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350 Jahre St.-Rochus-Kapelle in Ahrbrück

Klaus Hippler

350 Jahre steht die schlichte Rochuskapelle nun schon als Haus Gottes im schönen Denntal. Eingerahmt von den Gebäuden des Kindergartens, umringt von spielenden Kindern, ist sie der Mittelpunkt des Dorfes Ahrbrück; ein Dorf mit einer bewegten Geschichte, das früher Denn hieß und bei der Einrichtung des Luftwaffenübungsplatzes Ahrbrück völlig zerstört wurde.

Nach dem Krieg entstand der neue Ort Ahrbrück. Die Kapelle, die die Schleifung des Ortes Denn überlebt hat, bildet wieder den Ortskern und steht in neuer Umgebung im Jahre 1987 vor einem großen Jubiläum. Der Dennbach, an dem der Ort liegt, wird schon 762 als »rivulus qui vocatur Dem« erwähnt. Der Ort selbst wird erstmals 1262 in einer Urkunde genannt, in der Walraf von Jü-lich ihn unter den Namen »Dene« vom Kölner Erzbischof als Erbe fordert. Von den Beweggründen für die Stiftung dieser Kapelle in Denn, vielleicht anstelle einer früheren, ist nichts bekannt. Als sie im Jahre 1637 erbaut wurde, tobte in Deutschland der Dreißigjährige Krieg. In den Dörfern des Ahrtals wütete die Pest, welche die Bevölkerung um ein Drittel reduzierte. Es ist naheliegend, daß aus diesen Gründen der Schutzpatron gegen die Pest, der heilige Rochus auserwählt wurde. Auch der heilige Sebastian, Schutzpatron der Soldaten, gegen Pest und Seuchen, dessen Figur in einer Nische des Altars steht, erhärtet diese These.

Bezeichnend ist auch die Marienverehrung. In besonderer Weise ist das Mittelfeld des Altaraufbaues der Gottesmutter, mit dem Relief ihres Sterbens und der Himmelfahrt gewidmet. Auch in anderen Kirchen der Pfarrei Kesseling, besonders in Pützfeld, wird im Zusammenhang mit der Pest die besondere Marienverehrung deutlich. So vertrauten die Stifter dieser Kapelle auf die Fürbitten des hl. Rochus und des hl. Sebastian und erflehten den Beistand der Jungfrau Maria im Kampf gegen Armut, Pest, Krieg und Not.

Als einschiffiger Bruchsteinbau mit eingezogenem in drei Seiten schließendem Chor, einer Länge von 9,50 m und einer Breite von 4,50 m, wurde sie einst in der Mitte des Dorfes auf erhabenem Platz errichtet. Auf spitzem Satteldach ist vor dem Chor ein vierseitiger Dachreiter mit achtseitigem Helm als Turm angebracht. Die schlichte Inneneinrichtung besteht aus einer zweiteiligen Balkendecke mit abgerundeten Zwischenfeldern. Einzelne Balken weisen zierliche Stuckornamente auf.

Der Altar aus Tuffstein, durch die Kriegseinwirkungen nicht mehr ganz vollständig, ist eine beachtliche Arbeit aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. In der Mitte die Himmelfahrt Mariens, flankiert von den Figuren des hl. Rochus und Sebastianus und wangengeflügelte Engelsköpfe auf Ohrmuscheln mit Knorpelwerk. In der Predella fast vollplastisch das Totenbett der Maria umgeben von den trauernden Aposteln. Die z. Z. übermalte barocke Fassung wird nach einer kostenträchtigen Renovierung dem Altar neuen Glanz verleihen. Der Altarvorsatz zeigt auf Leinen in Öl gemalt das Bildnis des hl. Rochus und Sebastian. Dieses Bild ist eine Stiftung mit folgender Widmung: »Ich, Adams aus Weidenbach, 30 Jahre Kuhhirt in Denn hat dieses machen lassen 1785«.

