Vier Jahre im Dienst der Alten-, Familien- und Krankenpflege

Walter Romes

Es ist ein Werktag wie jeder andere, als wir die Sozialstation in Adenau besuchen und mit Schwester Angelika eine Pflege- und Betreuungsfahrt antreten.

8.00 Uhr: Besuch bei Frau Z., 72 Jahre, fast vollständig gelähmt, als Pflegefall aus dem Krankenhaus entlassen, seitdem bettlägerig im Hause ihrer Tochter in Adenau. Die Kranke wird von der Krankenschwester mit Unterstützung der Tochter gewaschen und eingerieben. Die für den Tag erforderlichen medizinischen Hilfsmittel werden bereitgestellt. Die Pflege dauert 30 Minuten. Wir setzen unsere Fahrt fort.

8.45 Uhr: Besuch .bei Frau W., 90 Jahre. Bei Frau W. wird ein beiderseitiges Fußbad gemacht. Die Beine werden eingerieben und gewickelt. Schwester Angelika leistet noch Hilfe beim Anziehen. Dieser Pflegefall nimmt 30 Minuten in Anspruch. Nach einem kurzen aufmunternden Gespräch geht es sofort weiter in ein anderes Nachbardorf der Sozialstation.

9.45 Uhr: Besuch bei Frau R. in Kaltenborn. Keine ausgesprochenen Krankheitssymptome; Frau R ist jedoch aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage, selbst für sich zu sorgen. Frau R wird gewaschen, frisiert und angezogen. Schwester Angelika unterhält sich mit ihr über Interessante Neuigkeiten. Dauer dieser Altenpflege etwa eine Stunde. Der Besuch erfolgt täglich, Fahrtaufwand 30 km.

11.00 Uhr: Besuch bei Herrn Sch. in Adenau. Herr Sch. ist seit vielen Jahren schwer krank und bettlägerig. Er kann sich nicht bewegen, wird gewaschen und gepflegt. Er wird eingerieben und mit Medikamenten versorgt. Mit Unterstützung seiner Schwester wird er gefüttert. Diese Pflege nimmt über eine Stunde in Anspruch. Der Vormittag dieses Besuchstages ist zu Ende. Ein Vormittag einer von 6 Krankenpflegerinnen der Sozialstation Adenau — Altenahr.

Damit ist eine der wesentlichen Tätigkeiten, wenn auch keineswegs der gesamte Aufgabenbereich einer Sozialstation, dargestellt. Hinzu kommen Haus- und Familienpflege, sowie allgemeine Aufklärung und Schulung, die Durchführung von Kursen in häuslicher Krankenpflege und die Mobilisierung der Nachbarschaftshilfe.

Jeden Morgen Start zur Pflege und Betreuungsfahrt: hier Schwester Angelika
Foto: Esch

Ein großes Aufgabenfeld finden auch die zwei Dorfhelferinnen der Sozialstation vor. Ist die Mutter ans Krankenbett gebunden, übernimmt die Familien- oder Dorfhelferin die Arbeit im Haushalt, die Erziehung und Pflege der Kinder. In besonderen Fällen kann sie mehr als vier Wochen die Rolle der Ersatzmutter übernehmen.

Wie kam es zu der Gründung von Sozialstationen?

Der Bedarf an Pflege- und Unterstützungseinrichtungen, ganz besonders auch für die außerhalb der Ballungsgebiete gelegenen ländlichen Bereiche, ist keine Entdeckung unserer Zeit. Aber während diese Aufgaben in der Vergangenheit bei nur mäßiger staatlicher Unterstützung vor allem von kirchlichen und caritativen Einrichtungen wahrgenommen wurden, haben Schwierigkeiten bei der Nachwuchswerbung und eine immer schwächer werdende Bereitschaft zu privater nachbarschaftlicher Hilfe, aber auch ein verstärktes Engagement der politisch Verantwortlichen für die sozialen Belange der Bevölkerung dazu geführt, daß besonders auch in Rheinland-Pfalz neue Modelle einer institutionalisierten Landpflege erprobt wurden und nach guten Anfangserfolgen weiter ausgebaut werden.

Als einer der ersten Kreise in Rheinland-Pfalz erkannte der Kreis Ahrweiler die sich aus dem neuen Konzept der Sozialstationen ergebenen Möglichkeiten einer umfassenden medizinischen und sonstigen pflegerischen Versorgung einer Bevölkerung, so daß bereits 1972 die erste Sozialstation in den Verbandsgemeinden Adenau — Altenahr eröffnet werden konnte.

Seit dem ersten Gespräch mit dem Landtagsabgeordneten Franz Schaaf über die Errichtung einer Sozialstation im November 1969 und der Eröffnung im Jahre 1972 gab es viele Schwierigkeiten zu überwinden, Doch heute ist diese Einrichtung nicht mehr wegzudenken und die Menschen, die sie in Anspruch nehmen, sind dankbar dafür.

Welche Aufgaben nehmen die Sozialstationen wahr?

Die Sozialstationen sollen nach ihrem erklärten Zweck eine Ergänzung zur Kranken- und Altenpflege in Krankenhäusern und Pflegeheimen sein und auch Pfegebedürftige betreuen, die auf eigenen Wunsch in der Gemeinschaft ihrer Familie bleiben wollen, von ihrer Familie aber aus medizinischen oder sonstigen Gründen nicht hinreichend versorgt werden können.

Wann setzt die Hilfe im konkreten Fall ein?

