Die Judgendherbergen in Bad Ahrweiler (bis 1990)

Hans Bick

Die Anfänge der Jugendherbergsbewegung

Die Geschichte des deutschen Jugendherbergswerkes reicht noch nicht weit zurück. Um die Jahr hundertwende erlebte das Wandern in Deutschland einen deutlichen Aufschwung. Immer zahlreicher wurden die Wandergruppen, die nach einem Nachtlager suchten. Und damit tauchten dann auch immer mehr Schwierigkeiten auf Dr. K.J. Faßbinder beschreibt dies 1927 so: „So ist heute das Wandern schon ein wichtiger Faktor im Leben unserer Jugend geworden. Aber je stärker die Bewegung anschwoll, desto mehr zeigten sich naturgemäß auch Gefahren und Schwierigkeiten. War es am Anfang noch leicht, sich mit ein paar freundlichen Worten und einigen Liedern ein Nachtquartier in einer Scheune zu verschaffen, so wurde das allmählich an viel begangenen Strecken, wo jeden Tag neue Scharen an den gleichen Türen anklopften, nicht mehr möglich.“1) Da der Bedarf an geeigneten Unterkünften für die Wandergruppen immer größer wurde, begann man die ersten „Jugendherbergen“ zu bauen. „Am ältesten sind die jetzt fast alle wieder verschwundenen Schüler- und Studentenherbergen, d.h. jene Bleiben, welche nur für eine bestimmte Klasse der Jugend, nämlich die Studenten und die Schüler der höheren Lehranstalten bestimmt waren... aber meist nicht Jugendherbergen im Sinne der heutigen Eigenheime, d.h. gut ausgebaut und gut beaufsichtigt mit eigens angestelltem Herbergsvater und mit einer guten Herbergsmutter, sondern Schulräume wurden während der Ferienzeit als Nachtlager, vielfach Strohlager, frei gemacht, Scheunen und Schuppen, Speicher und Dachstuben und sonstige für Wohnzwecke nicht verwendbare Räume wurden dem Herbergsverband überlassen.“2) 

Die Ahrweiler Jugendherberge in den 1980er Jahre.

Im Jahre 1909 wurde auf der Burg oberhalb der westfälischen Stadt Altena die erste deutsche Jugendherberge errichtet. 1911 gab es schon 17 Jugendherbergen, 1921 etwa 1.300 und 1928 rund 2.200 Jugendherbergen.3)

Schon damals waren es Schülergruppen, die dem Schulalltag entflohen, um Ausflüge durchzuführen und Unterkunft in den Jugendherbergen suchten: „Und nun erst die Schulen! Auch früher wurden Ausflüge gemacht, wenigstens einer im Jahre. Sie sollten ein Vergnügen sein, eine angenehme Unterbrechung des Schullebens, mit dem sie sonst keine Beziehung hatten. Heute ist an ihre Stelle die „Wanderung“ getreten. Jeden Monat soll sie stattfinden und kein Vergnügen mehr sein, sondern eine Erholung für Körper und Geist, zugleich aber auch ein wirksames Erziehungsmittel, das aus einer lose zusammengefügten Schar eine Gemeinschaft machen und eine Fülle von Werten vermitteln soll, die in der Enge des Klassenzimmers keine Pflege erfahren können... An Stelle der primitiven Unterkünfte der ersten Zeit sind jetzt gastliche Räume getreten, und an den Knotenpunkten des Verkehrs beginnen die einzelnen Gaue des Herbergsverbandes eigene Häuser als Herbergen einzurichten."4) 

Erste Jugendherbergen im Stadtgebiet

Eine erste Schülerherberge wurde vor dem Ersten Weltkrieg in der Kohlenhandlung Schlecht am Mühlenweg eingerichtet. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden zwei „Jugendherbergen“, besser gesagt Behelfsherbergen, errichtet. Eine Eine Herberge mit 80 Betten befand sich im Hinterhaus der damaligen Bäckerei Koch (Eingang Altenbaustraße), eine andere mit 14 Betten in einem Gebäude hinter der Synagoge. 5) Der Turnverein Ahrweiler 98 richtete 1929 in der Adenbachhutstraße als erste richtige Jugendherberge das Rehfeldt-Becker-Haus ein. Herbergseltern waren der Turnwart des Turnvereins, Willi Kehrer und seine Ehefrau Maria Kehrer. Das Haus verfügte über 80 Betten in 7 Schlafräumen. Jährlich konnte man 12.000 Übernachtungen zählen. Dieses Haus wurde 1939 geschlossen. Auch in Heppingen bestand damals eine Jugendherberge. In der Chronik des Turnvereins Landskron 08 Heppingen finden wir folgenden Hinweis: „1930 konnte durch die Initiative des damaligen Vorstandes eine neue Turnhalle eingeweiht werden, angegliedert war eine Jugendherberge... 1936 ging durch die Erfassung zum Arbeits- und Wehrdienst der Turnbetrieb zurück und wurde 1939 bei Ausbruch des 2. Weltkrieges vollständig eingestellt.“6) Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges endet dieses erste Kapitel der Jugendherbergen in unserer Stadt.

