Vom Krieger-Verein zum Schießsport-Verein

100 Jahre Schieß-Wettbewerbe in Adenau

Karlheinz Korden

Eintausend Jahre Adenau sind ein stolzer Anlaß für die Stadt und Region, Jubiläum zu feiern. Eintausend Jahre Geschichte beinhalten auf allen Gebieten Beachtenswertes. Nicht nur Zünfte, Bürgerschaft und Brauchtum verdienen Erwähnung. Johanniterorden und fleißige Handwerker schrieben die Geschichte Adenaus und auch der wehrhafte Widerstand der Bürger gegen die Separatisten am 13.11.1923, als mutige Männer zur Waffe griffen, sei unvergessen.

Zu den 1 000 Jahren Adenauer Geschichte gehört auch das wettbewerbsmäßige Schießen in Adenau, das 1892 seinen Anfang nahm. Aus den Unterlagen der Kyffhäuserkameradschaft geht hervor, daß der Kriegerverein Adenau bereits am 16.6.1870 gegründet und kurze Zeit später der Dachorganisation »Kyffhäuserbund« angeschlossen wurde. Der erste offizielle Schießbetrieb in Adenau wurde am 26. Januar 1892 aufgenommen und von diesem Zeitpunkt an intensiv betrieben. Lediglich die beiden Weltkriege ließen zwangsläufige Unterbrechungen eintreten.

Der damalige erste Vorsitzende war der Gerichtsschreiber Tietz, der später seinen Vorsitz an den Straßenmeister Quast abgab. Dessen Nachfolger wurde der Justizobersekretär Christoph Wiedemann. Um die Ursprünge zu erkennen, muß man den Geist jenerZeit schnuppern, der den heutigen Generationen völlig unverständlich ist. Wohnte der Kaiser auch weit in Berlin, lebte er doch im Herzen eines jeden Bürgers. Die Euphorie des gewonnenen Krieges 1870/71 blühte und ließ die Augen stolz leuchten, der Sedan-Tag war ein Ereignis und wurde gefeiert, so auch in Adenau. »Es braust ein Ruf wie Donnerhall, wie Schwertgeklirr und Wogenprall« war genauso in aller Munde wie »Lieb Vaterland magst ruhig sein« und, von alten Kriegern gerührt angestimmt: »Argonner Wald um Mitternacht!« Man zwängte sich zu allen festlichen Anlässen in den »Vatermörder«, den steifen Kragen, zwirbelte den Schnurrbart nach Art seiner Majestät, Modell: Es ist erreicht, denn es war allgemein zu Kaisers Zeiten bekannt und üblich, wer nicht »gedient« hatte, galt nichts. Genauso selbstverständlich war, daß der ehemalige Soldat, hing er den bekannten bunten Rock an den ebenso bekannten Nagel, unverzüglich dem traditionsreichen Kriegerverein beitrat. Möglicherweise drang der frühe Ruf derAktivitäten der Kaisertreuen aus Adenau bis nach Berlin, denn eine sehr reiche Starthilfe floß in die Eifelstadt, wie der versiegelte Umschlag über 1 500 Mark erkennen läßt, der sich, vom 2.11.1905 datierend, im Archiv des SSV Adenau befindet. Die Anschrift lautet: An den Vorstand des Kreis-Krieger-Verbandes z. Hd. des Vors. Herrn Kanzleirat Tietz-Hochwohlgeboren, Adenau.

