Die Johannesglocke zu Dernau

Hermann Paetz

Im Turm der Pfarrkirche zu Dernau hängen drei Bronzeglocken. Die zweite davon wurde vor Jahrhunderten in Dernau gegossen. Es handelt sich um die St. Johannesglocke. Der Glockengießer kam mit zwei Gehilfen an und bereitete den Guß vor. An die Bevölkerung erließ er einen Aufruf, Edelmetalle zu spenden, damit die Glocke einen schönen Klang bekäme. Ein stattliches Häuflein kam zusammen. Seinen Gehilfen gebot der Glockengießer, mit dem Guß zu beginnen, aber nur einen Teil des Edelmetalls einzuschmelzen und das andere beiseite zu schaffen.

Dann trat er eine Reise an, die ihn für einige Zeit von Dernau fern hielt. Die Gehilfen hielten sich nicht an das Gebot, sondern schmolzen das ganze Edelmetall ein. Nachdem der Guß beendet war, ging einer der Gehilfen von dannen, wahrscheinlich wurde ihm die Sache zu heiß, der andere aber blieb. Die Glocke wurde aufgehängt und hatte einen schönen vollen Klang.

Als der Glockengießer zurückkam, merkte er am Klang der Glocke, daß das ganze Edelmetall eingeschmolzen war. Wütend kam er näher. Der Gehilfe nahm reißaus und lief den Berg hinauf. Der Meister setzte ihm nach und auf der alten Römerstraße hatte er ihn eingeholt. Der Glockengießer zog seine Pistole und schoß dem Gehilfen in den Rücken. Dieser lief noch weiter bis in die Nähe des Franziskusheiligenhäuschen an Weidenhardt. Dort fiel er zusammen und starb. Ein Kreuz bezeichnet heute noch die Stelle, wo das geschah. Ein weiteres Kreuz, das angab wo ihn der Schuß erreichte, fiel der Straßenverbreiterung zum Opfer.

Während des II. Weltkrieges wurde die kleine Glocke abgeholt. Sie sollte eingeschmolzen werden. Dazu kam es aber nicht mehr. Nach dem Kriege suchte man, aber zunächst vergeblich. Als die Verhältnisse sich etwas gebessert hatten, kam eine Liste heraus. Daraus war zu ersehen, daß in Hamburg eine größere Anzahl Glocken zusammen standen. Ein ehemaliger Dernauer, Herr Ferdinand Großgarten, fuhr nach Hamburg und fand die Glocke. Er veranlaßte, daß die Glocke von Hamburg nach Dernau geschafft wurde. In Dernau war die Freude groß, weil nun das Geläute wieder zusammen war.

Pfarrkirche Dernau: Johannesglocke
Foto: Kreisbildstelle

Aber die Freude war von kurzer Dauer. Anfang 1946 brach eine Ecke aus der St. Johannesglocke. Beim näheren Zusehen wurde auch ein Riß entdeckt, der von unten nach oben ging. Der damalige Präsident des Kirchenvorstandes, Herr Matthias Schreiner, brachte sie nach Brockscheid zur Firma Mark & Sohn. Dort wurde sie eingeschmolzen. Um Gewichtsverluste zu vermeiden, wurde der Masse, in Ermangelung von Edelmetallen, Stahl zugesetzt. Dadurch verlor die Glocke Ihren dunklen, vollen Ton. Sie klang heller und beim Läuten ergab sich eine Disharmonie. Ein Experte von Trier kam nach Dernau. Er verstellte die Klöppel, wobei der tiefe Ton der großen Glocke heller und der Johannesglocke angeglichen wurde. So ergab sich wieder eine Harmonie und so ist es bis heute geblieben.