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Eindrucksvolles Niederheckenbacher Jubiläum

VON WOLFGANG PECHTOLD

Am Samstag ermländisches Brauchtaum — Lieder und Tänze einer verlorenen Heimat. Arn Sonntag: in einem Jubelsturm schnellen Dutzende von Händen hoch als Antwort auf die Frage: „Wieviele geborene Heckenbacher sind denn hier im Zelt?" Beides war charakteristisch für die 1200-Jahr-Feier, die Niederheckenbach vom 11. bis 14. Mai 1972 beging; die von Kriegsvorbereitungen vertriebenen „eingeborenen'' Heckenbacher fühlen sich auch nach Jahren in der Fremde noch immer, die von Kriegsfolgen ihrer Heimat beraubten ermländischen Siedler schon der Geschichte des „Ländchens" verbunden.

Am Himmelfahrtstag hatten die Festlichkeiten ihren Auftakt. Das kleine, schöne Niederheckenbach war Ziel einer großen Sternwanderung der Eifelvereine, und nacheinander trafen im großen Festzelt, das mit Maiengrün und Reproduktionen alter Dorfansichten aus dem „Ländchen" festlich geschmückt war, die Ortsgruppen Sinzig, Bad Godesberg, Altenahr, Bad Neuenahr, Adenau, Dernau, Mayen, Brühl, Bad Breisig, Ahrweiler, Mayschoß, Kesselinger Tal und Brohltal ein. In ihrer Mitte fühlten sich der ehemalige dänische Botschafter Hvass, Mitglied der Ortsgruppe Bad Neuenahr, und Konsul Petersen, sogar Ehrenmitglied, sichtlich wohl. Bürgermeister Alfred Klein sprach das Willkommen und erinnerte an das gemeinsame Schicksal der einstigen und der heutigen Siedlung, das Los' der Landvertreibung. Der Vorsitzende des Eifel- und Verschönerungsvereins Kesselinger Tal, Dietz, setzte den Gedankengang fort mit dem Wunsch, daß sich solches Schicksal nie wiederholen möge. Dennoch war der Tag unbeschwert heiter, so heiter wie die Frühschoppen- und Tischmusik, zu der die Musikvereinigung Platz nahm. Das Wandervolk in Loden und Kniebundhosen ging, von Erbsensuppe gestärkt, von Einheimischen wegekundig geführt, am Nachmittag auf Entdeckungsmärsche durch das an Schönheiten so reiche Heckenbacher Land. Den Neusiedlern gehörte der Samstag: bei einer feierlichen Vesper, bei der Folklore einer trotz allem unvergessenen Heimat im Osten. Im Mittelpunkt des Sonntags stand der große Festakt mit dem wissenschaftlich brillanten, aber auch von menschlicher Wärme durchdrungenen Vortrag des Bonner Historikers Dr. Ruland. Der Bundestagsabgeordnete Josten, die Landtagsabgeordneten Schaaf und Dr. Moesta, Landrat Korbach, Verbandsbürgermeister Hansen, sie alle und viel, viel Geistlichkeit erlebten diese Stunde der Rückbesinnung und des Rüstens für die Zukunft mit.

Foto: Jakob und Helene Steinborn:
 Landrat Korbach gratuliert zur l 200-Jahr-Feier von Heckenbach

Der Landrat mußte zwar den Schirmherrn entschuldigen, Landwirtschaftsminister Otto Meyer, doch war er, zur Zeit der Wiederbesiedlung des Ländchens noch Landtagsabgeordneter, der berufene Mann, die Leistung des Wiederaufbaus zu würdigen, und er tat es voller Hochachtung. Landwirtschaftliches Fachkönnen und Leistungswille der Neusiedler rechtfertigten im nachhinein die Entscheidung von Mainz, das Land wieder zu besiedeln. Doch Heinz Korbach vergaß auch den Ausblick nicht, die Notwendigkeit, die Nahverkehrsversorgung zu verbessern, Arbeitsplätze zu beschaffen, benachbarte Unter- und Mittelzentren auszubauen.

Regionaldekan Menzenbach überbrachte Grüße des Trierer Bischofs Bernhard Stein, den die Teilnahme an der Vollversammlung der Synode fernhielt. „Zum denkwürdigen geschichtlichen Anlaß Gottes reichsten Segen und den Festteilnehmern frohe Tage" wünschte er in seinem Schreiben. Grüße des ermländischen Kapitularvikars Hoppe überbrachte Pfarrer Preuß. Er sah im Heckenbacher Land „ein Beispiel, auf das alle ehemaligen Heckenbacher schauen". Wie der Landrat, so überreichte auch Verbandsbürgerrneister Josef Hansen einen Scheck. Pfarrer Maur machte sich zum Interpreten der Gefühle, die dieser Tag in den alten, den landvertriebenen Heckenbachern weckte. Bürgermeister Klein war das Schlußwort vorbehalten, ein Schlußwort des Dankes.

Bewunderung galt nicht nur den Leistungen der Heckenbacher in alten und jüngeren Zeiten. Viel Lob durften sie für die Ausgestaltung ihrer großen Festtage hören. Ein zehnköpfiger Ausschuß unter Pfarrer Dannowski, Manfred Kowalinski und Alfons Schneider hatte sogar eine Festschrift geschaffen, die 1200 Jahre Geschichte lebendig Wiederaufleben läßt.