die Synagoge aber unbeachtet blieb. Im Jahre 1939 kaufte sie der Maurer Peter Riegel und baute sie zu einer Wohnung um. An den beiden zugemauerten spitzbogigen Fenstern auf der Hofseite erkennt man jetzt noch den Synagogenraum. Dieser Gebäudeteil ist noch heute in der Hand der Familie Riegel, ebenso wie der anstoßende Teil, der bis zur Toreinfahrt reicht. Im Jahre 1858 gehörte er einer Witwe Willems. Familie Riegel erwarb ihn nach dem Krieg von Fräulein Bolscheid, einer Nichte von Pastor Noesges. Im Gebäudeteil rechts der Einfahrt war von 1846 bis 1851 das Amtslokal der Bürgermeisterei-Verwaltung untergebracht. Als Eigentümer wird 1858 Mathias Breidenbend genannt, dessen Sohn Johann Baptist als einer der ersten Obstbauern des Dorfes und weithin anerkannter Obstzüchter im Jahre 1932 starb. Seine Tochter heiratete einen Heinrich Sonntag und führte den Bauernhof weiter. Später übernahm ihn der Sohn Konstantin Sonntag. Im Jahre 1980 übersiedelte die Familie in einen Neubau westlich des Schlosses. Eine neue Nutzung fanden Teile des Schlosses in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Kurz zuvor, und zwar Mitte Mai 1939, wurde das erste Landdienstlager der Hitler-Jugend im Kreis Ahrweiler in der Vikariewohnung eröffnet. Im Schloßkeller hatte die Firma C & A ihre Kleiderbestände ausgelagert.

Als am Abend des 6. März 1945 die ersten amerikanischen Soldaten in Gelsdorf einrückten, hatte ein großer Teil der Dorfbevölkerung in den gewölbten Kellern der Burg Schutz gesucht. Am 7. März ging der Vormarsch in Richtung Remagener Brücke weiter. Der als Schule benutzte Trakt wurde mit Truppen belegt, und am kommenden Tag mußte das ganze Schloß geräumt werden. Erst am 1. Oktober 1945 konnte der Schulunterricht wieder aufgenommen werden. Der als Pfarrhaus benutzte Teil wies jedoch nach halbjähriger Einquartierung durch deutsche Truppen, nach Tiefflieger- und Bombentreffern und schließlich nach einer vier-monatigen Besetzung durch amerikanische Truppen erhebliche Schäden auf und konnte nicht mehr bewohnt werden. Wegen der Notzeit war an eine Renovierung nicht zu denken, weshalb Pfarrer Held seine Wohnung im Hause Bonner Straße 96 nahm. Als im Jahre 1950 80 Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten nach Gelsdorf gebracht wurden, sah man sich jedoch verpflichtet, die Pfarrwohnung wenigstens notdürftig instandzusetzen, so daß auch dort eine Familie unterkommen konnte.

Als Pfarrer Held am 1. August 1956 wegen eines unheilbaren Leidens in den Ruhestand trat, wurde der Ruf nach einem neuen Pfarrer immer größer. Einflußreiche Kreise waren jedoch dagegen und strebten eine Renovierung des Schlosses an. So dauerte es dann noch einige Jahre, bis man 1959 einen Morgen Land an der Grünstraße für einen Neubau des Pfarrhauses erwerben und dank der Spendenfreudigkeit der Bevölkerung im März 1960 mit dem Bau beginnen konnte.

