Die Neuregelung der Abfallbeseitigung im Landkreis Ahrweiler

Walter Reichling

Aufgrund von Bundes- und Landesgesetzen ging im Jahre 1972 die Abfallbeseitigung von den Gemeinden auf die Landkreise über. Der Gesetzgeber vertrat dabei die Auffassung, daß eine sinnvolle, fachliche und wirtschaftliche Optimierung der Abfallbeseitigung nicht von den einzelnen Gemeinden, sondern im gesamten Landkreis einheitlich geregelt werden sollte. Bis dahin bestand eine staubfreie Müllabfuhr in den Städten Bad Neuenahr-Ahrweiler, Remagen und Sinzig sowie in der Verbandsgemeinde Bad Breisig. In den Verbandsgemeinden Adenau, Altenahr und Brohltal und der jetzigen Gemeinde Grafschaft wurde die Müllabfuhr teilweise offen und auf freiwilliger Basis ohne Anschluß-und Benutzungszwang durchgeführt. In einer Anzahl von Gemeinden fand überhaupt keine zentrale Müllabfuhr statt. Die Beseitigung der Abfälle umfaßt das Einsammeln, Befördern, Behandeln, Lagern und Ablagern der Abfälle. Der Landkreis Ahrweiler, der sich zur Erfüllung dieser Aufgaben privater Unternehmen bedient, wird diesem Auftrag gerecht durch eine ordnungsgemäße Hausmüllabfuhr, eine regelmäßige Sperrmüllabfuhr, die Bereitstellung und Abfuhr von 1,1 bis 40 cbm Containern für Gewerbe- und Industriemüll, die Möglichkeit der Selbstanlieferung auf den Mülldeponien, die Unterstützung der Altpapier- und Altglassammlung durch Vereine und Verbände, die Aufstellung von Altglassammelbehälter (Iglus), eine ordnungsgemäße Deponierung der Abfälle auf 3 zentralen Mülldeponien in Rema-gen-Oedingen, Brohl-Lützing und Schuld.

Oft faßfen die 50-l-Müllgefäße nicht mehr den anfallenden Hausmüll.

Hausmüllabfuhr mit 35-/50-l-Gefäßen

Bei der Übernahme der Abfallbeseitigung durch den Landkreis stellte man auf das System mit 35-l-/50-l-Mülleimern ab, das vor rd. 50 Jahren in Deutschland eingeführt wurde. Es galt bis vor wenigen Jahren als vorbildlich und effektiv. Noch gegen Ende der 50er Jahre rechnete niemand damit, daß der dann folgende Wirtschaftsaufschwung zu einem explosionsartigen Anwachsen der Müllmenge führen würde. Der Müllanfall lag zu diesem Zeitpunkt noch bei ca. 1,51 pro Einwohner/Tag, d. h., in einem 3- bis 4-Personen-Haushalt fielen ca. 30 bis 401 Müll pro Woche an, so daß ein 35-I- bis 50-l-Mülleimer für die Abfallbeseitigung ausreichte.

