Breidscheid, Adelshof, Dorf und Kapelle

VON JAKOB RAUSCH

Breidscheid hat seinen Namen von einem breiten Waldstreifen (Scheid = Wald), der sich von der Mühlenhardt (522 m) im Nordosten bis zur Gippenhardt (548 m) im Südwesten erstreckt. Das Dorf, am Adenauer Bach gelegen, hat eine Höhenlage von 330 m.

Hier lag schon im 12. Jahrhundert ein Burghaus, der Stammsitz der adeligen Familie von Breitscheid. Dieser Adelshof war ein Lehen der Grafen von Nürburg und wurde 1276, als die Grafschaft Nürburg an das Erzstift Köln fiel, kurkölnisches Lehen.

Die Herren von Breitscheid führten nach 1485 den Beinamen Schütz. Im 15. Jahrhundert, im Kampf der „Böcke und Wölfe", wurde das Burghaus zerstört und nicht wieder aufgebaut. Das Geschlecht von Breitscheid-Schiltz starb um 1580 im Mannesstamme aus. Die Erbtochter Katharina von Breitscheid heiratete 1553 Christoph von Hausen. Aber schon in der 2. Generation verkauften die Brüder Alexander und Samson von Hausen im Jahre 1639 den Hof für 1800 Taler an Johann Hütten von Adenau. Im Jahre 1716 veräußerten die Geschwister Hütten den Adelshof für 2100 Thaler an den Arenbergischen Stahlhüttenmeister Johann Nicolaus Coels. 1791 belehnte noch der letzte Kurfürst von Köln die Witwe des 1791 verstorbenen Cölnisdien Wirklichen Geheim- und Hofkammerrath Joseph Augustin Coels mit diesem Nürburger Burglehn.

Zu diesem Herrenhof gehörten im Mittelalter 15 Morgen Ackerland, 11 Morgen Wiese, eine Mühle und Büsche. Die in Breitscheid liegenden 26 kleineren Bauernhöfe waren dem Herrenhof zinspflichtig. Die geringeren Abgaben betrugen 1589 insgesamt: 18 Hühner und 2 Malter Roggen und 3 Malter Hafer.

Während die Herrenhöfe nach dem 30jährigen Kriege in unserer Heimat durch Verkauf einzelner Grundstücke sich meist verkleinerten, vermehrte sich aber der Grundbesitz des Breitscheieder Herrenhofes. Darüber gibt uns eine wertvolle Urkunde, die im Besitz von Herrn Amtsrat Boeder aus Ahrweiler ist, genauen Bescheid. Der Titel dieser Urkunde lautet: „Landt Maaß und Specification über den Hof Breitscheid, welcher gemessen worden im Jahr 1792."

Inhaber dieses Hofes war Herr von Witgeiistein, regierender Bürgermeister in der Kaiserlichen reichsfreien Stadt Köln.

Die Messung und Zeichnung der einzelnen Grundstücke wurde vorgenommen von Antonius Schmilz, Schöffe und Landmesser zu Breidscheid.

Bei der Messung half der Schultheiß dieses Hofes, Friedericus Hansen von Quiddelbach. Es zählten:

 

Morgen

 

I. Hofgebäude und Garten   

3/4 3 1/2

II. Pösch und Wiesen   

15 7 15/16

III. Ackerland   

21 -

IV. Büsche (Ellenbach und Mühlenhardt)   

76 3/4 -

V. Wildland  

135 3/4 -

Davon lagen über 30 Morgen m der Gemarkung Adenau.

Die Witwe von Joseph Augustin Coels, Maria Katharina, heiratete in 2, Ehe Friedrich Joseph von Doetsch. Ihre Tochter aus 1. Ehe, Maria Theresia von Coels, war die Gattin des regierenden Kölner Bürgermeisters Johann Jakob von Witgenstein (1754—1823).

In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts finden Erbauseinandersetzungen wegen des Breitscheider Hofes zwischen den Adelsfamilien von Coels, von Doetsch und von Witgenstein statt. Um 1835 ist die Familie Keiffenheim von Adenau im Besitz des Hofes.

Clemens Wenzeslaus Keiffenheim, ein Patenkind des letzten Kurfürsten von Trier und ein Schwager des Adenauer Kreisförsters de Lassaulx, starb 1864 und seine Witwe 1898. Als Notar von Adenau hatte Clemens August Wenzeslaus Keiffenheim im Jahre 1833 auch den ehemaligen Adelshof Zermüllen in Adenau erstanden. Hier hatte er seinen Wohnsitz. Im Jahre 1918 wurde die Gemeinde Adenau Besitzerin dieses Hauses; heute das Marienkrankenhaus. Schon 20 Jahre vorher, am 18. Januar 1898, ließ die Familie Keiffenheim in der Wirtschaft Baur den Hof unter die Bewohner von Breidscheid verkaufen. Recht günstig waren die Bedingungen für die Käufer. Der Kaufpreis brauchte erst zinslos in 10 Zielen (=10 Jahresraten) gezahlt zu werden. Käufer waren die Familien: Baur Christian, Baur Peter, Bell, Braun, Dederich, Hupperich, Kaufmann, Kaspers, Krämer, Nisius, Schmitt, Schmitz Franz, Schmitz Joh. Jos., Schmitz Rosa, Spitzlei, Thelen, Wald, Zimmermann. Das versteigerte Gut war 12 ha, 61 a, also über 50 Morgen groß. Der Kaufpreis betrug insgesamt 2170 Mark, durchschnittlich pro Morgen 438 Mark.

