Das Kloster Maria Laach im 19. Jahrhundert

VON P. CLEMENS OTTEN

Das Kloster Maria Laach zwischen Ende und Neubeginn (1802-1863)

Über 700 Jahre hatten Benediktinermönche im Kloster der heiligen Maria zu Laach gebetet und gesungen. Große Zeiten beseelter Frömmigkeit und hochgemuter Opfergesinnung befanden sich darunter. Was darum Ende des 18. Jahrhunderts dem Kloster am See von den Söldnern der französischen Aufklärung angetan wurde, war kein gerechtes Urteil: Inn Jahre 1797 beraubten einfallende Franzosen Kirche und Kloster und verwüsteten sie. Am 27. September 1801 lösten die französischen Besatzungsbehörden den Laacher Güterbesitz auf. Kein dreiviertel Jahr später war das Ende gekommen. Das Säkularisationsedikt, von Napoleon am 9. Juni 1802 unterzeichnet, zog den Schlußstrich unter die Geschichte der alten Abtei Laach. Am Tage darauf schloß Laachs letzter Abt, P. Thomas Kupp, seine Augen.

Das von aller beweglichen Ausstattung leergeräumte Kloster mit der Kirche ging in den Besitz des französischen Staates über und wurde der Ehrenlegion als Dotation überwiesen. Man zog Nutzen aus der Domäne, so gut tnan konnte. Im Jahre 1812 entschlossen sich die französischen Machthaber, die Kirche, das Kloster und den umliegenden Besitz von etwa 500 Morgen behauten Land und 1435 Morgen See zu veräußern. Aber die 85000 Francs, die geboten wurden, erschienen den französischen Behörden zu wenig. Der Verkauf unterblieb und wahrscheinlich entging dadurch das herrliche romanische Münster am Laacher See dem Schicksal der Zerstörung, dem manche andere Kirchen anheimfielen. Das Kloster blieb französische Domäne und ging als solche im Jahre 1815 in den Besitz Preußens über.

Die königliche Regierung in Koblenz bemühte sich sogleich, das Gut zu verpachten. Für die Klosterkirche konnte der Staat nichts tun, da die Kassen infolge der langen Kriegsjahre leer waren. Das kostbare Gebäude muß sich damals in einem traurigen Zustand der Verödung befunden haben. Das Dach war undicht, sämtliche Fenster waren zertrümmert, der eindringende naßkalte Wind, Regen und Schnee hatten Mauern und Gewölbe durchfeuchtet. Infolge der ungünstigen Lage der Kirche waren die Fundamente durch die von den Bergen herabströmenden Wasser durchnäßt. Zahlreiche Risse im Mauerwerk und an den Gewölben machten den Verfall sichtbar. Gerne hätten die preußischen Regierungsbehörden das Klostergut mitsamt der Kirche unter der Bedingung ihrer Unterhaltung verkauft, um sich der belastenden Verpflichtung zu entledigen. Aber dafür fanden sie keinen Käufer. So wurde am 24. Januar 1820 nur das Klostergut versteigert, das für 24900 Reichstaler in den Besitz des preußischen Regierungspräsidenten in Trier, Daniel Heinrich Delius, überging.

Die Regierung trug weiterhin die Verantwortung für die Klosterkirche, ohne für ihre Erhaltung etwas tun zu können. Was waren 716 Talei, die im Jahre 1824 aus dem Haupt-Extraordinario der General-Staats-Kasse für die wichtigsten Reparaturen bewilligt wurden? Danach geschah wieder lange Jahre so gut wie nichts an der Kirche; sie litt, vor allem auch durch Diebstähle, weiter Schaden. Erst als im Jahre 1840 die königliche Familie in Berlin für die Erhaltung des Münsters gewonnen werden konnte, wurde mit erfolgversprechenden Restaurierungsarbeiten begonnen. Unermüdlich war der Bauinspektor Nebel aus Koblenz um die Kirche besorgt. Unter seiner Leitung wurden die Gurtbögen der Gewölbe durch eiserne Zugstangen gesichert und die klaffenden Fugen im Mauerwerk geschlossen. Die Kirchenfenster wurden neu verglast. Das ganze Gebäude konnte durch Entwässerungsanlagen trockengelegt und der Fußboden des Kircheninnern, der irr der Barockzeit wegen der großen Feuchtigkeit um ehren Meter erhöht worden war, tiefer gelegt werden.

