Notgeld der Apollinaris-Brunnen A. G. Bad Neuenahr anno 1923

Heinz Lindlahr

Beim Erwerb der ersten Notgeldscheine wurde mir bekannt, dass auch die Apollinaris Brunnen A. G. Bad Neuenahr 1923 Notgeldscheine herausgegeben hatte. Sämtliche Nachforschungen hiernach blieben aber lange erfolglos.

Im Archiv des Apollinarisbrunnens konnte schnell festgestellt werden, dass derartige Geldscheine nicht vorhanden waren. Privatpersonen, die sich im Besitz derselben rühmten, verwiesen auf eine derzeitige Nichtauffindbarkeit oder auf den eventuellen Verbleib der Geldscheine im Banktresor. Ein Bänker erklärte mir, dass er Ablichtungen von der Deutschen Bundesbank bekomme, die ein Archiv über alle Notgeldscheine besitze. Von dort erfuhr ich am 19.9.2000 auf Anfrage, dass dort keine Notgeldscheine der Apollinaris-Brunnen AG in Bad Neuenahr überliefert sind.

Frau Salome Lorenz, Tochter des damaligen Direktors der Apollinarisbrunnen Aktiengesellschaft erklärte mir, dass sie sich nur an Gutscheine erinnern könne, die zum Einlösen bei der Kantine ausgegeben wurden.

Ich gab aber meine Nachforschungen nicht auf. Schließlich legte mir die heute in Portugal lebende Enkelin des damaligen Direktors der Apollinaris-Brunnen AG , Friedrich Hubert Loren, fünf Exemplare dieses Notgeldes vor. Diese lauten über fünf, zehn, fünfzig, einhundert und fünfhundert Millionen Mark. Sie sind alle als Gutschein bzeichnet. Die beiden kleineren Werte sind mit einer Stanzung „APOLLINARIS BRUNNEN“ versehen. Die drei größeren Werte sind überdruckt mit fünfzig, hundert bzw. fünfhundert Milliarden Mark und dem Vermerk „Bon, Nur zur Verrechnung mit der Apollinaris-Kantine“.

Inflationsgeld der Apollinaris Brunnen AG Bad Neuenahr aus dem Jahre 1923 Die galoppierende Inflation im Jahre 1923 wird an dem Überdruck deutlich: Aus dem Fünfhundert-Millionen-Mark-Schein wurde ein Fünfhunder Milliarden-Mark-Schein .

Die Scheine sind unterzeichnet vom Vorstand. F. Lorenz, Ant. Nelles. Gedruckt wurden diese Scheine von Waterlow & Sons, London.

Bei diesen Scheinen handelt es sich um Inflationsgeld. Im August 1923 genehmigte der preußische Handelsminister die Ausgabe von privatem Geld, von Notgeld. Es war anmeldepflichtig. Der Wert musste bei der Reichs-Kreditgesellschaft in Berlin hinterlegt sein. Die meisten Behörden und Kreise hatten seit Jahren Erfahrungen mit der Ausgabe von Notgeld. Doch in der „größten Inflation aller Zeit“ gaben 1923 verstärkt auch kleine Betriebe Scheine aus, um die Löhne auszahlten zu können. Längst nicht alles ausgegebene Notgeld war gedeckt oder genehmigt. Um Strafen zu entgehen, nannten die Firmen ihre „Geldscheine“ oft Gutschein, Anweisung, Kassenschein, Lohnscheck, Scheck oder Quittung.

Jedenfalls erhielten 1923 Mitarbeiter des Apollinarisbrunnens ihren Lohn zumindest teilweise in Form von „Gutscheinen“ ausgezahlt.

Der Überdruck von Million auf Milliarde ist in der rasanten Geldentwertung zu suchen. Kostete im September 1923 – bei Ausgabe der Scheine – ein Gold-Dollar (4,20 Goldmark, 1,5 g Feingold) noch 160 Millionen Mark, so betrug der Preis Ende Oktober 1923 bereits 72 Milliarden Mark.

Bei meiner Suche bewahrheitete sich das Sprichwort „Beharrlichkeit führt zum Ziel“ und ergab eindeutig, dass die Apollinaris-Brunnen AG 1923 Notgeld herausgegeben hat.

Literatur:

Vgl. Heinz Lindlahr: Beuler Lupe Heft 7 vom Januar 1986.