Die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt im Kreis Ahrweiler gilt es zu erhalten

Willi Tempel / Franz-Josef Fuchs

Die gegensätzlichen, aber vielfältigen Biotopstrukturen im Kreis Ahrweiler sind die Grundlage für einen wohl einzigartigen Artenreichtum in der Tier- und Pflanzenwelt. Die geografischen und geologischen Gegebenheiten sorgen in dieser Mittelgebirgslandschaft für eine Fauna und Flora, die in der Bundesrepublik vergleichbares sucht.

Angefangen von den zusammenhängenden Waldzügen des Brohltales bis zum Übergang in die westliche Vulkaneifel bietet der Kreis Ahrweiler über Halbtrockenrasengesellschaften, großen Wacholdergebieten, Bachläufen mit intakter Ufervegetation und naturbelassenen Auenbereichen und Auenschluchtwäldern sowie kleineren Feuchtgebieten ideale Lebensbedingungen für ein reichliches Artenspektrum.

Das Gebiet um die Nürburg mit seinen klimatischen Verhältnissen und seinen Wiesentypen ist charakteristisch für diese Höhenlagen. Diese noch weitgehend urtypischen Wiesen beherbergen spezielle Pflanzengesellschaften.

Das Ahrtal erhält vom Rhein her durch seine Leeposition einen warmen Luftzustrom, der von den steilen Felsformationen, bestehend aus Schiefer und Grauwacke, im Talkessel gehalten wird. Diese guten klimatischen Bedingungen sind Grundlage für den Weinbau und gleichzeitig Garant für den Lebensraum zahlreicher, oft seltener Tierarten.

Einige Beispiele: In den Trockenmauer-Weinbergshängen von Kreuzberg bis Mayschoß und bei Walporzheim findet die seltene Zippammer ihr nördlichstes europäisches geschlossenes Brutvorkommen überhaupt. Die Wacholdergebiete unterhalb des Steinerbergs und bei Beilstein mit ihrer typischen Begleitvegetation sind Refugium für zahlreiche Schmetterlinge, etwa für die immer seltener werdenden Bläulingsarten.

Im Bereich des Steinerbergs mit seinen Nebentälern, dem Denntal bei Ahrbrück, in den Waldgebieten um die HoheAcht sowie in verschiedenen Seitentälern der Ahr, etwa bei Mayschoß, oder in den Hängen am Ahrlauf selbst, treffen wir noch relativ häufig die Wildkatze an.

Ebenso ist der Uhu im Kreis Ahrweiler wieder heimisch geworden. In den zerklüfteten Felsen des Ahrgebirges und des Brohltales hat er seinen ehemaligen Lebensraum wieder besiedelt. Enge Bachtäler mit angrenzenden Waldgebieten und mit Freiflächen auf den Höhen sind seit jeher das Optimalbiotop für unsere größte heimische Eulenart.

In den Quellsümpfen - Kleinstgewässer, die natürliche Bachlandschaften bilden - mit ihrer speziellen Pflanzenwelt und den nachfolgenden Rinnsalen lebt unter anderem die zweigestreifte Quelljungfer, eine unserer größten einheimischen Libellenarten. Typische Vertreter für diese kleinen, aber intakten Rinnsale und Bäche ist im Bereich der Laubmischwälder auch der Feuersalamander, der hier noch sehr häufig auftritt.

Im oberen Ahrtal findet der immer seltener werdende Eisvogel als Brutvogel ab Ahrdorferhof flußaufwärts noch ideale Lebensbedingungen. Hier wurden noch keine Flußbegradigungen vorgenommen. Die typischen Lößhänge sind lebenswichtig für diesen imposanten und farbenprächtigen Vogel.

Auch die Fischfauna derAhr und ihrer Nebenbäche ist artenreich. Hier finden sich unter anderem natürliche Bachforellenvorkommen, Flußäsche, Flußbarbe, Schneider, Mühlgroppe und EIritze. Die gebänderte Prachtlibelle ist ein typischer Insektenvertreter intakter Mittelgebirgsbäche, im unteren Bereich ist die Blauflügel-Prachtlibelle dominierend.