In dem Maß, als sich die Staatsbehörden des Münsters am See annahmen, wurde Laach bekannt, und die Zahl seiner Besucher wuchs ständig. Damals kam der Gedanke auf, die Kirche für den Gottesdienst einzurichten. Der Raum wurde reit einer allerdings verunglückten Bemalung versehen, ein Altar und eine Kanzel, auch eine Kommunionbank wurden aufgestellt, aber die Eröffnung des Gottesdienstes unterblieb. In dem barocken Gartenhaus am Ostchor der Kirche war von dem Besitzer des von Kolbschen Hauses in Wassenach eine Gastwirtschaft eingerichtet worden, die sieh unter dem Namen „Zum Laacher Hecht" großer Beliebtheit erfreute und eben wegen der Hechte, die der Wirt auftischte, weite Berühmtheit erworben hatte. Die kleine Gaststätte muß zu Zeiten sehr stark besucht worden sein, denn wollen wir den romantischen Reiseschilderungen jener Tage glauben, gab es selbst auf den Gängen kein Plätzchen, wo nicht ein Bett aufgeschlagen war. Der idyllische Frieden des Laacher Seetales wurde jäh gestört, als am Abend des 28. Januar 1855 helle Flammen aus dein Dach der Klostergebäude herausschlugen. Mitreißender Schnelligkeit verbreitete sieh das Feuer über alle Wohnund Wirtschaftsgebäude der Familie Delius. Die Jahresernte, die auf dem Boden der ehemaligen Klostergebäude lagerte, wurde vernichtet. Die Bewohner konnten sich nur mit knapper Not retten. Wegen der abgeschiedenen Lage des Klosters bemerkten die umliegenden Dörfer von dem Brand bis zum Morgen nichts. Nur die Bewohner von Bell, denen sieh später die von Obermendig zugesellten, eilten mit einer kleinen Feuerspritze durch den hohen Schnee und die Kälte der Winternacht nach Laach. Ihnen ist es zu danken, wenn die Kirche außer kleinen Beschädigungen durch die Flammen, die bereits das Dachgestühl des Querhauses und des Seitenschiffes erfaßt hatten, verschont geblieben ist.

Auf dem Gutshof entstand nach dem Brand große Not. Die abgebrannten Klostergebäude mußten wieder aufgebaut werden. Der Regierungsrat Zwirnei von Köln entwarf den Plan zum netten Hauptgebäude im Anschluß an das südliche Querhaus. Die alte Prälatur südwärts des Westwerks war nicht zu retten gewesen und wurde niedergerissen.

Als nach dem Tod des Koblenzer Regierungspräsidenten Eduard Delius im Jahr 1861 niemand in der Familie sich imstande sah, die Verwaltung des Gutes zu übernehmen, reiften Pläne, das ehemalige Klostergut zu verkaufen. Für das fünffache des Kaufpreises war man bereit, den Besitz abzugeben. Die als sehr hoch geschätzte Summe von 130000 Talern wurde trotzdem von dem Jesuitenpater Franz Lovis, der als Laie incognito die Verhandlungen führte, angesichts dringender Notwendigkeiten des Ordens zugestanden. Am 24. Januar 1863 wurde in Köln der Kaufvertrag geschlossen.

Mit dem Einzug der Jesuitenpatres in die Gebäude der alten Benediktinerabtei Laach war die Zeit geistlicher Verwaltung beendet. Noch blieben die Tore der ehrwiirdigen Klosterkirche verschlossen, aber zu Gottes größerer Ehre geweihtes Leben und Arbeiten regte sieh wieder im Laacher Seetal, über das unter dem Schutz der Gottesmutter ein neuer Name aufleuchtete: Maria Laach.

