Altarkonsekration krönt Renovierung der alten Pfarrkirche St. Peter und Paul

Remagener Pfarrgemeinde hatte Grund zu feiern 

Hermann Comes

In der Chronik der Pfarrei St. Peter und Paul wurde ein neues Blatt aufgeschlagen: Bischof Dr. Bernhard Stein konsekrierte den neuen Altar in der alten Pfarrkirche, die am 6. Mai 1246 konsekriert wurde. Bis auf den letzten Platz waren die alte und neue Pfarrkirche besetzt, die Feier wurde über Video-Anlage und Lautsprecher in die neue Kirche übertragen. Alle konnten die festlich-bedeutungsvolle Stunde miterleben. Dechant Friedhelm Hammes und Bischof Dr. Bernhard Stein sagten in ihren Grußworten allen ihren Dank, die mithalfen, die alte Kirche zu einem solchen Schmuckstück werden zu lassen. Der Bischof ging in seinen weiteren Ausführungen auf die Geschichte der alten Kirche ein. Er habe sich Gedanken darüber gemacht, ob diese Kirche jemals so schön gewesen sei, wie sie sich jetzt darstelle. In seiner Festpredigt bezeichnete der Bischof den Altar als Stätte des Glaubens, er sei der Fels, auf den die Gläubigen hoffen und bauen könnten. Ein tief beeindruckendes Erlebnis war die Altarweihe mit Salbung, Verbrennung von Weihrauch, Gesang zur Inzens, Auflegen des Altartuches und das Entzünden der Kerzen. Die anschließende Eucha-ristie feierte der Bischof in Konzelebration mit Dechant Hammes und Vikar Josip Greguric. Mit dem Bischofssegen klang dieser festliche Gottesdienst aus, den der Pfarrkirchenchor unter Leitung von Johannes Weiland musikalisch mitgestaltet hatte.

Beim anschließenden Empfang mit den Pfarrangehörigen und Ehrengästen im Pfarrheim gab Erich Gasper als Vorsitzender des Pfarrgemeinderates seiner Freude Ausdruck darüber, daß nun wieder Gottesdienst in der alten Kirche gefeiert werden könne. Diese Kirche sei — so Gasper — ein Kleinod und ein Ort zum Verweilen und Beten. Dank sagte er allen, die zum erfolgreichen Gelingen dieses Werkes beigetragen hatten, nicht zuletzt auch Dechant Hammes, den er als Motor, Bauherrn und Architekt der vielgestaltigen Arbeiten bezeichnete. Landrat Dr. Plümer war der Gratulant des Landkreises zu dieser gelungenen Restaurierung. Ein herzliches Wort des Dankes sagte der Landrat für das liturgische Erlebnis der Altarweihe. Tief beeindruckt vom Festgottesdienst zeigte sich auch Bürgermeister Hans Peter Kürten. Er bezeichnete die alte Kirche als meisterhaft gelungenes Beispiel der Sanierung, denn Sanieren heiße nicht abreißen, sondern heilen. Der Bischof fand Worte höchsten Lobes für die vorbildliche Zusammenarbeit bei den Gesamtarbeiten. Er verband damit die Hoffnung, daß sich das gute Einvernehmen auch auf die weitere Arbeit in der Pfarrei St. Peter und Paul übertragen möge. Bischofsmesse und Empfang wohnten auch Regionaldekan Menzenbach und Pfarrer Grub von der evangelischen Kirchengemeinde bei. Doch nun sei ein Blick in die alte Kirche getan, und das von dem Zeitpunkt an, da das Chor dieser Kirche nicht mehr zugänglich war. Dies war vor 15 Jahren, vor zehn Jahren mußte der gesamte Teil der alten Kirche wegen akuter Gefährdung gesperrt werden. Dieser alte Kirchenteil trug durch Kriegseinwirkung wesentliche Schäden in den Fundamenten davon. Dies wurde von Fachleuten bestätigt. Vor 15 Jahren ging es zunächst um die Substanzerhaltung. Bereits die Fundamentuntersuchungen und die statischen Prüfungen verlangten einen erheblichen Kostenaufwand. Dies geschah noch in der Amtszeit von Dechant Dr. Peters.

