»Gefallen fürs Vaterland«

Anmerkungen zu Kriegerdenkmälern in unserer Umgebung

Leonhard Janta

Neben pompösen Siegessäulen und Triumpfbögen gab es schon immer in fast allen Ländern Kriegerdenkmäler. In den seltensten Fallen wurde aber der Vielzahl der gefallenen Soldaten gedacht; Monumente wurden nur für einzelne Herrscher, Heerführer oder besonders bedeutende Krieger errichtet. Grabstätten für einfache Soldaten und Mahnmale, auf denen ihrer gedacht wurde, gibt es in Deutschland in größerer Zahl erst seit den Befreiungskriegen, als die Achtung vor dem »gemeinen Mann«, gefördert durch das Gedankengut der Französischen Revolution, stieg.1

/. Deutsch-Französischer Krieg — Detail des Denkmals am Alten Friedhof von Bad Breisig

In München ließ der Bayernkönig allerdings einen Obelisken für die Soldaten erstellen, die mit Napoleon nach Rußland ziehen mußten. Von den 30 000 Bayern fielen 27 000. Auf dem Gedenkstein für sie steht die Lüge: »Auch sie starben für des Vaterlands Befreiung«. In der Folgezeit ging man nach jedem gewonnenen oder verlorenen Krieg teils mit Enthusiasmus, später dann mit einer gewissen Verlegenheit ans Werk: Gedenkstätten wurden in nahezu allen Städten, Orten und Dörfern aufgestellt, da ja im Zuge der immer furchtbarer werdenden Kriege jeder Ort Verluste zu beklagen hatte. So entstanden auch in unserem Raum seit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 eine Reihe an Gedenkstätten. In Bad Breisig befindet sich aus dieser Zeit ein Obelisk am Alten Friedhof an der Koblenzer Straße. Er zeigt, wie selbst in einem so kleinen Ort wie dem damaliger Niederbreisig dem nationalen »Überschwang der Gefühle« 2 zur Zeit der Gründerjahre Ausdruck verliehen wurde. Die Inschrift auf der Gedenktafel lautet: »Zur Erinnerung an die in dem glorreichen Feldzuge von 1870/71 gefallenen Krieger.« Eine weitere Tafel verweist auf die Initiatoren des Denkmals: »Errichtet 1878 aus freiwilligen Beiträgen der Kriegervereine und sonstiger Patrioten.« Spätere Denkmäler in unserer Umgebung sind selten mit Kunstverstand ausgeführt worden, sie entsprechen jedoch den Vorschlägen, die detailliert von offizieller Stelle dafür gemacht wurden. Ein Auszug aus einer solchen »Richtlinie« für Gedenktafeln und Kriegerdenkmäler von 1916 verdeutlicht das. Darin heißt es: »Solche Tafeln müssen schon ihres kirchlichen Platzes halber die Würde der Erscheinung wahren, lediglich durch eine ansprechende, nicht aufdringliche Form, die den tiefen Inhalt der Gedenkworte, die Schönheit der Schrift, die sinnige Auswahl kriegerischer Symbole und religiöser Zeichen zum Schmucke der Umrahmung, Holz, Metall und Stein dienen der Herstellung solcher bescheidenen Kunstwerke, die dem Gedächtnis gefallener Helden gewidmet sind, das bei den Angehörigen liebend behalten bleibt, in der dankbaren Gemeinde fortlebt. Diesen kleineren, für engere Kreise bestimmten Ehrungen stehen die großen gegenüber, die man nach zu erhoffendem siegreichem Ausgang des Weltkrieges zu erstellen gedenkt: die Kriegerdenkmäler.«3

Erster Weltkrieg — Kriegerdenkmal in Remagen

Der Ausgang des Ersten Weltkrieges war nicht ruhmreich, denn etwa 10 Millionen Menschen waren verblutet, davon 1,8 Millionen deutsche Soldaten. Trotzdem oder gerade deshalb ging man bald an die Aufstellung von Mahnmalen — natürlich auch in unserer Gegend. Es entstanden vornehmlich heroisch aufdringliche Kriegerdenkmäler mit Stahlhelmen, Eisernen Kreuzen und anderen Militärsymbolen. Als Beispiele seien Remagen und Kripp genannt. Auch der Löwe als Symbol für Tapferkeit und Treue wurde häufig in Stein gehauen, so in Sinzig. Im Kreis Ahrweiler sind dann allenthalben folgende Inschriften auf den Denkmälern anzutreffen.

