Der Lydia Turm am Laacher See

Dr. Leo Porz

Die im Dezember 1889 von Dr. Hans Andreae, Burgbrohl, dem Bürgermeister Toelle, Niederzissen, und dessen Amtskollege von Burgbrohl, Herrn Salentin, gegründete Orstgruppe Brohltal im Eifelverein trat schon früh mit landschafts- und denkmalpflegerischen Maßnahmen an die Öffentlichkeit. Auch machte man sich Gedanken darüber, wie man auf kulturellem und fremdenverkehrsförderndem Gebiet dem Brohltal und der vulkanischen Voreifel nützlich sein könne.

Bereits in den 90er Jahren befaßten sich Dr. Andreae und seine Ehefrau Lydia mit dem Gedanken, im Laacher See-Gebiet einen Aussichtsturm zu errichten. Freunde dieses Gedankens waren im Vorstand und bei den Mitgliedern der jungen Ortsgruppe Brohltal bald gefunden. Insbesondere war es aber Frau Andreae, welche sich für dieses Projekt mit großem Eifer engagierte.

Der Gründer und erste Vorsitzende des Eifelvereins konnte für das Vorhaben gewonnen werden, zumal ein solcher Aussichtsturm auf den Laacher Höhen für die immer größer werdende Besucherzahl der Abtei und des größten Eifelmaars eine Attraktion von regionaler Bedeutung darstellen würde.

Der Vorstand der Ortsgruppe Brohltal faßte den einstimmigen Beschluß zur Errichtung des Turmes, und nach Sicherstellung der Finanzierung und Erwerb eines Grundstücks wurde am 7. Juni 1896 auf dem Campel - einer Anhöhe ca. 300 m vom Waldfrieden in Richtung auf Nickenich rechter Hand, wo sich heute der Waldparkplatz befindet - der Grundstein für einen hölzernen Aussichtsturm gelegt. Von Herrn Bell stammte der Entwurf des Turmes. Nachdem auch dieser vom Vorstand einstimmig gebilligt war, wurde der Auftrag auch an Herrn Bell zur baldigen Ausführung vergeben.

Am 19. 8. 1896 konnte der Turm unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und im Beisein von Vertretern der Behörden und des Abtes der Abtei Maria Laach eingeweiht und der Öffentlichkeit übergeben werden. Dr. Dronke selbst nahm die feierliche Handlung vor und taufte den Turm auf den Namen LYDIA, den Vornamen der Gattin von Dr. Andreae.

In der darauf folgenden Zeit erfreute sich der Turm größter Beliebtheit. Gab er doch den Blick frei auf den herrlichen See, die alte Benediktinerabtei, über das Maifeld und die Eifelber-ge bis hin zum Westerwald und das Siebengebirge. Bei steigender Besucherzahl mußte ein Turmwärter bestellt werden. Der erste Turmwärter war Herr Mallmann aus Wassenach, der später auch einen Kiosk neben dem Turm errichtete.

Aber bereits im Jahre 1910 mußte man erhebliche Verwitterungsschäden am Turm feststellen. Vorausschauend gründete man einen Geld- bzw. Spendenfonds zur Errichtung eines dauerhafteren Turmes, falls der vorhandene einmal nicht mehr benutzbar sein würde. Dieser Spendenaktion wurde durch den 1. Weltkrieg ein jähes Ende gesetzt, der Spendenfonds wanderte als Kriegsanleihe in die Rüstung. Der Holzturm hatte durch Kriegseinwirkung, Benutzung zu militärischen Zwecken durch die Besatzungsmächte und unter den Unbilden der Witterung sehr gelitten. Nach Beendigung des Krieges und Freigabe des Bauwerks durch die Besatzung waren ganz erhebliche Schäden zu beheben. Dr. Rudolf Kerstiens, Architekt Tho-ma und Herr Zenner, Brohl, nahmen sich der Schäden, die der sprichwörtliche Zahn der Zeit verursacht hatte, an und reparierten den Turm. soweit, daß er wieder benutzbar wurde.

