Vom Französischen Kanton zum Preußischen Landkreis

Die Kreise Ahrweiler, Adenau und Mayen in der Zeit von 1798 bis 1827

Karl Egon Siepmann

Im Spätherbst 1794 hatten die französischen Revolutionsheere endgültig das linke Rheinufer besetzt.

Eine durchgreifende Neuorganisation der rheinischen Verwaltung nach französischem Vorbild erfolgte jedoch erst drei Jahre später.

Departements und Kantone (1798)

Das Pariser Direktorium beauftragte am 4.11.1797 den bisherigen Richter am Kassationsgerichtshof Rudier mit dieser Aufgabe; gleichzeitig wurde er zum „Generalregierungskommissar aller eroberten Länder zwischen Maas und Rhein und Rhein und Mosel" ernannt. Bereits am 23. 1. 1798 erließ Rudier eine Verordnung, nach der die eroberten Länder in vier Departements (diese wiederum in Kantone) eingeteilt wurden:

Roer-Departement
(mit Hauptort Aachen)
Saar-Departement
(mit Hauptort Trier)
Rhein-Mosel(Rhin et Moselle)-Departement
mit Hauptort Koblenz)
Departement Donnersberg
(mit Hauptort Mainz).

Die endgültige Errichtung dieser vier neuen Zentralverwaltungen erfolgte am 19. 2. 1798.

Dieses Reglement vom 23. 1. 1798 setzte gleichzeitig mit der Direktorialverfassung vom 22. 8. 1795 und dem Gesetz vom 7. 9. 1795 die organisatorischen Grundlagen der inner-französischen Verwaltung in den vier rheinischen Departements in Kraft.

Von der Zentralverwaltung zum Präfektursystem (1800)

Nachdem Napoleon am 9. 11. 1799 durch einen Staatsstreich das Direktorium beseitigt und als erster Konsul selbst die Leitung des französischen Staates übernommen hatte, erging bereits am 14. 5. 1800 ein Konsularbeschluß, der die Verwaltung der rheinischen Departements nach dem Pluviösegesetz (Gesetz vom 28. pluviöse VIII = 17. 2. 1800) verfügte. Durch Beschluß vom 25. 5. 1800 wurden die kollegialen Zentral- und Munizipalverwaltungen durch ein Präfektursystem ersetzt.

Jetzt stand in jedem Departement ein Präfekt an der Spitze. Die Einteilung in Kantone blieb zwar bestehen, diese waren jedoch keine Verwaltungsbezirke mehr, vielmehr wurden die Gemeinden nun zu größeren Einheiten ,,arrondissements communaux" (Gemeindebezirken) zusammengeschlossen, an deren Spitze jeweils ein Unterpräfekt stand.

Arrondissements und Kantone

Das uns interessierende Rhein-Mosel-Departement gliederte sich in die Arrondissements Bonn. Koblenz und Simmern.

Der Gemeindebezirk (Arrondissement) Bonn umfaßte die Kantone Adenau. Ahrweiler. Bonn-Stadt. Bonn-Land. Remagen. Rheinbach, Ulmen, Virneburg und Wehr.

An der Spitze jeder Gemeinde stand ein Maire. der jeweils Mitglied und Vorsitzender des Munizipalrates und unmittelbar dem Präfekten unterstellt war.

Bildung von Generalgouvernements (1814)

Um die Jahreswende 1813/1814 brach die französische Herrschaft am Rhein zusammen. In der Völkerschlacht bei Leipzig (16. bis 19. 10. 1813) hatte Napoleon eine entscheidende Niederlage erlitten und trat den Rückzug nach Frankreich an.

Durch die Leipziger Konvention vom 21. 10. 1813 (Übereinkunft der verbündeten Siegermächte) wurde die Leitung der vorläufigen Verwaltung der wiedereroberten Gebiete Reichsfreiherrn Karl vom und zum Stein (1757—1831) übertragen. Die Verbündeten schufen für eine Übergangszeit in den von ihnen besetzten Gebieten mit Generalgouvernements neue Verwaltungseinheiten (-gebilde). ohne jedoch die bestehenden Verwaltungseinrichtungen zu ändern.

