Die Bundeswehr im Kreis Ahrweiler

Georg Wilden

Bereits mit der Aufstellung der Bundeswehr 1955/56 beginnt die Geschichte neuer deutscher Streitkräfte im Ahrtal. Sieben Offiziere, dreizehn Unteroffiziere und zwei zivile Mitarbeiterinnen begannen am 3.Januar 1956 mit dem Aufbau eines „Zentralkommandos Materialübernahme-Organisation (Heer)" in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Das Kommando erhielt zwei Jahre später die neue Bezeichnung „Kommando Depot Organisation (Heer)" und wurde schließlich 1970 zum „Materialamt des Heeres" umgebildet.

In den Anfängen des Kommandos war das Personal in verschiedenen improvisierten Liegenschaften untergebracht. Zunächst im alten Palast-Hotel, später in weiteren angemieteten Hotels und sonstigen Objekten. 1965 war das Kommando schließlich in Bad Neuenahr auf sieben Liegenschaften sowie weiteren Objekten in Kripp und Bad Niederbreisig verteilt. Diese ungünstigen Arbeitsbedingungen wurden durch die Neubauten auf dem Gelände des Westend-Hotels und an der Heerstraße behoben.

An weiteren Dienststellen entstanden in Bad Neuenahr-Ahrweiler:

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Das Dienstgebäude des Materialamtes des Heeres an der Heerstraße im Stadtteil Bad Neuenahr.

Die persönliche Verbundenheit zur Region zeigt sich auch in den vielen kommunalen Tätigkeiten der Mitarbeiter der militärischen Dienststellen. Soldaten und zivile Mitarbeiter sind als Ortsbürgermeister, Ortsbeiräte und Mitglieder des Kreistages tätig.

Auch im sportlichen und kulturellen Bereich kommt es zu vielfältigen Begegnungen zwischen der Bevölkerung und der Bundeswehr in der Ahr-Region, wobei das jährlich im Spätherbst stattfindende Wohltätigkeitskonzert, das gemeinsam mit der „Rhein-Zeitung" organisiert wird, seinen besonderen Stellenwert findet. Die Bevölkerung nimmt regen Anteil an den Veranstaltungen der Streitkräfte. Verschiedene Betriebssportgruppen des Materialamtes des Heeres führen zahlreiche sportliche Turniere mit großer Beteiligung ziviler Vereine oder Behörden durch.

Das Materialamt des Heeres

Die größte militärische Dienststelle im Ahrkreis ist das „Materialamt des Heeres", geführt von einem Soldaten, z.Zt. Brigadegeneral B. Volker Krauß. Insgesamt sind über 1000 Mitarbeiter in dieser Dienststelle beschäftigt, 387 Soldaten und 652 zivile Mitarbeiter. Die umfassende Aufgabenstruktur des Amtes, die permanente Steigerung der Komplexität und Qualität des im Heer verfügbaren Wehrmaterials, stellt hohe Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter, die vielseitig ausgebildet und einsatzfähig sein müssen und sind.

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Das Wappen des Matenalamtes des Heeres.

 

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Der Leiter des Materialamtes des Heeres, Brigadegeneral B. Volker Krauß,
im Gespräch mit Staatsminister Rainer Brüderle.

Das Amt ist die „Schaltstelle" der Zentrallogistik des deutschen Heeres, wobei man im militärischen Bereich unter dem Begriff „Logistik" die Lehre von der Planung, der Bereitstellung und vom Einsatz der Mittel und Dienstleistungen versteht, die erforderlich sind, die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte aufrechtzuerhalten. Im logistischen System des Heeres ist das Materialamt Bindeglied zwischen logistischer Führung und Truppe. Es findet deshalb ein ständiger Informations- und Erfahrungsaustausch statt, ohne den das Amt seinen Auftrag für die Streitkräfte nicht erfüllen könnte.

Derzeit ist das Materialamt schwerpunktmäßig mitAufgaben im Rahmen der materiellen Umgliederung des Heeres in die Heeresstruktur 5, einschließlich des Aufbaus der Streitkräfte in den Beitrittsländern, befaßt.