Von der ursprünglichen Ausstattung fehlt ein Holzkreuz, ein schmiedeeiserner Leuchter aus dem 17. Jh. sowie ein Weihwasserkessel aus Messing mit Wappenschild.

St.-Rochus-Kapelle Ahrbrück
Fotos: Kreisbildstelle

Durch die im Jahre 1928 beendete gründliche Renovierung wurde die Bausubstanz der Kapelle und die Einrichtung wesentlich verbessert. Die von dem nach Amerika ausgewanderten Peter Simons aus Pützfeld »In Treue zur Heimat« 1933 gestiftete und in Brockscheid (Eifel) gegossene Glocke hängt jetzt in der Katharinenkapelle in Brück. Was bei der Evakuierung im Jahre 1938 kaum zu erwarten war, ist eingetreten, die Kapelle hat den Krieg überstanden. Während des Krieges diente sie als Munitionslager, was wahrscheinlich dazu beitrug, daß sie erhalten blieb. 14 Jahre nach Kriegsende war es dann soweit, eine großangelegte Neuansiedlung des ehemaligen Dorfes Denn begann. 300 Einwohner, meist aus dem Ermland, aber auch aus den anderen deutschen Ostgebieten, bildeten eine neue Dorfgemeinschaft unter dem Namen Ahr-brück. Eifrig begann man die Kirche mit den vorhandenen Mitteln zu restaurieren. Die Glasschleiferei »Adolf Pörner und Söhne« aus dem Sudetenland stiftete einen zum Barockaltar passend gestalteten Kristalleuchter. Unter großer Anteilnahme der neuen Einwohner sowie zahlreicher ehemaliger Denner Bürger wurde die Kapelle am 16. August 1952 wieder in Besitz genommen und das Kirmesfest ausgiebig gefeiert. 1968 stiftete die Feuerwehr Ahr-brück die Mittel für eine erneute Renovierung. Das Bruchsteingemäuer wurde mit einem modernen Außenputz versehen. Denn gehörte, wie heute noch Ahrbrück, zu allen Zeiten zur Pfarrei Kesseling. So mußten die Bewohner zur Sonntagsmesse und dem Empfang der Sakramente nach Kesseling in die Pfarrkirche gehen. Daraufhin kam es zu Bestrebungen des unteren Kirchspiels, sich von der Pfarrei Kesseling zu trennen. Unter dem Pastorat des Pfr. Michael Erasmus (1785 -91) kam es zu Überlegungen, einen eigenen Frühmesser zu erhalten, der in Denn wohnen sollte. Vollständige Selbständigkeit des unteren Kirchspiels, von Denn, Brück und Pützfeld wurde angestrebt. Als Grund wurde der weite Weg nach Kesseling angegeben. Man klagte aber auch den Pfarrer der Saumseligkeit an, weil schon einige Leute ohne den Empfang der hl. Sakramente verschieden seien. Die kirchliche Behörde gab den Petenten (Bittstellern) auf, die Kompetenz (Gehalt, Wohnung usw.) für den Frühmesser aufzustellen. Daraufhin trat wieder Ruhe ein. Scheinbar waren diese Bemühungen erfolgreich, denn an anderer Stelle wird berichtet, daß 1788 der beantragte Frühmesser die Schule halten und im Schulhaus von Denn wohnen soll.

Bedingt durch den Zuzug der Heimatvertriebenen wurde im Jahre 1950 die Gründung einer Pfarrei Brück diskutiert. Der damalige Pfarrer Dr. Dr. Werf wies in seiner Sylvesterpredigt in der Notkirche von Ahrbrück auf die alte Tradition der Pfarrei Kesseling hin und warnte vor den Kosten einer Neugründung. Zu der geplanten Abstimmung ist es nie gekommen.