Im Januar 1814 wurden die Generalgouvernements Niederrhein (bestehend aus den Departements Roer, Niedermaas. Ourthe: mit Sitz in Aachen) und Mittelrhein (bestehend aus den Departements Rhein-Mosel. Saar. Donnersberg: mit Sitz in Trier) eingerichtet. An ihre Spitze traten Gouvernementkommissare (anstelle der bisherigen Präfekten) und Kreisdirektoren (anstelle der bisherigen Unterpräfekten). Bereits im Juni 1814 wurden die beiden Generalgouvernements zum Generalgouvernement Nieder- und Mittelrhein vereinigt (mit Sitz in Aachen: die Leitung wurde einem vorläufigen Generalgouverneur, dem Preußischen Geheimen Staatsrat Johann August Sack, übertragen).

Preußische Provinzen. Regierungsbezirke und Kreise (1815)

Auf dem Wiener Kongreß (September 1814 bis Juni 1815). bei dem die Neuordnung der europäischen Verhältnisse beschlossen wurde, war am 8. 2. 1815 der Streit um Preußens Gebietsansprüche endgültig beendet: ein Beschluß vom 10. 2. 1815 besagte, daß Preußen das gesamte links- und rechtsrheinische Gebiet (die spätere Rheinprovinz) erhielt.

Bereits am 5. 4. 1815 richtete Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. eine feierliche Proklamation (das sog. "Besitzergreifungspatent") an seine Untertanen: "An die Einwohner der mit der Preußischen Monarchie vereinigten Rheinländer".

Am 9. 11. 1815 erfolgte dann die Bekanntgabe der Einteilung des Rheinlandes in zwei Provinzen und sechs Regierungsbezirke: die nördliche Provinz der „Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg" (Sitz: Düsseldorf) mit den Regierungsbezirken Aachen. Düsseldorf. Kleve, Köln und die südliche Provinz ..Großherzogtum Niederrhein" (Sitz: Koblenz) mit den Regierungsbezirken Koblenz. Trier (nachdem eine königliche Verordnung vom 30. 4. 1815. einschließlich entsprechenden Ausführungsbestimmungen von Staatskanzler Fürst Har-denberg. bereits vor ihrer Realisierung wieder aufgegeben wurde).

Die Arbeit in den neuen preußischen Verwaltungsgliederungen beginnt (1818)

Eine neuerliche Kabinetts-Ordre vom 10. 1. 1816 bestimmt die Neubildung der Provinz ,,Jülich-Kleve-Berg". Ihr folgte am 23. 3. 1816 die endgültige Festlegung der Grenzänderungen der Provinzen:

Köln wurde (anstelle von Düsseldorf s.o.) neuer Sitz der Provinz ..Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg" (mit den Regierungsbezirken Düsseldorf. Kleve. ab 1. 1. 1822 Eingliederung in den Reg.-Bez. Düsseldorf. Köln): der Regierungsbezirk Aachen wurde der Provinz ..Großherzogtum Niederrhein" zugeordnet.

Damit kamen gleichzeitig die ehemaligen Kantone Bonn-Stadt. Bonn-Land, Rheinbach des ehemaligen Arrondissements Bonn aus dem ehemaligen Rhein-Mosel-Departement zur neuen Kölner Regierung.

Am 15. 4. 1816 trafen sich in Köln die beiden rheinischen Oberpräsidenten, Friedrich Graf zu Solms-Laubach (29. 8. 1769 — 24. 2. 1822), und Freiherr von Ingersleben (zugleich in ihren Eigenschaften als Regierungspräsidenten von Köln und Koblenz) mit den übrigen vier rheinischen Regierungspräsidenten (von Pestel/Düsseldorf, von Erdmannsdorff/Kleve, Reimann/Aachen, Delius/Trier). In dieser Sitzung wurde als Termin für den gleichzeitigen Beginn der sechs rheinischen Regierungen bestimmt: Montag, 22. April 1816.

