Funde aus vorgeschichtlicher Zeit

(Beobachtungen im Kreisgebiet)

VON CARL-HEINZ ALBRECHT

Mit besonderer Sorgfalt sind zahlreiche Funde aus vorgeschichtlicher Zeit des Ahrkreises in den Museen zusammengetragen. Sie geben Kunde von den Menschen, die einst unser Gebiet besiedelt haben. Von großem ideellem Wert erscheint mir die Mühe, einmal all jenen Funden aus vorgeschichtlicher Zeit mit einer Bestimmung der Fundorte nachzugehen. Wo sind die Funde gemacht, welche Zeitumstände haben zu der Entdeckung geführt? Diese „Materialsammlung" soll versuchen, weiteren wissenschaftlichen Forschungsarbeiten einige Hinweise zu geben. Die Bestandsaufnahme ist als Ausgangspunkt unerläßlich, um all jene Funde zu koordinieren, aus ihnen Schlüsse zu ziehen, um vielleicht manche hypothetische Annahme über frühere Epochen der Besiedlung des Ahrkreises mit Fakten zu untermauern oder sogar manche bisherige Vorstellung als Unmöglichkeit zu führen. So wird es unerläßlich sein, jeden Fund aus vorgeschichtlicher Zeit einer Zentrale zu melden, damit eine sorgfältige Kartierung der Fundstellen in einer Kreiskarte vorgenommen werden kann.

Aus erdgeschichtlichen Forschungen ist bekannt, daß sogenannte Leitfossilien (Versteinerungen) Aufschlüsse über die geologische Formation geben. So sind auch die Funde aus vorgeschichtlicher Zeit gleichsam ,,Leitfossilien" für unsere Arbeit.

In diesem Zusammenhang mag erwähnt sein, daß das Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität Bonn unter Leitung von Prof. Dr. Kleemann sich nachdrücklich für eine Bestandsaufnahme der vorgeschichtlichen Zeit des Kreisgebietes interessiert.

Hier soll nun keineswegs eine wissenschaftliche Analyse der Beobachtungen versucht werden, sondern lediglich die Tatsache herausgestellt werden: Hier und dort sind Fundstellen, sind Beobachtungen gemacht, die wohl einer wissenschaftlichen Untersuchung wert sind. Es erscheint mir wichtig, darauf hinzuweisen, daß oft Zufallsfunde nur einem engsten Kreise bekannt werden. Ein jeder hütet „seine" Fundstelle, um ja nicht die Öffentlichkeit in Kenntnis zu setzen. Um so zahlreicher die Funde, um so weniger kommt die Kunde davon an berufene Stellen.

Ist die Eifel fundleer?

