Otto Caracciola

Ein weithin bekannter Remagener Bürger verstarb vor einhundert Jahren 

Hermann-Josef Fuchs

Vor einhundert Jahren, am 2. Januar 1886, verstarb plötzlich 71 jährig der weit über die Grenzen von Remagen hinaus bekannte Mitbürger Otto Caracciola, Weinhändler, Hotelier, Ratsmitglied der Stadt Remagen, Abgeordneter der ersten Deutschen Nationalversammlung und Gründer des internationalen Vereins der Gasthof-Besitzer.

Die Mitteilung vom plötzlichen Tod der weithin bekannten Persönlichkeit rief tiefe Bestürzung hervor, denn noch wenige Tage vor seinem Tode hatte Otto Caracciola bei einer Zusammenkunft in Köln die feste Zusage gegeben, daß er am 3. Januar 1886 am Festessen im Kölner Gürzenich aus Anlaß des 25jährigen Regierungsjubiläums seiner Majestät des Königs Wilhelm teilnehmen werde. Otto Caracciola wurde am 31. Mai 1815 in Andernach geboren, besuchte auch hier die Schule. Kaufmännisches Wissen wurde ihm anschließend durch den Besuch der Handelsschule in Köln vermittelt. 1833 trat Otto Caracciola in Köln als Einjährig-Freiwilliger bei der Artillerie ein und beabsichtigte, nach abgelaufener Dienstzeit nach Danzig zu gehen, um sich dem Seemannsfach zu widmen. Auf Bitten seiner Eltern ließ er jedoch von diesem Vorhaben ab, nachdem er in Bonn seine erste Frau kennengelernt hatte. Am 31. Mai 1838 verehelichte sich Otto Caracciola mit Marianne Bauer. Otto Caracciola betrieb zusammen mit einem Freund in Andernach ein Weingeschäft, das er im Jahre 1843 wegen unzureichender Mittel wieder aufgeben mußte. Der mittel- aber doch nicht mutlose Otto Caracciola übernahm im gleichen Jahr in Remagen die Agentur der Kölner Dampfschiffahrts-Gesellschaft, die er trotz späterer ausgedehnter Geschäfte bis zum Jahre 1875 beibehielt.

Am 9. März 1860 starb seine Ehefrau. Die Ehe war mit 13 Kindern gesegnet. Am 18. Februar 1864 verehelichte sich Otto Caracciola zum zweiten Mal, und zwar mit Adelheid Schulz. Die zweite Ehe war mit weiteren sechs Kindern gesegnet. Adelheid Caracciola verstarb im Jahre 1885. Otto Caracciola und seine beiden Ehefrauen haben in einem Familiengrab auf dem Alten Friedhof in Remagen ihre letzte Ruhestätte.

Mit dem Übersiedeln von Andernach nach Remagen begann für den engagierten Remagener Mitbürger der geschäftliche Aufschwung. Er nutzte die Gunst der damaligen Zeit. Die prachtvolle Lage Remagens und seine bedeutende Stellung im Fremdenverkehr und dazu der Umzug mit dem besseren, reisenden Publikum bewog den Kaufmann Caracciola im Jahre 1845 in Remagen ein zeitgemäßes Hotel für feineres Publikum zu bauen. Das Hotel nannte er zu Ehren des Stifters, der um die gleiche Zeit erbauten Apollinariskirche »Hotel Fürstenberg«.

Im Zuge des ständig steigenden Reiseverkehrs — hinzu kam, daß die neuerbaute Apollinariskirche viele Besucher anzog — ergab sich die Notwendigkeit, in Remagen ein größeres Hotel einzurichten. Otto Caracciola nutzt die Gelegenheit. Im Jahre 1858 eröffnete er das große Hotel Fürstenberg.

Um diese Zeit war an der Remagener Rheinpromenade ein weiteres Hotel »Zum König von Preußen« gebaut worden, dessen Besitzer 1870 starb. Otto Caracciola ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen und erwarb dieses Hotel. Zu seinem Aufschwung in der Hotelbranche trug maßgeblich auch das von der Familie Caracciola betriebene umfangreiche Weingeschäft bei. Otto Caracciola ist ferner der Erbauer des Anfang der achtziger Jahre errichteten Apollinaris-Weinkellers am Deichweg in Remagen, der zur damaligen Zeit zu den größten und schönsten der Rheinprovinz zählte. Neben seinem breiten beruflichen Wirken galt Otto Caracciola auch als politisch Engagierter. In der Sturm- und Drangperiode des Jahres 1848, mitten in den Parteikämpfen zwischen seinen Freunden Freiligrath, Kinkel, Schurz, Becker und Hecker, sehen wir ihn als Verfechter der Volksrechte im Vorparlament der Frankfurter Paulskirche.