Das Einkommen des Pfarrers in Kesseling mußte natürlich auch von den Denner Bürgern mit getragen werden. So erhielt der Pfarrer Winter im Jahre 1662 von den Einwohner aus Denn ein Drittel des Lämmer- und Ferkelzehnten. Die Bürgermeister des Ober- und Unterkirchspiels hatten Ostern 4 Maß Wein abzuliefern. Ferner mußte der Bürgermeister des Oberkirchspiels jährlich 6 Albus für Glocken-schmier und der des Unterkirchspiels 3 Albus für Weihrauch zahlen. Diese Abgaben bekam der Landesfürst, der Erzbischof von Köln. Im Jahre 1760 hatte die Kapelle in Denn 547 Taler Kapital (Kesseling 1102 Taler, Brück 300 Taler und Pützfeld 169 Taler). Die Güter aller Kapellen wurden im Jahre 1822 mit der Fabrik (Verwaltung der Gebäude und Einkünfte der Pfarrei) vereinigt, deren Vermögen damals 13917 frs. betrug. 1874 war der Gesamtbesitz der Fabrik 73 Morgen, die für 125 Taler verpachtet waren.

1743 wird für die Pfarrei Kesseling berichtet, daß keiner die Sonntagsmesse versäumt. Ob es in Denn eigene Rochus- oder Sebastian-Bruderschaften gab, ist nicht bekannt. Noch 1769 kamen Prozessionen und Pilger am 16. August, dem Feste des hl. Rochus, nach Denn, um in der Kapelle zu beten. Bis 1836 fand an diesem Tag ein feierliches Amt mit Predigt und Aussetzung des Sanctissimum für die Pilger statt. Zuletzt war diese Feier auf Maria-Opferung (21. Nov.) verlegt.

Altaraufsatz in der Ahrbrücker St.-Rochus-Kapelle
Fotos: Kreisbildstelle

Im Jahre 1670 hatten Brück, Denn und Pützfeld 49 Häuser (Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz). In Denn kann man da von 20 Häusern mit ca. 120 Einwohnern ausgehen. Bei den elf Bänken der Grundausstattung der Kapelle konnten somit alle Einwohner in ihrem Gotteshaus Platz finden. 1662 gab es in der gesamten Pfarrei 140 Häuser mit 1200 Einwohnern und ca. 800 Kommunikanten. Drei Priester gingen aus der kleinen Gemeinde hervor: Schulter Nikolaus absolvierte die Philosophie und Theologie in Köln, war 1669 - 91 Pfr. in Herschbach, dann Pfr. in Kaltenborn, wo er am 20. 4. 1712 verstarb. Gütten Bartholomäus, geb. 1.1. 1689 in Denn, 1705 Student an der Universität Köln, Kantor am Dom in Köln, ord. 23. 4. 1713 in Köln, bald Pfr. in Linn, gest. 14. 7. 1758. Gütten Bartholomäus II, geb. 11. 1. 1721 in Denn, ord. 22. 11. 1744 in Köln. Er wird später als Vikar MBV Dol. in Linn genannt.

In und um die Kapelle ist es heute sehr still geworden. Gelegentlich kommt man zusammen, um wie hier üblich, den Rosenkranz für einen Verstorbenen zu beten. Alljährlich hält eine Pilgergruppe, auf ihrem Weg zum Apostelgrab in Trier, kurze Einkehr. Auch finden bei Familienfesten, wie Hochzeiten, noch Gottesdienste statt. Herausragendes Ereignis ist der Festgottesdienst zum Feste des hl. Rochus am 16. August, bei dem sich die Einwohner des alten Denn und von Ahrbrück zum Gebet versammeln.

Quellen:

Schulchronik Denn 
Ortschronik Brück 
Ortschronik Kesseling 
Kreisarchiv Ahrweiler, Akte K 90 
Bonner Rundschau v. 17. 8. 1952 
Fabricius, Gesch.-Atlas d. Rheinprovinz 
Clemen, Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler: 1938 
Schug, Geschichte d. zum ehem. Kölnischen Ahrgaudekanat gehörenden Pfarreien... 1952 
Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler