Reiche Ernte eines Lebens

Zeugnisse für ein erfolgreiches Wirken

VON DR. DR. W. OTTENDORFF-SIMROCK

In der Reihe der Landräte, die der Landkreis Ahrweiler im Laufe von 150 Jahren an seiner Spitze gesehen hat, ist Werner Urbanus einer der profiliertesten. Seine vierzehnjährige Amtszeit im Dienste der Kreisbevölkerung zeichnet sich aus durch eine zielbewußte Aufbauarbeit, die noch im Schatten des verlorenen Krieges stand, und wird durch eine weitsichtige und energisch betriebene Durchführung großer Projekte charakterisiert. 

               Foto: J. u. H. Steinborn

Als Regierungspräsident Dr. Sommer, Koblenz, dem durch Erlaß des Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz vom 3. 2. 1951 zum kommissarischen Landrat des Kreises Ahrweiler ernannten Oberregierungsrat a. D. Werner Urbanus am 22. Februar 1951 sein Amt übergab, erfolgte diese Einführung noch in Anwesenheit von Abgesandten der französischen Besatzungsmacht: des Bezirks- und des Kreisdelegierten. Der Regierungspräsident wies in seiner an die Vertreter der politischen Parteien, der Geistlichkeit, der Behörden, des wirtschaftlichen und kommunalen Lebens des Kreises gerichteten Ansprache darauf hin, die Bevölkerung dürfe sich glücklich schätzen, in dem neuen Landrat einen vielseitig begabten und im öffentlichen Dienst bewährten Beamten als Verwaltungschef zu erhalten.

Diese Feststellung wird durch einen Blick auf den persönlichen und beruflichen Werdegang von Landrat Urbanus in ihrer Richtigkeit bestätigt: Am 31. 10. 1899 in Niederzerf (Kreis Saarburg) geboren, studierte Werner Urbanus von 1922 bis 1926 Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Bonn. Am 12. 2.1926 legte er das Referendarexamen, am 10. 8. 1929 die große juristische Staatsprüfung ab. Nach der Ernennung zum Gerichtsassessor und einer anschließenden Beschäftigung als Richter beim Amtsgericht in Trier war er mehrere Jahre als Regierungsassessor beim Polizeipräsidium in Dortmund tätig. In der Zeit vom 1. 8. 1930 bis 31. 3. 1936 wirkte er als Dezernent beim Verbandspräsidium des Siedlungsverbandes des Ruhrkohlenbezirks in Essen. Am 1. 8. 1935 erfolgte die Ernennung zum Regierungsrat und Beamten auf Lebenszeit. Vom 1. 4. 1936 ab war Werner Urbanus Dezernent bei der Regierung in Königsberg und später Referent am dortigen Oberpräsidium. Vom 1. 7. 1939 bis Kriegsende war er als Oberregierungsrat und Kommunalreferent bei obersten Reichsbehörden tätig. Nach dem Kriege arbeitete er bis zu seiner Ernennung zum Landrat unseres Kreises als Referent beim Deutschen Städtetag in Köln. I960 wählte ihn der Landkreistag Rheinland-Pfalz zum Mitglied des Vorstandes, 1962 zu seinem Vorsitzenden. 1963 wurde er Vizepräsident des Deutschen Landkreistages.

Eine Übersicht über das Wirken dieses Mannes fällt deshalb nicht leicht, weil die Vielzahl dessen, was er geschaffen hat, einen allzu breiten Raum in diesen Spalten beanspruchen würde. Wir werden deshalb in Zusammenfassungen die Zeugnisse des reichen Wirkens zusammenstellen.

