Die Remagener Künstlerin Margarethe Schönermark (1873-1951)

Michael Schweikert

„Junges Herz im Alter bewahrt…"

So überschrieb die Rhein-Ahr-Rundschau in der Weihnachtsausgabe des Jahres 1950 den Artikel über eine Frau, die noch heute vielen älteren Remagenern in Erinnerung ist. Kaum ein Jahr später würdigte die gleiche Zeitung in einem Nachruf die am 2. November 1951, nur wenige Wochen vor ihrem 78. Geburtstag, verstorbene Künstlerin.

Kinder vor Bildstock: Vor allem solche Bilder und Tierporträts haben die Künsterlin durch die Verbreitung der Motive auf Karten bekannt gemacht.

Wer war diese Frau, die mehr als 20 Jahre ihres Lebens in Remagen verbrachte und deren Grabstätte noch heute, 50 Jahre nach ihrem Tod, auf dem alten Friedhof in Remagen zu finden ist? Das schlichte, verwitterte Holzkreuz scheint die Inschrift nur widerwillig preisgeben zu wollen. Das Grab ist schon viele Jahre nicht mehr gepflegt worden. Wie lange ist es wohl schon her, dass an dieser Stelle jemand der Verstorbenen gedachte? Mit etwas Mühe lässt sich dem Holzkreuz sein Geheimnis entlocken:

Margarethe Schönermark
*17.12.1873 †2.11.1951
Martha Aistermann
*28.5.87 †21.2.71

Nichts erscheint mehr an „die fröhlichen Bilder, die Herz und Gemüt der Kinder ansprechen" und „die mit mütterlicher Liebe gemalten Darstellungen aus der Lebenswelt der Kinder" zu erinnern. (Rundschau 1950, 1971)

Erinnerungsstücke lassen die Vergangenheit wieder lebendig werden

Die Spurensuche führt vom alten Remagener Friedhof wenige Kilometer weiter auf den hoch über der Stadt gelegenen Fronhof auf Kirres.

Sorgsam hat dort Rita Langen Erinnerungsstücke an die Künstlerin Margarethe Schönermark über viele Jahrzehnte in einer Zigarrenkiste aufbewahrt:

Verblasste Zeitungsausschnitte, viele illustrierte Postkarten, ein Büchlein mit Illustrationen, ein Trauerzettel, Fotos der Malerin und ihrer Grabstätte.

Die Künstlerin Margarethe Schönermark (1873 - 1951)

Beim Betrachten und Lesen scheint die Vergangenheit wieder lebendig zu werden. Das Jahr 1920, in dem Margarethe Schönermark bei einem Bekanntenbesuch auf der Insel Nonnenwerth ihre Liebe für das Rheinland entdeckte. Die Freundschaft mit der Pianistin Martha Aistermann, die dort 20 Jahre als Klavierlehrerin wirkte. Ihre mutige und selbstbewusste Entscheidung, als Tochter eines evangelischen Geistlichen, zum katholischen Glauben zu konvertieren, die das Verhältnis zu ihrer Familie nachhaltig trübte. Mosaiksteine ihres Lebens, die dazu beitrugen, dass Margarethe Schönermark schließlich 1928 ihre neue und zugleich letzte Heim- und Wirkungsstätte in Remagen fand. Vorangegangen waren Lehr- und Wanderjahre, die die Künstlerin von ihrer Geburtsstadt Wolfenbüttel bei Braunschweig aus über Blankenburg im Harz, München und Florenz bis nach Rom führten.

Remagen am Rhein, letzte Heimat der Künstlerin

In Remagen wohnte sie zunächst in der Pfarrgasse und zog später, gemeinsam mit ihrer Freundin Martha Aistermann, ins St. Anna Kloster in die Alte Straße. In der Stille des Klosters schuf sie eine Fülle von Ölgemälden.

Die mehr als 20 Jahre währende Freundschaft mit der Pia-nistin, die beiderseitige Liebe zur Kunst, waren Quell einer schier unerschöpflichen Schaf­f­enskraft der Malerin. Religiöse Motive und vor allem Kinder, die Natur und Tierwelt weckten ihr künstlerisches Interesse. Auf der Suche nach Motiven wurde sie in der Umgebung von Remagen und auf den Bauernhöfen der Römerstadt fündig. „Oft war sie auf dem Bauernhof meiner Großeltern, um Motive wie Kälber und Pferde zu finden. Ein Fohlen hatte sie nur zweimal gesehen und schenkte drei Tage später meinen Großeltern ein Ölbild von diesem", schrieb Beate Langen vom Fronhof in einem Schulaufsatz in den 70er Jahren.

Gerade Kinder waren es, deren Begeisterung Margarethe Schönermark mit ihren Landschaftsbildern und Tierporträts zu wecken verstand.

Die harmonische Verbindung von Mensch, Natur und Religiosität

Obwohl keine Landschaftsmalerin, verstand es die Künstlerin, ihre Motive in die typische Eifel- und Rheinlandschaft einzufügen. Die für diesen Landstrich charakteristischen Wegkreuze und kleinen Kapellen stellte sie oft gemeinsam mit Kindern und Tieren dar. Ihre tiefe Religiosität findet sich in vielen ihrer Werke wieder. Ihr gelang es, Mensch, Natur und Religion in kindlicher Einfachheit und doch eindrucksvoll zu verbinden.

Diejenigen, die sie persönlich kannten, beschreiben die Malerin als asketisch wirkende, bescheidene Frau. In den kargen Kriegs- und Nachkriegsjahren bedachte sie diejenigen, die ihr mit Lebensmitteln über die schwere Zeit halfen, großzügig mit Bildern. Wie die Familie Wisskirchen, deren Bauernhof in der Alte Straße nur wenige Schritte von ihrem Atelier im St. Anna Kloster entfernt lag. So verbreiteten sich ihre Werke in der Römerstadt. Das Kaffee Fronhof auf Kirres schmücken noch heute die Bilder der Künstlerin. Das Porträt des Fohlens, das die kleine Beate vor mehr als 20 Jahren in ihrem Schulaufsatz so begeistert beschrieb, ist dort auch zu finden. Das St. Anna Kloster in Remagen ist im Besitz eines der seltenen Landschaftsbilder der Malerin, das mit seiner düsteren Grundstimmung so gar nicht zu den übrigen lebensfrohen Werken zu passen scheint.

Hirten auf dem Felde. Weihnachtskarte nach einem Gemälde von Margarethe Schönermark.

Die Bilder der Künstlerin wurden von einem Münchener Verlag als Postkarten und Kalenderillustrationen weltweit verbreitet. Ihr schlichtes, verwittertes Grabkreuz wird sicher keine weiteren 50 Jahre mehr auf dem alten Friedhof der Römerstadt zu finden sein.

Die Bilder der Margarethe Schönermark aber haben über die Jahrzehnte nichts von ihrer Faszination und Symbolkraft eingebüßt. Sie werden sicher noch viele Jahre Herz und Gemüt der Menschen, besonders der Kinder, berühren. Wie die Tierporträts, die meine Kinder von ihrer Urgroßmutter geschenkt bekamen.