Das Familienbuch von Bodendorf eine historische Quelle 

Dr. Karl-August Seel 

Das Familienbuch umfasst die Zeitspanne von 1680-1899. Hier sind alle Geburten, Taufen, Hochzeiten, Todesfälle  und Beerdigungen in der katholischen Kirchengemeinde Bodendorf verzeichnet. Begonnen wurde es von Pastor Matthias Bertram (1680-1698). Es endet mit Eintragungen von Pfarrer Georg Reuschenbach (1892-1909). Das handschriftliche Register ist jetzt von Dr. Gerhard Hentschel, Bad Bodendorf, in Zusammenarbeit mit dem bischöflichen Archiv Trier aufgearbeitet und auf Datenträger gestellt worden. Mit dem Buch ist eine gute Quelle für die Familienforschung zugängig; zugleich ist es aber auch ein historisches Dokument, das weit über das lokale Geschehen hinausreicht.1) Aus diesem Grund wird es hier vorgestellt. 

Die Landesherren 

Inhaber der Reichsherrlichkeit Landskron sind in der Zeit, die das Familienbuch umfasst, die Freiherren v. Brempt  (1633 - 1729) und die v. Clodt (1729 - 1798). Der letzte Inhaber der Reichsherrlichkeit ist von 1798 - 1802 bis zur Eingliederung der linken Rheinlande in die Republik Frankreich Carl Frh. vom Stein. Auf ihn geht die v. Stein´sche Stiftung für die Pastöre von Bodendorf zurück, die in abgeänderter Rechtsform noch heute besteht. Durch Übernahme von Patenschaften finden die jeweiligen Landesherren Eingang in das Tauf- und Sterberegister von Bodendorf: 

Die Heerstraße 

Die Aachen-Frankfurter Heerstraße ist im 18. Jh. und in der 1. Hälfte des 19. Jh. noch voll in Nutzung. Aus Flandern über Aachen-Düren-Bodendorf-Sinzig-Koblenz führt sie nach Frankfurt. Von dort aus gehen andere Fernstraßen nach Osten (Leipziger Messe), Südosten(Österreich und Donauländer) und über Augsburg nach Süden (Italien). Sie dienen dem Fernhandel, aber auch Truppenaufmärschen und -durchzügen ins Reich und auf fremde Kriegsschauplätze. Noch in der topographischen Aufnahme der französischen Ingenieurkartographen (Tranchot-Karte, 1:20.000, 1802-1814) wird sie als „route d´Aix la Chapelle par Duren“ kartiert und dargestellt. Im Bodendorfer Familienbuch zeugen „Durchreisende“ und „Soldaten“ von ihr. Von den zeitlichen Pastören werden sie aus gegebenen Anlässen in das Kirchenregister eingetragen. 

Durchreisende 

Soldaten 

In den Nennungen von Soldaten im Bodendorfer Familienbuch dokumentieren sich die kriegerischen Auseinandersetzungen jener Zeit. Im 18. Jh. sind dies der Siebenjährige Krieg mit denSchlesischen Kriegen sowie der Österreichische Erbfolgekrieg. Das ausgehende 18. Jh. und beginnende 19. Jh. sind durch die Einfälle französischer Revolutionstruppen und durch die napoleonischen Annexionen und Kriege geprägt. Immer ist dabei die Heerstraße eine Einfallsroute und Bodendorf betroffen. Auch hier sind es Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen, die Zeugnis ablegen. 

 

Vater Johann Giesen mit Söhnen und Knecht vor„Pumpe Pump“ in der Bodendorfer Hauptstraße. 
Im Familienbuch finden sich 43 Einträge. Die Großfamilie Giesen stellte dem Dorf von 1680 – 1899 1 Schultheiß und 12 Schöffen.

Neben diesen fremden Soldaten werden auch Bodendorfer genannt. Sie ziehen als napoleonische Soldaten über die Heerstraße auf die europäischen Kriegsschauplätze und verlieren dort ihr Leben.

Die Urbruderschaften

Von besonderem Interesse sind Eintragungen von Mitgliedschaften in der Bruderschaft St. Sebastianus-Gertraudis. Mitglieder sind:

Alle genannten Mitglieder der Bruderschaft -außer Adam Becker - sterben vor 1699. Von Interesse sind die Nennungen von B. Becker und

S. Lambs. Sie sind die Stifter des Pestkreuzes von 1680, das in der Bodendorfer Kirche hängt. Dieses Kreuz trägt, neben den Initialen B.B.S.L., beider Hausmarken. Mit Adam Becker wird ein erster Brudermeister bekannt. Die heutige St. Sebastianus-Bruderschaft von 1681 führt sich auf diese Urbruderschaft zurück. In ihr sind Männer und Frauen Mitglieder. Diese wiederum haben sich als Confraternitas nach der Pestepidemie von 1666-1672 gegründet; „Als die Pest allenthalben grassirt, sind dahier 125 Menschen gestorben.“2)

Beamte und Honoratioren Berufe

Es werden genannt: Richter 6, Kellner 14, Schultheiße 10, Gerichtsschreiber 5, Schöffen 50, Burgherren 6, Pastöre (auch fremde) 14, Kirchenvorstände 7, Lehrer (auch fremde) 20, Mägde, Knechte, Gastwirte, Pächter, Schmiede, Schneider, Bauern, Maurer, Müller, Wirtschafterinnen (im Pastorat), Tagelöhner, Schweinehirt Das Bodendorfer Familienbuch macht Aussagen über die Sozialstruktur des Dorfes im 18. und 19. Jahrhundert. Zugleich ist es aber auch eine historische Quelle, die über das Lokal-Regionale hinaus in die europäische Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts reicht.

Quellen

  1. Hentschel, Gerhard: Familienbuch I der katholischen Pfarrei Sankt Sebastian in Bodendorf 1680 bis 1899, Sinzig 2000

  2. Seel, Karl-August, Die Geschichte Bodendorfs von den Anfängen bis zum 19. Jahrhundert in: Haffke, J., Koll, B. Sinzig und seine Stadtteile - gestern und heute, Sinzig 1983