Heute muß man bundesdurchschnittlich von ca. 35 - 40 l pro Kopf und Woche ausgehen. In einem 3-Personen-Haushalt fallen demnach wöchentlich zwischen 105 und 120 l Müll an. Das rasche Ansteigen der Abfallmengen ist bedingt durch die Änderung der Lebens- und Verzehrgewohnheiten und durch die Einführung neuer Brennstoffe, wobei die Umstellung der Heizungen das Verbrennen von Abfällen in den Haushalten nur noch selten zuläßt. Die Folge hiervon war, daß der nicht mehr in die Behältnisse passende Müll entweder über die Sperrmüllabfuhr oder durch unberechtigtes Verbrennen oder Wegwerfen, also illegal, beseitigt wurde. Daß dies nicht Sinn einer ordnungsgemäßen Abfallbeseitigung sein konnte und für die Zukunft auch kostenträchtig (zusätzliche Sperrmüllabfuhr, Säuberung der Landschaft usw.) für alle Beteiligten war, lag klar auf der Hand. Nicht zu übersehen war dabei die Tatsache, daß gerade die Kosten für das Sammeln und den Transport der Abfälle den entscheidenden Anteil an den Gesamtkosten der Abfallbeseitigung ausmachen. Da Sammelkosten in erster Linie Personalkosten sind, kam es darauf an, die Sammelleistung pro Mann zu erhöhen. Als einzig gangbaren Weg, die Abfallbeseitigung kostengünstig und umweltfreundlich zu gestalten, bot sich der neuentwickelte 120-I-/ 240-l-Müllgroßbehälter an. Der Vorteil dieses Gefäßes ist darin zu sehen, daß das Fassungsvermögen wesentlich größer ist und die Gewähr für eine ordnungsgemäße und allen Anforderungen gerecht werdende Haus- und Gewerbemüllbeseitigung bietet. Das Gefäß ist fahrbar, leicht zu bewegen und genügt auf lange Zeit einer Müllwachstumsrate. Außerdem kann anfallender Sperrmüll weitgehend in dem Gefäß untergebracht und durch den rationellen Betrieb eine erhebliche Gebühreneinsparung, bezogen auf den Gefäßinhalt, erreicht werden.

Durchführung einer Testabfuhr mit fahrbaren 240-l-Gefäßen

Um realitätsbezogene Erfahrungswerte über die Müllgroßbehälter zu bekommen, wurde aufgrund eines Beschlusses des Kreisausschusses in der Zeit vom 1. 10. 1979 bzw. 12. 11. 1979 bis 31.3.1980 in den Stadtteilen Ahrweiler und Bad Neuenahr, in den Stadtteilen Oberwinter, Rolandseck und Bandorf sowie in den Ortsgemeinden Altenahr und Mayschoß ein Großversuch mit 240-l-Müllgefäßen durchgeführt. Die Anzahl der bereitgestellten Müllgefäße richtete sich nach der Zahl der auf dem Grundstück wohnenden Personen. Obwohl nach den Erfahrungswerten im Kreis Ahrweiler von einem Müllanfall von ca. 35 l pro Kopf und Woche ausgegangen werden kann, wurden bei Bereitstellung der Behälter 40 l pro Kopf/Woche (Bundesdurchschnitt) zugrundegelegt, so daß für 6 Personen ein 240-l-Müllgroßbehälter ausgegeben wurde. Die zusätzliche Behälterkapazität von 51 pro Kopf/Woche gewährleistete, daß auch der Spitzenmüllanfall, u. a. nach Feiertagen, bequem aufgenommen werden konnte. Insgesamt wurden rd. 4 360 Müllgefäße an rd. 6 000 am Test beteiligte Haushalte (etwa 18000 Einwohner) ausgegeben. Die Auswahl der Testbereiche erfolgte unter dem Aspekt eines repräsentativen Querschnitts, da hier Altbaugebiete, enge Bebauung, Wohnblocks und ländlicher Raum gleichermaßen erfaßt wurden. Für die an dem Versuch teilnehmenden Haushalte entstanden keine Mehrkosten. Es wurde die gleiche Müllabfuhrgebühr wie bei der Benutzung von 35-l-/50-l-Müllgefäßen erhoben. Bei dem halbjährlichen Großversuch sollte sich insbesondere zeigen, ob mit diesen neuen Müllgefäßen das Müllproblem besser als mit den bisherigen Mülleimern gelöst werden kann, ob die teure Sperrmüllabfuhr eingeschränkt werden kann, bei der ja für jedermann ersichtlich, nicht nur sperrige Gegenstände und großes Gerumpel zur Abfuhr bereitgestellt wurde, sondern auch jene Müllmengen, die eigentlich in die Mülleimer gehörten, aber nicht hineinpaßten, ob es möglich ist, mit Hilfe neuer technischer Einrichtungen die Kosten der Müllabfuhr zu bremsen.