Blicken wir auf das Schulwesen, weil in diesem Bereich ja die Zukunft des Kreises lebendig ist: Das Gebäude des kriegszerstörten Neusprachlichen Gymnasiums Ahrweiler wurde nach Durchführung der Wiederaufbauarbeiten in den Jahren 1951 bis 1952 am 8. Januar 1953 seiner Zweckbestimmung übergeben. Ein Erweiterungsbau wurde 1963 eingeweiht. Das Progymnasium in Adenau erhält einen Neubau, dessen Richtfest im November 1964 stattfand. Wahre Schmuckstücke bilden die neuen Kreisberufsschulgebäude. Nach fast dreiundzwanzig Jahres des Notbehelfs und der Improvisation beschloß der Kreistag, der allzeit tatbereite Helfer der Verwaltung, Anfang Januar 1955, je ein Gebäude in Ahrweiler und Sinzig für die Kreisberufsschule zu errichten. Die feierliche Einweihung fand in Gegenwart der Vertreter des Volkes und des zuständigen Kultusministers am 29. 4. 1958 in Ahrweiler und am 24. 1. 1959 in Sinzig statt. Auch dem Realschulgedanken gegenüber zeigte sich der Kreis aufgeschlossen. So beauftragte der Kreistag nach wiederholten Beratungen 1961 die Verwaltung, eine Realschule für Jungen in Ahrweiler und eine solche für Jungen und Mädchen in Remagen einzurichten. Während die Realschule in Ahrweiler zu Ostern 1962 eröffnet werden konnte, war dies wegen räumlicher Schwierigkeiten in Remagen erst 1964 möglich. Der Bau der Realschule in Ahrweiler geht bereits seiner Fertigstellung entgegen. Besonders augenfällig sind die Fortschritte auf dem Gebiet des Volksschulbaues. Während der vierzehnjährigen Dienstzeit des Landrats Urbanus wurden für die 110 Volksschulen des Kreises 26 neue Schulgebäude errichtet. Hierzu kamen zahlreiche Um- und Erweiterungsbauten. Bis zum Ende des Jahres 1963 sind allein für Volksschulen im Kreise Ahrweiler rund vierzehn Millionen ausgegeben worden. Das Volk im Ahrkreis wird gerade diese Bemühung ihres Landrats Urbanus um die allgemeine Bildung nicht vergessen. Für die Erwachsenenbildung im Kreise Ahrweiler zeichnet das Kreisvolksbildungswerk, dessen Vorsitzender Landrat Urbanus war, dessen Ehrenvorsitzender er heute ist, verantwortlich. Das Kreisvolksbildungswerk zählte im Jahre 1964 achtunddreißig Außenstellen und drei Volkshochschulen. Die Erwachsenen-Bildung im Kreise Ahrweiler nimmt innerhalb des Landes Rheinland-Pfalz einen beachtlichen Platz ein. Besondere Aufmerksamkeit schenkte die Kreisverwaltung dem Kreisstraßennetz, dessen Länge 1951 rund 182 km, 1965 aber bereits rund 223 km betrug. Von 1951 bis 1964 wurden etwa 114 km Kreisstraßen mit einem Kostenaufwand von rd. 10,75 Mill. DM ausgebaut bzw. gründlich instandgesetzt. Ein Schwerpunkt für den Bau von Kreisstraßen war der ehemalige Luftwaffenübungsplatz Ahrbrück; hier mußten nach der Wiederbesiedlung fast alle Kreisstraßen erneuert werden. Auch der "Wirtschaftswegebau wurde weitgehend gefördert. Mit Unterstützung aus Mitteln des Grünen Planes konnten 18,2 km Weinbergswege mit rd. 2,0 Millionen DM und 22,7 km sonstige Wirtschaftswege mit etwa 1,5 Millionen DM Baukosten angelegt werden. Die Wasserversorgung ließ, als Landrat Urbanus sein Amt antrat, in zahlreichen Gemeinden, vor allem in der Eifel, sehr zu wünschen übrig. 1951 waren 17 Gemeinden mit 27 Ortschaften noch ohne zentrale Wasserversorgung; 1965 sind es nur noch 2 Gemeinden mit 7 Ortschaften. Bei einer großen Anzahl von Gemeinden wurden die Wasserversorgungsanlagen erweitert oder erneuert. Zur Sicherstellung der Wasserversorgung der Gemeinden des südwestlichen Kreisgebietes sind erhebliche Vorarbeiten für die Errichtung eines Gruppen Wasserwerkes geleistet worden.

Das seit vielen Jahren brennende Problem der Abwasserbeseitigung konnte seiner Lösung in hohem Maße zugeführt werden. In zum Teil sehr schwierigen Verhandlungen kam die Bildung des Abwasserverbandes „Untere Ahr" zustande. In diesem Verband sind die Gemeinden von Ahrweiler bis zur Ahrmündung einschließlich Sinzig und Remagen zusammengeschlossen. Der Hauptsammler, der vom Klärwerk bis zum Ahrtor in Ahrweiler reicht, wurde fertiggestellt. Der Bau des Gruppenklärwerkes ist in vollem Gange. Mit der Inbetriebnahme des bedeutsamen Werkes ist im Sommer 1966 zu rechnen.

Erwähnt sei sodann die umfangreiche Bodenverbesserungsmaßnahme im oberen Swistbachtal. Hier wurden bisher 270 ha mit rd. 650 000 DM Baukosten durch Dränung entwässert. Der Erfolg dieser Maßnahme wird von allen Beteiligten schon jetzt voll anerkannt.

Auch auf dem Gebiete des Wohnungsbaues kann die Kreisverwaltung mit stolzen Zahlen aufwarten: Von 1951 bis 1964 wurden im Kreise Ahrweiler rund 10500 neue Wohnungen errichtet. Im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues sind im gleichen Zeitraum insgesamt 20751535 DM ausgezahlt worden. Mit diesen Mitteln wurden — einschließlich des Mittelstands-Programms — 2535 Wohnungen und 341 Einzelräume geschaffen. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft hat sich Landrat Urbanus gleichfalls entscheidend für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt. Die Stammeinlagen des Kreises wurden auf 482000 DM aufgestockt, so daß der Kreis nunmehr mit 50,84% über die Mehrheit in der Gesellschafterversammlung verfügt. Auf Grund eines Kreistags-Beschlusses errichtet die Gesellschaft z. Z. hundert Wohnungen für kinderreiche Familien.

Die Förderung des Fremdenverkehrs gehörte zu den Hauptanliegen von Werner Urbanus, wobei der Bekämpfung von manchen Auswüchsen, die in den letzten Jahren im Ahrtal aufgetreten waren, manche Sorge des Landrats galt. Auf dem Gebiet der Weinpropaganda wurde durch die Schaffung einer Rotwein-Probierstube des Kreises ein sichtbarer Erfolg erzielt. Die Rotwein-Probierstube wurde in Zusammenarbeit mit dem Kreisbauern- und Winzerverband Ahrweiler, der Landeslehr- und Versuchsanstalt und der Kurverwaltung Bad Neuenahr im schönen Lennepark von Bad Neuenahr eingerichtet. Am 5. Juli 1962 wurde sie in Anwesenheit prominenter Gäste ihrer Bestimmung übergeben. Seit diesem Tage hat sie den Winzern des Ahrtals hervorragende Werbedienste geleistet. Zahlreiche deutsche und ausländische Besucher, selbst aus dem Fernen Osten, haben hier das Loblied auf den Ahrburgundcr gesungen.

Nur stichwortartig seien von weiteren Verwaltungsaufgaben erwähnt: die Verhandlungen mit dem RWE, die u. a. zu einer erheblich günstigeren Strompreisregelung geführt haben. Für die Verlängerung des sog. Kreismantelvertrages bis zum Jahre 2002 erhielt der Kreis eine beachtliche Entschädigung, die ihn in die Lage versetzte, insbesondere vordringliche Straßenarbeiten im Gebiete des ehemaligen Kreises Adenau auszuführen. Die Bearbeitung des Lastenausgleiches und der Sozialhilfe drückt sich in Beträgen aus, die in die Millionen gehen. Der Bau von Kindergärten und Kinderspielplätzen wurde durch Kreiszuschüsse gefördert.

Am Ende seiner Amtszeit hat sich Landrat Urbanus nach der Durchführung aller dieser wichtigen Maßnahmen für eine bessere Unterbringung der Kreisverwaltung eingesetzt. Nach eingehenden Besprechungen im Kreistag, Kreisausschuß und Sonderausschuß und nach Durchführung eines Architekten-Wettbewerbs ist die Planung so weit fortgeschritten, daß nach dem Abbruch der Häuser II und III der Rohbau nun vor seiner Fertigstellung steht.

Endlich möchten der Herausgeber und die Mitarbeiter des Heimatjahrbuchs des Kreises Herrn Landrat Werner Urbanus ihren aufrichtigen Dank für das starke Interesse aussprechen, das er ihrer Arbeit trotz aller Inanspruchnahme immer wieder entgegengebracht hat. Kaum eine Redaktionssitzung in den vergangenen vierzehn Jahren fand statt, an der er nicht teilgenommen hätte. Mit reichen Anregungen, gelegentlich auch mit einer immer nur der Sache dienenden Kritik hat er die vorbereitenden Arbeiten für jeden neuen Band des ihm aus Herz gewachsenen Jahrbuches begleitet. Er wußte die von jedem einzelnen Mitarbeiter geleistete Arbeit zu würdigen und verstand es, die Freude und das Interesse an diesem Werk bei allen wachzuhalten. So gebührt ihm ein erhebliches Verdienst daran, wenn das Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler seit seiner Wiederbegründung im Jahre 1953 mit seiner stattlichen Bändezahl zu einem getreuen Spiegelbild des vielfältigen Lebens des Kreises geworden ist.

Wir, die wir mit offenem Blick durch die Weite des Landkreises Ahrweiler zu blicken bemüht sind, stellen fest, daß ein Mann seine hohe Intelligenz, seinen starken Willen nud seine volle Tatkraft in den Dienst des Kreises gestellt hat.

Wie könnte es anders sein, als ihm von Herzen zu danken!