Die Bedeutung der Steine und Erden für die Wirtschaft des Kreises Ahrweiler

Gerd Distelrath

Die Industrie der Steine und Erden spielt für das Wirtschaftsleben des Kreises Ahrweiler eine beachtliche Rolle. Von den 80 Betrieben des Kreisgebietes mit 20 und mehr Beschäftigten sind acht mit der Gewinnung und Verarbeitung von Steinen und Erden beschäftigt. Nahezu 600 Personen finden Arbeit in diesem Wirtschaftszweig. Der Jahresumsatz beläuft sich auf 120 Mill. DM. Hiervon werden rund 10 % mit dem Ausland abgewickelt.

Wir treffen an verschiedenen Stellen des Kreisgebietes Steine und Erden an, deren Entstehung größtenteils auf vulkanische Vorgänge in vorgeschichtlicher Zeit zurückzuführen ist. So finden wir beispielsweise Basalt und Eifellava, Tuff und Traß. Phonolith und Zeolith, Kaolin. Ton und Kies.

In der Umgebung von Bad Neuenahr-Ahrweiler und im Bereich des Laacher Sees wurde an wenigen Fundstellen der Eifelfango entdeckt, der ein Ablagerungsprodukt der Ei-felvulkane darstellt. Das schwach verfestigte Tuffsediment ist aus mineralischen Substanzen zusammengesetzt und somit anorganisch. Seine hervorragenden physikalischen Eigenschaften sind: das hohe Wärmehaltungsvermögen, die Plastizität der mit Süßoder Thermalwasser aufbereiteten Wärmepackung, die wohltuende Erträglichkeit feuchter Wärme bei Anlegetemperaturen bis zu 54°. die Wasserbindung des feinstvermahlenen Tuffs und die Sorptionskraft der Packung, die Ausscheidungsstoffe bindet.

In der Balneotherapie stellt der EIFELFANGO seit Jahrzehnten ein wirksames, probates Heilmittel dar, welches bei verschiedenen Indikationen, in der Hauptsache bei Erkrankungen der Gelenke und Muskeln, des rheumatischen Formenkreises, der inneren Organe und bei postoperativen Behandlungen von fachlich geschultem Personal abgegeben wird.

EIFELFANGO wird im Tagebau gewonnen, vorgetrocknet und zerkleinert; danach wird er in Luftstrommahlanlagen vermählen und bei einer Temperatur von 300° erhitzt. Das windgesichtete Pulver wird in Gebinden zu 25 kg, 50 kg oder als Siloware zur Kundschaft in den deutschsprachigen, den übrigen europäischen Raum und nach Übersee zum Versand gebracht.

Am Schellkopf bei Brenk baut die Kali-Chemie Phonolith ab, das ein wichtiger Zuschlagstoff für die Glasindustrie bei der Herstellung von Flaschen darstellt. Die Qualität dieses Materials wird in Fachkreisen als hervorragend beurteilt. Unter der Überschrift „Schellkopf sorgt in Brenk für gute Finanzsituation" war der Rhein-Zeitung am 15. 2. 1980 zu entnehmen: „Die Finanzen der 200 Einwohner zählenden Gemeinde Brenk scheinen zu stimmen. Die Natur beziehungsweise die Geologie hat dabei mitgemischt. In Brenk wird auf Gemeindeeigentum seit vielen Jahren Phonolith abgebaut und die daraus stammenden Einnahmen machen etwa die Hälfte des gesamten Verwaltungshaushalts aus".

Sicherlich kann sich die Gemeinde Brenk sehr glücklich darüber schätzen, daß der Schellkopf nach den gegenwärtigen Berechnungen einen Vorrat für die nächsten 15 Jahre bietet. Unangetastete Vorräte an Phonolith birgt darüber hinaus der in unmittelbarer Nähe der jetzigen Abbaustätte gelegene Engelner Kopf. Das für die Glasindustrie aufbereitete Material wird von der Brohltal-Eisenbahn-Gesellschaft abtransportiert, die Bahngleise vom Werk Brenk durch das Brohltal bis zum Rheinhafen Brohl für den täglichen Güterzug unterhält. Phonolith wird von hier aus nach Frankreich, Schweden und Holland verschifft.

 

Meterhoch steht der Kies in den Gruben an

Im Raum Weibern wird auch heute noch in fünf Steinbrüchen Tuffstein gebrochen. Wenngleich der Weiberner Tuff heute in erster Linie für Renovierungen und Restaurierungen von Kirchen und öffentlichen Objekten sowie Bauten, die unter Denkmalschutz stehen, Verwendung findet, so wird dennoch ein Abbau von etwa tausend cbm Tuff im Jahr aus dem großen Weiberner Vorkommen geschätzt.