Bei dem Test ging es also darum, mit mehr Müll schneller und kostengünstiger fertig zu werden. Gegen Ende des Versuches wurde allen Beteiligten ein Fragebogen zugesandt, in dem sie ihre Erfahrungen mit dem 240-l-Gefäß und ihre Anregungen mitteilen konnten. Durch diese unmittelbare Beteiligung der Bürger wurde ein repräsentativer Meinungsquerschnitt gefunden,

Dank des größeren Fassungsvermögens sorgen die neuen Müllgefäße für ein sauberes Straßenbild auch an Abfuhrtagen

der als wesentliche Grundlage für die endgültige Entscheidung des Kreistages diente. Von rd. 6 000 ausgegebenen Fragebogen wurden 3 141 (= 56 %) ausgefüllt zurückgegeben. 83,44 % (= 2 621 Haushalte) sprachen sich für die Beibehaltung und 16,56 % (= 520 Haushalte) gegen die Beibehaltung der 240-l-Gefäße aus.

Ein Großteil der Einwendungen, die sich gegen die Einführung der 240-l-Gefäße richteten, kam aus Kleinhaushalten, die kleinere Gefäße für ausreichend hielten. Darüber hinaus wurden im wesentlichen bestehende Aufstell- und Transportschwierigkeiten, Schwierigkeiten bei der Beseitigung heißer Asche sowie die Behinderung der Fußgänger auf engen Bürgersteigen und Gehwegen als Ablehnungsgründe bzw. Vorbehalte vorgebracht. Die oft genannte Schwierigkeit bei der Unterbringung der größeren Behälter war in den Versuchsgebieten offensichtlich nur selten gegeben. Die Antworten belegten, daß die Gefäße ordnungsgemäß auf dem Grundstück untergebracht bzw. abgestellt werden konnten.

Zum Abschluß des Müllabfuhr-Tests konnte vermerkt werden, daß der Bürger gerne das Angebot der neuen 240-l-Müllbehälter annahm, die Abfuhr hervorragend funktionierte und der gesamte Abfallbeseitigungsbetrieb mit den neuen Müllbehältern keine Schwierigkeiten hatte. Der Behälter war personalfreundlich. Die Sperrmüllmenge ging um mehr als die Hälfte zurück. Dagegen blieb die Menge von Altpapier und Altglas für die Wiederverwertung nach Angaben der Einsammler in etwa konstant.

Einführung der fahrbaren 240-l-Gefäße

Aufgrund des überaus positiven Testergebnisses beschloß der Kreistag nach entsprechenden Vorberatungen im Kreisausschuß in seiner Sitzung am 13.6.1980 die Neufassung der Satzungen über die Abfallbeseitigung und über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallbeseitigung zum 1.1.1981. Als grundlegende Neuerung sieht die Satzung über die Abfallbeseitigung grundsätzlich den 240-l-Behälter als Normgefäß vor. In Ausnahmefällen ist der 120-l-Behälter zugelassen, insbesondere dann, wenn die örtlichen Platzverhältnisse die Aufstellung der größeren Tonne nicht zulassen, ein Grundstück nur von einer Person bewohnt wird oder die Aufstellung der 240-l-Mülltonne aus anderen Gründen nicht zumutbar ist. Für die Bemessung der auf ein Grundstück bereitzustellenden Gefäße wurde ein Gefäßvolumen von 40 l je Woche und Bewohner festgelegt. Die Zahl der bereitzustellenden Gefäße richtet sich daher nicht, wie früher, nach den vorhandenen Haushalten, sondern nach den auf einem Grundstück lebenden Personen. Der Richtwert von 401 je Woche und Bewohner hat in der Praxis gezeigt, daß bei der gemeinsamen Benutzung der Gefäße durch mehrere Haushalte keine Probleme bzw. Unstimmigkeiten auftreten. Des weiteren wurden die jährlichen Sperrmüllabfuhren nach einjähriger Übergangszeit ab 1982 von 4 auf 2 reduziert. Durch diese Regelungen wird ein wirtschaftlicher Effekt erzielt, der sich kostengünstig auf die Höhe der Benutzungsgebühren auswirkt.

