Foto: Kreisbildstelle

An unsere Linde in Hemmessen


So oft vorbei ich gehe,
 es zögert stets mein Fuß,
da ich, du liebe Linde,
  dich immer grüßen muß.

Wenn alles strebt vorüber
 gehetzt von Eil und Hast, 
ich aber laß mich nieder 
bei dir zu kurzer Rast.

Obwohl dein Herz vermodert, 
die Rinde lebet fort.
 Auch so bist du uns Freude
  und Schmuck dem ganzen Ort.

Wie hast du treu beschirmet
  das kleine Gotteshaus
  vor Blitz und Ungewitter,
vor Sturm und Wetterbraus.

Du weintest mit den Betern, 
die gingen aus und ein
  und gössest Trost und Tränen
  in aller Leid und Pein.

 

Wie spielten wir als Kinder 
in deiner Äste Zelt, 
wie oben muntrer Vögel, 
so unten unsre Welt.

Du sahst so manch Jahrhundert 
an dir vorüber wehn. 
Du sahst uns alle kommen, 
du siehts uns alle gehn.

Du sahst vorüberwanken 
viel müder Krieger Fuß 
und hast mit uns gezittert, 
als dröhnte Schuß auf Schuß.

Und als aus Wolkenhöhe 
herab mit schrillem Schrei 
der Tod hat zugeschlagen, 
du bliebest heil dabei.

Und magst du nicht mehr grünen,
  wie wird die Straße leer. 
Mit dir stirbt ein Jahrtausend 
und uns — noch vieles mehr.

P. A. Schmitt