Innerhalb des Umgliederungsprozesses, der logistisch gesehen die größte Herausforderung für das deutsche Heer seit seiner Aufstellung darstellt, hat das Materialamt des Heeres den Auftrag, die materielle Ausstattung der umzu-gliedernden bzw. neuaufzustellenden Truppenteile sicherzustellen, gleichzeitig aufzulösende Truppenteile von nicht mehr benötigtem Material zu entlasten.

Den immensen Umfang der Umgliederung verdeutlicht die Zahl von 1,2 Millionen zu treffenden Materialentscheidungen. Dies betrifft sowohl die Verlagerung von Großgerätwie Kampfpanzer als auch von Zusatzausstattungen wie Zelte und Ferngläser.

Desweiteren ist das sich wandelnde und erweiternde Aufgabenspektrum im Zusammenhang mit internationalen Einsätzen oder Unterstützungsmaßnahmen der Bundeswehrerwähnenswert, hier derzeit insbesondere im Bereich des Sanitätsdienstes. So hat das Materialamt, das auch zuständig ist für die Versorgung der gesamten Bundeswehr mit Sanitätsmaterial, bereits im ersten Halbjahr 1992 die Bereitstellung von Sanitätsmaterial für 50 Aktionen humanitärer Hilfe für eine Vielzahl von Ländern - wie etwa Rußland, die Balkanstaaten, von Brasilien bis Nigeria - sicherzustellen. Dies gilt im Rahmen eines UN-Auftrages ebenso für die Versorgung von 150 Sanitätssoldaten und eines 60-Betten-Lazarettes in Kambodscha.

Die Umgliederung und Verringerung der Bundeswehr bleibt auch im Ahrtal nicht ohne Folgen. Im Rahmen einer neuen Führungsstruktur des Heeres wird auch das Materialamt des Heeres seine Gliederung den neuen Erfordernissen anpassen. So werden die Standortverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler, die Vorschriftenverteilerstelle 850 Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie die Beschaffungsstelle 5 Remagen-Kripp längerfristig aufgelöst. Im Vertrauen auf das eigene Können blickt das Materialamt in eine Zukunft, in der neue Herausforderungen zu bestehen sind.

Das Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ANBw)

Das Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ANBw) ist, anders als das Materialamt des Heeres, eine Einrichtung des Zentralen Militärischen Dienstes. Der Amtschef, Brigadegeneral Farwick, untersteht dem Stellvertreter des Generalinspekteurs im Verteidigungsministerium. Die Soldaten des ANBw sind Angehörige des Heeres, der Luftwaffe und der Marine. Von den über 700 Mitarbeitern sind gut 200 Beamte und Angestellte.

Auch das ANBw blickt auf eine lange, mit dem Ahrtal verbundene Geschichte zurück. Schon im April 1956 etablierte sich ein Vorkommando für die „Dienststelle für Fernmeldeaufklärung und Schlüsselwesen" in Ahrweiler im „Hau;

Wies", einer Liegenschaft, die noch heute von ANBw genutztwird. 1958 wurde die Dienststellf umbenannt in „Fernmeldedienststelle der Bun deswehr" und schließlich 1964 in „Amt für Fern meldewesen der Bundeswehr". Der Auftrag fremde militärische Fernmeldeverbindunger auszuwerten, hatte sich dabei nicht geändert. Erst 1980 wurde das Amt die Zentrale de;

Militärischen Nachrichtenwesens der Bundes wehr und erhielt den noch heute im wesentlict gültigen Auftrag und den heutigen Namen. Während zwei Abteilungen den früheren Auftrag weiter führten, kamen vier neue Abteilungen hinzu, die sich mit allen Aspekten des Militärpotentials fremder Staaten zu befassen haben.

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Das Wappen des Amtes für Nachtrichtenwesei der Bundeswehr (ANBw).