Blick vom Viktoriabergweg auf die Pfarrkirche St. Peter und Paul

Mit dem Jahre 1967 beginnt ein neuer Abschnitt: Mit aller Kraft setzte sich Dechant Friedhelm Hammes für den Weitergang der Arbeiten ein. Es erfolgte eine Notverankerung, nach Abschluß der Untersuchungen wurde ein Zuganker aus Edelstahl eingezogen. Und weiter gings mit den Arbeiten, jetzt wurde der Außenputz am Turm in einem Spezialverfahren ganz erneuert, die großflächige Dachanlage am Turm und Kirchenschiff in Naturschiefer eingedeckt. Das war die Zeit, in der auch die Gewölbesanierung anstand. Es waren aufwendige Arbeiten, die bis Mitte 1980 dauerten. Die Farbuntersuchungen begannen parallel damit. Jetzt wenden wir uns ganz den restauratorischen Arbeiten zu. Es waren nicht nur schwierige, sondern auch zeitaufwendige Arbeiten, wie Restaurator Karl Mies versichert. Im Langschiff sei die neogotische Ausmalung nachempfunden worden. Die heutige Ausmalung wurde in Anpassung der gotischen Fassung des Chores farblich angeglichen. Die Neuausmalung des Chores wurde auf Befund der Zweitfassung eingestellt. Die Farbgebung erstreckt sich hier vom Sandsteinrot bis zum leuchtenden Rot. Karl Mies weist darauf hin, daß die gesamte Farbgebung im gotischen Chor und auch im Turm mit der barocken Fassung auf Originalbefunden beruht. Die gotische Fassung ist aus dem 15. Jahrhundert, die barocke Fassung aus dem 17. Jahrhundert. Aus dem 13. Jahrhundert stammen die Fresken in den Chornischen. Hier erwies sich die Freilegung als äußerst schwierig, sie konnte nur rein mechanisch mit dem Skalpell erfolgen. Es mußten oft kleinste Flächen von nur einem halben Quadratzentimeter abgehoben beziehungsweise voneinander getrennt werden. Konserviert und überstrichen wurden die figuralen Darstellungen über dem Kaffgesims auf der Wandfläche des Chores, da sie durch zu hohen Substanzverlust nicht mehr zu komplettieren waren. Ein zufriedenstellendes Ergebnis wurde an den Manschetten der Rippen ermittelt. Sie weisen heute die ursprüngliche Erstauffassung auf.

Das »Schatzkästchen« der Kirche, das spätgotische Sakramentshäuschen.

Trotz der stark gebundenen Schlemmschicht konnte im gesamten Chor, einschließlich Gewölbe und Wandflächen eine genaue Farbgebung ermittelt werden.

Nun zum »Schatzkästchen« der alten Kirche, wie Dechant Hammes das gotische Sakramentshäuschen (um 1500) bezeichnet. Es wurde in einer meisterhaften Arbeit von den beiden Restauratoren Johannes Hartmann und Karl Mies (Bruchhausen) wiederhergestellt. Bestechend ist hier die filigrane Ausarbeitung der Fialen. Diese schlanken, spitzen Türme fehlten zu 95 Prozent und mußten nach Vermessung und neuer Skizze wiedererstellt werden. Für eine genaue Rekonstruktion waren die aufgefundenen Farbspuren zu gering. Die Ermittlungen der heute ersichtlichen Farbgebung war, durch die im Laufe der Jahrhunderte erfolgten Ausbesserungen, wie auch durch mehrmalige Abnahme der Kalkschichten (Reinigung), sehr schwierig. Neben dem Sakramentshäuschen steht im Scheitel des Chores der Taufbrunnen, er stand seit 1900 in der Turmkapelle. In dieser Turmkapelle hat jetzt das neugotische Schnitzwerk des Hochaltars von 1860 seinen Standort. Zum Altar, der am 29. Juni 1982, dem Fest der Schutzpatrone St. Peter und Paul, von Bischof Bernhard Stein konsekriert wurde: Er wurde in meisterlicher Arbeit von Steinmetzmeister Oswald Diwo (Remagen) aus Teilen des Altares von 1860 zusammengesetzt.

Das Chor der 1246 geweihten Kirche

Wir hatten auch Gelegenheit, ein Gespräch mit Bistumskonservator Monsignore Dr. Franz Ronig zu führen. Dr. Ronig zur Restaurierung der alten Remagener Pfarrkirche: Die Innenrestaurierung der Pfarrkirche St. Peter und Paul hat der Architektur ihr originelles Farbgewand wiedergegeben. Das ist bedeutsam für die Anschauung von mittelalterlicher Architektur überhaupt, wie auch bedeutsam für die geistige Aussage, die eine Kirche macht. Für die mittelalterliche Architektur waren gebaute und bemalte Architektur eine Einheit. Die Farbe war dabei nicht pure Dekoration, sondern sie half mit, die Architektur zu interpretieren und zu verdeutlichen. Darüber hinaus sind die Malereien aber auch Aussagen zur geistigen Gestalt eines Kirchengebäudes. Selbst solche Einzelheiten, die man zunächst dekorativ erklären möchte, wie zum Beispiel die Rankenmalereien in den Gewölben, haben geistige Aussagekraft, in dem mit ihnen das Paradies gemeint ist. In viel höherem Maße haben natürlich die figürlichen Malereien eine geistige Bedeutung, sowohl im Hinblick auf die Ereignisse der biblischen Geschichte, die sie bildhaft darstellen, als auch im Hinblick auf die Funktion einer Kirche als Raum, in dem die Gläubigen sich zur Eucharistiefeier und zum Lobe Gottes versammeln.