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Mit der Aufstockung des Lydiaturms wurde wieder der Blick frei über den Laacher See

Jedoch bereits 1922 waren die Schäden wieder so offensichtlich, daß man dem Gutachten des Architekten Thoma aus Andernach folgte, welches den Turm für baufällig erklärte. Der Turm wurde für die Öffentlichkeit geschlossen. Ein Spendenfond wurde unverzüglich aufgelegt, und auch hier tat sich Frau Lydia Andreae besonders hervor, indem sie einen größeren Betrag für den Bau eines Ersatzturmes spendete. Am 23. 7. 1926 wurde eine Baukommission bestellt für den Bau eines steinernen Turmes. Wenig später wurde auch eine Finanzierungskommission gebildet. Ihr gehörten an die Herren Dr. Rudolf Kerstiens, Architekt Thoma, Lehrer Dhein, August Lichtfers, Peter Adams und Forsch.

Aus dem Gemeindebann von Wassenach konnten hinter dem Hotel Waldfrieden einige Parzellen erworben werden, welche auf Grund ihrer erhöhten Lage und des vorhandenen Zuweges geeignet erschienen, dem neuen Lydia-turm einen günstigen Standort zu geben.

Ein langfristiges Darlehen der Kreissparkasse Mayen sicherte die Finanzierung. Die Herren der Baukommission gaben die Bürgschaft, und die Gemeinde Wassenach bürgte für die Folgekosten und stiftete aus dem gemeindeeigenen Steinbruch am Kunkskopf das Baumaterial. Architekt Thoma lieferte den Entwurf für den massiven neuen Turm, und nachdem dieser vom Vorstand und der Baukommission genehmigt wurde, erhielt die Firma Rick, Burgbrohl, den Auftrag zur schnellstmöglichen Ausführung. Die Gesamtkosten für den Turm betrugen damals RM 15613,35!

Bereits am 10. Juli 1927 fand die feierliche Einweihung des 16 m hohen Turmes statt. Um auf dessen Aussichtsplattform zu gelangen, mußte man 92 Stufen über eine Wendeltreppe emporsteigen. Die einmalige Aussicht, welche sich dem Besucher dort oben bot, war reichlicher Lohn für die Mühe.

Auch diesmal nahm die Einweihung Dr. Dronke, Gründer und erster Vorsitzender des Eifelvereins, vor. Unter Anwesenheit des Oberpräsidenten der Rheinprovinz, des Regierungspräsidenten von Koblenz, der Landräte von Ahrweiler und Mayen sowie Bürgermeister der umliegenden Gemeinden, des Abtes von Maria Laach und zahlreicher Vereine und Wandergruppen, enthüllte Dr. Dronke über dem Eingang des Turmes Ehrenplaketten von Johann Jacobs, dem Eifelforscher und Brohltaldichter, von Dr. Hans Andreae und von Dr. Dronke. Herr Pfarrer Duplang von Wassenach nahm die Einsegnung vor. Als Turmwärter für den neuen Turm wurde Joh. Jos. Adams aus Wassenach bestellt.

Der neue Turm mit seiner einmaligen Rundumsicht erfreute sich großer Beliebtheit und zahlreichen Zuspruchs. Allein im Jahre 1934 stiegen 11 578 Personen auf den Turm. Seit seiner Fertigstellung 1927 bis zum Jahre 1934 wurden 115 300 Personen gezählt.

Ob seiner beherrschenden Lage wurde der Turm während und nach dem 2. Weltkrieg sowohl von den eigenen Truppen als auch von den Besatzumgsmächten benutzt und erlitt erhebliche Beschädigungen. Es wurden umfangreiche Renovierungen erforderlich, bei deren Behebung sich Dr. Rudolf Kerstiens besonders einsetzte.

Dr. Kerstiens richtete auch im Jahre 1952 die 25-Jahr-Feier des Turmes aus. Hierbei traf sich wiederum eine stattliche Anzahl von Festgästen am Turm, welche mit einem selbstverfaßten Gedicht von Dr. Kerstiens begrüßt wurden. Lieder und Vorträge umrahmten die Feier, deren Höhepunkt die Enthüllung einer weiteren Ehrenplakette - nämlich die von Bürgermeister Beck, Burgbrohl, - über dem Turmeingang durch den Vorsitzenden bildete.