Auf dem alten Friedhof in Remagen befindet sich das Grab mit der Büste Otto Caracciolas.
Foto: Kreisbildstelle

Herausragende Verdienste hat sich Caracciola um die Stadt Remagen erworben. Er hat zur Entwicklung und Verschönerung beigetragen. Seinen Bemühungen ist es unter anderem zu verdanken, daß die Ahrtalbahn in Remagen anstatt in Sinzig wie es ursprünglich projektiert war, ihren Anschluß an die Rheinische Eisenbahn fand. Ihm gelang es, den damaligen Verkehrsminister Dr. Maybach für seine Idee günstig zu stimmen. Otto Caracciola war über lange Jahre Mitglied der Remagener Stadtverordneten-Versammlung. Sein Wort im Rat der Stadt fand Gehör.

Neben seinem breiten Wirken war Otto Caracciola stets auf das Wohl seiner Familie und der Mitarbeiter seines Unternehmens bedacht. Dabei ging es ihm in erster Linie darum, die Angestellten seines Hauses vor den unerhörten Forderungen der Commissionäre zu schützen. Die Commissionäre vermittelten zur damaligen Zeit Hotelpersonal, oftmals zu horrenden Vermittlungsgebühren. Das war dem Remagener Hotelier ein Dorn im Auge. Mit Nachdruck setzte er sich dafür ein, der mit hohen Vermittlungsgebühren belasteten Stellenvermittlung Einhalt zu bieten. Damit war gleichzeitig die Idee zur Gründung eines Vereins geboren. Im Mai 1869 erschien Otto Caracciola im Verlagshaus Müller & Kaulen. Kaulen, den Caracciola persönlich gut kannte, war Verleger der Rheinischen Zeitung. Caracciolas Idee, die Gründung eines Vereins der Gasthof-Besitzer, wurde bei der ersten Besprechung im Verlagshaus Müller & Kaulen positiv aufgenommen. Kurze Zeit später fand schon in Remagen eine Konferenz statt, bei der ein Circular entworfen und an die Hotelbesitzer im Rheinland und Westfalen versandt wurde. Am 11. Juni 1869 fand dann die Gründungsversammlung des Vereins der Gasthof-Besitzer statt. Otto Caracciola wurde dabei von der Versammlung einstimmig zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates gewählt.

Der neugegründete Verein überschritt schnell in Folge seiner humanen Bestrebungen die gesteckten Grenzen und dehnte sich auf ganz Deutschland aus. Hotelbesitzer aus der Schweiz, Holland, Belgien, Dänemark und Schweden schlössen sich spontan als Mitglieder dem Verein an. Der junge Verein fand in der Hotel- und Gasthof-Branche breites Echo und hatte schon nach wenigen Jahren einen internationalen Wirkungskreis. Der Name Caracciola wurde in den zwanziger und dreißiger Jahren erneut bekannt durch den Enkel Rudolf Caracciola als Rennfahrer mit weltweitem Ruf. Er half mit vielen anderen zusammen den 1927 erbauten Nürburgring als Rennstrecke und Touristenattraktion bekannt zu machen. Rudolf Caracciola, am 28. September 1959 58jährig verstorben, war mit seinem Silberpfeil aus dem Hause Daimler-Benz auf den Rennstrecken der Welt zu Hause. Mit rund 150 Grand-Prix-Siegen ist er noch heute der erfolgreichste Rennfahrer aller Zeiten. Rolf D. Meissner war 1981 in Remagen die treibende Kraft zur Gründung eines Rudolf-Caracciola-Club. Er hat sich zur Aufgabe und zum Hauptziel gemacht, eine Gedenkstätte und ein Museum zur Erinnerung an den weltbekannten Rennfahrer einzurichten. Die Stadt Remagen stellte dem Club im alten Postgebäude in der Grabenstraße Räumlichkeiten zur Einrichtung des Museums zur Verfügung. Rolf D. Meissner hofft, das Museum in Kürze eröffnen zu können.

In Remagen spielt die Familie Caracciola heute keine exponierte Rolle mehr. Geändert haben sich auch das damalige Gesicht der Remagener Rheinpromenade. Das alte Hotel Fürstenberg fiel 1967 der Spitzhacke zum Opfer. Zwei moderne Bauten, einer davon wieder als Hotel mit gleichem Namen, nehmen den Platz der alten Gebäude ein. Der Bau des Hauses »König«, heute in den Obergeschossen als Wohnhaus eingerichtet, hat die Zeit überstanden und erinnert an die Blütezeit des Remagener Reiseverkehrs.