Golden der Käfig

Eifel heut mein Zuhaus —, wer hätt' dich nicht gern,
deine Berge, die Wälder, den Blick in die Fern',
das Rauschen der Bäume und den Schritt im Schnee,
die Blume am Hange, das äsende Reh,
den Ginster, der golden die Kargheit dir deckt,
den kreisenden Bussard, der den lunghasen schreckt,
die Menschen, schwer schaffend ihr tägliches Brot,
das Steinkreuz am Wege und auch dein Abendrot?

Still mag ich gern wandern auf einsamem Weg
durchs grünende Tal, über schwankenden Steg,
am Bache vorbei, drin die Forelle sich schwingt,
und im Busche am Pfad froh ein Vogel singt.

Doch kann ich nicht rasten, kann ich nicht bleiben.
Unruh' und Sehnen mich stets weitertreiben.
Ich wandert' die Kreuz, und ich wandert' die Quer,
und täglich erfaßt diese Unruh' mich mehr.
Warum nur, warum nur halt ich's hier nicht aus?
Hier ist es doch gut sein, hob' hier doch mein Haus!

Warum? Ja, warum? Ach, gesteh dir's doch ein:
Trotz aller Schönheit — es wird niemals hier sein
der Ort, den du suchst für dein ruhloses Herz,
wo du ganz zu Hause mit all deinem Schmerz —,
bleibst wie der Vogel im Käfig gefangen,
und dein Herz krumpft sich in sehnendem Bangen.
Deine Heimat ruft, und sie lockt dich herbei
hinter goldenen Stäben, — aber du kommst nicht frei!

Ja, könnt' ich vom Rhein an die Oder hin fliehen,
durchs Clatzer Land hinüber zur Schneekoppe ziehen!
Grüßt mich heute des Zobtens Silhouette —,
ich wüßt', daß dann meinen Frieden ich hätte.
Dort war' ich daheim, hätte dort ganz meine Ruh'.
Doch hier? — Golden der Käfig — nur eben zu!

Hubertus Seidel