Die Johanniterstadt Adenau, auf vielen Gebieten fortschrittlich und führend, hatte noch kein elektrisches Licht und auch noch keine Wasserleitung, aber schon zehn Jahre lang aktive Schießwettbewerbe, als 1902 die Wasserleitung gebaut und die erste Lichtleitung gelegt wurde. Auf dem heutigen Dr.-Creutz-Platz, gegenüber der Polizeistation, befand sich eine Zimmerei, wo nach alter Sitte, ohne Motor und Gatter gewichtige Balken von Hand gezimmert wurden. Einmal im Jahr wurden hier die Späne beseitigt und ein Festplatz hergerichtet, galt es doch, den Schützenkönig zu ermitteln. Von dieser Stelle aus schoß man mit gewichtigen Mauser-Gewehren, Mod. 71, Kai. 11 mm, in Richtung Schwallenberg, wo unmittelbar hinter dem heutigen Haus Zimmermann (früher Leilmann) der hölzerne Königsvogel und auch die Zwölferscheibe aufgestellt waren. Als Absperrung, und hierbei müßten sich den heutigen Sicherheitsorganen die Haare sträuben, diente lediglich eine Schnur, die den Weg absperrte. Zwar durften die Schützen nicht selber ihren gewaltigen Schießprügel laden, dies besorgte der Schießmeister Knechtges. Aber mit dem nötigen Ehrgeiz selber abdrücken durfte der Schütze schon, schlug auch die Waffe und verschaffte dem Schützen den Eindruck, ein Pferd habe ihn getreten. Die Würde des Schützenkönigs war damals genau wie bei den heutigen Grünröcken ein erstrebtes Traumziel. Heutige Sportschützen zollen ihren längst verblichenen Schützen-brüdern die größte Hochachtung, schoß man doch mit den Donnerrohren auf 100 bis 120 m Entfernung, was ein gutesAuge und eine sichere Hand voraussetzte.

Die Kyffhäuserschützen verfügten über stolze Mitgliederzahlen und der beliebte Verein nahm innerhalb des Stadtgefüges einen geachteten Platz ein. Daß die Adenauer auch in der Lage waren, außerhalb sportlicher Begegnungen mit einem Militärgewehr umzugehen, bewies die Tatsache, daß Adenau in Krisenzeiten eine Bürgerwehr unterhielt und auch in blutigem Kampf mit den Separatisten mutige Feuergefechte lieferte.

Wie wohl in jedem sportlich tätigen Verein kristallisierten sich auch bei den Adenauer Schützen Talente und schießsportlich erfolgreiche Mitglieder heraus, denen die vom Krieger-Verein gebotenen Möglichkeiten der sportlichen Betätigung alleine nicht ausreichten.

Um Michael Martini, dem damals wohl erfolgreichsten Schützen, scharten sich nun eine Reihe Vereinskameraden, die nach größerer Aktivität drängten. Etwa 1925 gründeten diese Sportschützen den »Kleinkaliber-Schützenverein«, kurz KKS Adenau genannt und trainierten, zwar immer noch unter der Dachorganisation des Kyffhäuser, regelmäßig und mit steigenden Erfolgen. In diese Zeit fiel dann auch die erste schießsportliche Besiedelung der »Winsendell«, der heutigen Heimat des Schieß-Sport-Vereins Adenau e.V.. Doch bis dahin war noch ein recht langer Weg.

Michael Martini, der erste Schießwart, was dem heutigen l. Vorsitzenden gleichzusetzen war, hatte Josef Kugel als Schriftführer zur Seite. Die wohl sportlich aktivsten Schützen neben den Genannten waren die Gebrüder Leidinger, Toni Antweiler, Josef Martini, Josef Veith, Stefan Löhr, Toni Lahr, Weisbrod und Josef Gros, die damaligen Jungschützen Karl Laux, Willi Martini, Hermann Radermacher, Wilhelm Groll und zahlreiche andere Sportfreunde. Jeden Sonntag traf man sich auf dem Schießstand, den man in eigener Regie hergerichtet hatte und jeden Sonntag ermittelte man auch den Tagesbesten.

