Content-Type: text/html Eine Jahrtausendfeier für Kirchsahr

Eine Jahrtausendfeier für Kirchsahr

VON JAKOB RAUSCH

Heimatfreunde aus dem Sahrbachtale fanden beim Besuch des interessanten und auf= schlußreichen Ahrgaumuseums in Ahrweiler, daß auf der dortigen siedlungsgeschichtlichen Karte des Ahrgebietes bei dem Ort Sarna, so wie Kirchsahr früher hieß, die Jahreszahl 960 beigefügt ist. Daraus folgerte man: Also muß im Jahre 1960 in Kirchsahr eine Jahrtausendfeier abgehalten werden.

Nun bedeutet auf dieser siedlungsgeschichtlichen Karte, die als Autor urtsern Heimatforscher Rektor Peter Jörres hat, die dem Orte beigefügte Jahreszahl das Jahr, in dem der Ort urkundlich zuerst auftritt. So steht bei Arwilere (= Ahrweiler) die Jahreszahl 895. Im Jahre 893 wurde nach dem Brande von Prüm im Normannensturm das verbrannte Güterverzeichnis — Urbar genannt — wieder erneuert. Das Güterverzeichnis berichtet, daß Prüm in Ahrweiler damals u. a. besaß: 50 Morgen Herrenland, 76 Morgen Weinberge und 24 Bauernhöfe. Also war Ahrweiler 893 schon eine alte Siedlung, die sogar bis auf die Römerzeit zurückgeht. So ähnlich verhält es sich auch mit der Bedeutung der Zahl 960 für Kirchsahr. In dem Prümer Urbar von 895 wurde Sarna als Prümscher Besitz noch nicht aufgeführt, weil es damals noch nicht zur Benediktinerabtei Prüm gehörte. Erst unter dem Abt Ingram, der von 948 bis 970 dem Kloster vorstand, kam Sarna zu Prüm. Leider trägt die Schenkungsurkunde kein Datum. Da außer dem Abt auch der Propst Gislahart unterzeichnet, der im Jahre 864 durch den Propst Raotbert ersetzt wurde, so ist die Schenkung zwischen 948 und 964 erfolgt. Die Karte im Ahrweiler Museum nimmt das Jahr 960 an. Wer war nun der edelmütige Schenker?

Es waren der freie Edeling Arnulf und seine Gemahlin Alverada. Die Eheleute übergaben sich selbst und ihre Töchter Frithelind und Kunigund nebst ihrem ganszen Allod (Eigenbesitz) in Sarna mit dem Zubehör an Wald, Wiesen, Weiden, Mühlen und Gewässern, bebautem und unbebautem Land dem Kloster Prüm als Lehnsherrn. Gleichzeitig übergab Arnulf dem Kloster Prüm durch den Vogt Bernhard den Ort Effelsberg mit seinem Zubehör an Weingärten, Wäldern, Wiesen, Weiden, Mühlen und Gewässern. Nun aber besaß Prüm im Jahre 893 in Effelsberg schon 53 Morgen Herrenland, 10 Morgen Wiesen und 8 1/2 Diensthufen, die von hörigen Bauern bebaut wurden. Da jede Hufe wenigstens 30 Morgen, höchstens 60 Morgen betrug, so scheint die ganze Gemarkung mit rund 300 Morgen Ackerland schon im Prümschen Besitz gewesen zu sein, so daß es sich hier um 960 mehr um eine nochmalige formale Abtretung gehandelt hat. Zu dem Allod Sarna gehörte auch Houverath. Es gehörte auch seit 960 zur schon wohl bestehenden Pfarrei Sahr, mit der es bis 1520 und Effelsberg bis 1694 verbunden war.

So erstreckte sich nun ein geschlossener Prümscher Besitz von Houverath über Kirchsahr, Effelsberg, Kreuzberg bis Kesseling, das Prüm schon seit 762 besaß. Dieser Precarievertrag, den Arnulf mit dem Kloster Prüm schloß, vermehrte also den Prümschen Besitz und rundete ihn ab. Der Freie Arnulf erhielt durch den Vertrag das Allod wieder als Lehen zur Nutznießung zurück. Prüm übernahm nun für den lehenspflichtigen Bauern die Wehr= und Dingpflicht.

Arnulf scheint bedeutend älter als seine Frau gewesen zu sein. Deshalb sieht der Vertrag nach Arnulfs Tode eine mögliche Wiederverheiratung der Witwe Alvrad vor.

Foto: Görtz

Dann sollte sie als Gatten einen von der Abtei Prüm abhängigen Mann neh= men, der das Allod als Leihgabe auf Lebenszeit erhält, aber dem Kloster dienstpflichtig ist. Auch die beiden Töchter Fritheiin und Kunigund sollten mit solchen unfreien Männern des Klosters verheiratet werden und nur unter dieser Bedingung mit dem Allod ihrer Eltern in Sarna belehnt werden. So blieb Sarna mit Prüm eng verbunden.

Trotzdem finden wir in dem Prümer Güterverzeichnis, das Exabt Cäsarius von Prüm 1222 in Heisterbach als Glossar des Urbars von 893 herausgab, Sarna nicht angegeben. Dies erklärt sich aus folgendem: Durch die Gründung des Benediktinerstiftes von Münstereifel, einer Tochtergründüng Prüms, wurden Kirchsahr und Houverath dem Stift in Münstereifel übertragen, so daß Cäsarius von Heisterbach es 1222 nicht mehr erwähnt. In einer Urkunde von 1266 werden Sarna und Vischel als Pfarreien genannt.

Im Liber valoris wird 1316 Sarne als große Pfarrei aufgeführt, die wegen ihres Umfanges außer dem Pfarrhern noch einen Vikar hatte. Wir wissen nicht, in welchem Jahre Sarna Pfarrei wurde. Da es aber während des ganzen Mittelalters die Mutterpfarrei von Houverath und Effelsberg war, so können wir auf ein hohes Alter der Pfarrei Sarna schließen.

Zum Kirchspiel gehörten noch Binzenbach, Burgsahr, Hürnig, Winnen und Flittersdorf; letzteres erhielt mit der Maternuskapelle 1752 einen Vikar.

Kirchsahr und Burgsahr werden im 14. Jahrhundert Sarne superius und Sarne inferius, also Ober= und Untersarne, genannt. Später erhielt jenes wegen der Pfarrkirche den Namen Kirchsahr und letzleres wegen der Burg den Namen Burgsahr.

Vor tausend Jahren kam also Sarna zu Prüm; der Ort ist aber bedeutend älter.

Ob die Pfarrei Sarna auch schon tausend oder mehr Jahre alt ist, kann angenommen werden, ist aber noch nicht urkundlich belegt.

Kirchsahr kann also über eine mehr als 1000jährige Geschichte zurückblicken.