Die neuen Chorfenster in der St. Laurentius-Pfarrkirche zu Ahrweiler

von Josef Rausch, Dechant

Es ist bekannt, wie sehr die Kreisstadt Ahrweiler durch die verheerende Wirkung der Fliegerbomben im letzten Weltkrieg heimgesucht worden ist. Nicht weniger als 140 Bewohner der Stadt, abgesehen von den Militärpersonen, fanden dabei den Tod, und ein großer Prozentsatz der Wohn- und Geschäftshäuser wurde in Trümmer verwandelt.

Auch unsere kunsthistorisch berühmte St. Laurentius-Pfarrkirche, die wiederholt bei kriegerischen Ereignissen während der 700 Jahre, die sie nun bald steht, große Beschädigungen erlitten hat, wurde ebenfalls in diesem letzten Kriege wiederum schwer getroffen. Noch beim Einmarsch der amerikanischen Truppen erhielt das Dachwerk der Kirche ein halbes Dutzend Granattreffer, während die Kirchenfenster schon vorher durch Fliegerbomben zerstört worden waren, die in der Nähe des Marktes und im Pfarrgarten einschlugen. So schmerzlich diese Beschädigungen auch waren, so blieb doch das herrliche Bauwerk des Gotteshauses im wesentlichen erhalten. Die Pfarrfamilie verlieh ihrem Dank gegen Gott dafür beredten Ausdruck dadurch, daß sie einem Gelübde des Pfarrers entsprechend mit diesem nach Beendigung des Krieges eine Bußwallfahrt nach Langenfeld unternahm. Über 150 Männer und Frauen nahmen daran teil und legten den weiten Weg von sieben bis acht Stunden hin und her zu Fuß zurück.

Bei den offenen Fensterluken in der Pfarrkirche war die Abhaltung des Gottesdienstes schlechthin unmöglich. Glas war vor der Hand nicht zu haben und man suchte durch Strohmatten dem Übel abzuhelfen. Diese boten zwar einen gewissen Schutz gegen Wind und Wetter, ließen aber andererseits kein Licht in den Kirchenraum. Sobald als möglich wurde diesem Zustand ein Ende bereitet und die Strohmatten wurden durch helle Glasscheiben ersetzt, die, besonders im Chor der Kirche, sich sehr ungünstig auswirkten. Es war nur eintöniges helles Glas zu haben, und so war die Lichtwirkung im Chor, vom Kirchenschiff aus gesehen, schier unerträglich. Darum wurden die eingesetzten Scheiben mit Farbe überstrichen. Aber auch das gewählte Scheck- und Schachbrettmuster wirkte nicht gut in dem stimmungs- und kunstvollen Kirchenraum. Die unzulängliche Notverglasung half sicher mit, daß der Gedanke heranreifte, baldmöglichst wieder kunstgerechte Kirchenfenster anzuschaffen, besonders für das Chor. In der Silvesterpredigt 1951 wurde der Plan der Neubeschaffung erstmalig öffentlich ausgesprochen und als Termin der 1. August 1953 vorgesehen. Der Gedanke wurde von den meisten Bürgern der Stadt mit Freuden begrüßt, und mit wenigen Ausnahmen haben alle katholischen Familien treu und redlich mitgeholfen bei der Beschaffung und Sammlung der notwendigen Geldmittel. Allen Spendern und Sammlern gebührt Dank und Anerkennung, so daß es möglich war, in der vorgesehenen Frist das Ziel zu erreichen, das man sich gesetzt hatte.

Die drei Chorfenster haben zusammen einen Flächeninhalt von rund 70 qm. Es war nicht einfach, diese großen Flächen malerisch und inhaltlich auszufüllen. Ich war der Meinung, es sei besser, sie, anstatt mit Ornamenten und Dekorationen zu schmücken, mit religiösen Szenen zu beleben, die dem Kirchenbesucher und frommen Beschauer etwas zu sagen haben. Deshalb entwarf ich ein theologisches Programm, welches das „Erlösungswerk des Gottessohnes und unsere Teilnahme an seinen Früchten" veranschaulichen soll. Die Ausführung wurde dem jungen Trierer Künstler Rudi Schillings übertragen, der es verstanden hat, in herrlichem Farbenreichtum dem religiösen Programm die künstlerische Form zu geben. Ein fachmännisches Urteil aus berufenem Munde über die neuen Fenster in Ahrweiler lautet: „Es sind Meisterwerke christlicher Belehrung und künstlerischer Gestaltungskraft." Die technische Ausführung lag in der Hand erfahrener Meister und Handwerker der alten Firma Binsfeld in Trier, die seit 1882 besteht und seit 1905 der Familie Dornoff gehört.

Die neuen Chorfenster sind in ihrer Farbenpracht wohl am eindrucksvollsten am Spätnachmittag. Aus der Ferne gesehen, wirken sie wie ein Mosaik oder ein Teppich; aus der Nähe geschaut, bieten sie Stoff zur stillen Betrachtung und zum frommen Gebet. Wer nur flüchtig die neuen Fenster anschaut, dem werden sie nicht viel sagen. Wer sie aber näher betrachtet, um nicht zu sagen, studiert, dem wird es ergehen wie manchen anderen, die versichern: Je öfter ich die neuen Fenster sehe, desto besser gefallen sie mir.

Wir wollen hoffen, daß die neuen Chorfenster von St. Laurentius nicht das Schicksal ihrer Vorgängerinnen erleiden müssen, sondern daß unserem Volke und unserer Heimat und der ganzen Welt ein ständiger Friede beschert sein möge.