Zunächst verlief die Schußbahn fast quer zur heutigen Schießrichtung, wo sich jetzt ein kräftiger Fichtenbestand erhebt. Die Reste der ehemaligen Betondeckung sind noch zu erkennen. Später verlegte man die Schießbahn in die jetzt noch im Gebrauch befindliche Richtung. Schon bald erlangten die jungen Sportschützen aus Adenau einen hervorragenden Ruf und man nannte sie im gleichen Rang mit den Schützenvereinen aus Koblenz, Bendort, Sayn, Neuwied, Andernach und Mayen, um nur die bekanntesten Schießsport-Hochburgen zu nennen.

Die heute »Standardgewehr« genannte Sportdisziplin, der sogenannte Dreistellungskampf, war auch damals bereits bekannt und ein Begriff. Allerdings feuerte man zielsicher das Kleinkaliberblei auf die Zwölferscheibe, denn die heute international eingeführte Zehnerscheibe war damals noch nicht bekannt. Auch schoß man damals 15 Schuß-Serien. Im sogenannten Dreistellungskampf unterschied man jedoch in den militärischen und in den beliebigen Anschlag. Michael Martini schaffte schon damals in der schwierigeren Anschlagart mehrmals die Traumringzahl 168 von 180 Möglichen.

Die Adenauer Schützen unternahmen schon damals recht weite Reisen zu Wettkämpfen und brachten stets gute Ergebnisse und viele Siege nach Hause. Der wohl größte Erfolg war in den dreißiger Jahren die Erringung der Bezirksmeisterschaft auf der Bendorfer Schützenhöhe. Bei einem Riesenbezirk, der praktisch das ganze Rheinland umfaßte, errangen die Adenauer Sportschützen in beiden Anschlagarten die Bezirksmeisterschaft und gleichzeitig wurde Karl Laux Jungschützenmeister. Michael Martini schaffte es, mehrere Jahre hintereinander die Rheinlandmeisterschaft zu erringen.

Schwierigkeiten bereiteten später die uniformierten Verbände der NS-Organisationen, die sich in den Schießbetrieb drängten und stets versuchten, die Adenauer KK-Schützen in ihre Reihen aufzunehmen. Diesem Vorhaben widersetzten sich die Winsendeller Schützen erfolgreich.

Der Krieg ließ später den Sportbetrieb ruhen und riß schmerzliche Lücken in die Reihen der Sportfreunde.

Schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg formierte sich die Kyffhäuserkameradschaft neu. Wenn auch seitens der alten Aktiven der Schießsport zunächst noch nicht wieder aufgenommen wurde, vollzog der Krieger-Verein wieder die ersten sportlichen Anfänge, die jedoch nicht von langer Dauerwaren. Kurze Zeit später verstummten dann die Büchsen in der Winsendell, bis die Reservistenkameradschaft Adenau die sich bietende Gelegenheit ergriff und die vorhandene bescheidene Anlage von der Kyffhäuserkameradschaft kaufte.

Nahtlos schloß sich die Vereinsgründung des Schieß-Sport- Vereins Adenau 1968 an. Den heutigen sportlichen Anforderungen entsprach der Stand jedoch nicht und vieles wurde investiert, renoviert, restauriert, auf- und ausgebaut, Zäune gezogen und die ersten sportlichen Anfänge gestartet.

Im Verlauf der Vereinsgeschichte wurden viele sportliche Erfolge errungen und doch weht in der vertrauten Winsendell noch immer der Geist der Vorfahren, was nicht nur aus vergilbten Fotos der »alten Krieger mit Pickelhaube« herzuleiten ist. In Anlehnung an die Tradition wird gerade das historische Vorderladerschießen geübt. Hier erzielt man wiederum große Erfolge. wobei sich besonders der Vereinssenior Ferdi Müller hervortat. Heute verfügt der Verein über ca. 50 Mitglieder und ist in erster Linie bemüht, echte Schützentradition im sportlich fairen Wettkampf zu betreiben.

Bei den Veranstaltungen des SSVAdenau. dem »Sportschießen für jedermann« im Mai und bei »Pulverdampf in der Winsendell« im Oktober ist jeder Interessent des traditionsreichen Schießsports herzlich willkommen.