Vom Leben und Wirken der Gesellschaft Jesu in Maria Laach (1863-1892) Manch einer wird sich verwundert fragen, wie es dazu kam, daß die Gesellschaft Jesu - bekannt als „weit-offener" Orden - in einer einsamen, verlassenen Benediktinerabtei ihr größtes Studienhaus errichtete. Man muß sich das rasche Wachsen des Ordens in Deutschland vergegenwärtigen, der im Jahre 1849 für die „Oberdeutsche Provinz" 15 Mitglieder zählte, nach drei Jahren bereits 210, und um 1860 war die Zahl auf weit über 400 Ordensangehörige angestiegen. Diesem starken Zuwachs war keine der Niederlassungen mehr gewachsen. Die Gründung vor allem eines neuen Studiensitzes war dringend geboten. Die verlassene Abtei Laach war für die Anliegen der Gesellschaft Jesu ideal. Sie lag in friedlicher Ländlichkeit geborgen, die Züfahrtswege waren unerschlossen, und die Natur rund um den See hatte den Reiz seltener Unberührtheit. In solcher Umgebung konnte sich die aufwachsende und studierende Ordensjugend in aller Ruhe auf ihre priesterlichen Aufgaben vorbereiten.

Anfang Mai 1863 reisten die jungen Philosophiestudenten aus Aachen an, zum Teil durch die Eifel zu Fuß, zum Teil mit der Bahn bis Brohl und anschließendem dreistündigen Fußmarsch durch das schöne, engschluchtige Brohltal. P. Provinzial A. Anderledy, der als der Begründer des Studienkollegs am Laacher See gilt, kam ihnen auf der Höhe von Wassenach entgegen. Schon in den nächsten Tagen begann das Leben mit all den Mühen eines solchen Anfangs und der Umstellung in die neuen Verhältnisse. Als dann im September die jungen Theologen aus Paderborn hinzukamen, entstand schon im ersten Jahr eine große Kommunität. Das neue „Collegium Maximum" der Gesellschaft Jesu auf deutschem Boden war geboren. Am 1. Oktober 1863 lebten in Laach 41 Patres, 111 Scholastiker und 25 Brüder. Mit den 14 Ordensmitgliedern, die auf dem Kreuzberg in Bonn meist zu Studien an der dortigen Universität weilten, gehörten nahezu 200 Jesuiten zum Kolleg am See, eine Zahl, die ungefähr alle Jahre hindurch erhalten blieb. Tüchtige und fromme Männer leiteten das Kolleg bis zu seiner Aufhebung im Jahre 1872, unter denen vor allem der Begründer, P. Antonius Anderledy hervorzuheben ist, ein gebürtiger Schweizer. Im Jahre 1883 wurde er als General an die Spitze des Gesamtordens berufen. Sein Nachfolger und letzter Rektor des Laacher Kollegs war P. Kaspar Hoevel. Seine Amtszeit ist dadurch gekennzeichnet, daß das Haus ein internationales Kolorit erhielt. Zu den deutschen Mitgliedern kamen im Jahre 1870/71 noch 23 Italiener, 5 Spanier und 6 Franzosen.

Es ist erstaunlich, wie viel für den äußeren Aufbau des Kollegs in den Jahren von 1863 bis 1872 geleistet wurde. Schon im Jahre 1864 kam es zum Bau eines großen Wohnflügels seitlich der Abteikirche, den die Benediktiner später in das Pfortenhaus umwandelten. Eine weiträumige Bibliothek im Stil jener Zeit wurde errichtet. Als ein Zeichen humorvoller Gelassenheit mag es gelten, wenn die Jesuitenpatres bei ihrer Ausweisung aus Deutschland der Überlieferung nach den reichen Inhalt ihrer Bibliothek mitnahmen und nur die lateinische Fassung des „Max und Moritz" von Wilhelm Busch zurückließen.

Auch die Anfänge des heutigen Seehotels gehen auf die Jesuitenzeit zurück. Ebenfalls die kleine Kapelle, die rechts der zum Kloster führenden Zufahrtsstraße liegt. Sie wurde auf den Fundamenten der alten Außenpforte, „Wehrthor" genannt, innerhalb weniger Monate errichtet und dem hl. Petrus Canisius geweiht.

Unter der heutigen Friedhofskapelle der Mönche entstand damals eine Gruft, in der 17 Mitglieder des Jesuitenordens beigesetzt sind, unter ihnen der bekannte Bearbeiter des Katechismus, P. Josef Deharbe, und P. Alois Geoffroy, der im Ruf der Hciligkeit in Maria Laach starb. In der „Jesuitengruft" wurden später auch 9 Benediktiner bestattet, darunter der zur Laacher Gründungskolonie zählende P. Anselm Schott, Mönch der Erzabtei Beuron und Übersetzer des römischen Meßbuches in die deutsche Sprache. Für die Neuordnung der Landwirtschaft wurden fast alle Ställe, die bis heute der Gutswirtschaft in Maria Laach dienen, für Pferde, Kühe, Rinder, Schafe und Schweine neu angelegt. Wege wurden verbessert, neue landwirtschaftliche Nutzflächen erschlossen, wertvolle Bäume gepflanzt und vor allem auch eine Fischzucht eingerichtet. Seit jeher war der Laacher See als fischreich bekannt. Hechte, Barsche, Schleie, Weißfische und sogar Krebse fanden sich darin. Die Jesuiten setzten dann die bekannten Felchen ein, die heute eine Spezialität der Laacher Gewässer darstellen.

Maria Laach. nach einem alten Stich

So weitreichend und bedeutend das seelsorgerliche Bemühen der Patres der Gesellschaft Jesu für die ganze Umgegend und weit darüber hinaus gewesen ist, so muß doch die eigentliche Aufgabe der Jesuiten in Maria Laach in der Pflege der Wissenschaft gesehen werden. Schon im Jahre 1864 wurde der Plan einer Zeitschrift entworfen, die sich mit der katholischen Lehre, dem kirchlichen Leben und den Zeitproblemen befassen sollte. Sie trug dann den Titel„Stimmen aus Maria Laach", die nach 1872 zu einem Protest gegen die Ausweisung der Jesuiten 'aus der deutschen Heimat wurde und erst im Kriegsjahr 1414 geändert wurde in die heute bekannten „Stimmen der Zeit".

Bedeutende Gelehrte, die in Maria Laach wirkten, arbeiteten an der Zeitschrift mit. So P. Gerhard Schneemann, Lehrer für Kirchengeschichte und Kirchenrecht. Er begründete in Laach die sogenannte „Collectio Lacensis", eine Sammlung aller Beschlüsse von Kirchensynoden seit 1682 bis zum 1. Vatikanischen Konzil, P. Tiltnan Pesch dozierte in Laach Philosophie. Er schuf die große Reihe der „Philisophia Lacensis", zu der er selbst 8 Bände lieferte, die der Belebung christlich-scholastischer Philosophie dienen sollten. Einen Gelehrten von ungewöhnlicher Leistungskraft besaß das Kolleg in seinem Dozenten für Exegese, der Schriftauslegung, in P. Rudolf Cornely. In dem Kolleg am Laacher See legte er den Grund für den später von ihm in Rom herausgegebenen „Cursus Scripturae Sacrae", eine wissenschaftliche Erklärung der Heiligen Schrift. Ein bekannter Gelehrter war auch P. Petrus Roh, der Dogmatik lehrte und in ganz Deutschland als geschätzter, wortgewaltiger Prediger bekannt war. Auf dem 1. Vatikanischen Konzil war er als theologischer Berater des Bischofs von Paderborn, Konrad' Martin, tätig. Ein weiterer bedeutender Gelehrter, der auf das 1. Vatikanische Konzil maßgebenden Einfluß ausübte, kam aus dem Laacher Kolleg, P. Wilhelm Wilmers, Lehrer für Theologie und Philosophie. P. Augustinus Lehmkuhl wurde weithin bekannt durch seine zweibändige Moraltheologie, die bis 1914 zwölf Auflagen erlebte.

Nicht nur die Geisteswissenschaften, auch die Naturwissenschaften fanden in Maria Laach ihre Pflege. Als Nestor der Laacher Forschung und Lehrtätigkeit mag P. Theodor Wolf gelten. Auf seine Anregung hin entstanden verschiedene Sammlungen im Laacher Kolleg: Schmetterlinge und Insekten, Muscheln, eine zoologische Sammlung mit präparierten und ausgestopften Tieren, eine Münzsammlung, ein Herbarium mit Laacher Flora und vor allem eine reichhaltige Sammlung der Laacher Gesteinsarten. Einen Mitarbeiter von Ruf fand er in P. L. Drossel, der 1871 an die Universität Quito in Ecuador als Professor der Chemie berufen wurde.

Viele Jesuiten haben als Studenten in Laach Grundlage und Richtung ihrer geistigen und religiösen Bildung empfangen. Unter den Seelsorgern seien nur P. Moritz Meschler genannt, der später als Novizenmeister und Provinzial einen großen Ruf erlangte, und P. Wilhelm Eberschweiler. Dieser wurde in Laach zum Diakon und Priester geweiht und wirkte lange Jahre hindurch als Novizenmeister und Seelenführer unter seinen Ordensbrüdern. Als er 1921 starb, verlor man in ihm ein Vorbild selbstloser Gottes- und Menschenliebe. Sein Seligsprechungsprozeß wurde 1951 eingeleitet.

Von Laach aus gingen viele junge Jesuiten in die Weltmission, nach Indien, Brasilien, Nordamerika, Südafrika, auch nach Dänemark und den Färöerinseln. Drei von ihnen wurden zu Bischöfen in Indien geweiht.

„Laacher Schüler" war auch der spätere Ordensgeneral und Kirchenrechtler P. Franz X. Wernz und P. Franz Ehrle, der 1895 zum Präfekt der Vatikanischen Bibliothek und von Papst Pius XI. 1922 zum Kardinal ernannt wurde. Erwähnt werden müssen ferner als Theologen mit internationalem Ansehen die Patres Knabenbauer und Hummelauer als Exegeten, P. Viktor Cathrein als Sozialethiker und P. Viktor Frins als Dogmatiker. Auch P. Alfons Lehmen, der ein bekanntes philosophisches Lehrbuch in deutscher Sprache veröffentlichte, studierte in Laach.

Das Leben der damaligen Zeit trug den Hauch friedvoller Gemächlichkeit, die man gern als gut bürgerlich bezeichnet hat. Dies mag in dem günstig gelegenen Maria Laach das nötige Klima gelassener Unbeschwertheit geschaffen haben, die das Werk der Gesellschaft Jesu in Laach selbst möglich machte und die Lebenswege gar mancher junger „Laacher Jesuiten" mit großen Leistungen befruchten sollte. In selbstverständlichem Wechsel zwischen eifrigem Studium, frommer Übung, gelehrter Akademie und den beliebten Erholungsmöglichkeiten auf dem See und in der benachbarten „Villa" flossen die Jahre dahin.

Schmerzlich traf alle Ordensmitglieder die Ausweisung aus Deutschland. Das „Jesuitengesetz" vom 5. Juli 1872 hatte allen Mitgliedern der Gesellschaft die Tätigkeit in Deutschland verboten. Alle Proteste halfen nichts, alle Interventionen auch einflußreicher Männer und Behörden waren vergeblich. Auch die Laacher Jesuiten mußten das Land verlassen. Die Verwaltung des Laacher Gutes blieb letztverantwortlich in Händen des Grafen Rudolf von Schaesberg, eines alten Freundes der Gesellschaft, und praktisch getätigt von dem sehr gewandten Jesuitenbruder Heinrich Freiträger, der als Rentmeister in zwanzigjähriger Tätigkeit bis zur Rückkehr der Benediktiner im Jahre 1892 zu einem festen Begriff für Behörde und Volk wurde.