Nach dem Tod des Kölner Oberpräsidenten (s. o.) wurden die beiden Oberpräsidialbezirke durch Kabinetts-Ordre vom 27. 6. 1822 „zu einem rheinischen Oberpräsidium in Koblenz" vereinigt; seit 1830 setzte sich für diesen Bezirk die Bezeichnung ,,Rheinprovinz" durch.

Die Leitung der Kreise wurde zunächst von der Regierung ernannten landrätlichen Kommissarien, später dann vom König ernannten Landräten übertragen. Damit endete gleichzeitig die Wirksamkeit der bisherigen Kreisdirektoren. Die näheren Bestimmungen zur Wahl der Landräte wurde in einer Kabinetts-Ordre vom 11. 6. 1816 geregelt.

Im „Amts-Blatt der Regierung zu Koblenz" vom 14. 5. 1816 wurde die neue Kreiseinteilung der (zunächst) 16 Kreise des Regierungsbezirks bekanntgegeben:

Adenau, Ahrweiler, Altenkirchen, Braunfels, Cochem, Stadt- und Landkreis Koblenz, Kreuznach, Linz, Mayen, Neuwied, St. Goar, Siegen, Simmern, Wetzlar. Zell.

Das Gebiet des ehemaligen Fürstentums Siegen war zunächst dem „Großherzogtum Niederrhein" und in Folge vorläufig der Koblenzer Regierung zugewiesen worden. Erst eine Königliche Verfügung vom 23. 2. 1817 bestimmte dann, daß Siegen zum 1. 6. 1817 in die Provinz Westfalen (Regierungsbezirk Arnsberg) eingegliedert wurde.

Die Kreise Ahrweiler und Adenau

Der Kreis Ahrweiler umfaßte bei seiner Neugründung als preußischer Landkreis zunächst („nach der aus der Franzosenzeit stammenden Einteilung die Kantone" -zit. nach Schmitz, a.a.O.):

Ahrweiler
mit den Bürgermeistereien Ahrweiler, Gelsdorf, Brück, Mayschoß

Remagen
mit den Bürgermeistereien Remagen, Heimersheim, Ringen, Sinzig

Wehr
mit den Bürgermeistereien Wehr, Königsfeld, Kempenich

Virneburg
mit der Bürgermeisterei Virneburg.

Bereits 1818 wurden die ersten Grenzkorrekturen vorgenommen:

1. Die um die Ortschaft Brohl erweiterte Bürgermeisterei Niederbreisig wurde aus dem Kreis Mayen in den Kreis Ahrweiler eingegliedert.

2. Der Kanton Wehr wurde aufgelöst:

a) die Bürgermeisterei Königsfeld, um die Gemeinden Ober- und Niederzissen (ehemalige Bürgermeisterei Wehr) und die Gemeinden Heckenbach und Blasweiler (aus der Bürgermeisterei Virneburg) vergrößert, blieb im Kreis Ahrweiler

b) Wehr kam zum Kreis Mayen

c) die Bürgermeistereien Kempenich und Virneburg (mit Ausnahme von Heckenbach und Blasweiler) kamen zum Kreis Adenau

3. Die Gemeinde Kreuzberg und die Großgemeinde Berg (ehemals Bürgermeisterei Brück, Kreis Adenau) kamen zum Kreis Ahrweiler.

Damit umfaßte der Kreis Ahrweiler ein Gebiet von 371,8 qkm mit insgesamt 25 662 Einwohnern.

Die ersten Landräte des Kreises Adenau waren: Koller (1816—1825), Heuberger (1825—1829) und Gattermann (1829—1848). Im Kreis Ahrweiler war Freiherr von Gruben erster Landrat (die endgültige Ernennung zum Landrat erfolgte am 16. 1. 1817).

Die von ihm vorgeschlagene Einteilung des Kreises in die 7 Bürgermeistereien Ahrweiler, Altenahr. Gelsdorf, Königsfeld, Niederbreisig, Remagen. Sinzig wurde von der Regierung bestätigt.