Das bei Kempenich vorgefundene graubraun-ockerfarbene basaltartige Eruptionsgestein „Zeolith" liefert die eigentliche Basis dafür, daß hier einer der bedeutendsten deutschen Betriebe für den Bau von Wasseraufbereitungsanlagen seinen Sitz hat: Die Firma Carl Lösch Filter GmbH. Das Vulkangestein ist nämlich der wichtigste Rohstoff, der für die Fertigung von Filteranlagen gebraucht wird. So ist dazu dem Prospektblatt der Firma Carl Lösch zu entnehmen: "Direkt hinter unserem Fertigungsbetrieb liegt ein Rohstoffvorkommen, um das wir in aller Welt beneidet werden. Im Einsatz als Filtermedium garantiert dieser mineralogische Rohstoff hervorragende Ergebnisse — auch bei schwierigsten Filtrations-Problemen. Die Lagerstätte umfaßt noch Millionen Tonnen Eine Beruhigung, mit der wir auch in den nächsten Generationen Wasseraufbereitungs-Probleme lösen werden."

Im unteren Brohltal finden sich noch Zeichen einer früheren Ausbeutung der großen Vorkommen an Traß. Traßmörtel. ein Gemisch von Traß, Kalk und Sand, hatte, wie älteren Büchern zu entnehmen ist, wegen seiner Dichtigkeit zu fast allen größeren Wasserbauten der Marine sowie zu allen Talsperren Rheinlands und Westfalens ausschließlich Verwendung gefunden. Traß wurde auch als Zusatz zu Zement-Mörtel eingesetzt.

Schließlich ist noch ein weiteres Gestein der Brohltalhöhen anzuführen. Es handelt sich um die Eifellava, die vor 10 000 bis 12 000 Jahren entstand. Durch Vulkaneruption unter Gasdruck wurden gewaltige Magmamassen explosionsartig aus dem Erdinneren emporgeschleudert. Die Lavamassen, je nach ihrer Temperatur, erstarrten in der Luft oder sie fielen zähflüssig zu Boden, wo sie miteinander verbackten. Diese Schweißschlacken umgaben bald wallartig die Auswurföffnung. Sie bildeten Vulkanberge aus kegelförmig übereinander gelagerten Schichten.

Größere flüssige Magmamassen durchbrachen die Schlackenkegel. Sie lagerten sich im Umfeld des Vulkans als Lava ab. Diese "Krater-Vorkommen" sind die häufigste Art der Gesteinsbildung. Andere Vorkommen sind mächtige, subvulkanische Ergüsse und bankartige Gesteinsverbände.

Durch die Verbindung der heißen vulkanischen Gase mit dem Sauerstoff der Luft wurde die Lava gebleicht und oxydiert. Sie wurde grau und schwarz. Bei vorhandenem Eisengehalt färbte sie sich rot. Läuterung und Sinterung im Vulkanfeuer machte die Eifellava homogen, zäh und fest.

Die Römer bauten schon mit Lava ihre zahlreichen Befestigungsanlagen und ihre Straßen. Viele sakrale und profane Gebäude wurden daraus erbaut. Noch heute bezeugen uralte historische Bauten die Dauerhaftigkeit des Materials.

Immer mehr setzt sich der vielseitige Baustoff auch in größeren Anwendungsbereichen durch. Die Rheinische Provinzial-Basalt- und Lavawerke GmbH haben speziell für die Bedürfnisse der Bauindustrie (Straßenbau. Betonbau. Sportstättenbau und Abwässerreinigung) ein Programm von Eifellava-Produkten entwickelt, das den neue-sten wissenschaftlichen Erkenntnissen und technischen Anforderungen in hervorragender Weise standhält.

Das Unternehmen produziert zudem aus den Lavavorkommen der Brohltalhöhen ein Feinstgesteinsmehl. das unter der Bezeichnung ..Eifelgold" bekannt wurde. Es handelt sich um einen Mineraldünger, keinen salzhaltigen Dünger, in dem die Mineralien in natürlicher Gebundenheit wie im Boden vorkommen. Das gemahlene Urgestein kann so auf Äcker, Wiesen, Weiden, in Weinbergen, Gärten, Viehställen und Kompost gestreut werden. Damit werden dem Boden — wie von dem Unternehmen angegeben wird — alle wichtigen Mineralstoffe zugeführt. Die Pflanzen werden vollwertig ernährt und durch sie auch Mensch und Tier.

Zwischen Sinzig und Bad Breisig finden sich wirtschaftlich zu nutzende Kiesvorkommen von ausgezeichneter Qualität. Der gewonnene Rohstoff Kies wird in den einzelnen Betrieben aufbereitet, das heißt, gewaschen und sortiert. Er findet Verwendung entweder im eigenen Betrieb zur Herstellung von Betonwaren oder aber für im hiesigen Bereich bestehende Betonwerke, Transportbetonwerke. Bau- und Straßenbauunternehmungen. Weiter wird er verwendet bei Brückenbau, Wohnungsbau, Schul- und Kommunalbauten, sowie für den gesamten Straßenbau.

