Mit Mikrofilm und Lichtbild auf der Spur der Ahnen

Ignaz Görtz sprach in Bonn — Im Ahrtal blieb man seßhaft

Über „Familienforschungen im Ahrgebiet" sprach der junge Altenahrer Heimat- und Familienforscher Ignaz Görtz vor der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde und dem Bonner Genealogischen Arbeitskreis im Bonner Union-Hotel. Anhand vieler Bilder erlebten die zahlreichen Zuhörer einen Einblick in die Geschichte des unteren und mittleren Ahrtals. Sie erfuhren auch von den Möglichkeiten, wie man hier die Spuren der Vorfahren verfolgen kann.

Vor allem die Kirchenbücher bieten gute und sichere Quellen, da diese oft bis zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurückreichen. Allerdings sieht man einigen Kirchenbüchern noch an, daß schon manches Mal die Ahr weit über ihre Ufer getreten ist... Auch alte Wegekreuze und steinerne Grabplatten in Kirchenmauern dienen als steinerne Urkunden. Aber alles dies genügt Ignaz Görtz noch nicht. Er sucht Anschluß bis zum Mittelalter. Außerdem will er Leben in die an sich nüchternen Namen und Daten der Kirchenbücher bringen. Hierzu hat er Tausende Mikroaufnahmen in städtischen, staatlichen und privaten Archiven des Rheinlandes gemacht, um diese zu Hause auswerten zu können. Was dabei herausgekommen ist, ließ selbst erfahrene Familienforscher nicht aus dem Staunen kommen.

Man hörte von der ersten Schule ohne Schulgeld der ganzen Gegend, die schon im Jahre 1613 durch eine große Sammlung in Altenahr gegründet werden konnte. Viele Klöster und Städte der weiteren Umgebung. Adelsfamilien und Privatleute gaben ihre Spende, nicht zu vergessen „alle Junggesellen des Kirchspiels Altenahr". Gerade diese Namenslisten sind es auch, die immer

wieder die Familienforschung mit Leben erfüllen. Aber auch die Gerichtsprotokolle bringen nicht selten mit dem Ernsten und Heiteren des Lebens den Forscher zum Schmunzeln. Sehr auffällig ist die Seßhaftigkeit der Menschen in dieser Berggegend gewesen. Den Zug zur Feme, wie er im Flachland immer üblich war, kannte man kaum. So tauchen in den Urkunden über viele Jahrhunderte immer wieder gleiche Namen auf. Auch der Zuzug hielt sich immer in Grenzen. So findet man in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts beispielsweise in Altenahr an neuen Namen nur die Willerscheid, Schick, Delhaes, Münch, Knipp, Monreal und Naeckel.

Besonders interessant war das Eindringen des Vortragenden bis in die Zeit, als es noch keine Familiennamen gab. Ein Müllermeistef Johann, der noch keinen Familiennamen hatte, hieß bald in den Urkunden schon Johann Müller. Während der eine Sohn den Namen Müller übernahm, hieß der andere Sohn jedoch Nellis Schnitzler, weil er Holzschnitzer war. Weitere Nachkommen im Mannesstamm bleiben ebenfalls nicht beim Namen Müller. Zwei weitere wurden nach ihren Berufen fortan Weber und Wüllenweber genannt. Andere Söhne, deren Väter „ahn Hürnich" oder „zu Lanzerath" gewohnt hatten, führten bald die Familiennamen Hürnich und Lanzerath. In einem anderen Fall wurde noch im Jahr 1685 aus dem Familiennamen Schumacher der neue Name Calenborn, weil er aus diesem Ort gekommen war.

Nur wenige Berufe gab es in alter Zeit im Ahrtal; fast alle waren Winzer. Selbst die wenigen Krämer, Schneider, Schuhmacher, Müller, Dachdecker, Zimmermänner und Faßbinder waren nebenbei auch noch Winzer. Eine weitere Erwerbsmöglichkeit bot der Fischfang. Besonders begehrt waren die früher in der Ahr gefangenen Rümpchen, die auf den Schultern bis nach Bonn und Köln getragen wurden. Die Vorarbeiten für den eigentlichen Aufschwung begannen im Jahr 1834 mit dem Bau des ersten preußischen Straßentunnels vor Altenahr. Nun konnte eine durchgehende Straße durch das Ahrtal angelegt werden. Die bis dahin geschlossene Weinbaulandschaft entwickelte sich im Laufe der Zeit zum Fremdenverkehrsgebiet. Ignaz Görtz konnte noch alte Bilder vorführen, auf denen die Häuser weit auseinander lagen. Ein neues Bild von der gleichen Stelle zeigte schon Hotel an Hotel gereiht.

Fünfhundert Jahre bebilderte Familiengeschichte des Ahrtals haben die Bonner Genealogen an einem Abend miterlebt. Es war wieder ein Beweis dafür, wie interessant und vielseitig die Familienforschung sein kann.