Altar aus der Kapelle
Foto: H. Esch

Die Kapelle

Im Jahre 1626—28 wütete hierselbst die Pest; ein Drittel der Bewohner starben. Im Jahre 1630 wurde die Kapelle gebaut. Sie und die in ihr gebrachten Opfer und in ihr verrichteten Gebete sollten fürderhin die Pest fernhalten. Darum stehen auf dem Barockaltar dieser Pest-kapcllc links und rechts die Statuen der 2 Pestheiligen Sebastian und Rochus. An den Wänden des Chores stehen die barocken Holzfiguren dieser Heiligen.

Die erste Glocke aus dem Jahre 1707 trägt die Inschrift:

„S. Rochus, S. Sebastianus heischen ich." So sollten auch die Glocken und ihr Geläute der Pest wehren.

,,Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz Kreis Ahrweiler", berichten:

Die Kapelle vom Jahre 1630 ist ein langgestreckter Verputzbau mit einspringendem dreiseitig geschlossenem Chor, im Lichten 17,20 m lang (der Chor 4,42 m) und 4,50 m breit (Chor 3,95 m). Auf dem durchgehenden steilen Satteldach vor dem Chor ein viereckiger Dachreiter rriit achtseitigem Helm, zwei Flachbogenfenster auf den Langseiten, rechteckige im Schluß; Rundbogentür mit Pilasterrahmung im Westen, daran die Jahreszahl 1630, kleine Rechtecktür in der Südwand. Innen hat das Schiff eine niedrige Flachdecke, der Chor ein etwas höher reichendes flaches Holzgewölbe mit vielteiligem Rippennetz.

Altar mit überstrichenem Tuffsteinaufsatz um 1630, gute Steinmetzarbeit; an der Staffel das Schweißtuch Christi, von Engeln gehalten — darüber zwischen jonischen Säulen Figur der Muttergottes auf der Mondsichel, in Seitennischen die hl. Sebastian und Rochus; Seitenwangen mit Knorpelvoluten und Engelsköpfen; der obere Aufsatz aus Holz, bekrönt mit kleiner Kreuzigungsgruppe (Abb. 190).

Zwei Wandgemälde, Joachim und Anna, das Kind Maria im Tempel zeigend, und der Tod des hl. Joseph, 93 x 98 cm, 17. Jahrhundert.

Ovalbild des hl. Aloysius, Öl auf Leinwand, 83 cm hoch, 70 cm breit; auf der Rückseite Immakulata, I. Hälfte 18. Jahrhundert.

Kommunionbank und 20 Bänke im Schiff, aus dem 18. Jahrhundert, auf einer die Inschrift: JOHAN S ANNO 1738 SIN, S. ZU B. Zweitüriger Aufsatzschrank mit der Jahreszahl 1740. Westtür mit alten Beschlägen, Türklopfer und schwerem Schloß mit dem alten Schlüssel.

Im Chor zwei barocke Holzfiguren der hl. Sebastian und Rochus, der Hund, das Brot im Maul haltend, 1,05 m hoch. Über der Tür Holzfigur der Muttergottes mit Kind, 55 cm hoch, 17 Jh. Zwei Glocken aus den Jahren 1707 und 1764:

1. S. ROCHUS, S. SEBASTIANUS HEISCHEN ICH ANNO 1707; Durchmesser 45 cm.

2. SANKTE DONATE ORA PRO NOBIS ANNO 1764; Durchmesser 41 cm.

An der Ostwand der Kapelle ein Missionskreuz mit neuem Kruzifix, Basalt, 2,90 m hoch; der rechteckige Schaft mit langen spätgotischen Spitzbögen verziert und der Jahreszahl 1638. Auf dem Kreuzbalken: CRUX SS. MISSIONIS. Auf dem quadratischen profilierten Sockel sechs Hausmarken (Abb. 46).

Am Südausgang Lavakreuz mit Korpus, am Schaft die Inschrift: 1683, DIEDERICH EHLLENBACH. Weiter ein Bildstock mit 50 cm hoher Holzfigur des hl. Matthias aus dem 17. Jahrhundert, derb, volkstümlich. Die Kapelle erhielt 1966 ein neues Dach. Ein neuer Außen- und Innenanstrich werden folgen. Auch die Figuren und Bilder werden im ursprünglichen Farbtone erneuert. So bildet die Kapelle ein Schmuckstück des Dorfes.