Die Kenntnis von der frühesten Anwesenheit des Menschen in unserem Raum läßt vermuten, daß der Mensch in einer Umwelt lebt, die fast gleiche' klimatische Verhältnisse und eine Beschaffenheit der Lebewelt (Flora und Fauna) auf wies, die nicht mehr merklich von der jetzigen abwich. Wohl sind Umwelteinflüsse seit jener Zeit der ersten Besiedlung von besonderer Bedeutung für die Entdeckung von Funden. Vielfach haben Sand-, Kies- und Lehmanschwemmungen in der Tiefe der Täler die Funde schwer auffindbar gemacht. Dennoch gelingt es immer wieder, derart verschüttete Funde zu entdecken. Ebenso lassen sich nur aus der umfassenden Kenntnis der morphologischen und geologischen Gegebenheiten eines Gebietes Rückschlüsse auf frühere Siedlungsspuren schließen. Der geologische Aufbau der Vor- und Hocheifel weist vorwiegend Devonverwitterung-Unterdevon der Siegener und Herdorfer Schichten (mit bedingten Erzvorkommen) auf. Die Verwitterungsprodukte von Grauwacken- und Tonschiefer und Grauwackensandsteinen sind maßgebend an der Bildung des Kulturbodens beteiligt. Die stark steinigen, sandigen bis anlehmigen basenarmen Böden bilden aber hierzulande nur die Voraussetzung für den Ackerbau. Diese flachgründigen Böden werden in vorgeschichtlicher Zeit mit Wald bestanden sein. Durch die zahlreichen Taleinschnitte — Fluß- und Bachläufe — ist das Gebiet der Vor- und Hocheifel außerdem noch verkehrstechnisch äußerst ungünstig gelagert, so daß das wald-und vermutlich fischreiche Gebiet wenig Anreiz zu einer Besiedlung gegeben haben dürfte. So ist auch tatsächlich das westliche Kreisgebiet an frühsteinzeitlichen Funden — bis auf einige Ausnahmen — „fundleer" (nach der wissenschaftlichen Forschung). In Antweiler ist ein Feuersteinmesser, in Kirchsahr ein Feuersteinbeil gefunden. Diese Funde bestätigen uns, daß auch das unwirtliche Kreisgebiet Spuren einer Besiedlung auf weist. Sind diese bekannten Funde in Zusammenhang mit einem schon sehr alten Erzabbau zu bringen? Beide Plätze weisen Funde aus der endneolitischen Periode auf, beide Plätze weisen sehr alten Bergbau auf. In dem alten Bleibergwerk bei Antweiler stieß man auf einen verfallenen Stollen, der vermutlich schon den Römern bekannt gewesen ist. Gleichsam deuten auch die Funde von römischen Ziegelfunden bei einem jüngsten Neubau in Antweiler darauf hin, daß es sich bei Antweiler um einen sehr alten Siedlungsplatz handelt. Es dürfte bekannt sein, daß dort ein „Burggelände", sowie ein „Römerweg" in Richtung Aremberg vorhanden ist. Ebenso ist ein römisches Standbild eines Kriegers vor längerer Zeit gefunden worden. Sollte etwa im Raum Antweiler—Aremberg die vermeintliche westliche Straße zu finden sein? In diesem Zusammenhang scheint mir auch eine weitere Beobachtung von einiger Bedeutung. Aus dem Raum Antweiler hat fraglos eine Verbindung zu der beherrschenden Höhe von Reifferscheid bestanden. Auffallend sind in der unmittelbaren Umgebung von Reifferscheid in der Gemarkung von Rodder Spuren einer sehr frühen Besiedlung vorhanden.

Deckel eines Steinkistengrabes (Römisch)
Foto: Hans-Jürgen Vollrath

 Bekanntlich ist Reifferscheid ein in vorrömischer Zeit besiedelter Platz gewesen. Noch heute wird die Kirche im Volksmund „Göttertempel" genannt. Schon bei den Bodenschätzungsarbeiten sind Spuren einer frühen Besiedlung in den Gewannen „Auf der Wink", „Der Dom" in der Gemarkung Rodder erkannt. Auch selbst in der Dorflage Rodder wurde 1937 ein Krug mit römischen Münzen gefunden. Es hat sich um einen Tonkrug gehandelt. Auch scheint mir ein Hinweis wichtig zu sein, daß in der Gemarkung Fuchshofen noch eine sehr alte „Burg" — die Schellenburg — bekannt ist. Ist dieser Raum wirklich so fundleer?

Unweit von Rodder ist die Flur von Wirft. Auch hier 'sind bei Flurbereinigungsarbeiten Reste von Tonkrügen und allerlei Keramikscherben gefunden. Auch selbst am Hanggelände an der Straße Adenau—Wirft sind heute noch zahlreiche römische Ziegel zu finden. Welche Bedeutung haben diese Hinweise? Der fraglos um Reifferscheid besiedelte Raum hat auch einen unverkennbaren Zusammenhang mit der vorgeschichtlichen Besiedlung von Barweiler. Bei Bodenschätzungsarbeiten sind in unmittelbarer Umgebung der Kirche zahlreiche Reste von römischer Keramik — sogar Glasgefäße — gefunden.