Die Wiederbesiedlung Maria Laach durch die Benediktiner im Jahre 1892 Als Papst Pius IX. am 29. September 1860 die beiden Benediktinerpatres Maurus und Plazidus Wolter aus der Abtei St. Paul in Rom nach Deutschland zurücksandte, damit sie in ihrer Heimat wieder benediktinisches Leben erweckten, war es nur natürlich, daß sie ihre Blicke nach dem ihnen bekannten und von ihnen wegen seiner Kirche und seines Sees bewunderten Laach richteten. Aber der Wiedererwerb Laachs war damals wegen der allzu hohen Kosten unmöglich. Doch hat der spätere Erzabt von Beuron, Maurus Wolter, den Plan einer Gründung im Rheinland stets verfolgt, auch als Laach aus den Überlegungen ausgeschieden war, weil es sich im Besitz der Jesuiten befand.

Da schrieb am 27. Juni 1892 Abt Benedikt Sauter von Einaus in Prag an den damaligen Erzabt Plazidus Wolter nach Beuron, daß der Provinzial der Gesellschaft Jesu durch den in Prag studierenden P. München S. J. Maria Laach zum Kauf angeboten habe; „Dieses Kloster ist den Jesuiten zu einsam und zu entlegen und entwöhne ihre Leute zu sehr der Tätigkeit im öffentlichen Leben." In Beuron weckte die Nachricht über die Aussieht eines „deutschen Cluny" teilweise helle Begeisterung. Aber bei allein Gefühl für die Bedeutung des Angebots blieb der Erzabt sachlich. Er führte die Verhandlungen mit großer Sorgfalt. Abt Hildebrand de Hemptinne von Maredsous und P. Robert de Kerchove von Löwen in Belgien, schließlich auch der zur Leitung einer etwaigen Wiederbesiedlung ausersehene P. Prior von Beuron, Willibrord Benzler, später erster Abt des neugegründeten Laach, wurden mit den Besprechungen beauftragt. Nach einem Besuch in Laach wurden zwar gewichtige Bedenken vorgetragen, aber seitens der Gesellschaft Jesu hatte man den Eindruck, daß den Benediktinern das Ganze doch sehr gefiele. Die Verhandlungen erstreckten sich noch weit bis in den Herbst hinein, doch kam es schon am 13. August 1892 zu einer Absprache, die am 22. August in Kessmich bei Bonn von dern Provinzial der Jesuiten, P. Rathgeb, und dem Erzabt von Beuron, Plazidus Wolter, unterzeichnet wurde.

Für die notarielle Bestätigung der Übergabe wollten die Benediktiner die Genehmigung der Niederlassung durch die preußische Regierung in Berlin und die Beseitigung aller Probleme, die um die Benutzung der Abteikirche entstanden waren, abwarten. Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt; ja, man trug sich mit dem Gedanken, den Kaufvertrag nicht zu realisieren, wenn die Kirche nicht benutzt werden könnte. Da erklärte das Kultusministerium am 13. Oktober „die Bereitschaft, die Genehmigung zur Niederlassung in Maria Laach zu erteilen". Damit schien der Wiederbesiedlung nichts mehr im Wege zu stehen. Kleinere Schwierigkeiten sollten zwischen den Jesuiten und Benediktinern mitbrüdeilich geregelt werden.

Am 25. November 1892 traf P. Willibrord Benzler als Prior mit der Gründungskolonie in Maria Laach ein, und sogleich wurde das monastische und liturgische Leben eröffnet. Doch in Wirklichkeit standen . die Dinge noch lange nicht so günstig, wie der Anschein sie erweckte.

Zwischen dem preußischen Regierungspräsidium in Koblenz und der Regierung in Berlin entzündete sich ein heftiger Aktenkrieg, ob die Wiederbesiedlung durch die Benediktiner zu Recht erfolgt sei oder nicht, da die Berliner Mitteilung vom 13, Oktober nur von der Bereitschaft zur Genehmigung gesprochen habe. Erst die Kabinettorder Kaiser Wilhelm IL vom 19. Dezember 1892 klärte den strittigen Punkt und setzte die Benediktinermönche in ihr altes Erbe ein.

Zusammenfassung von Beiträgen aus dem Laacher Heft 32: Benedikt und Ignatius. Gesammelte Aufsätze herausgegeben von P. Theodor Bogler OSB, Verlag Ars Liturgica, Maria Laach 1963.