Schon in den ersten Nachkriegsjahren zeigte sich, daß die räumlichen Verhältnisse der Schule immer unzulänglicher wurden und eine Renovierung mit erheblichen Aufwendungen verbunden gewesen wäre. Also bemühte man sich auch im schulischen Bereich um einen Neubau, der ebenfalls an der Grünstraße erstellt und am 29. Januar 1965 mit einem Festakt eingeweiht werden konnte. Bei der vielseitigen Verwendung, die das Schloß im Laufe der Zeit gefunden hat, ist es nicht verwunderlich, daß auch das Schicksal des 1886 in Gelsdorf gegründeten Klosters mit ihm verknüpft ist. Nach dem 1966 aufgestellten Altenplan des Kreises Ahrweiler sollte das von den Franziskanerinnen geführte Altenheim (St.- Josefs-Haus) beträchtlich erweitert werden. Zivil- und Kirchengemeinde stellten neben dem Schloß Gelände für einen Neubau zur Verfügung, das bischöfliche Generalvikariat gab aber die erforderliche Genehmigung nicht. Stattdessen wünschte es einen Umbau und eine Erweiterung des inzwischen leerstehenden Schlosses und lieferte auch einen Vorentwurf. Dieser fand aber nicht die Zustimmung der Kreisverwaltung. Die Verhandlungen zogen sich bis 1969 hin. Dann ließ das Generalvi-kariat den Plan fallen und stimmte einem Neubau zu, doch jetzt wurde der Plan staatlicher-seits abgelehnt. Daraufhin gaben die Schwestern ihre Gelsdorfer Niederlassungen am 1. Oktober 1970 auf und verließen den Ort. Ebenso abwechslungsreich und überraschend wie die ältere Geschichte verlief auch die aller-jüngste Entwicklung des Schlosses. Nachdem das Herrenhaus nicht mehr bewohnt wurde, verfiel es zusehends und bot bald einen hoffnungslosen Anblick. Verschiedene Möglichkeiten zum Verkauf, die sich schon seit Anfang der 50er Jahre boten, scheiterten alle, einerseits, weil wegen des Denkmalschutzes die Nutzung des Gebäudes nicht frei war, zum anderen aber auch, weil die beiden Besitzer des Schlosses, Zivil- und Kirchengemeinde, sich in ihrem Handeln uneins waren.

Schloß Gelsdorf um 1956

Als mit den Jahren Türen und Fenster von randalierenden jungen Leuten und Kunstliebhabern herausgerissen, Fußböden ausgebrochen, das Gebäude zum Tummelplatz von Kindern und Jugendlichen geworden war - alle Absperrungen konnten sie nicht von diesem sehr gefährlichen Spielplatz fernhalten -, und als schließlich dieses Schloß, einst eine Zierde für das Dorf, total heruntergekommen und zum »Schandfleck« des Ortes geworden war, entschlossen sich die zuständigen Gremien 1975/ 76 für einen Abbruch dieses ungeliebten und als »Klotz am Bein« angesehenen Gebäudes. Nach einer Berechnung des Kreisbauamtes sollte die Absicherung des Geländes 150000 DM und die Renovierung 1,5 Millionen Mark kosten. Das schien jedoch der Gemeinde Grafschaft, als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Gemeinde Gelsdorf, bei der augenblicklichen finanziellen Belastung untragbar. Ähnlich wie 130 Jahre vorher, als der Ankauf des Schlosses anstand, fanden die Bemühungen der Behörden um Erhaltung des Schlosses in der Bevölkerung überwiegend kein Verständnis.

Das wiederhergestellte Hauptgebäude: Schloß Gelsdorf 1985

 Für diesen »alten Kasten« sollte man kein Geld mehr wegwerfen, hieß es im Dorf. Daher war die Gemeinde Grafschaft fest entschlossen, das Schloß auch gegen die Auffassung der vorgesetzten Behörden abzureißen. Um diesen Entschluß leichter in die Tat umsetzen zu können, trat sie an den Kirchenvorstand heran und bat um Übertragung des der Kirche gehörenden Anteils des Schlosses. In diesem Moment, als alle Zeichen auf Abbruch standen und dieses lokal- wie kunsthistorisch gleichermaßen wertvolle Gebäude - es ist übrigens der älteste profane Ziegelsteinbau der Grafschaft- unterzugehen drohte, trat plötzlich in Gestalt des Filmregisseurs Dr. Werner Klett aus Berlin die Rettung ein. Am 29. März 1976 wurde der Kaufvertrag notariell abgeschlossen. Die Höhe des Kaufbetrages betrug für das gesamte Gelände 120 000 DM. Der neue Eigentümer wollte im Schloß eine Niederlassung errichten, mit Studios für Ton und Bild, Arbeitsräumen für Filmschaffende sowie Büros und Aufenthaltsräume. Dabei sollte die Außenansicht erhalten bleiben und die zugeschütteten Wassergräben wieder ausgebaggert werden. Im Januar 1977 gründete man in Berlin einen »Verein der Freunde der Burg Gelsdorf« der die Bemühungen um Wiederherstellung und zweckvolle Bestimmung des Schlosses unterstützen sollte. Der Schloßpark sollte zu einem Freilichtmuseum ausgestaltet werden. Man dachte vor allem an die Ausstellung von Werken europäischer Bildhauer. Schließlich plante man ein Buch und einen Fernsehfilm mit dem Titel »Ein Denkmal der Denkmalpflege«.