1820 wurde von Gruben in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Ab August 1820 übernahm Freiherr von Hilgers. Landrat des Kreises Linz, zusätzlich die Verwaltung in Ahr-weiler. Mit dieser Personalunion sollte die angestrebte Zusammenlegung der Kreise Linz und Ahrweiler realisiert werden. Allerdings zerschlug sich dieser Plan durch die Bildung der Fürstlich Wiedischen Regierung, die 1822 zu einer Vereinigung der Kreise Linz und Neuwied führte. Damit war gleichzeitig die Stelle des dienstjüngeren Landrats des Kreises Neuwied, von Gärtner, zur Disposition gestellt; er übernahm im Mai 1822 die Verwaltung des Kreises Ahrweiler (bis zu seinem Tod am 4.12.1840), wurde aber erst am 8. Juli 1825 endgültig zum Landrat ernannt, da erst zu diesem Zeitpunkt die äußerst langwierigen Ruhestandsverhandlungen des Freiherrn von Gruben zum Abschluß gebracht und dieser endgültig in den Ruhestand versetzt und aus dem preußischen Staatsdienst entlassen werden konnte.

Kreisbeschreibungen in einem Schulbuch aus dem Jahre 1827

Ein Jahrzehnt nach der Einführung der neuen preußischen Verwaltungsgliederung veröffentlichte „Joh. Holthaus, Schullehrer in Volmestein, der Grafschaft Mark" sein „Geographisches Lehr- und Lesebuch, zunächst für Elementarschulen in Rheinland-Westphalen. Gedruckt bei A. Brune in Hagen. 1827", das zum Zeitpunkt seines Erscheinens, vor jetzt über 150 Jahren, ein sehr gewichtiges Schulbuch war, viel Aufsehen erregte und große Beachtung und Verbreitung fand. „Wir müssen die gewaltige Arbeit bewundern, die der Dorfschullehrer von Volmarstein damals geleistet hat, in der Zeit ohne Auto und Omnibusse, ohne Tele- und Photograph, ohne Tele- und Grammophon, ohne Kino und Radio", schrieb ein bekannter westfälischer Pädagoge und Heimatforscher 100 Jahre nach Erscheinen dieses „Lehr- und Lesebuches". Über das Leben des alten westfälischen Schulgeographen berichtet die Volmarsteiner Schulchronik: „Lehrer Holthaus wurde 1813 als Adjunkt dem Magister Jelling-haus beigegeben. Holthaus stammt von Sprockhövel. Die Bestätigung der Wahl erfolgte erst am 11. Juli 1815, nachdem Jelling-haus bereits am 17. Januar 1815 gestorben war. Im Mai 1827 kündigte Lehrer Holthaus sein Amt und zog nach Lüttringhausen".

Holthaus gliederte sein 76 Seiten umfassendes „Schul-Lesebuch" in 35 Kapitel, wobei die Beschreibung der rheinisch-westfälischen Provinzen, Regierungsbezirke und Kreise (Kapitel 20 bis 30, Seiten 18 bis 60) den breitesten Raum einnahmen.

Man muß — aus heutiger Sicht — diesem westfälischen Lehrer aus der Ruhrtalgemeinde Volmarstein in der Tat große Anerkennung zollen, wie er in seiner Zeit das Material für dieses 4 Taler kostende Schülerbuch gesammelt, gesichtet und methodisch aufgearbeitet hat. („So vortrefflich die Hülfsmittel waren, die der Verfasser zu benutzen Gelegenheit hatte, so ist es doch möglich, daß bei den topographischen Darstellungen, besonders der abgelegenen landräthlichen Kreise, hin und wieder kleine Unrichtigkeiten sich eingeschlichen haben", lesen wir u. a. im „December 1826" geschriebenen Vorwort).

