»Du aber, prächtger Fluß, des volle Wogen,
indem sie fließen, segnen rings den Strand,
dem nimmermehr die Schönheit war entzogen,
ließ unberührt dein Werk des Menschen Hand,
und mähte nicht die Frucht von deinem Land
des Krieges Sichel! -
In dein Tal hinein die Wasser schaun,
heißt von der Erde Rand den Himmel sehn ..."

Lord Byron, Childe Harold's Pilgrimage III

William Turner am Rhein -Ansichten aus dem Kreisgebiet

Michael Schmitz

Das Gedicht aus Lod Byrons großem Versepos »Ritter Harold's Pilgerfahrt« drückt viel von den Gefühlen der Romantiker aus, die seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in immer größeren Scharen den Rhein besuchten. Angezogen von der Ursprünglichkeit und Wildheit der Landschaft wie von dem pitoresken Reiz der alten Orte an seinen Ufern, entdeckte das 19. Jahrhundert das Rheinland als Inbegriff des so oft beschworenen »heiligen Schauers und süßen Entzückens«.

Unter den zahlreichen Malern, Zeichnern und Stechern, die den Rhein bereisten, ragt James Mallord William Turner hervor. Der am 23. April 1775 in London geborene und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Turner brachte es nach Studien an der Londoner Royal Acade-my schon 1807 zum Professor dieser renommierten Lehranstalt. Zahlreiche Reisen führten ihn seit Beginn des 19. Jahrhunderts quer durch England wie über den Kontinent. Turner, der unter seinen Zeitgenossen als äußerst eigenwillig galt, wies mit seiner Betonung von Licht und Farbe den Weg über die reine Naturdarstellung hinaus hin zum Impressionismus. Bei seinem Tod am 19. Dezember 1851 hinterließ der Maler in seinem Londoner Haus eine Fülle von Aquarellen und Ölgemälden, von denen eine Reihe wegen ihrer geradezu gegenstandslosen Darstellungsweise nicht mehr in öffentliche Ausstellungen gelangt waren.

1817 unternahm Turner seine erste Reise an den Rhein, von der er eine große Anzahl von Bleistiftskizzen mitbrachte. Diese Skizzen übertrug er nach heutiger Forschermeinung erst nach seiner Rückkehr nach England in Aquarelle. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich auf das Buch »William Turner und der Rhein" von Karl Heinz Stader verwiesen.

Bei dieser ersten Reise berührte Turner, der große Teile seiner Route zu Fuß zurücklegte, von Köln kommend, nur die Orte des Kreisgebietes, die unmittelbar am Fluß liegen.

Verschiedentlich erscheint des Malers rheinisches Lieblingsmotiv, der Drachenfels, wobei er häufig Nonnenwerth und Rolandseck mit festhielt. Die Sage vom Ritter Roland und seiner unglücklichen Liebe erfreute sich seinerzeit großer Beliebtheit und war in verschiedenen Fassungen bis nach England verbreitet.

Auch Remagen, wo er übernachtete, hielt Turner im Bild fest. Er wählte dafür einen Standpunkt etwa in Höhe des Marienfels, der es ihm gestattete, die ganze Rheinbiegung mit dem Apollinarisberg, Remagen, Erpel bis hin nach Linz wiederzugeben.

Dabei ging es ihm nicht um eine topographisch genaue Abbildung - Linz konnte er von diesem Punkt aus nicht so gesehen haben -, sondern vielmehr um eine Darstellung der Flußlandschaft als solcher.

Auch bei seinen weiteren Reisen hielt Turner Ansichten aus Orten in unserem Gebiet fest:

Wiederum galt sein größtes Interesse dem schon oben erwähnten Lieblingsmotiv, dem Drachenfels und Nonnenwerth.

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Rolandseck, Nonnenwerth und Drachenfels. Aquarell von W. Turner, 1817, (Stader Nr. 27, Privatsammlung)

Bei einem Aufenthalt in der Mitte der 30iger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Bonn unternahm Turner eine eigene Reise die Ahr entlang in die Eifel. Er schuf dabei mehrere schwer zu identifizierende Skizzen. Mit Sicherheit erkennt man das Niedertor in Ahrweiler, den Kalvarienberg, die Bunte Kuh, die Saffenburg und Rech mit seiner Brücke.

Zeichnungen wie Aquarelle zeigen, wenn auch auf kleinem Raum, die Turner eigene Gestaltungskraft und zum Teil eigenwillige Farbbehandlung. Die Bilder sind nicht nur Belege für Turners Können als Landschaftsmaler, sondern darüber hinaus die wohl künstlerisch bedeutendsten Ansichten aus dem Kreis Ahrweiler.

Literatur:
Stader. K. H., William Turner und der Rhein, L. Röhrscheid Verlag, Bonn.1981
Das große Lexikon der Malerei, Westermann. Braunschweig. 1982 Rheinische Heimatpflege 1/86. S. 5/6.