Stadt und Herrschaft Königsfeld im Mittelalter

VON JAKOB RAUSCH *)

Königsfeld, am Vinxtbach gelegen, trägt mit Recht »einen stolzen Namen. Als königseigcnes Dorf lag es in der Mitte des königlichen Reichsgutes, das sich von der Kaiserpfalz Sinzig im Osten südlich der Ahr bis zum Adenauer Bach im Westen erstreckte.

Es wird 992 als Cuningesveld in der kaiserlichen Urkunde Ottos 111. zuerst genannt, in der er seinen Getreuen, den Brüdern Sigibodo und Richwin (den Ahnen der Grafen von Are) einen Bannforst schenkte, dessen Mittelpunkt der Pfarrort Cuningesveld (Königsfeld) war. In ähnlicher Weise hatte schon im Jahre 762 der Frankenkönig Pipin, als er auf der Königspfalz in Sinzig weilte, dein Kloster Prüm Kesseling mit dem Waldgebiet Meliere geschenkt. Der Sohn des Staufenkaisers Friedrich II., König Heinrich VII., übertrug seinem Getreuen Girichin von Sinzig im Jahre 1226 das Patronatsrecht über die Kirche von Königsfeld mit der Bestimmung, daß der dortige Pfarrer auch den Gottesdienst auf der Laudskrone besorgte. Zum Kirchspiel gehörten: Königsfeld, Dedenbach, Schalkenbach und Vinxt. Später war aber immer der jeweilige Besitzer der Herrschaft Königsfeld Patronatsherr der Kirche.

Königsfeld erhält die Stadtrechte

Kaiser Rudolf von Habsburg belehnte im Jahre 1276 den Burggrafen Gerhard II. von Landskrone mit dem Königsfelder und Heckenbacher Ländchen. Sein Sohn Gerhard III. erhielt vom Kaiser Ludwig dem Bayer 1336 für Königsfeld die Stadtrechte. Die Gründungsurkunde. besagt: „Kaiser Ludwig hat zu Passau um l, 9. 1336 zum Lohn für die getreuen Dienste Gerhards von Landskron dessen bescheidenen Leuten, die in Königsfeld in der Feste bei der Kirche wohnen, aus besonderer Gnade gestattet, ihren Ort mit Mauern und Graben zu umgeben wie eine Stadt, dazu das Recht gewährt, jeden Sonntag Wochenmarkt zu halten und jährlich am Sonntag vor dem Laurentiustag (10. August) einen Jahrmarkt.

Die Marktbesucher genießen den Schutz des Reiches. Die Bürger von Königsfeld sollen Freiheit, Recht, Urteil, Ehre und gute Gewohnheit haben wie die Stadt Boppard."

Mit Stolz nannte sich nun Königsfeld Stadt und Städtchen, später aber nur Flecken und seit dem 18. Jahrhundert nur Dorf. Der 1. Stadtherr von Königsfeld, Gerhard HI. von Landskrone, bestimmte in seinem Testament von 1366, daß seine Erben Haus und Stadt, Land, Leute und Güter zur Königsfeld ungeteilt behalten und die Stadt in ihrer Freiheit, wie der Kaiser sie „gefreit" hat, lassen sollen. Hier ist von einem Haus die Rede, ja es war ein Herrenhaus, das mit Recht den Namen Burg verdiente. Im Jahre 1622 wurde die Burg erneuert und vergrößert.

Königsfeld besaß eine Burg

Nach dem Codex Welser, der ein sehr gutes Bild der Burganlage gibt, handelt es sich um eine Burg, bestehend aus einer dreiflügeligen Vorburg und der Hauptburg mit zwei großen Wohngebäuden. Letztere waren dreigeschossig und mit schönen Treppengiebeln versehen. Im vorgebauten viereckigen Turm lag der Eingang, davor war ein ansehnlicher Hof. Dieser war an beiden Längsseiten von Gebäuden mit Rundtürmen an den Ecken besetzt. Die vierte Seite wurde von einer großen Mauer mit Tor geschlossen. Hierhin führte von der Vorburg her die Zugbrücke. Ein Wassergraben umgab die ganze Anlage.

Eine Zeichnung von René Roidkin zeigt die Hauptburg als ein imposantes dreigeschossiges Gebäude mit rechteckigem Grundriß und Vorbau auf der Südseite. Ein kleiner runder Treppenturm an der Südostecke und ein viereckiger Turm, mit der im 18. Jahrhundert beliebten „welschen Haube" an der Südwestecke vervollständigen das interessante Bild der Burg, deren mächtiges, steiles gewähntes Dach alle Nebengebäude charakteristisch überragte.

*) Vergl. Jahrbuch 1936, Seite 144: „Stadt Königsfeld" von Archivdirektor Dr. Scbauß

Von der Stadtbefestigung

Nach Verleihung der Stadtrechte 1336 begannen die Bewohner alsbald mit der Stadtbefestigung, mit der Herstellung eines Grabens, eines Walles und einer Mauer mit Stadttoren. Es werden auch 2 Türme genannt: der Bockskopf- und der Waldecksturm.

Ein Rest der Stadtmauer ist am, Westrande des Ortes als bruchsteinerne Böschungsmauer bis zu 6 m Höhe erhalten.

Die Stadt Königsfeld wußte ihre Rechte zu wahren

Als reichsunmittelbarer Ort trug er seine Beschwerden direkt dem Reichskammergericht in Speyer vor. Drei Beschwerden seien hier berichtet:

Die erste Beschwerde richtete sich 1588 gegen den berüchtigten Kriegsmann Martin Schenk von Nideggen, der, wie der letzte Graf von Neuenahr, Adolf, für den abgesetzten Kölner Erzbischof Gebhard Truchseß kämpfte, dabei Königsfeld überfiel und die freien Leute zu Frondiensten und zu Lieferungen zwang. Der Rechtsstreit erledigte sich durch den Tod des gewalttätigen Söldnerführers. Die zweite Beschwerde wandte sich im gleichen Jahre 1588 gegen den Nachfolger von Gebhard Truchseß, den Kölner Kurfürsten Ernst, der die Herrschaft Königsfeld als kurkölnisches Lehen betrachtete und sie demgemäß mit Steuern und Kriegslasten belegte. Mit Freimut verfochten die Bürger die Reichsunmittelbarkeit ihres Ländchens und bekannten sich als Untertanen der Waldbotten von Bassenheim, die Rechtsnachfolger der Herren von der Landskrone waren.

Verfassungsgeschichtlich aber noch ergiebiger erscheint ein anderes Schriftstück aus dieser Zeit. Am 31. Juli 1593 schickten Bürgermeister, Bürger und sämtliche Einwohner des kaiserlichen Freistädtchens Königsfeld Abgeordnete nach Boppard mit einer Abschrift ihrer Stadtrechtsurkunde von 1336 und einer ausführlichen Eingabe an Bürgermeister und Rat der Stadt. Sie berichteten, daß sie wie ihre Vorfahren die Freiheit, mit der sie gleich der Stadt Boppard begabt und geehrt gewesen seien, genossen und in Übung gehalten haben ohne Einspruch ihrer Landesherren. Aber vor einigen Jahren sei hispanisches Kriegsvolk etliche Wochen lang in Königsfeld gewesen, und dieses habe ihr bürgerliches Eisenhalsband abgebrochen. Das Halsband befand sich bei der Kirche auf dem Marktplatz an einer Linde neben dem „ewiglich" da aufgerichteten hohen Kreuz, an dem eine eiserne Hand und ein Schwert hängt. Mit diesem Hals-. band hätten Bürgermeister und der Rat der Bürger von jeher gewisse Übeltäter bestraft, wie sie beweisen könnten, und Zwar ohne daß die Landesherren sich eingemischt hätten. Nun aber, als sie das von den Spaniern fortgenommene Halsband wieder angebracht hätten, da habe die Landesherrschaft befohlen, es zu beseitigen, sonst werde der Landschultheiß beauftragt, es binnen 8 Tagen im Namen der Obrigkeit abzureißen. Sie haben einen weiteren Ausstand von 14 Tagen erwirkt und bitten nun ihr Oberhaupt Boppard um mündliche Unterweisung ihrer dorthin entsandten Mitbürger, wie es mit dem Halseisen gehalten werde, dann auch, wie es mit den Bau- und Wachtdiensten der zur Stadt gehörigen Dörfer stehe. Sie seien gesonnen, ihre Gerechtsame zu verfechten und mit kaiserlichen Rechtswegen, d. h. vor dem Reichskammergericht. Man findet nicht allzuviele derartig anschauliche Zeugnisse über die Zeichen der Freiheit, die eine Stadtrechtverleihung des 14. Jahrhunderts im Gefolge hatte. Königsfeld besaß ein Marktkreuz, das Sinnbild des Marktfriedens. Und es hatte daneben einen Pranger, mit dem die Gemeindevertretung „der burgermeister durch sich und auß rhatt der burger", manche, wahrscheinlich nur kleinere Vergehen, ahnden konnte, bis die Herrschaft nach den Begriffen der entwickelteren Landeshoheit mit diesem anstößig gewordenen Rest mittelalterlicher Strafgerichtsbarkeit aufzuräumen suchte.

Wir erfahren nicht, was die Bopparder Ratsherren damals den Königsfelder Boten gesagt haben. Zu einer Klage bei dem Reichskammergericht ist es anscheinend nicht gekommen. Das Siegel, mit dem die rührigen und pflichteifrigen Vertreter der Gemeinde Königsfeld damals in den schweren Zeiten des ausgehenden 16. Jahrhunderts ihre Schreiben beglaubigten, zeigt im Bild das Haupt eines Bischofs mit hoher Mitra, d. i. sicher der hl. Nikolaus, der Schutzheilige der Pfarrkirche, und die lateinische Umschrift sagt auch, daß es das Siegel der Kirche in Königsfeld ist, während die Stadtväter es in gutem Glauben als ihr Schöffensiegel ausgaben. So hat es den Anschein, als ob Königsfeld, dem auch sonst trotz seiner kaiserlichen Freiung, seines Marktkreuzes und des Prangereisens so manches zu einer wirklichen Stadt fehlte, nicht einmal ein eigenes Siegel geführt habe.

Foto: H. Esch
Königsfeld

Über 200 Jahre kämpften die Bewohner um ihre städtischen und bürgerlichen Freiheiten. In diesem Kampfe gegen die Waldbott von Bassenheim, die um diese Zeit die Landesherren waren und die freien Bürger wie Leibeigene behandelten, zeichnete sich um 1650 Franz Junker von Königsfeld aus.

Leider unterlagen die Königsfelder trotz ihres Mutes der starken Gewalt.

Das bestätigte die Verwaltungsordnung der Waldbott von Bassenheim vom 7. Januar 1708 (vgl. Jahrbuch 1940, S. 143 ff). Siebzehn Vorschriften beschränken die bürgerlichen Freiheiten und beleuchten den Geist der Zeit des Absolutismus.

Die Herrschaft Königsfeld

Sie bestand aus 3 Teilen:

1. Herrschaft Königsfeld mit Dedenbach, Bassenheim bei Koblenz, Sevenisch (Kreis Zell) und Schloß Monaise bei Trier.

2. Das Kirchspiel Heckenbach mit Ober- und Niederheckenbach, Kassel, Watzel, Fronrath mit Hof Langhart und Kohlhof.

3. Das Gericht Herrschaft Herresbach südlich der Hohen Acht (Kreis Mayen).

Wer war nun der Besitzer der Herrschaft Königsfeld ?

Seit 1276 waren die Burggrafen von der Landskrone laut kaiserlicher Belehnung Besitzer dieser Herrschaft.

Im Jahre 1371 wurde das Landskroner Erbe geteilt. Dadurch kam Königsfeld unter die Erben Friedrich von Tomburg und Dietrich von Schönberg. Letzterer verkaufte 1375 seinen Anteil an Friedrich von Tomburg.

1397 ist auch Johann von Eynenburg Mitbesitzer der Herrschaft. Auch hatte der Burggraf von Hammerstem Redite in Königsfeld, die 1421 Johann von Eynenburg teilweise zufielen, während der andere Teil des Hammersteiner Erbes durch Irmgard von Hammerstein an deren Gatten Wilhelm, Herrn von Reichenstein, fiel. Der Anteil Friedrichs von Tomburg an Königsfeld gelangte an dessen Schwiegersohn Kraft von Saffenburg-Neuenahr. Dieser räumte 1412 und 1435 den Grafen von Virneburg Pfandrechte über die Herrschaft Königsfeld ein. Die Hälfte der Burg verpfändete er 1429 an seinen Schwiegersohn, Ritter Peter von Eich, und hernach an dessen Schwiegersohn Goddhart von Drachenfels.

Im Jahre 1436 beschwerte Graf Johann von Saftenburg-Neuenahr den Burgfrieden von Königsfeld, wonach sein Vater Kraft im ungestörten Besitz der Burg bleiben sollte. Wilhelm von Sombreff, Herr zu Kerpen, hatte als Schwiegersohn von Kraft laut Heiratsverschreibung Rechte an der Burg.

Nach dem Tode Friedrichs wurde sein 2. Schwiegersohn Lothar Quad Erbe in Königsfeld. Er

schwur mit dem Mitbesitzer Johann von Eynenburg im Jahre 1460 den Burgfrieden. Einige Jahre später finden wir auch als 3. Mitbesitzer die Waldbott von Bassenheim, da Otto Waldbott Apollonia von Drachenfels geheiratet und sein Vater Johann Waldbott schon vorher die Virneburgischen Rechte durch Kauf erworben hatte. Der Eynenburgische Anteil kam an Radbod von Plettenberg und hernach an seinen Schwiegersohn von Harff. Im Jahre 1659 erwarb der Herzog von Jülich Rechte an der Burg Königsfeld, die nun als Jülichsches Lehen angesehen wurde, so daß wir den Besitzer Johann Heinrich, Waldbott von Bassenheim, im Jahre 1610 im Jülichschen Landtag zu Düsseldorf sehen.

Die reichsunmittelbare Herrschaft Königsfeld war fortan nun im Alleinbesitz der Waldbott von Bassenheim.

Nach dem Tode Antons I. teilte sich das Geschlecht in 3 Linien:

die Waldbott

1. von Bassenheim,
2. von Gudenau,
3. von Bornheim, Olbrück, Königsfeld.

Eine Generation später teilte sich letztere Linie wieder in 3 Geschlechter:

1. von Bornheim,
2. von Olbrück,
3. von Königsfeld.

Diese Königsfelder Linie starb 1767 aus. Das Erbe wurde unter die Bassenheimer und Bornheimer geteilt. Königsfeld kam zu letzteren Linie.

Durch den Reichsdeputationshauptbeschluß von 1803 verloren die Waldbott Königsfeld ohne Entschädigung. Hernach wurde die Gemeinde Besitzerin des zerfallenen alten Burghauses. Im Jahre 1830 ließ die Gemeinde die Ruine abbrechen. Die Steine wurden zum Bau der Schule benutzt. Heute durchschneidet die Umgehungsstraße das eingeebnete Gelände, das am Westrande des Dorfes liegt.

In der Franzosenzeit war Königsfeld eine Mairie, zählte nur 65 Einwohner und gehörte zum Kanton Wehr, zum Arrondissement Bonn, zum Departement Rhein und Mosel mit der Hauptstadt Koblenz.

Seit 1816 ist Königsfeld ein Bürgermeisterort des Kreises Ahrweiler im Reg.-Bez. Koblenz. Um 1930 wurde das Bürgermeisteramt nach Niederzissen verlegt. Das Wappen des Amtes Niederzissen zeigt rechts das Wappen der Waldbott und links den viereckigen Bergfried der Olbrück.

Aus dem Königsfelder Schöffenweistum vom 10. April 1532

Zur Zeit des allerdurchlauchtigsten und großmächtigsten Herren Karls (V.), römischer Kaiser in Germanien, König in Spanien, beider Sizilien, Jerusalem, Ungarn, Dalmatien, Kroatien u. a. Kaiser, König, Herzog, Graf usw. im 13. Jahre seiner Regierung (1519—1556) am Gunstag (Godanstag = Mittwoch) nach Weißen Sonntag haben sich auf dem Dingplatz in Königsfeld unter dem Vorsitz des Schultheißen Johann Hoffmami aus Schalkenbach die Schöffen und die Landleute zum Geding versammelt. Nachdem der Schultheiß das Geding gehegt und gepflegt hatte, fragte er, wem die landesherrlichen Rechte zuständen; es antworteten die Schöffen und Landleute:

„Nur die Herren von der Landskrone und diejenigen, die Rechtsnachfolger der Landskroner Herren sind, haben beim Königsfelder Gericht zu richten über Zucht und Unzucht, Gebot und Verbot, Glockenschlag und Kirchengift (Zehnten) über Raufereien, Brand und alle Gewalt-Sachen." Nun trug der Schultheiß auf Veranlassung des Junkers Raboth von Plettenberg, Herr zu Landskrone und Dreiborn, die Frage vor, wer den Schultheiß des Gerichtes zu Königsfeld ein- und abzusetzen die Macht habe.

Auf diese Frage sind die Schöffen und Landleute hinausgegangen, haben sich bedacht und Rat gehalten. Dann kamen sie wieder herein, und der Älteste der Gemeinde Johann Weiler sprach: „Der Ritter Claus vom Drachenfels und der Junker Cone zu Eynenberg, Herrn der Landeskrone, haben auf dem Burghof von Königsfeld als Schultheiß den alten Heinrich Kotmar für beide Herren eingesetzt."

Dann haben Schöffen und Landleute einmütig diese Aussage beteuert. Als Schöffen treten hier auf:

Heinrich Engels von Koenynksfelt (Königsfeld),
Klaus Kloeckner von Koenynksfelt,
Johann Meyer von Deydenbach (Dedenbach),
Klaus Entzen von Deydenbach,
Johann Kelter von Deydenbach,
Jakob Hase von Deydenbach
und Peter in der Esten.

Der anwesende Notar Jakob Moißeller schrieb das Protokoll als Notariatsinstrument nieder.

Zeichnung: Ernst Boote
Zeichen der städt. Freiheit

Auf der Rückseite des Weistums wurde später vermerkt: „Anno 28, Juni 1554 ist Quirin Kotmar als Landesschultheiß eingesetzt und vereidigt worden."