Bereits damals wurde an der Endunterbringunt gearbeitet, denn das „Haus Wies" reichte schor für das alte „Amt für Fernmeldewesen" nich aus. Eine Zentrale für die Lagedarstellung und das Rechen- und Fernmeldezentrum wurdet im „Weingut Schütz" in Ahrweiler untergebracht Die neuen Abteilungen mußten in weiteren angemieteten Liegenschaften, darunter zwei Kurkliniken in Bad Neuenahr am Ahrufer und einer Kaserne in Köln-Wahn, vorläufige Büroräume finden. Seit 1989 wird für das Amt in Gelsdorf eine angemessenen Bleibe für alle Teile des Amtes gebaut. Wenn man von Bonn in Richtung Meckenheimer Kreuz fährt, sieht man den gewaltigen Aushub. In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts wird das ANBw zwar nicht mehr direkt an der Ahr, aber doch im Kreis Ahrweiler seine endgültige Heimat bekommen. Seit seiner Gründung 1956 hat sich das Amt bzw. seine Vorgänger mit Aspekten der militärischen Bedrohung, zunächst vornehmlich der elektronischen Bedrohung, befaßt. Während des „Kalten Krieges" war das Militärpotential des Warschauer Paktes das bevorzugte Ziel der Arbeit. Dies änderte sich auch bei der Erweiterung des Amtes 1980 nicht grundlegend. Aber jetzt war es nicht nur die elektronische Bedrohung, sondern die Bereitstellung aller benötigten Kenntnisse über Streitkräfte, mit denen sich die Bundeswehr möglicherweise auseinanderzusetzen hatte. Fürdas Verteidigungsministerium agierte das ANBw als Lagezentrum und Krisenvorwarnzentrale sowie für die Truppe als Herausgeber von Grundlagendokumenten über mögliche Gegner.

Manche meinen, das ANBw sei nach Fortfall der Bedrohung durch die frühere Sowjetunion überflüssig geworden. Aber ein Blick in die Nachrichtensendungen des Fernsehens zeigt, daß militärische Konflikte nach wie vor, man muß leider sagen, mehr denn je, die Aufmerksamkeit der Regierung und der Politiker erfordern. Dabei kommt es zunächst nicht darauf an, ob deutsche Soldaten zum Einsatz kommen. DasANBw legt dem Verteidigungsministerium sachverständige Bewertungen über die Wehrpotentiale fremder Staaten vor, die der Verteidigungsminister als Mitglied des Bundessicherheitsrates im Kabinett einbringt. Es führt über alle aktuellen und potentiellen Krisengebiete militärische Lagekarten und berichtet aktuell täglich an einen großen in-und ausländischen Empfängerkreis über Veränderungen und Entwicklungen. Es bedient sich dabei modernster technischer Ausrüstung, wie z.B. einer Großrechenanlage für Kommunikation und Auswertung. Im Falle eines Einsatzes von deutschen Soldaten käme dem ANBw natürlich eine ganz besondere Verantwortung zu. Die sicherheitspolitisch viel komplizierter gewordene Welt hat die Arbeit im ANBw auch vielfältiger und komplizierterwerden lassen. Als Teil der Bundeswehr wird das ANBw von vielen neuen Entwicklungen berührt, dazu zählt nicht zuletzt die Verkleinerung der Bundeswehr auf 370000 Mann und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Die Neugestaltung der Welt nach den 45 Jahren der Konfrontation zwischen Ost und West haben jedoch eine Fülle neuer Aufgaben gebracht, so daß sich der Umgang des Amtes nicht wesentlich verändern wird.

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Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages,
Dr. Wittmann, mit dem Amtschef des ANBw, Brigadegeneral Farwick (damals noch Oberst i.G.)
anläßlich seines Besuches beim ANBw.

Das Bewußtsein, eine wichtige Funktion im Krisenmanagement und in der Sicherheitsvorsorge auszufüllen, und die Gewißheit, im Kreis Ahrweiler eine auf das ANBw zugeschnittene Endunterbringung zu erhalten, gibt den Mitarbeitern Motivation und Arbeitsfreude. Nationale und internationale Besucher des Amtes genießen die Landschaft desAhrkreises und nehmen beste Eindrücke mit in ihre Heimat.

Standortverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler

Die Standortverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde mit Wirkung vom 1. August 1958 von der damaligen Standortverwaltung Andernach eingerichtet. Heute ist Andernach Außenstelle der Standortverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler. DerZuständigkeitsbereich (Standortverwaltungsbereich) schließt die Landkreise Ahrweiler, Neuwied und die Stadt Andernach (Landkreis Mayen-Koblenz) ein. Die Standortverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler hat etwa 2.850 Soldaten und Zivilbedienstete zu betreuen.

