Volkslieder aus dem Kreis Ahrweiler im Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg

Rudolf Leisen

Am 1. Mai 1914 gründete der Germanist und Volkskundler Professor Dr. John Meier das Deutsche Volksliedarchiv (DVA) in Freiburg/ Breisgau. Im Jahre 2004 kann dieses Archiv als die Zentralstelle für die Sammlung, Dokumentation und Erforschung des deutschsprachigen

Volks- und Popularliedes somit auf ein 90-jähriges Bestehen zurückblicken.

Für wissenschaftliche Arbeiten über das deutsche Volkslied liefert es unentbehrliche Grundlagen in textlicher und musikalischer Hinsicht. Hierdurch hat es auch international große Anerkennung gefunden. Das DVA sammelt und bewahrt den deutschen Volksliedschatz aus dem ganzen deutschsprachigen Raum über einen Zeitraum von Jahrhunderten und gilt dadurch international als einzigartig.

Insgesamt umfasst die Materialsammlung zum populären Volkslied, welche durch eine damals reichsweite Sammelaktion zwischen 1912 und 1930 zusammengetragen wurde, über 250.000 Liedbelege aus der mündlichen Überlieferung, die in rund 16.000 Arbeitsmappen typologisch und thematisch geordnet sind. Außerdem beinhaltet sie eine Spezialsammlung von Liedpostkarten und Bilddokumenten zum volkstümlichen Singen und Musizieren. Neben über 20.000 Tonaufzeichungen verfügt das Archiv über eine Bibliothek mit etwa 60.000 Fachbüchern.

Lehrer Wies, der die Volksliedsammlung in Ramersbach durchführte, inmitten seiner Schüler, um 1930

In dieser weltweit einmaligen Sammlung ist auch der Kreis Ahrweiler mit Liedern vielfach vertreten. Vornehmlich wurden diese von Lehrern aufgezeichnet.

So fand ich 1984 bei einem Besuch im DVA in Freiburg eine Mappe mit Einsendungen von Rudolf Wies, der von 1924-1934 Lehrer in Ramersbach war. Er hatte um 1930 rund 160 Liedaufzeichnungen aus Ramersbach nach Freiburg geschickt. Es handelte sich dabei um Lieder, die damals noch in Ramersbach gesungen wurden oder vor Ort bekannt waren. Für das kleine Eifeldorf war dies eine beachtliche Zahl. Bei einer Befragung von älteren Mitbürgern in Ramersbach erinnerten sich noch einige an diese Aktion des Lehrers, denn sie hatten ihm Lieder vorgesungen.

Unter den eingesandten Liedern befanden sich viele schöne noch heute bekannte Volkslieder, wie „Freut euch des Lebens", „Ein Jäger aus Kurpfalz", „Das Heideröslein", „Am Brunnen vor dem Tore", „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach", „Das Wandern ist des Müllers Lust" oder „Auf auf zum fröhlichen Jagen". Andere sind dagegen heute vielfach in Vergessenheit geraten.

Hierzu gehören auch Lieder im heimischen Dialekt, die zum Beispiel der Neuenahrer Rektor Weber eingeschickt hatte. So sind die Nikolauslieder „Heiilie Män" oder „Nikolos, der om Baum sös" nicht mehr bekannt.

Das gilt auch für die Fastnachtslieder „Champagnerwein, Zucker und Bröde" oder „Jodde Ovend Spillmann!", „Jode Novend, jot, jot!" und „Hu Fastelovend!".

Diese Lieder wurden wohl Anfang der dreißiger Jahre noch von der Schuljugend in Neuenahr gesungen.

Aus dem gesamten Kreisgebiet finden sich noch viele weitere Liedbeispiele im Deutschen Volksliedarchiv.

Das Singen hat zwar heute noch seinen Platz in unserer Gesellschaft, jedoch ist es überwiegend die ältere Generation, die bekannte Volkslieder bei Familienfeiern, auf Wanderungen und in geselligen Heimatvereinen anstimmt. Es ist schade, dass dieses alte Kulturgut wohl mehr und mehr in Vergessenheit gerät. Es wäre schön, wenn die Freude am Singen bei Kindern und Jugendlichen durch Schule und Elternhaus wieder mehr geweckt und auch gefördert würde.

Anmerkungen:

Bestände mit Volksliedern auch aus dem Kreisgebiet Ahrweiler befinden sich im Deutschen Volksliedarchiv, Arbeitsstelle für internationale Volksliedforschung, Silberbachstraße 13 in 79100 Freiburg.

Die Ausführungen stützen sich auf:

  1. Bestand A 129 510 - 588; 129 705 und 139 278 - 139 367 (Ramersbach)

  2. Bestand A 133 417, 133 418, 133 546 - 133 549 und 133 906 (Neuenahr).
    Für Auskünfte danke ich Herrn Dr. Nils Grosch vom DVA Freiburg.

  3. Archiv Bürgergesellschaft Ramersbach