Zu den Arbeiten in der Remagener Kirche stellt Dr. Ronig fest:

Die Restaurierungsarbeiten waren sehr schwierig. Die Restauratoren arbeiteten mit technischen und chemischen Mitteln, um die vielen Übermalungen zu entfernen und die Originalfarbsubstanz, teils aus dem 13., teils aus dem 15, Jahrhundert, freizulegen. Die Kirche bot sich nach ihrer vorsichtigen Reinigung als eine »Farbruine« dar. Die Restauratoren haben dann sehr einfühlsam auf den Farbresten die Farbfassung des Raumes wieder zusammengestimmt. Dabei wurde die Originalsubstanz nicht nur geschont, sondern konserviert und sogar für den Fachmann kenntlich gemacht, so daß man bei späteren wissenschaftlichen Untersuchungen Original und Ergänzung genau voneinander scheiden kann. Zur Dokumentation wurden sehr viele Fotos angefertigt, die in das Pfarrarchiv und das Archiv des Diözesankonservators übernommen werden, und die für spätere Arbeiten belegen, was Original und was Ergänzung ist. Dr. Ronig abschließend: »Die Pfarrei und Kirchengemeinde St. Peter und Paul hat durch diese Restaurierung ein hohes Verantwortungsbewußtsein dem künstlerischen Erbe der Väter gegenüber gezeigt. Sie hat darüber hinaus aber auch große finanzielle Opfer gebracht, um die Kirche sowohl in ihrer Standfestigkeit zu bewahren, als auch in ihrem farblichen Aussehen wiederherzustellen. Das Bistum hat der Kirchengemeinde dabei finanziell geholfen.«

Die finanziellen Aufwendungen für Sanierung und Renovierung der alten Kirche betragen seit 1966 bisher 900 000 Mark. Die Beteiligung der einzelnen Stellen: Das Bistum Trier: vierzig Prozent, der Landkreis Ahrweiler: elf Prozent, die Stadt Remagen: sieben Prozent, das Land Rheinland-Pfalz: zwei Prozent. Vierzig Prozent sind als Eigenbeitrag zu finanzieren. Beachtlich: Von diesen 360 000 Mark trug der Kirchbauverein aus Mitgliedsbeiträgen und sonstigen Spenden bisher 143700 Mark bei: 16 Prozent. Die übrigen 216 000 Mark müssen aus Sonderkollekten, Basaren und Spenden gedeckt werden.

Schlußstein im Gewölbe

Auch das sei gesagt: Gewiß präsentiert sich heute die restaurierte alte Kirche als Schmuckstück. Das ist, und es muß betont herausgestellt werden, ein Meisterwerk restauratorischer Arbeit. Doch auch die Restauratoren weisen mit Nachdruck darauf hin, daß die gesamte Restaurierung, wie sie sich heute darstellt, zu einem nicht geringen Teil auch dem unermüdlichen Engagement, dem Einsatz und der Beharrlichkeit von Dechant Hammes zu danken ist. Zum Gesamtbild der restaurierten Kirche gehört auch die neue Orgel, die in der Bischofsmesse zum ersten Mal in einem Gottesdienst erklang und von Bischof Dr. Bernhard Stein geweiht wurde. So ist das Bild der alten Kirche auch in dieser Hinsicht abgerundet, ohne Zweifel eine Bereicherung. Johannes Weiland, Organist von St. Peter und Paul, sagte uns zur Orgel, daß es sich hierbei um ein Positiv handele, eine dem Kirchenraum angepaßte kleine Orgel mit einem Manual und aufgehängtem Pedal und wenigen Registern. Das Instrument besitzt insgesamt 392 Pfeifen, was man bei diesem verhältnismäßig kleinen Gehäuse kaum vermuten sollte. Hergestellt wurde die Orgel von der Orgelbaufirma Lothar Simon in Borgentreich-Muddenhagen (Kreis Warburg). Zwei Aufgaben werden dem neuen Instrument zugeordnet: Überwiegend ist es zur Begleitung der Gemeindegesänge beim Gottesdienst gedacht, kann aber auch als Continuo-lnstrument bei Kirchenkonzerten in der alten und neuen Kirche eingesetzt werden. Zu diesem Zweck wurde die Orgel auf eine Rollenbank montiert und kann nach Belieben überall in den beiden Kirchenräumen hingefahren werden.

Altarweihe (v.l.): Bischof Dr. Bernhard Stein, Vikar Josip Gregurie, Dechant Friedhelm Hammes und Diakon Frater Bernd

Die alte Kirche ist nach der Renovierung und Restaurierung im wahrsten Sinn des Wortes zu einem Schmuckstück geworden, auf das man in der Pfarrei St. Peter und Paul, ja in der ganzen Stadt, mit Recht stolz sein kann.