Ein bisher unbeschädigtes Gräberfeld kann auch in Barweiler nachgewiesen werden. In Barweiler ist ein alter Erzstollen bekannt! Auf einige Beobachtungen im Raum Adenau—Breidscheid soll noch hingewiesen werden. In der Nähe der Gemarkungsgrenze Adenau—Breidscheid ist ein größerer Platz zu erkennen, der viel Keramik und sonstige Scherben aufweist. Römisch? Ein weiterer Hinweis kommt aus Quiddelbach! Hier sind unweit der Gemarkungsgrenze Nürburg-Quiddelbach im Gewann „Dederichsheide" Mauerreste erkannt. Zeit? Ob hier ein Zusammenhang mit den bekannten Fundstellen — Hügelgräber an der Rennstrecke — besteht? Auch in dem Nachbargebiet von Drees sind alte Grabstellen bekannt. Der Abschnitt Nürburg—Hohe Acht weist fraglos auf den Verlauf der alten „Römerstraße" — Kohlstraße.— hin. Auffallend sind nun im Verlauf dieses Weges — der sogenannten Kohlstraße — die geringen Siedlungsspuren.

Um so wertvoller erscheinen mir die Hinweise auf Funde, die in unmittelbarer Nähe des Karl-Kaufmann-Weges entdeckt worden sind. Aus eigener Beobachtung führte ein merkwürdig geformter Stein, den ich im Vorgarten eines Bauerngehöftes in der Gemarkung Gilgenbach entdeckte, zu folgender Schilderung. Und dieser Stein gab den Anlaß zu einer wissenschaftlichen Diskussion, die ich nicht vorenthalten möchte. Fast am Wegesrand wurde dieser merkwürdig geformte Stein beobachtet. Die stolze „Fundmeldung" wurde nach Bonn gesandt, und bald darauf kam die Antwort .von Prof. Dr. Kleemann:

„Nach dem Fragebogen aus dem Jahre 1925 wurde 3 km östlich der Dorfkapelle, ungefähr 1880 beim Pflügen ein Grab aus Stein gefunden. Inhalt: Asche. Der Deckel befindet sich bei Leonhard Frimm." Soweit der alte Fundbericht. „Es handelt sich bei dem Fundstück um den Deckel einer Steinkiste. Es besteht daher gar kein Zweifel, daß dieses Grab aus römischer Zeit stammt."

So ist dieser Stein nach 90 Jahren — unbemerkt im Vorgarten eines Bauernhofes — in das Blickfeld der wissenschaftlichen Diskussion gekommen. Daher die verständliche Bitte von Prof. Dr. Kleemann: Rettet den Stein, ehe er zerschlagen wird!

Dieser Stein lenkt die Blicke auf eine Reihe von Beobachtungen entlang des Karl-Kaufmann-Wcges. In unmittelbarer Nähe gibt es ein Wald-Stück, in dem bisher unbekannte Ausformungen des Geländes fraglos auf Siedlungsspuren führen müssen. Weiterhin sind in der Gemarkung Dümpelfeld ebenfalls unweit des Karl-Kaufmann-Weges größere zusammenhängende Fundamentreste (römisch?) bekannt. Diese Besiedlung ist bei der Bodenschätzung der Gemarkung erkannt — eine Auswertung dieser Beobachtung ist wissenschaftlich nicht erfolgt. Es dürfte darauf hingewiesen werden, daß bei Straßenbauarbeiten — Auffahrt zur „Teufelsley" — römische Gräber gefunden worden sind. Diese Gräberfunde — es handelte sich um römische Steinkistengräber — sind 1938 gemacht worden. Das Gebiet der Gemarkungen Leimbach, Niederadenau weist ebenfalls Spuren einer frühen Besiedlung auf. So sind in der Tallage von Leimbach bei jüngsten Kanalisierungsarbeiten im Hanggelände Reste einer sehr alten Wasserleitung erkannt. In der Gemarkung Gilgenbach verdient noch eine alte Burganlage die Aufmerksamkeit. Die „Auf Gaubesburg" bekannte Anlage verdient fraglos einer wissenschaftlichen Beachtung. Auch ist in der Gemarkung Gilgenbach ein auffallender Punkt. In der Nähe der Höhe 528 („Staufs-Kopf") ist nach eigener Beobachtung ein auffallender aufgetürmter Steinhaufen vorhanden. Bedeutung? Hügelgrab? Das Gebiet der Hoch-eifel weist nach meiner Vorstellung noch weit zahlreichere Siedlungsspuren — ob römisch oder keltisch? — auf, als bisher allgemein angenommen worden ist. Die systematische „Durchforschung" gerade des „fundleeren" Raumes würde gewiß manche Hypothese über den Haufen werfen.