Die Krankenschwestern sind täglich dort zur Stelle, wo durch Erkrankung in den Familien selbst die Pflege nicht mehr sichergestellt werden kann. Auf Grund ärztlicher Anordnung leisten sie einzelne medizinische Verrichtungen, geben Spritzen oder legen einen Verband an. Selbstverständlich führen sie auch die erforderliche Pflege, wie Waschen, Umbetten oder Wundbehandlungen bei Patienten durch.

Darüber hinaus haben die Sozialstationen die Aufgabe, alten Menschen bei ihren Alltagsverrichtungen beizustehen und jene laufend zu betreuen, die als Alleinstehende der Gefahr einer seelischen Vereinsamung ausgesetzt sind. Schließlich verfügt die Station über ein Krankenzimmer, das für die Behandlung von Notfällen vorgesehen ist, sowie über Unterrichtsräume, in denen zum Beispiel bewegungstherapeutische Kurse stattfinden können, aber auch Beratungen auf dem Gebiet der Familien-, Mütter- und Gesundheitshilfe abgehalten werden. Die Leistungsfähigkeit einer Sozialstation dokumentiert die Tatsache, daß bei der Sozialstation Adenau — Altenahr im Jahre 1975 von den 6 Krankenschwestern und 2 Dorfhelferinnen je 10000 km bei über 17000 Dienstleistungen und ca. 400. Einsatztagen in der Haushaltshilfe zurückgelegt wurden.

Organisation

Man muß sich die Sozialstationen als eine Art zentrale Einsatzstelle der ambulanten Kranken-, Alten- und Familienpflege für einen angemessenen Einzugsbereich von in der Regel 30000 bis 35000 Einwohnern vorstellen. Nach dem Motto „Sie rufen uns — wir helfen ihnen" bieten die Fachkräfte der Sozialstation ihre Hilfe an. Jede Fachkraft erhält innerhalb des Einzugsbereiches der Sozialstation ein abgegrenztes Einsatzfeld. Dort führt sie die täglich anfallenden Aufgaben weitestgehend in eigener Verantwortung durch. Daneben ist ein ständiger Kontakt mit der Station gewährleistet. Die Einrichtung von abgegrenzten Einsatzfeldern erleichtert vor allem auf dem Lande das Problem der oft größeren Entfernungen.

Träger der Sozialstationen sind in erster Linie die freien Wohlfahrtsverbände, die Kirchen und die kommunalen Gebietskörperschaften. Die Sozialstation Adenau — Altenahr steht in der Trägerschaft der beiden Verbandsgemeinden Adenau und AItenahr. Die anfallende Verwaltungsarbeit wird vom Sozialamt Adenau wahrgenommen.

Dorfhelferin Maria Kiefer bei der Kinderpflege Foto: Esch

Wie wird eine Sozialstation finanziert?

An den Kosten für den Bau und die Einrichtung von Sozialstationen beteiligt sich das Land mit einem Anteil bis zu 50 Prozent. Kreis- und Verbandsgemeinden tragen je 25 Prozent der Kosten. Im Kreis Ahrweiler wurde die derzeit in Betrieb befindliche Sozialstation Adenau — Altenahr durch den Kreis und die beteiligten Verbandsgemeinden errichtet. Die Finanzierung der laufenden Sach- und Personalkosten ist so geregelt, daß nach Abzug der Einnahmen ein wesentlicher finanzieller Beitrag aus öffentlichen Mitteln zu erbringen ist, jedoch wird auch dem Träger der jeweiligen Sozialstation ein angemessener Eigenanteil zugemutet.

Die Höhe des Eigenanteils richtet sich nach den Finanzierungsmöglichkeiten des jeweiligen Trägers. So ist der Eigenanteil freier Träger in der Regel niedriger als der von Gebietskörperschaften, weil erstere nicht unmittelbar am Steueraufkommen partizipieren. Es ist auch zu berücksichtigen, daß ein kommunaler Träger beispielsweise Im Rahmen des Umlageverfahrens zu sicheren und regelmäßigen Einnahmen gelangen kann, während freie Träger sich zur Aufbringung ihrer Eigenanteile in der Regel um Spenden bemühen müssen.

Die Pflegebedürftigen selbst beteiligen sich an den Kosten entsprechend ihren wirtschaftlichen Verhältnissen, wobei prinzipiell die Regelsätze des Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zugrunde gelegt werden. Die Art der Betreuung ist jedoch von der finanziellen Leistung der Betreuten oder ihrer Familien nicht abhängig. Alle pflegebedürftigen Mitbürger erhalten dieselbe gewissenhafte und gute Versorgung.

Mitarbeiter der Sozialstation

Zur Zeit ist die Sozialstation Adenau — Altenahr mit vier examinierten Krankenschwestern, einer examinierten Ordensschwester und einer examinierten Altenpflegerin besetzt. Darüber hinaus stehen für den Bereich der Haushaltshilfe der Sozialstation zwei Dorfhelferinnen zur Verfügung, die ihre Ausbildung und Examina beim Dorfhelferinnenwerk Sölden abgelegt haben.

Alle Mitarbeiterinnen sind jeweils direkt zu erreichen.

Krankenschwestern

Frau Kürsten, Barweiler
(Tel. 02691/2605)

Frau Stratmann, Dümpelfeld
(Tel. 02695/345)

Frau A. Stratmann, Honerath
(Tel. 02691/2377)

Frau Becker, Ohlenhard
(Tel. 02694/718)

Schwester Reparata, Altenahr
(Tel. 02643/275)

Altenpflegerin

Frl. Klara Neis, Morswiesen
(Tel. 02655/1216)

Dorfhelferinnen

Frl. Willems, Wimbach
(Tel. 0 26 91 / 25 96)

Frl. Kiefer, Ahrbrück
(Tel. 02643/7666)