Die von Holthaus beschriebenen 14 Kreise des Regierungsbezirks Koblenz haben nach der Schulbuch-Darstellung folgende Flächengrößen und Einwohnerzahlen (in der Reihenfolge der Beschreibung):

Kreis Meilen Einwohner

Koblenz

6

40 130

Neuwied

7 1/4

27 100

Wetzlar

3 3/4

14  230

Braunfels

6 1/8

18400

Altenkirchen

9 7/8

26 650

Linz

2 1/2

11 180

Ahrweiler

4 5/8

24 750

Mayen

9 1/2

31 125

St. Goar

8 1/8

25 865

Kreuznach

5 1/8

38 650

Simmern

7 1/8

29 320

Zell

5

21 180

Kochem

9 3/8

22 520

Adenau

8 3/8

19 200

Die Kreise Ahrweiler, Adenau und Mayen wurden vom Schulbuchautor für die „Elementarschüler" mit folgenden Texten „aufgearbeitet":

7) Der Ahrweiler Kreis, ein Theil des vormaligen Departements Rhein-Mosel, grenzt an den Rgb. Köln, an die Kreise Mayen, Adenau, und östlich, durch den Rhein geschieden, an Unkel. Er enthält 4Ve 1. Weil., und zählt 24 750 Einw. Die rauhe Eitel im Süden mit ihren Verzweigungen macht die Gegend sehr gebirgig. Doch ist der Boden in dem Ahnhaie fruchtbar und erzeugt an seinen Hügeln viel Wein. Andere Produkte dieses Kreises sind Holz, Wild. Fische und gute Mauer- und Bruchsteine. Wir merken uns die Kreisstadt Ahrweiler an der Ahr, Remagen und Sinzig am Ausflusse der Ahr in den Rhein.

8) Der Mayener Kreis, ein Theil des Departements Rhein-Mosel, wird umgeben von den Kreisen Adenau, Ahrweiler, Linz, Koblenz, St. Goar und Kochern. Er ist 9 1/2 Meil. groß, und zählt 31 125 Einw. Die Gegend hat Berge und weite Thäler, unterhält Weinbau, Viehzucht. Hafer- und Kartoffelanbau und enthält viele vulkanische Produkte. Mit Mühlsteinen und Traß wird ein ansehnlicher Handel getrieben. Besonders merkwürdig ist der 666 Fuß über dem Rheine gelegene Laacher See, vormals der Krater eines Vulkans. Der See hat viele Quellen, friert nie zu und ist sehr fischreich. Er soll 214 Fuß tief seyn. Die Einw. besitzen Mineralbrunnen, gute Waldungen, Potasch-siedereien, Pechhütten, und beschäftigen sich viel mit Einsammlung der Wacholderbeeren. Im Osten des Kreises strömt der Rhein, im Nordosten fließt die Mosel, im Südwest die Eltz, im Innern die Nette.

Städte sind: Andernach am Rhein, Münstermayenfeld und die Kreisstadt Mayen an der Nette.

14) Der Adenauer Kreis, ein Theil des vormaligen Departements Rhein-Mosel, wird von den Rgb. Trier, Aachen und von den Kreisen Ahrweiler, Mayen und Kochern begrenzt. Er enthält 8 3/8 Meil.. mit 19 200 Einw. Der Ackerbau ist unbedeutend. An der £/7e/,welche die Ostseite des Kreises bedeckt, gedeihet nur Hafer, welcher nebst Kartoffeln die Brodfrucht ist. Man beschäftigt sich mehr mit Schafzucht, mit Verarbeitung des Holzes zu Kohlen und Potasche, mit Wollspinnerei und Weberei. Unter den Mineralien findet man Eisen, Blei. Mauer- und Bruchsteine, Schiefer und Thon. Außer dem östlichen Theile ist der Kreis eben, und wird von der Ahr und vielen Bächen bewässert. Wir merken uns die Kreisstadt Adenau.