Nicht zuletzt ist der Raum nördlich der Ahr — so die Gemarkungen Schuld, Harscheid, Obliers, Plittersdorf, Kirchsahr, Berg — nicht „fundIeer". Es mag nur erwähnt sein, daß die große umfassende Ausgrabung der villa rustica bei Schuld die gebührende wissenschaftliche Deutung erfahren möge, sowie die Funde im Randgebiet von Schuld, in der Gemarkung Harscheid. In Plittersdorf sowie im Sahrtal sind ebenfalls Funde bekannt, die noch einer wissenschaftlichen Bestätigung harren. Besonders aufschlußreich scheinen mir auch die Nachweise einer früheren Besiedlung in den Gemeinden Berg und Lind. In Berg sind beim Straßenbau im Jahre 1957 Urnen gefunden. Leider fehlt jeder Nachweis, wohin die Urnen gebracht worden sind. Die „Tungenburg" weist zahlreiche Reste von .Keramikscherben aus fränkischer Zeit auf. Bekannt ist dort auch eine „alte Wüstung", in deren Nähe Rüstungen und Geschirrteile gefunden worden sind. Ein einzelnes Urnengrab ist auch in der Nähe der Ortslage gefunden. In dem Nachbargebiet von Freisheim sind Fundamente einer sehr alten Siedlung bekannt.

Natürlich kann hier def Einfluß des „Hochtürmen", eines bekannten alten Siedlungsplatzes, nicht verkannt wenden.

Mit diesen Beobachtungen aus dem Vor- und Hocheifelgebiet mögen die Schilderungen beendet sein.

Die im Raum stehende Frage: Ist die Eifel „fundleer" müßte meines Erachtens doch korrigiert werden, da zahlreiche Hinweise auf eine vorgeschichtliche Besiedlung vorhanden sind. So überraschend wie sich eine Besiedlung im Raum der Vor- und Hocheifel gezeigt hat, läßt sich eine fast erstaunliche Vielzahl von neueren Siedlungsspuren im rheinnahen Gebiet aufweisen, die der Wissenschaft nicht bekannt ist. Es dürfte noch in Erinnerung sein, daß bei den Bodenschätzungsarbeiten im Jahre 1955 in der Gemarkung Gelsdorf ein großes Urnenfeld aus der Hallstadt-Latene-Zeit entdeckt worden ist. Hier wurde zum erstenmal der Nachweis erbracht, daß auch Siedlungsspuren der Urnenfelderkultur im Kreis Ahrweiler nachgewiesen werden konnten. Diese Siedlungsspuren sind ja auch im Raum Meckenheim-Lengsdorf in jüngster Zeit erkannt. Mir erscheint es aber besonders wertvoll darauf hinzuweisen, daß die Spuren der Hallstadt-Latene-Zeit auch in anderen Gemarkungen nachweisbar sind. Das auffallende Ergebnis meiner Beobachtungen erscheint mir die Deutung der Fundberichte aus der Gemarkung Holzweiler.

Ohne die hervorragenden Beobachtungen von Herrn Lange in Oberesch wäre es nicht möglich, eine geschlossene Besiedlungsform in Holzweiler nachzuweisen. Doch die Beschreibung dieser Besiedlung der Gemarkung Holzweiler würde den Rahmen der Beobachtungen sprengen. Es dürfte bekannt sein, daß die rheinnahe gelegenen Gemarkungen weit wertvollere Hinweise auf die frühere Besiedlungsperiode aufweisen als der westliche Kreis Ahrweiler. Die Siedlungsspuren in den Gemarkungen, die allgemein als „rheinnahes" Gebiet bezeichnet werden, weisen neuere Hinweise auf die vorgeschichtliche Besiedlung auf. Es sind mir viele Nachrichten bekannt, die die wissenschaftliche Forschung gewiß sehr interessieren würden.