Eisenproduktion als archäologisches Experiment 

Produktionsweise in der römischen Eisenschmelzersiedlung im Ahrweiler Stadtwald wurde rekonstruiert 

Andreas Schmickler 

In der römischen Eisenschmelzanlage im Ahrweiler Stadtwald wurde die Eisenproduktion in römischer Zeit mit Rennöfen archäologisch nachgewiesen. Ab 2001 wurde durch Experimente versucht, das damalige Schmelzverfahren zu rekonstruieren. So entstanden zwei kleine Rennfeueröfen aus Lehm in Zusammenarbeit mit dem Mineralogen Dr. Volker Reppke, der dafür Sorge trug, dass wir wirklich Eisenerz und nicht nur eisenhaltiges Gestein in den alten Abbaugruben für unseren Versuch sammelten. Anfangs halfen Berichte über andere Versuche, die in Deutschland mit dem Rennfeuerofen stattfanden. Bei unseren ersten Versuchen „kopierten“ wir jedoch auch deren Fehler, sodass allein der Ofenbau aus Lehm gut gelang und mehreren Schmelzversuchen standhielt. Insgesamt schlug das Experiment zunächst jedoch fehl. Der Rennfeuerofen erhielt seinen Namen vom Rinnen der im Feuer erhitzten Schlacke. Nicht das Eisen wurde geschmolzen, sondern es galt, die Schlacke vom Eisen zu trennen. Somit wurde aus dem Eisenerz das Nebengestein herausgeschmolzen. Dieses kommt  dann je nach Qualität ab 1000 Grad C in Fluss und rinnt im Idealfall aus dem Ofen hinaus, während das Eisenerz durch Reduktion Eisenoxid (FeO) zu Eisen (Fe) wird. Durch eine sauerstoffarme Atmosphäre (CO) im Ofen wird dem Erz der Sauerstoff entzogen. Zurück bleibt im Ofen eine Art Eisenschwamm (Luppe), die einen mehr oder weniger hohen Eisenanteil haben kann. Erst durch ein aufwendiges Schmiedeverfahren wird aus dieser Luppe ein Eisenprodukt (Barren), das dann zu den verschiedenen Gebrauchsgegenständen (z. B. Schaufeln, Scheren, Waffen) verarbeitet werden kann. Das geschah auch so im Ahrweiler Stadtwald zu römischer Zeit. Mit den Erfahrungen aus den ersten Versuchen baute ich zusammen mit Werner Heuser auf einem Acker in der Nähe von Kirchdaun einen neuen Ofen. Dieser war wesentlich größer als die bisherigen und trug damit den Befunden aus der Eisenschmelzersiedlung in Ahrweiler Rechnung. Die Erfahrung lehrte uns, dass beim Ofenbau bereits die Zusammensetzung des Baumaterials Lehm Einfluss auf den Versuch hat. Der Lehm muss gut „gemagert“, d.h. mit gehäckseltem Stroh versetzt sein. Das Stroh bewirkt eine Isolierung der Ofenwand, da beim Verglühen Hohlräume entstehen. 

Schnitt durch einen rekonstruierten Rennofen 

Auf einer Unterkonstruktion mit Steinen wurde der Ofen bis zu einer Höhe von 165 cm stufenweise und Schicht für Schicht aus Lehm hochgezogen. Die Bauzeit hängt dabei von der Trockenzeit der einzelnen Schichten ab. Um Trennrisse zu vermeiden, müssen die Stufen homogen ineinander gearbeitet werden. Nach Fertigstellung des Ofens konnte das Trockenheizen beginnen. Für den Schmelzvorgang besorgten wir uns 50 Kilogramm Holzkohle, die aus heimischem Holz hergestellt wurde. Etwa 40 Kilogramm Erz sammelten wir in mühevoller Arbeit aus den römischen Abbaugruben (Pingen) im Ahrweiler Stadtwald. Das gesammelte Gestein wurde mit einem Hammer von groben Verunreinigungen getrennt und auf Haselnussgröße zerkleinert (gepocht). Der Versuch beginnt mit dem Vorheizen des Ofens mit gut abgelagertem Holz auf eine Temperatur von 1200 Grad. Dieser Vorgang dauert bereits 3,5 Stunden. Erst danach beginnt die Beschickung mit Holzkohle (ca. 35 Kilogramm), die innerhalb von 1,5 Stunden völlig durchgebrannt war. Erst danach konnte die erste Zugabe (Beschickung) von 20 kg Erz erfolgen. Nachdem dieses durchgeglüht war, wurden langsam weiter Erz und Holzkohle zugeführt. Die Luftzufuhr während des Brennens erfolgte über 4 – 5 Düsen im unteren Bereich des Ofens und über den natürlichen Zug (Kamineffekt des 165cm hohen Ofens). Der Einsatz eines Blasebalgs war nicht erforderlich. Nach späterer Zugabe von weiterer Holzkohle und Erz begann die Schlacke bei Temperaturen um 1200 Grad C zu fließen. Sie sammelte sich vor der Öffnung im unteren Bereich des Ofens. „Eine solche Schlacke muss eine bestimmte chemische Zusammensetzung haben, um bei moderat niedrigen Temperaturen dünnflüssig zu sein, nämlich hohe Eisen- (FeO) oder Mangangehalte. Diese Schlacken bestehen überwiegend aus einem Eisensilikat Fayalit (Fe2SiO4), deshalb der Name Fayaliltschlacke. Der hohe Eisenoxidgehalt (ca. 60% FeO in der Schlacke steuert den Kohlstoff- und Phosphorgehalt im Matall, diese sind verantwortlich für die Materialeigenschaften.“1) „Das zu verhüttende Erz muss also deutlich mehr Eisen enthalten als die typische fayalitische Schlacke, um Eisen gewinnen zu können.“2) Für unser Experiment verbrauchten wir in gut 10 Stunden rund 50 Kilogramm Holzkohle und 35 Kilogramm Eisenerz. Als wir am nächsten Tag das entnommene Luppenmaterial (Eisenschwamm) zerkleinerten, um festzustellen, ob Eisen in der Luppe war, lag die Gesamtmenge an gewonnenem Eisen bei ca. 400 Gramm. Das Experiment war gelungen. Nur durch höhere Erzqualität kann diese Menge gesteigert werden. Die Weiterverarbeitung des Luppeneisens muss unmittelbar nach der Entnahme aus dem Ofen erfolgen, denn bei jedem weiteren Aufheizen des Eisens verbrennt es teilweise wieder. Um das gewonnene Luppenstück zu einem Vorprodukt (Eisenbarren) zu schmieden, bedarf es viel Erfahrung. Dies wäre der nächste Schritt für die experimentelle Archäologie, der aber erst erfolgen kann, wenn genügend Eisen aus dem Rennfeuer gewonnen werden kann. 

Werner Heuser (r.) kontrolliert mit einem Spie-gel die Glut, Andreas Schmickler (l.) beschickt den Rennofen mit Erz.

Anmerkungen:

1) Kronz, Andreas: Keltische und römische Eisengewinnung in der Eifel. Göttingen 2003.
2) Kronz u. Keesmann 2003