Das Projekt schien sich jedoch nicht verwirklichen zu lassen, denn die Zeitungen berichteten, daß der Eigentümer das Schloß wieder verkaufen wolle. Da brach am Abend des 19. Juli 1979 ein Feuer im Herrenhaus aus und zerstörte, trotz angestrengter Löschversuche, das Gebäude bis auf die Umfassungsmauern. Nun schien der Untergang des Schlosses endgültig besiegelt zu sein. Trotzdem stellte am 1. Februar 1980 die Kreisverwaltung Ahrweiler die vorhandenen Gebäude der »Vorburg« und des Herrenhauses nach dem neuen Denkmalschutzgesetz von Rheinland-Pfalz einstweilig unter Schutz. In der Begründung zu dieser Entscheidung wird ausgeführt, daß das Schloß eine einmalige und bemerkenswerte historische Anlage dieser Burgengattung im Nordteil des Landes Rheinland-Pfalz darstellt und ein Zeugnis des künstlerischen Schaffens und des technischen Wirkens dieser Epoche ablegt. Sie sei ein kennzeichnendes Merkmal von Gelsdorf, an dessen Erhaltung aus denkmalpflege-rischen Gründen ein öffentliches Interesse bestehe. Diese Voraussetzungen lägen auch nach dem Brande noch vor. Man wollte damit einer weiteren Demolierung des Gebäudes vorbeugen, doch Wind und Wetter setzten das Zerstörungswerk fort, bis im Jahre 1981, zum allergrößten Erstaunen der Bevölkerung, der Architekt Bruno Lambart aus Ratingen bei Düsseldorf diese Ruine aufkaufte und im Frühjahr 1982 mit den Aufräumungsund Sicherungsarbeiten begann. Schon am 8. Februar 1983 konnte er, unter zahlreicher Teilnahme der Dorfbewohner, das Richtfest feiern. Am 23. Januar 1985 stellt er das im Äußeren orginalgetreu restaurierte Herrenhaus der Öffentlichkeit vor. Aus einem Schandfleck ist vielleicht das Wahrzeichen der Gemeinde geworden.

Anmerkungen

  1. Siehe dazu vor allem: Felix Hauptmann, Die Reichsherrschaft Gelsdorf, in: Rhein. Geschbll. Bd. 9, 1910 - Clemen, Kdm Kr. Ahrw., 1938 - H. Welters, Gelsdorf in der Grafschaft, in: Alt Bonn, vom Rhein zur Ahr Beilage der Bonner Rundschau Jg. 4, 1950 - Matthias Röcke, Burgen und Schlösser zw. Ahr u. Brohlbach, Köln 1984 - Beiträge in den Heimat-Jb. f.d. Kreis Ahrw. 1957 S. 41 - 44, 1966 S. 76 - 78,1970 S. 75 - 77,1984 S. 106 f. Mit der kunsthistorischen Einordnung dieses Baudenkmals und dessen Wiederaufbau befaßt sich zur Zeit die Architektin Christa Sommerfeld in ihrer Dissertation über Revitalisierung von Schlössern und Herrenhäusern.

  2. In der Literatur ist häufig 1766 als Erwerbsjahr genannt, das Wappen über dem Einfahrtstor trägt aber die Jahreszahl 1763.

  3. O. Prothmann, Das Aussehen von Schloß Gelsdorf vor rund 200 Jahren, in: Mittbl. Gde Grafschaft Nr. 33, 34 und 35, 1982.

  4. »Die wehrhafte Heimat von einst. Der Burghof zu Gelsdorf«, in: General-Anzeiger 2S./24. 4. 1938.

  5. Öffentl. Anzeiger Nr. 15 vom 6. 6. 1825 (Beilage zu Nr. 22 des Amtsbl. der Reg. Kobl.).

  6. Als hauptsächliche Quelle für diese und die folgenden Ausführungen diente: Gdearchiv Grafschaft Akten 106/5,107/7,117a/21; Kreisarchiv Ahrw. Akten B 7 u. P. 22; Landeshauptarchiv Kobl. Abt. 441 Nr. 15797; Bistumsarchiv Trier Abt. 70 Nr. 1648 -1651, ferner Schuldchronik und Chronik der Bürgermeisterei Gelsdorf.

Zur neuesten Geschichte: Zeitungsberichte, Mittbl. Gde Grafschaft und eigene Aufzeichnungen.