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Die Felslandschaft der Ahr mit ihren Weinbergstrockenmauern: Lebensraum für seltene Pflanze und Tiere

Am Rande der Weinbergslagen unterhalb von Kreuzberg haben sich ökologisch wertvolle Übergangsbereiche gebildet. So findet sich im oberen Niederwaldbereich noch ein Bestand des vom Aussterben bedrohten Haselhuhns. Weitere charakteristische Vertreter dieser intakten Bereiche sind Schlingnatter, Mauereidechse, Gartenrotschwanz sowie in den Seitentälern etwa der Wendehals. Typische Insektenvertreter an den Südkuppen sind Ameisenlöwe, rotflügelige Ödlandschrecke sowie in den Schlehen-Wendehals, Pirol sowie Grün- und Kleinspech finden in den noch großflächigen Streuobstbe ständen bei Lohrsdorf wertvolle Lebensräume Für die Käfer- und Insektenwelt sind die Orchi deenstandorte zwischen Bad Bodendorf un( Lohrsdorf ein Refugium von großer Bedeutung

genannten Lebensräumen sind auch Steinbrüche, Kiesgruben und Kiesbaggerseen wertvolle Lebensräume aus Menschenhand. Auch die vielfach ausgeräumte Grafschaft bietet in den ausgebeuteten Kies- und Sandgruben sowie mit der Swistbachaue einige wertvolle Biotope. Dieser Artenreichtum ist jedoch mannigfach bedroht. Durch menschliche Eingriffe wurden vor allem in den beiden letzten Jahrzehnten zahlreiche Arten an den Rand des Aussterbens oder gar schon zum Aussterben gebracht. Als Gründe hiertür können insbesondere genannt werden Straßenbau, Flurbereinigung, der Rückgang kleinbäuerlicher und bodenständiger Betriebe und eine dafür umso intensiver gewordene Landwirtschaft, Hubschrauberspritzung in den Weinbergen, Bachbegradigungen, die Vernichtung von Auen sowie Großprojekte wie etwa der Nürburgring.

Diese Entwicklung konnten auch die mittlerweile mehr als 20 Naturschutzgebiete im Kreis Ahrweiler nicht stoppen. Als Beispiel sei an dieser Stelle die Nutzung und der damit zusammenhängende Zustand des Laacher Sees genannt, dem größten rheinland-pfälzischen Naturschutzgebiet überhaupt. Hier genießen Segler, Surfer und auch Angler größere Rechte als der Naturschutz.

Künftig bedarf es verstärkter und spürbarer Bemühungen des staatlichen Naturschutzes, wenn diese Entwicklung zumindest gestoppt werden soll. Es gibt aber auch hier durchaus positive Entwicklungen und Ansätze. Als Beispiel hierfür seien die im Naturschutzgebiet »Langfigtal«, der Ahrschleife bei Altenahr, erstmals großflächig durchgeführten Pflegemaßnahmen genannt.

Harte Auseinandersetzungen gab es in den letzten Jahren um die Weinbergsflurbereinigung. Hier bedarf es eines großflächigen Konzepts sowie eines großzügigen Förderprogramms zum Erhalt der ohnehin bereits stark reduzierten kleinparzellierten Trockenmauer-Weinbergslagen. Neben Gründen des Naturschutzes gewinnen bei Erhalt dieser aus Menschenhand geschaffenen Kulturlandschaft zunehmend auch denkmalpflegerische Aspekte an Bedeutung. Es kann den Ahrwinzern jedoch nicht zugemutet werden, ihre Grundstücke allein für die Erholungsbedürfnisse der Menschen der Ballungsräume zu erhalten. Wenn Qualität der Landschaft erwartet wird, müssen den dort wirtschaftenden Menschen ihre Leistungen für die Landschaftspflege von der Gesellschaft honoriert werden.

Schließlich ist der Tourismus, der im Ahrtaleine große Rolle spielt, in weiten Teilen von einer intakten Landschaft abhängig. Neuere Untersuchungen des deutschen Forschungsdienstes haben ergeben, daß milder negativen Veränderung der Landschaft und der Infrastruktur ganz plötzlich ein Umschwung eintritt. Das Interesse der Besucher erlahmt und die Buchungen gehen zurück.