Stilblüten aus und im Verkehr mit der Verwaltung

Werner Keller

Eine rüchige Angelegenheit

Der Begriff Kreisziegenbockhaltung ist den älteren Menschen noch ein Begriff. Besonders in der sogenannten Maggelzeit, das war die Zeit des Tauschens und der Zigarettenwährung, stand die Ziegenhaltung, im Rheinland auch Beamtenkühe genannt, in hoher Blüte.

Ein Ziegenbockhalter richtete am 4. 9. 1949, also nach der Währungsreform, folgenden Brief — man beachte die Anschrift — an die Kreisverwaltung:

Betrifft: Kreisziegenbockhaltung

An
die Kreisleitung!

In Ihrem Schreiben vom 2. d. Mts. wollen Sie nun auch hier im Ort eine Kreisziegenbockhaltung aufmachen.

Gestatten Sie mir darauf hinzuweisen, daß der hier stehende Ziegenbock mein Privateigentum ist.

Max und ich sind keine Versuchskaninchen und wir haben keine Lust Kreisbock zu werden. Wir würden ja nur durch die fortlaufenden Anordnungen und Verfügungen der Kreisleitung verärgert werden. Das muß einmal gesagt werden. Anstatt die geplagten Bockhalter ständig zu schikanieren, wäre es viel vernünftiger, Sie würden sich mehr um die weiblichen Muttertiere kümmern. Was da alles für Jammergestalten herangeschleppt und geschleift werden. Es ist traurig. Handlang sind oft die Klauen, infolge davon treten die armen Tiere durch. Die Haare voller Haarlinge, oft voll Dreck und Schmutz, daß Max sich voll Entsetzen abwendet. Meistens sind die armen Tiere auch noch unterernährt. Auch mein hochgezüchteter Max kann bei solchen Gattungspartnern nichts Vernünftiges erzeugen. Ziegenkinder von wenigen Monaten werden zum Decken gebracht, und es benötigt unsere ganze Energie, diese vor Schaden zu bewahren.

Erfreulicherweise gibt es auch Ziegenbesitzer, deren Tiere ganz hervorragend aussehen und daran haben wir dann auch unsere Freude.

Dann möchte ich Ihnen noch sagen, daß bei meinem Kollegen in N. der Bock es auch nicht tut, am besten fahren Sie selbst mal dahin.

Zum Schluß möchte ich noch bitten, unterstützt die Bockhalter in Ihren Bestrebungen, verärgert sie nicht durch zu ofte Kontrollen und nicht notwendige Verordnungen. Denkt daran, daß sie der Allgemeinheit ein Opfer bringen, denn es gehört nicht gerade zu den Annehmlichkeiten, jahrelang 1 - 2 Böcke zu halten, die nicht gerade nach 4711 durften. Gönnt ihnen dafür ein Lob und ein gutes Deckgeld. Seht bitte nicht in jedem Bockhalter einen minderwertigen, verkommenen Menschen.

Ich hoffe, damit einen kleinen Beitrag der Aufklärung über die etwas übel riechende Zuchtziegenbockhaltung gegeben zu haben«.

Einer Witwe in einem Dörfchen mit etwa 360 Seelen, die auch einen Kreisziegenbock betreute, so lautet der amtliche Ausdruck für ein Tier der Kreisziegenbockhaltung, eröffnete der Kreiszuchtwart bei einer Überprüfung, der morsche und halb verfaulte Stall müsse durch einen neuen Stall ersetzt werden, sonst müsse er das Tier anderweitig überstellen. Der jetzige Zustand lasse sich nicht mehr vertreten. Da es der Witwe an den nötigen Mitteln fehlte, um einen neuen Stall zu errichten, sie sich andererseits auch nicht von dem Tier und den Einkünften aus der Bockhaltung trennen wollte, gelang es ihr, wie sie sich später ausdrückte, daß ein amtlicher Stall neu für das Tier gebaut wurde. Ab dem Tage der Überstellung in den neuen Stall mit Betonboden, Abflußrinne usw. weigerte sich der Bock, seine Pflichten zu erfüllen. Der Kreiszuchtwart wurde gerufen, dem die Frau folgendes sagte: Sehen Sie Herr C., es ist wie überall, wenn einer eine amtliche Stellung hat, will er nichts mehr tun!

Aus einer Mitteilung an die Amtskasse: »Obwohl es nichts genutzt hat, zahle ich das Bockgeld um einer Pfändung zu entgehen, die Sie mir auf der Mahnung androhen. Ich erwarte aber, daß der zuständige Beamte dafür Sorge trägt, daß mit dem Bock in K. nicht ein amtliches Betrugsgeschäft getarnt wird«.

Aus den Akten einer rheinischen Amtsverwaltung:

»Am 9. 12. suchte ich das Gartenbauamt, welches beim Bauamt ist, zwecks Rücksprache des beschädigten Baumes auf«.

»Der Unfall wurde polizeilich aufgenommen, wobei an Ort und Stelle die Unschuld der Frau S. einwandfrei erwiesen wurde«. »Nach verschiedenen Angaben und auch nach meinem Ermessen als Ortsbürgermeister, ist Herr L. ein unsicherer Radfahrer, zumal im Straßenverkehr, ganz davon zu schweigen, wenn er einen getrunken hat, was wiederum sehr regelmäßig ist, was aber keiner gehört haben will«.

Erläuterung:

Wegen seiner polizeilichen Vorstrafen fuhr Herr L. wenn möglich mit seinem Fahrrad nur auf Wirtschafts- oder Feldwegen. Wenn Herr L. volltrunken war, redete er laut und viel, daher die Bemerkung des Ortsbürgermeisters, »was aber keiner gehört haben will«.

In einer Unfallsache mit dem amtseigenen Pkw schrieb der Sachbearbeiter über den Besuch eines Beauftragten des Gemeindeunfallversicherungsverbandes folgenden Aktenvermerk.

»Bei dem Unfall mit dem amtseigenen Pkw wurde nachher festgestellt, daß er nicht mehr die entsprechende Straßenlage gehabt haben soll. Wer den Wagen zur Unfallzeit gefahren habe, könne man leider nicht mehr feststellen. Da mit fahruntüchtigem Wagen nicht hätte gefahren werden können, habe man vergessen das Fahrtenbuch mitzunehmen, welches dann nachher nicht mehr im Wagen gewesen sei, also verloren gegangen sein muß. Da der Chef zur Unfallzeit in Urlaub gewesen sei, wäre auch danach überhaupt nicht gefragt worden und heute lasse sich das nicht mehr feststellen. Um mich nicht in Widersprüche zu verwickeln habe ich erklärt, daß ich in Unfallsachen unerfahren bin und man möchte sich an den Herrn Amtsbürgermeister wenden«.

»Den Termin bei der Amtsbehörde habe ich mir zwar gemerkt, konnte aber nicht kommen, weil mein Sohn, dessen Halter ich bin, dennoch mit dem Auto weggefahren war, weil er von dem Termin bei der Amtsbehörde nichts in Erfahrung gebracht hatte«.

Die Leichenüberführung kann die Fa. S. nicht vornehmen, wie sie telefonisch mitteilt, weil sie darauf warten, daß der Vater eines guten Bekannten, welcher in der Klinik das zeitliche Leben aufgeben soll, in den nächsten Tagen als Leiche überführt werden muß, wenn er stirbt«.

»Das minderjährige (statt minderwertige) Schwein wurde auf dem Schlachthof in K. abgeliefert und dort der gesetzlichen Verwertung zugeführt«.