Als wichtigste Änderung in der neugefaßten Satzung über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallbeseitigung ist die Umstellung der Gebühren vom »gefäßbezogenen« auf das »personenbezogene Veranlagungssystem« zu sehen. Ein wesentliches Argument für die Neuregelung war, daß nachweislich mit steigender Haushaltsgröße das Müllaufkommen pro Person zurückgeht und deshalb die Haushaltsveranlagung mit Berücksichtigung der Personenzahl den gerechtesten Gebührenmaßstab liefert. Diese Erkenntnis wurde bei der Festsetzung der nachstehend aufgeführten Benutzungsgebühren berücksichtigt:

1 -Personen-Haushalt = 60,— DM
2-Personen-Haushalt = 75,— DM
3-Personen-Haushalt = 90,— DM

4- und Mehr-Personen-Haushalt = 102,— DM Ein Vergleich des neuen personenbezogenen Gebührenmaßstabes mit dem bis zum 31. 12. 1980 geltenden gefäßbezogenen Gebührentarif zeigt eindeutig, daß eine gerechte und kostengünstige Abfallbeseitigung erreicht wurde. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Kostenentwicklung in den letzten Jahren hätten nämlich aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit den Abfuhr- und Deponieunternehmern bei Beibehaltung der 35-l-/50-l-Gefäße die Gebühren für 1981 wie folgt festgesetzt werden müssen:

1- und 2-Personen-Haushalt
(1 50-l-Gefäß) = 66 — DM
3- und 4-Personen-Haushalt
(2 50-l-Gefäße = 132 — DM
5- und 6-Personen-Haushalt
(3 50-l-Gefäße) = 198 — DM
Aus dieser Gegenüberstellung ist erkennbar, daß mit der Einführung eines vielfach größeren Gefäßvolumens keine bzw. nur eine verhältnis mäßig geringe Gebührenerhöhung verbunden
war. In vielen Haushaltungen führte das neue Abfuhr- und Veranlagungssystem sogar insgesamt zu einer Verminderung der vorher zu entrichtenden Abfallbeseitigungsgebühren.

Die bequeme Handhabung der fahrbaren Müllbehälter hat sicher zur positiven Aufnahme der neuen 240-l-Gefäße beigetragen
Fotos: Kreisbildstelle

Die Umstellung auf die neuen fahrbaren Müllgefäße vollzog sich im gesamten Kreisgebiet von Mitte Oktober bis Mitte Dezember 1980. Insgesamt wurden rd. 30 000 Müllgefäße mit 240 l Füllraum und 1 600 Müllgefäße mit 120 l Füllraum an die Anschlußpflichtigen ausgegeben. Die Reaktion der Bevölkerung war zunächst — wie bei allen durchgreifenden Neuerungen — skeptisch und mehr oder weniger zurückhaltend. Diese anfängliche Skepsis gegenüber dem Neuen schlug jedoch in kurzer Zeit in Zufriedenheit und Begeisterung um.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß durch die Einführung der größeren fahrbaren Müllgefäße eine umweltfreundliche, der heutigen Zeit entsprechende und zukunftsorientierte Abfallbeseitigung geschaffen wurde. Die in der Vergangenheit aufgetretenen Mängel beim Einsammeln und Transport von Hausmüll und hausmüllähnlichen Abfällen konnten mit der Neuregelung der Abfallbeseitigung zum 1.1. 1981 ausnahmslos beseitigt werden. Außerdem verdient Erwähnung, daß aufgrund des Rationalisierungseffektes, den die größeren Behälter mit sich bringen, die 1981 festgesetzten Abfallbeseitigungsgebühren trotz allgemeiner Preissteigerungen für 1982 und 1983 unverändert bleiben.