Die im dortigen Raum lagernden Vorkommen werden allerdings stark durch Wasserschutzzonen reduziert, so daß die hier ansässigen Unternehmen schon sehr große Überlegungen bezüglich des Fortbestandes ihrer Betriebe anstellen müssen.

Ein weiteres Steinvorkommen findet sich in Gedingen, wo seit 1951 kaolinisierte. unterdevonische Tonschiefer und Grauwacken durch die Geisenheimer Kaolinwerke abgebaut werden. Dieses Material wird als Gießton in der Zierkeramik für Steingutmassen. Elektro- und Sanitärporzellan sowie in der Baukeramik für die Herstellung von Wand-und Bodenplatten eingesetzt. Was die Grube Gedingen im einzelnen anbelangt, so ist dem Rohstoffmerkblatt der Deutschen Keramischen Gesellschaft zu entnehmen: "Sie wird von tertiären Tonen, Klebsanden, Quarziten und Schottern überlagert. Im Norden des Lagers folgen Trachyt- und Basalttuffe sowie Basalte. Die Zersetzung der Gesteine ist im Tertiär erfolgt. Sie reicht etwa 20 bis 30 m unter die präoberologizäne Landoberfläche. Kaolinisiert wurden fast ausschließlich Feldspate und Chlorit. während die glimmerartigen Minerale und der chemisch resistente Quarz erhalten geblieben sind. Die Rohstoffvorräte des abbauwürdigen Lagers betragen etwa 5 Mill. Tonnen."

Im Raum Ringen. Lantershofen und Leimersdorf werden von den Kettiger Thonwerken Schaaf & Cie. sowie den Leimersdorfer Tonwerken Jakob Linden feuerfester Ton und Steinzeugröhrenton abgebaut. Dem Vernehmen nach wurde in Lantershofen bereits um 1800 Ton gegraben und mit Fuhrwerken zu Töpfereien bis nach Mayen befördert. Der Steinzeugröhrenton wird heute in die grobkeramische Industrie zur Herstellung von Steinzeug-Röhren für die Kanalisation geliefert, der feuerfeste Ton geht in die feuerfeste Industrie zur Produktion von feuerfesten Steinen und feuerfesten Massen für die Stahlindustrie.

Die Kettiger Thonwerke bereiten den geförderten Ton mit Walzenbrechern und Kastenbeschickern auf. Das Material wird alsdann über Siebrundbeschicker in der Presse mit automatischer Absetzanlage weiter bearbeitet. Im Anschluß an den Trockenprozeß wird es in Ring- und Schachtöfen bei etwa 1300 Grad gebrannt. Hubstapler und Schüttboxen übernehmen danach die Verladung.

 

Die Brohltalbahn transportiert das vulkanische Gestein zum Brohler Hafen

Phonolith wird bei Brenk abgebaut

Beeindruckend ist der Lavaabbau am Kunkskopf
Fotos: Kreisbildstelle

Abschließend sind noch die Basaltbrüche in Hoffeld und Unkelbach zu erwähnen, in denen das verwitterungsbeständige Ergußgestein Basalt gebrochen wird. Im Bruch Hoffeld werden Splitte, Edelsplitte und Säulenbasalt hergestellt. Unkelbach liefert vor allem Splitte, die in Asphaltmischanlagen für den Straßenbau weiter verarbeitet werden. Säulenbasalt wird heute sehr gerne für die Gartengestaltung herangezogen.

Die vorliegenden Ausführungen haben sicherlich gezeigt, daß der Kreis Ahrweiler mit seinen großen Vorkommen an Steinen und Erden eine wertvolle Rohstoffbasis für einen bedeutenden Wirtschaftszweig besitzt. Sich dessen besonders bewußt zu werden, wird durch die Entwicklung in den letzten Jahren deutlich, die einmal gezeigt hat, in welch hohem Maße die deutsche Volkswirtschaft von der Versorgung mit Rohstoffen abhängig ist. Zum anderen sind in diesem Zusammenhang die knapper werdenden Rohstoffreserven innerhalb der Weltwirtschaft und die damit verbundenen teilweise exorbitanten Verteuerungen zu sehen. Vor diesem Hintergrund fällt folglich der Gewinnung der heimischen Rohstoffreserven eine besondere Bedeutung zu, die bei raumrelevanten Planungen, insbesondere im Bereich des Landschaftsschutzes und der örtlichen Bebauung, wie es das rheinland-pfälzische Ministerium für Wirtschaft und Verkehr schon vor einigen Jahren mit aller Klarheit ausdrückte, nicht übersehen werden darf.