1981 wurde Alarm geschlagen. Trotz regelmäßiger Kontrollen durch die Eifelfreunde aus Wassenach gelang es einigen Rowdies, einen Großteil der massiven Basaltabdeckplatten vom Mauerkranz der Aussichtsplattform aus ihrer Vermauerung zu lösen und in die Tiefe zu werfen. Um weitere Schäden zu verhindern, gingen Mitglieder der Ortsgruppe unverzüglich daran, eigenhändig und unter großen Mühen, die Wunden zu beseitigen. Die noch brauchbaren Reste der zerbrochenen Platten und weitere neue Platten wurden nach oben gewuchtet und fachmännisch vermauert. Es war ein hartes Stück Arbeit, da alles ohne mechanische Hilsmittel die 92 Stufen der Wendeltreppe hochgeschafft werden mußte.

In der Folgezeit beobachteten die Eifelfreunde der Ortsgruppe mit wachsendem Unbehagen den immer höher werden Baumbestand um den Turm. Die Zeit war nicht mehr fern, wo der freie Blick über See, Abtei, das Maifeld, das Rheintal, das Siebengebeirge und die Eifel völlig zugewachsen sein würde. 1984/85 war es dann soweit: Nichts sah man mehr vom Turm als die grünen hoch aufgeschlossenen Baumwipfel.

Eine Kommission wurde gebildet, welche unter Berücksichtigung des Natur- und Landschaftsschutzes, der Forstwirtschaft und der eigenen finanziellen Möglichkeiten mit verschiedenen zuständigen Gremien auf dem Turm tagte. Als alleinige Möglichkeit blieb letztendlich die Aufstockung des Turms durch einen massiven, 7 m hohen Holzaufsatz.

Nachdem die Ortsgruppe selber mit einem namhaften Betrag aus ihren Beständen und aus erneuten Spenden der Mitglieder mit gutem Beispiel voranging, konnte im April nach Genehmigung durch die Baubehörde der Auftrag vergeben werden.

Die vorbereitenden Arbeiten zur Aufnahme des Holzgerüsts begannen im Juni 1986, und nachdem auch die Statiker ihren Segen dazugegeben haften, wurde der Termin für die Aufstockung auf den 24. 9. 1986 festgesetzt.

Die insgesamt fast 201 wiegenden Werkstücke wurden unmittelbar an den Turm angeliefert und dort bei strömendem Regen über 4 Tage lang zusammengebracht. Am 24. 9. 1986 erschien sodann das Schwerstfahrzeug mit dem Riesenkran und hob den Aufsatz über 23 m hoch über die Baumwipfel auf den Turm, eine beispielhafte Leistung sowohl des Kranführers als der Zimmerleute der ausführenden heimischen Holzbaufirma.

Am 27. 9. 1986 fand die Einweihung des nun über die Baumwipfel ragenden Turms und Übergabe an die Öffentlichkeit statt. Die Feier wurde umrahmt von Beiträgen des Männergesangvereins Wassenach, der Jagdhornbläsergruppe Laacher See und dem Akkordeontrio Knechtges-Odenthal.

Als Gäste waren Landrat Dr. Plümer, Bürgermeister Sundheimer, der Vertreter des Abtes von Maria Laach, der Bürgermeister von Wassenach und viele andere mehr gekommen. Der Vorsitzende der Ortsgruppe Brohltal sprach Worte des Dankes an alle diejenigen, welche durch Mitarbeit, Spenden und Beratungen geholfen hatten, dieses stolze Werk zu vollenden. Nach der Einsegnung des Turmes durch die Geistlichkeit fand die Erstbesteigung des Turmes statt, und mit dem gemeinsamen Gesang »Nun danket alle Gott« und dem »Brohltallied« wurde die Feier beendet.

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