Aus "Des Ahrtals gastlich Angebot"
12 Ansichten vom Ahrtal

Zuneigung

Des Ahrtals gastlich Angebot
ist wie ein dunkles Abendrot,
wie ein Rubin, der flammt und glüht,
erhebend wie das „Hohe Lied",

Gott selber, der die Kelter trat,
den Saft im Faß gesegnet hat.
Wer diesen Wein, der vor uns steht,
genießt und ehrt, tut ein Gebet.
Wohlan, so laßt uns beten!

*

Zum Weinfest: Königlicher Erlaß

Bacchus, Wir der Wohlgesinnte.,
König von Ahrtalien,
Prinz von Burgund, Portugalien,
Graf von Landskron und so weiter
haben heute dankbar-heiter,
angeregt durch unsre Räte,
gern beschlossen eine Fete,
weil der Wein durch Gottes Gnaden
dieses Jahr so gut geraten.

Und so hab ich ausgesonnen:
Auf dem Marktplatz steh' ein Bronnen,
der aus sieben güldnen Kranen
Rotwein schänkt den Untertanen.
Mädchen jung, mit Rebenkränzen,
sollen diesen Wein kredenzen.

Und an langen Eisenspießen
sollen Ochsen wie die Riesen
überm Feuer bratend rollen.
Kurz: Man schöpfe aus dem Vollen.
Morgens soll Musik erschallen,
und bei frohem Böllerknallen

sollen alle Glocken läuten,
Herolde die Stadt durchreiten
und, die Kinder zu erfreuen,
Bonbons und Pralinen streuen.
Alle Schulen haben frei, ebenso die Polizei.

Lehrer kriegen außer Braten
noch dazu fünf Golddukaten.
Ehrentrunk und Ehrenschuß
ziemt dem Herrn Kanonikus.
Geht er auch nicht in den Wingert
so hat er doch gefingert,
daß der Herr in seinen Gnaden
ließ den guten Wein geraten.

Zu der Wirte Nutz und Frommen
seien Gäste auch willkommen;
doch nur die, die sich benehmen.
Andre mögen sich bequemen
fern von uns daheim zu bleiben,
ihren Unfug dort zu treiben.
Was ich nicht verhehlen möchte:
Wachsam werfen meine Knechte
ins Verließ vom alten Bau,
wer hier tobt wie eine . . .

Denn der Wein, mit Müh gediehen,
ist vom Herrgott uns verliehen,
zu verschönern unser Leben,
unsre Geister zu erheben.
Ahrburgunder, herb und süß
läßt uns schaun ins Paradies,
daß uns einst durch Satans Finte
jämmerlich verloren ging.
Also trinke, lache, sing',
nicht zuviel und nicht zu wenig!
Eures Tales stolzer König:
Bacchus, der Euch Wohlgesinnte.

Nachwort

Von der Ahr, dem munteren kleinen Fluß, der von den Höhen der Eifel kommt und in zahlreichen Windungen zum großen Strom drängt, künden diese Blätter. Der Zeichner hielt die oft bizarren Formen dieser romantischen Felslandschaft, steile Bergflanken, an denen die dunkle Burgundertraube gedeiht, das pittoreske Bild der Burgruinen, die Schöngestaltigkeit der Kirchen und Klöster, die reizvollen Dörfer mit ihren Gassen und Winkeln und das vom Mittelalter geprägte Ahrweiler in seinem Skizzenbuch fest. Neben die bildliche Darstellung tritt der Lobpreis des Dichters. Was der Künstler damals mit dem Zeichenstift eingefangen, und was der Dichter so lebendig geschaut hat, will nun Auge und Herz des Betrachters der vorliegenden Blätter erfreuen. Wenn diese Aufgabe, die sich die kleine Schrift gestellt hat, erfüllt wird, dann sind die Blätter mit Bild und Wort nicht umsonst in die Öffentlichkeit gegangen.

Gustav Täubert wurde 1817 in Dresden geboren, studierte an der dortigen Akademie und war seit 1850 als Lehrer für Handzeichnungen an einer Dresdner Schule tätig. Er schuf zahlreiche Landschafts- und Architekturbilder in Bleistift-, Feder-, Sepia- oder Tuschzeichnung. Viele Bilder sind das Ergebnis von Reisen nach Schlesien, Bayern, Tirol und an den Rhein. Die Ahrtalblätter dürften zwischen 1850 und 1860 entstanden sein.

Es will nicht von ungefähr erscheinen, daß der Schöpfer der schönen Gedichte Josef Kreutzberg heißt. Er ist ja durch seine Vorfahren aufs engste mit dem Land an der Ahr verbunden, war es doch ein Georg Kreuzberg, der vor mehr als hundert Jahren jene Quelle entdeckte, die den Namen der Ahr, den Namen Bad Neuenahr in die Welt getragen haben. Josef Kreutzberg wurde 1896 geboren. Seine Jugendjahre verlebte er im rheinischen Hemmerden. Seit 1927 wirkt er als Facharzt in Ahrweiler und seit etwa zwanzig Jahren in Bad Neuenahr. Er verbindet Arzttum mit musischer Begabung, aber auch mit einem ausgeprägten Sinn für archäologische Studien, wie seine wertvolle Sammlung von Ausgrabungsgegenständen aus vergangenen Kulturepochen beweist. Gerade diese Funde bringen ihn in unmittelbare Verbindung mit dem Land an der Ahr, von dem die Blätter und Verse dieses Heftes erzählen.


Nach der Natur gezeichnet von G. Täubert, lithographiert von O. von Gersheim
Mit Gedichten von Josef Kreutzberg und einem Nachwort von Dr. W. Ottendorff-Simrock
Gedruckt nach alten Originalen bei R. Warlich, Ahrweiler
Verlegt von der Buchhandlung „Die Bibliothek", Ahrweiler