„Vorzüglichste Fabricken und Manufakturen" (1820)

Der bei Th. F. Thiriart, Köln, 1820, gedruckten und verlegten „General-Tabelle der vorzüglichsten Fabricken und Manufakturen in den Königlich Preußischen Provinzen Niederrhein. Cleve, Jülich und Berg, Westphalen und Sachsen" entnehmen wir für die Kreise Ahrweiler. Adenau und Mayen folgende Unternehmen:

Bezeichnung der Fabriken Manufakturen und Gewerbe

Kreis

Ort, wo diese Anstalten sich befinden

Nähere Angaben der Gegenstände, welche verfertigt werden

Bemerkungen

Eisen,
Eisenguß- und
Blechwaren

Adenau

Mayen

Stahlhütte bei Dorsel

Mießenheim

Stabeisen

Stabeisen

Königlich Hüttenwerk

Die Fabrik führt die Firma Heinr, Wilh. Remy und Cons,

Bausteine,
Mühlsteine
Traß
Mayen


Mayen


Mayen

Bei Burgbrohl
u. Niederlützingen


Zwischen Mayen
u. Cottenheim

Bei Niedermendig

Gelber und
blauer Tuffstein
und Traß

Mühlsteine


Mühlsteine

 


Die Fabrik führt die
Firma Jos. Landau
und Sohn in Koblenz

Dieselben

Mühlensteine Mayen

Mayen

Bei Mayen

Bei Mayen

Johann Klee
zu Mayen

Phil. Sauerborn
zu Koblenz

Mühlsteine

 

 

Mayen

Mayen

Mayen

Mayen

Mayen

Mayen

Mayen

Mayen

Bei Mayen

Bei Mayen

Bei Mayen

Bei Mayen

Bei Niedermendig

Bei Niedermendig

Bei Niedermendig

Bei Niedermendig

Jos. Host
zu Andernach

Canaris
zu Münstermayfeld

Nicolas Linn
zu Andernach

Joseph Herger
zu Köln

Phil. Adolf Kohlhaas

Joh. Müller und
Joh. Reuters. Erben
zu Niedermendig

Franz Burkhardt
zu Koblenz

Xavier Michels u.
Peter Hoenff
zu Andernach

Leder

Mayen

Kloster
St. Thomas
bei Andernach

Sohlleder aus
amerikanischen
'Wildhäuten

Die Fabrik führt
die Firma Joseph
Nebel-Crepus

Papier




 

Ahrweiler




Mayen





Mayen

Brohl




Plaidt





Bei Mayen

Packpapier,
Schreib-, Post-
und Velinpapier;
imgleich. gewöhn-
liche und feine
Pappdeckel

Druckpapier der
Ballen 6 Rthlr.,
Schreibpapier daß
Rieß zu 1 Rthlr.
16 gr. bis 2 Rthlr.
9 gr.

Druck- und Packpapier
wie auch Schreibpapier
zu 2 bis 3 Rthlr. 20 gr.
p. Rieß

Die Fabrik führt
die Firma Van der
Muelen und Comp.




Joh. Anton Nolden

Schlußbemerkung

In der Preußischen Gesetzsammlung Nr. 43/1932 erschien die „Verordnung des Preußischen Staatsministeriums über die Neugliederung von Landkreisen" vom 1. 8. 1932. Die Gründe für die Neugliederung waren in der Präambel der Verordnung u. a. wie folgt festgelegt: Sicherung des Haushalts, Vereinheitlichung der öffentlichen Verwaltung sowie bessere Verteilung und sparsame Nutzung der Arbeitskräfte.

Insgesamt wurden 58 kleinere Landkreise aufgelöst und neu gegliedert. Die Verordnung vom 1. 8. 1932 und damit die Neugliederung der Landkreise trat am 1. Oktober 1932 in Kraft. Von dieser Neugliederungsverordnung war auch der Kreis Adenau betroffen.

Sein Gebiet wurde den beiden Nachbarkreisen Ahrweiler und Mayen zugeteilt; der Kreis Ahrweiler wurde gleichzeitig Rechtsnachfolger des aufgelösten Kreises, seine Flächengröße stieg von 371,8 auf 718 qkm. seine Einwohnerzahl von rd. 48 000 auf rd. 75 000 an. Mayen erhielt vom Kreis Adenau die Ämter Kempenich. Virneburg und Kelberg (ohne die Gemeinden Meuspath, Müllenbach, Nürburg — sie wurden in das Amt Adenau eingegliedert),

Ahrweiler erhielt die Ämter Adenau. Antweiler und Brück.