Die Christoph-Strauck-Jugendherberge in Ahrweiler

Nach dem Krieg stellte die Stadt Ahrweiler im Jahre 1952 dem Deutschen Jugendherbergswerk ein Gebäude zur Verfügung, das als HJ-Heim und nach dem Krieg als staatliches Forstamt gedient hatte. Im Mai 1953 übernahm der DJH-Landesverband Rheinland-Pfalz dieses Haus als „Christoph-Strauck-Jugenherberge“ in der Peter-Friedhofen-Str. 2. Die Jugendherberge erhielt diesen Namen in Würdigung der Verdienste des früheren Rektors Christoph Strauck als Schulleiter, Kreisjugendpfleger und Forderer des Jugendherbergsgedankens. Als erste Herbergseltern traten im August desselben Jahres Karoline und Karl Appel ihren Dienst an. Es war sicher kein leichter Entschluss für das Ehepaar Appel die Herberge zu übernehmen, da das Gebäude durch Kriegseinwirkung und Fremdbenutzung nicht in bestem Zustand war. Die Einrichtung war fast spartanisch, die einfache Unterbringung der Gäste in großen Schlafsälen und eine in der Größe und Ausstattung unzureichende Küche erschwerten die Führung des Hauses. Das Haus verfügte über 5 Schlafräume mit 78 Betten und 2 Tagesräumen. Trotzdem lag die jährliche Übernachtungszahl bei etwa 10.000 Übernachtungen. Zwar konnte im Zusammenwirken des Landesverbandes mit der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und dem Kreis Ahrweiler 1970/71 eine neue Küche, zwei Leiterzimmer, Vorrats-, Büro-, Aufenthalts- und Trockenräume gebaut und eingerichtet und die Außenanlagen neu gestaltet werden, trotzdem musste man mit vielen Unannehmlichkeiten, die mit einem alten Haus verbunden sind, kämpfen. Nach fast 30jähriger Tätigkeit als Herbergselten wurden Karoline und Karl Appel zum Jahresende 1982 verabschiedet. In seiner Abschiedsrede betonte der damalige Landrat Dr. Egon Plümer den unermüdlichen Einsatz der scheidenden Herbergseltern, die der Herberge eine Atmosphäre der Geborgenheit und des Wohlbefindens verliehen und den jungen Menschen Hilfe zur Persönlichkeitsentwicklung und Lebensbewältigung gegeben hätten. Als Nachfolger Übernahmen Marion und Joachim Löffler aus Boppard das Haus bis 1988. Heute leiten beide das Jugendgästehaus Mainz. In den beiden letzten Jahren wurde die Jugendherberge von Christina Schumacher aus Ahrweiler geführt. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre erlebte die Jugendherberge mit über 4.000 Gästen und 12.000 bis 14.000 Übernachtungen im Jahr seine besten Zeiten. Danach gingen die Übernachtungszahlen kontinuierlich zurück, so wurden 1988 gerade noch 6.325 Übernachtungen gezählt. Wie kam es zu dieser Entwicklung? Die Ausstattung der Häuser wurde den gestiegenen Ansprüchen nicht mehr gerecht. Jugendherbergen sollten nicht mehr nur als Stätte der Übernachtung, sondern vielmehr auch als zeitgemäße Bildung- und Freizeiteinrichtung für Jugendliche und junge Familien dienen. Doch die Ära der Herbergseltern Appel geht zu Ende, und ihr Haus ist fast schon ein Relikt. Nur einen Steinwurf entfernt ist der Grundstein für den Neubau eines Jugendgästehauses bereits gelegt. Die Baupläne entlarven eine Veränderung im Jugendherbergswerk, die von der Instandsetzungsmentalität vergangener Jahrzehnte zu einer generellen Modernisierung avancierte: „Cafeteria, Seminar und Tagungsräume, Freizeitanlagen - kurz: eine moderne Vielzweckeinrichtung.“7) Mit dem Spatenstich für das Jugendgästehaus am 9. Mai 1989 begann das Ende der Ära der Christoph-Strauck-Jugendherberge in Ahrweiler. Heute befindet sich in diesem Gebäude das städtische Jugendhaus. Und so verabschiedete sich Karl Appel von „seiner“ Jugendherberge: „Früher, früher, da war es noch richtig gemütlich hier. Dieser kleine Raum war Küche, Spüle, Essensausgabe und Anmeldung in einem - und manchmal sangen wir hier nach den Mahlzeiten noch zur Gitarre.“

Verabschiebung der Herbergseltern 1982 durch den damaligen Landrat Dr. Egon Plümer.

Anmerkungen:

  1. Dr. K.J. Faßbinder: Jugend und Herberge. In: Zeitschrift des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz. Jg. 20. Heft 3 (Rheinische Jugendherbergen). 1927, S. 8
  2. Dr. Wilhelm Kitz: Das rheinische Jugendherbergswerk in seiner Entwicklung. In: Zeitschrift des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz. Jg. 20. Heft 3. 1927, S. 15f
  3. Vgl. Gabriele Nina Bode: Die Entwicklung des Jugendherbergswesens in der Eifel. In: Die Eifel. Zeitschrift des Eifelvereins. Jg. 93. Heft 4. 1998, S. 197
  4. Faßbinder, S. 7f.
  5. Josef Müller Die Jugendherbergen unseres Kreise. In: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 1958, S.116
  6. Chronik des Turnvereins Landskron 08 Heppingen. 1995
  7. Die alte Garde geht. In: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt v. 16.03.90