- »Den Heldentod starb . . .«
- »Sie starben, damit Deutschland lebe . . .«
- »Gedenket der Söhne des Volkes — die starben zum Schütze der Heimat — wie Pflicht und Gesetz es gebot.»
- »Unseren Helden«
- »Unseren Tapferen«
- »Gedenket der Opfer der Kriege. Sie gehorchten den Gesetzen des Vaterlandes.«

Ob die Angehörigen durch solche pathetischen Worte getröstet wurden, ist fraglich, daß der sinnlose Tod der vielen damit beschönigt wurde, ist eindeutig. Von offizieller Seite wurde dies auch in zahlreichen Äußerungen indirekt bestätigt. »Täglich drängt sich uns allen von neuem die Frage auf, wie können wir das Gedächtnis der vielen für das Vaterland gefallenen Söhne und Männer in würdiger Weise auf eine Art ehren, die den zurückgelassenen Lieben daheim Versöhnung gewährt.« 4

Erster Weltkrieg — Sinziger Löwe

Eine Verdrängung der Kriegsfolgen wird durch die euphemistischen Benennungen wie Heldenhaine für Soldatenfriedhöfe und Ehrenmale für Kriegerdenkmäler deutlich. Der Tod ist immer ein Heldentod — nur selten wird nach dem Ersten Weltkrieg von Gefallenen und Opfern auf den Gedenksteinen gesprochen. Daneben gab es auch Mahnmale von Bildhauern der zwanziger Jahre. Barlach, Kollwitz und Lehmbruck haben Werke geschaffen, die ihre Erschütterung durch das Kriegserlebnis widerspiegeln. Diese Vorbilder fanden jedoch in ländlichen Gebieten wie dem Kreis Ahrweiler zu dieser Zeit noch keine Entsprechungen. In den Städten wurde während des III. Reiches eine große Anzahl dieser künstlerisch wertvollen und ausdrucksvollen Plastiken zerstört. Man wagt es k.aum, sich vorzustellen, wie die Denkmäler ausgesehen hätten, wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte. Eine alles erdrückende Monumentalität und Heroisierung des Krieges zeigen schon die wenigen, noch während des Zweiten Weltkrieges entstandenen Entwürfe und ihre Realisierungen. Einige dieser »Mammutdenkmale« nannte man »Totenburgen«.

Nachdem das III. Reich zerschlagen worden war und eine vorläufige Bilanz des Krieges von der unvorstellbaren Zahl von mehr als 45 Millionen Toten sprach, die in allen Ländern zu beklagen waren, wurden bereits in den frühen fünfziger Jahren Gedenktafeln errichtet. Das Wort »Heldentod« wäre auf diesen Steinen bittere Ironie gewesen und da es nicht mehr auftaucht, heben sich die Tafeln wohltuend von denen des Ersten Weltkrieges ab. Bedauerlicherweise wurden jedoch auch Denkmäler des vorherigen Krieges erweitert. Das Kripper Kriegerdenkmal faßt die Opfer beider Kriege zusammen und verwendet noch die Symbole Stahlhelm und Eisernes Kreuz, die insgesamt auf den Denkmälern nach 1945 zurücktraten. Jetzt wird in den Inschriften von Opfern, Gefallenen und Toten gesprochen. Pathetische Sprüche früherer Zeit sind verschwunden und neben die schlichten Namenstafeln treten auch in unserem Raum bedeutende stilistisch und handwerklich hochstehende Werke. Reliefs und Plastiken von heimischen Bildhauern sind an die Stelle der schwarzen Steinsärge und Monumente des Ersten Weltkrieges getreten. Selbst in kleinen Orten wie Brohl und Oberbreisig wurden solche künstlerisch gestalteten Kriegerdenkmäler aufgestellt. Sie versuchen das eigentlich Unfaßbare auszudrücken. Trauer, religiöse Zeichen und der nicht verherrlichte Tod wurden dargestellt. Kriegerdenkmäler in welcher Form auch immer können als ein Versuch der Vergangenheitsbewältigung betrachtet werden. Sie sollen die Erinnerung an das furchtbare Geschehen wachhalten, damit die Bitte, die auf einem Votivstein bei der Burg Rheineck ausgesprochen wird, zum Wunsche aller wird:». . . gib uns und aller Christenheit, den langgewünschten Frieden.« Auch wenn das hohle Pathos mancher Gedenksteine und -tafeln für uns heute unerträglich ist, so sollte dadurch nicht die Grundaussage übersehen werden, die hinter dem Vordergründigen steht und wohl zu jeder Zeit von allen vom Kriege Betroffenen unterschrieben worden wäre. »Nie wieder Krieg!« Aus diesem Grunde sollten wir nicht achtlos an diesen stummen und doch so beredten Zeugen der Vergangenheit vorübergehen, die in nahezu allen Gemeinden des Kreises Ahrweiler anzutreffen sind. Vor allem sollten wir uns einmal Gedanken für diese Denkmäler machen, von denen wir alle hoffen, daß sie für immer historische Relikte bleiben. Die ausgewählten Bilder veranschaulichen die in unserem Artikel aufgezeigte Entwicklung exemplarisch an Denkmälern unserer Heimat.

Benutzte Literatur:

1) Rieth, Adolf: Denkmal ohne Pathos. Tübingen 1967

2) Rieth.

3) Friedhofskunst, herausgegeben von der Rhein. Bauberatungsstelle in Düsseldorf. Berlin 1916.

4) Machowsky: Kriegergrabmäler, Soldatenfriedhöfe und Ehrenstätten. Ohne Ort und Jahresangabe

Zweiter Weltkrieg — Relief des Brohler Denkmals
Fotos: M. Janta