Damit erhielten 116 Jahre nach ihrer ersten „preußischen" Festlegung die Verwaltungsgrenzen völlig neue Konturen.

130 Jahre nach ihrer Gründung endete die Existenz der ehemaligen preußischen Provinzen.

Nach der bedingungslosen Kapitulation am 8. 5. 1945 (in Reims und Berlin-Karlshorst) war das Gebiet des heutigen Landes Rheinland-Pfalz zunächst von amerikanischen Besatzungstruppen besetzt (Mitte April 1945 überließen die Amerikaner die pfälzischen Kreise Bergzabern, Germersheim, Landau, Speyer-Stadt und -Land den Franzosen).

Durch ein Memorandum der Militärregierung vom 10. 5. 1945 entstand die „Provinzialregie-rung für Saar, Pfalz und Rheinhessen'' (es war die erste höhere deutsche Behörde im besetzten Deutschland). Bereits am 4. 6.1945 wurde das gesamte Mittelrheingebiet einschließlich der Saar (mit insgesamt rd. 3,5 Millionen Einwohnern) zum „Oberregierungspräsidium Mittelrhein-Saar" zusammengefaßt. Diese neue Verwaltungseinheit umfaßte die reorganisierten Regierungsbezirke Koblenz und Trier und die neugebildeten Regierungsbezirke Saarland (Sitz Saarbrücken), Pfalz (Sitz Neustadt an der Weinstraße) und Rheinhessen (Sitz Mainz).

Doch bereits am 5. 6. 1945 wurde „dieser hoffnungsvolle Neubeginn, der die Einheit des heutigen rheinland-pfälzischen Gebietes (ohne den früheren Reg.-Bez. Montabaur) mit dem Saarland und damit dessen uneingeschränkte Zugehörigkeit zu Deutschland sanktionierte, durch die Zoneneinteilung zerschlagen, die der Alliierte Kontrollrat in Karlshorst, das oberste, mit Regierungsgewalt ausgestattete Organ der vier Siegermächte in Deutschland, (am 5. Juni 1945) auf Grund der Beschlüsse von Jalta vornahm" Götz, a. a. 0„ S. 24). Damit übernahmen die französischen Besatzungstruppen vom 10. bis 15. 7. 1945 von den Amerikanern u. a. auch die Regierungsbezirke Koblenz und Trier. Bereits Ende Juli 1945 wurde das o. g. „Oberregierungspräsidium" von den Franzosen aufgelöst. Gleichzeitig wurde am 25. 7. 1945 die französische Entscheidung bekanntgegeben, das Saargebiet als eigene, von allen deutschen Dienststellen zu trennende Verwaltungseinheit zu behandeln.

Mit der Verordnung Nr. 57 vom 30. 8.1946 verfügte die französische Besatzungsmacht dann die Bildung des Landes Rheinland-Pfalz, das die Pfalz (bisher „Oberregierungspräsidium Hessen-Pfalz") und die Regierungsbezirke Trier, Koblenz, Mainz und Montabaur (bisher „Oberpräsidium Rheinland-Hessen-Nassau") umfaßte.

Die vorerst letzte große Reform erlebten wir mit der Verwaltungsreform, „die vor allem in den Jahren 1968 bis 1973 durch Gesetze mit z. T. verfassungsänderndem Charakter vorgenommen wurde" (Götz, a. a. O., S. 104). Der offizielle Begriff für das große Gesetzeswerk, dessen parlamentarischer Ausgangspunkt eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Dr. Peter Altmeier in der 2. Sitzung des Landtags von Rheinland-Pfalz (V. Wahlperiode) am 22. 5. 1963 war. hieß „Verwaltungsvereinfachung".