Die Bundeswehr besteht aus den Streitkräften und der Territorialen Wehrverwaltung. Beide Teile dienen der Verteidigung. Nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers wurde die „Bundeswehrverwaltung" auf der Grundlage des Artikels 87 b Grundgesetz mit eigenem Verwaltungsunterbau gescharfen. Ihr Aufbau reicht vom Bundesministerium der Verteidigung über die Wehrbereichsverwaltung (derzeit sieben) bis zu den Ortsbehörden wie Standortverwaltungen, Kreiswehrersatzämtern.

Die Standortverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler ist eine von zur Zeit noch 35 Ortsbehörden, bezogen auf den Wehrbereich IV (Wehrbereichsverwaltung IV, Wiesbaden, zuständig für die Länder Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland). Für die Erledigung der sehr umfangreichen, nachstehend dargestellten Aufgaben stehen der Behörde Beamte, Angestellte und Arbeiter zur Verfügung. Diese sind in folgenden Aufgabenbereichen tätig:

Hinzu kommen die Krahnenberg-Kaserne, Andernach („Wiege der Bundeswehr"), die General-Henke-Kaserne und das Kreiswehrersatzamt in Neuwied.

Einige Zahlen des Jahres 1992 mögen die wirtschaftliche Bedeutung der Standortverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler für die Stadt und den Kreis Ahrweiler wiedergeben:

Im Hinblick auf die Verringerung der Streitkräfte ist auch die Neuorganisation der Territorialen Wehrverwaltung erforderlich. Der Bundesminister der Verteidigung hat angeordnet, die Standortverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler aufzulösen. Die bisherigen Aufgaben der Standortverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler werden künftig durch die Standortverwaltung Mayen mit Sitz Mayen, wahrgenommen. Die Arbeitsplätze der Verwaltung in Bad Neuenahr-Ahrweiler fallen, bis auf einige wenige, weg. Die Dienstposten im Technischen Betriebsdienst und der sonstigen für die Betreuung der Liegenschaften erforderlichen Arbeitsplätze sowohl in Bad Neuenahr-Ahrweiler als auch in Andernach bleiben erhalten. Die für den Verwaltungsbereich zuständige neue Standortverwaltung Mayen wird bemüht sein, die heimische Wirtschaft weiterhin zu unterstützen.

Die Vorschriftenverteilerstelle 850

Im Jahre 1960 wurden die Vorschriftenverteilerstellen aus den Wehrbereichskommandos ausgegliedert und als selbständige Dienststellen aufgestellt. In Bad Neuenahr wurde aus den Wehrbereichskommandos III - Düsseldorf und IV - Mainz die Vorschriftenverteilerstelle Mitte aufgestellt. 1971 erfolgte die Umbenennung in Vorschriftenverteilerstelle 850. Als Liegenschaft wurden die Gebäude der Kfz-Werkstatt Vornberger genutzt.

Die Vorschriftenverteilerstelle ist zuständig für die Ausstattung von Dienstvorschriften und sonstigen Druckschriften für Truppenteile/Dienststellen der Bundeswehr, zunächst in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland.

Schon bald wurde aus wirtschaftlichen, geographischen und verkehrstechnischen Gründen die Grenze zu den Vorschriftenverteilerstellen Nord und Süd verändert. Die nördliche Grenze verläuft von Emmerich durch das Ruhrgebiet über Paderborn bis Braunschweig, die südliche Grenze verläuft von Zweibrücken über Darmstadt, Bad Mergentheim bis Coburg.

Die Belieferung der Truppe erfolgt mit eigenen Fahrzeugen, dabei wird jährlich eine Strecke von 120.000 km zurückgelegt. Im Jahre 1991 gehörten 1.200 Truppenteile/Dienststellen zum Versorgungsbereich. Neben der Erstausstattung ist die Versorgung mit Änderungsanweisungen für genutzte Dienstvorschriften ein weiterer Schwerpunkt des Auftrages.

Auf 1.500 qm Lagerfläche sind 1,6 Millionen Exemplare von rund 11.000 verschiedenartigen Dienstvorschriften als Ersatzbedarf der Truppe oder für Ausstattung neuer Truppenteile/Dienststellen gelagert. Im Rahmen der Umstrukturierung des Heeres wird 1994 die Vorschriftenverteilerstelle 850 aufgelöst, die Versorgung übernehmen dann die Vorschriftenverteilerstellen Nord, Süd und für die fünf neuen Bundesländer die Vorschriftenverteilerstelle Ost.