Im Zuge dieser Vereinfachungsmaßnahmen kam es erneut zur Auflösung von Regierungsbezirken (Verringerung von fünf auf drei: Koblenz + Montabaur = Koblenz; Pfalz + Rheinhessen = Rheinhessen-Pfalz: Trier — mit Wirkung vom 1. 10. 1968), von Landkreisen (Verringerung von 39 auf 24), und zur Eingemeindung oder Zusammenlegung von Kommunen (Verringerung von 2886 auf weniger als 2 500 Gemeinden, die in 167 Ver-bandsgemeinden zusammengefaßt sind; daneben weitere 33 verbandsfreie Gemeinden sowie 12 kreisfreie und 7 große kreisangehörige Städte).

Der „neue" Regierungsbezirk Koblenz umfaßt nach der Gebietsreform die zehn Kreise:

Ahrweiler, Altenkirchen, Bad Kreuznach, Birkenfeld, Cochem-Zell, Mayen-Koblenz, Neuwied, Rhein-Hunsrück-Kreis, Rhein-Lahn-Kreis, Westerwaldkreis und die kreisfreie Stadt Koblenz (sowie 5 kreisangehörige Städte).

Mehr als 150 Jahre liegen zwischen jenen 4 5/8 Meilen und 24 750 Einwohnern in der Statistik des alten preußischen Landkreises Ahrweiler im Schulbuch des Jahres 1827 und den 787,27 qkm und 109560 Einwohnern in der Statistik der heutigen Städte Bad Neuenahr-Ahrweiler, Remagen, Sinzig, der Gemeinde Grafschaft, und den Verbandsge-meinden Adenau, Altenahr, Bad Breisig und Brohltal (Stand: 1. 1. 1979).

Einige — in ihrer Zeit für die „Betroffenen" sicherlich „schmerzvolle" — gravierende „Neugliederungen" sind erfolgt, die Verwaltungskarten mußten mehrfach ihre Bezeichnungen und Grenzen ändern, dennoch hat u. E. die Instruktion zur Geschäftsführung in den königlich preußischen Staaten vom 23. Oktober 1817 auch heute noch (wenn auch in etwas abgewandelter Form) den gleichen Bestand:

„Sie (d. h. Gemeinde, Kreis, Bezirksregierung, Land, Bund) müssen eifrig bedacht seyn, nicht allein allem vorbeugen und alles zu entfernen, was dem Staate und seinen Bürgern Gefahr und Nachteil bringen kann, sondern auch das Gemeinwohl desselben möglichst zu befördern und zu erhöhen."

Literatur

Götz. Wolfgang (Redaktion): Rheinland-Pfalz — heute und morgen. Mainz: v, Hase & Koehler. 1974, 427 S.
Holthaus. Joh.: Geographisches Lehr- und Lesebuch zunächst für Elementarschulen in Rheinland-Westphalen. Hagen: Brune, 1827. 76 S.
Schmilz. Walter: Aus der Verwaltungsgeschichte des Kreises Ahrweiler; S. 243—260. Köln: Archiv für Deutsche Heimatpflege GmbH. 1968. 468 S.
Siepmann, Karl (Hg.): Use laiwe Haime. Heimatblätter fürdie ehemalige Herrschaft Volmarstein. Wetter (Ruhr): Edelhoff, 1. Jg./1924 - 4. Jg./1927. 252 S. (DIN A 4). Siepmann. Karl Egon: Die Änderung kommunaler Grenzen des Oberbergischen Kreises im 19. und 20. Jahrhundert. In: Romenke Berge. 27. Jg.. Heft 1/April 1977. S. 22—30. Siepmann. Karl Egon: Das Oberbergische Land in den westfälischen Neugliederungsplänen des Jahres 1815. Ein Beitrag zur rheinisch-westfälischen Verwajtungsreform 1815—1975). In: Romenke Berge, 29. Jg.. Heft 2/August 1979, S. 97—106 (weitere Lit.-Ang. dort). 150 Jahre Regierungsbezirk Köln. Berlin: Länderdienst-Verlag. 1966, 500 S.
Heimat-Jahrbuch 1980 für den Kreis Ahrweiler (37. Jg.; hg. vom Landkreis Ahrweiler). Bonn: Rheinischer Landwirtschafts-Verlag GmbH. o. J. (1979). 190 S.